Protokoll der Sitzung vom 03.02.2022

Frau Abgeordnete Rothe-Beinlich, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kemmerich?

(Abg. Rothe-Beinlich)

Aber sehr gern.

Meine Frage wäre zur Aufklärung, was Sie gerade sagen: Gehe ich falsch in meiner Erinnerung, dass der erste Haushalt von Rot-Rot-Grün für das Jahr 2015 im Mai des Jahres 2015 beschlossen worden ist?

Nein.

War das ein Problem?

Ja.

Warum haben Sie es damals nicht schneller gemacht?

Eine Zwischenfrage, Herr Kemmerich. Frau RotheBeinlich.

Ich will trotzdem darauf eingehen, weil Sie einmal mehr – wollen Sie gleich stehen bleiben und noch mehr Fragen stellen oder was?

Ich will nur meine Antwort.

Machen Sie, wie Sie wollen.

Nein, also Herr Kemmerich, ganz ehrlich, wir führen hier keine Dialoge. Sie können eine Zwischenfrage stellen, jetzt antwortet Frau Rothe-Beinlich. Und wenn Sie dann noch eine –

(Zwischenruf Abg. Kemmerich, Gruppe der FDP: Ich warte auf eine Antwort)

Entschuldigen Sie mal bitte! – Zwischenfrage stellen wollen, können Sie das tun. Aber wir machen hier keinen Dialog daraus.

(Unruhe Gruppe der FDP)

Jetzt hat Frau Rothe-Beinlich das Wort. Und, Herr Montag, wenn Sie das Präsidium kritisieren wollen, können Sie das gern im Ältestenrat tun. Frau Rothe-Beinlich.

(Unruhe CDU)

Vielen herzlichen Dank. Lieber Herr Kemmerich, es ist eine völlig andere Situation, ob Ende 2014 sozusagen eine alte Regierung abgewählt und eine neue Regierung gebildet wird. Und ja, es war natürlich ein Problem, dass der Haushalt erst im Mai 2015 verabschiedet werden konnte, fragen Sie mal in den Kommunen, bei den Vereinen und Verbänden nach. Das war ein Problem. Das war übrigens auch der Grund dafür, warum wir 2019 Vorsorge getroffen haben und bereits eher darum gebeten haben, einen Haushaltsentwurf vorzulegen, damit eine solche Situation nicht wieder eintritt.

Natürlich ist das ein Problem, wenn man erst im Mai verabschiedet. Schon jetzt haben die Vereine, Verbände usw. ganz große Sorge um ihre Finanzierung. Und deswegen ist es an uns – auch übrigens im Sinne der Kommunen und aller anderen –, schnellstmöglich für Sicherheit zu sorgen.

(Beifall DIE LINKE, BÜNDNIS 90/DIE GRÜ- NEN)

Und da kann man doch nicht sehenden Auges, wenn man verantwortungsbewusst ist, sagen: Ach, na ja, ist ja kein Teufelszeug, war 2015 schon mal so, man kann den Haushalt auch erst im Mai verabschieden. Entschuldigung, das ist verantwortungslos, Herr Kemmerich.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und genau deshalb haben wir uns dagegen entschieden und genau deshalb haben wir darauf gedrungen, auch und gerade angesichts der pandemischen Lage und angesichts dessen, dass Omikron auch Thüringen erreichen wird, dass es natürlich darum gehen muss, diesen Haushalt schnellstmöglich zu verabschieden. Sie waren dazu nicht in der Lage oder nicht willens oder wie auch immer, das bedauere ich ausdrücklich, ich habe das immer gesagt: Ich hätte mir gewünscht, mit Ihnen ernsthaft

zu verhandeln, Sie wollten das nicht. Ihre Entscheidung nehme ich zur Kenntnis.

Frau Rothe-Beinlich, gestatten Sie eine weitere Zwischenfrage des Abgeordneten Kemmerich?

Aber immer.

Bitte schön, Herr Kemmerich.

Ich danke sehr. Halten Sie es für verantwortungsvoll, dass eine schwarz-rote Regierung, wie sie es damals gemacht hat, in Erwartung einer Landtagswahl einen Haushalt aufstellt? Es wurde sehr intensiv über die Aufstellung des Jahres 2019 im Wahljahr für das Folgejahr diskutiert. Sie scheinen da mit zweierlei Maß zu messen. Ich halte es eben für verantwortungsvoll – weil Sie auch gerade sagten, wir hätten uns nicht ernsthaft an dem Haushalt beteiligt. Wir hätten gern einen anderen Haushalt gesehen. Lehnen Sie ab, dass man auch politisch anderer Auffassung sein könnte und die Verantwortung für das Land so sieht, dass eben nicht mehr Geld ausgegeben, als eingenommen wird?

(Beifall Gruppe der FDP)

Also erstens, vielleicht habe ich Sie falsch verstanden. Aber 2019 war die Zeit, als es eine Rot-RotGrüne-Landesregierung gab und eine Neuwahl anstand, völlig turnusgemäß und richtig. Und ja, wir haben uns damals entschieden, Vorsorge zu treffen. Selbstverständlich hätte, wenn es danach andere Mehrheiten gegeben hätte, auch ein neuer Haushalt auf den Weg gebracht werden können, das steht selbstverständlich immer frei. Und natürlich können Sie eine andere Meinung dazu haben, aber unsere Einschätzung war damals, dass es verantwortungsvoller ist, so zu handeln, wie wir gehandelt haben.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Und genau deshalb haben wir auch Vorsorge getroffen. Hätte es danach eine FDP‑CDU-was-weißich-was-für-eine-Regierung gegeben, wäre es Ihr gutes Recht gewesen, einen neuen Haushalt vor

zulegen, selbstverständlich. Das hätte ja dann die Regierung entscheiden müssen, das war aber nicht so. Denn da hat Matthias Hey recht: Wir sind in einer Situation, in der wir eine Regierung tragen, aber keine Mehrheit haben. Und wir haben uns entschieden, schnellstmöglich einen Haushalt vorzulegen. Ihnen war dieser Zeitplan für den Haushalt übrigens immer bekannt, Sie sind Mitglied des Haushaltsausschusses. Dieser Zeitplan für den Haushalt ist vom Ausschuss so beschlossen worden. Und dass Sie sich dann hinstellen und uns plötzlich groß angucken und sagen: Huch, das schaffen wir aber jetzt in der Kürze der Zeit nicht, mit Ihnen irgendwas zu verhandeln, das müssen Sie mit sich selber ausmachen, das können wir für Sie in der Tat nicht lösen.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Wir waren also in diesem Jahr erneut auf ein Zweckbündnis mit der CDU angewiesen ohne einen funktionierenden Stabilitätsmechanismus, das war mit Sicherheit eine Herausforderung. Und trotzdem wird das Ergebnis, was Licht und Schatten hat – ich sage es ganz deutlich, es ist ein Kompromiss –, über dieses Jahr tragen und auch die entsprechende finanzielle Sicherheit bringen. Deshalb bin ich auch allen dankbar bei allen Unterschieden und allen Schwierigkeiten, dass wir hier zueinander gefunden haben. Für den nächsten Haushalt wünschen wir uns als Fraktion allerdings wieder mehr Gestaltungsspielraum, um für die kommenden Jahre tatsächlich auch Haushalte auf den Weg bringen zu können, die zukunftsfähig, nachhaltig und tatsächlich auch mit Blick nach vorn die entscheidenden Probleme des Landes angehen können. Vielen herzlichen Dank.

(Beifall DIE LINKE, SPD, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN)

Vielen Dank. Und jetzt hat sich noch Abgeordnete Bergner als fraktionslose Abgeordnete zu Wort gemeldet.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kollegen Abgeordnete, liebe Zuhörer! Wir haben es hier mit einem diskussionswürdigen Haushalt zu tun. Aus meiner Sicht sind die Bemühungen der Verhandlungspartner, sich aufeinander zuzubewegen und schmerzliche Kompromisse einzugehen, deutlich sichtbar. Der hier vorgelegte Haushalt zeigt auf, dass es im Sinne der Sache möglich ist, projektbezogene Mehrheiten zu organisieren. Die Redebei

(Abg. Rothe-Beinlich)

träge heute haben allerdings auf mich den Eindruck gemacht, dass die Glaubwürdigkeit des ernsten Willens doch sehr untergraben wurde. Im Haushalt sind Projekte eingestellt, die auch mir wichtig sind, wie zum Beispiel der Ausbau der Mitte-Deutschland-Verbindung. Hier möchte ich aber schon jetzt davor warnen, dass dieses Projekt nicht der pauschalen Investitionskürzung zum Opfer fallen darf.

Der diesjährige Haushalt ist begleitet von noch zu vereinbarenden Plänen und Gesetzesänderungen. Das sehe ich mit sehr gemischten Gefühlen. Dazu gehört zum Beispiel die vorzeitig für September angestrebte Evaluierung des Thüringer Vergabegesetzes. Hier frage ich mich: Was passiert, wenn die Regierung und die CDU wie bei dem Neuwahlversprechen wortbrüchig werden?

Ja, wir brauchen dringend ein Personalentwicklungskonzept für die Thüringer Landesverwaltung und die Fortschreibung des Landeskrankenhausplans, um statt einem Flickenteppich wirkungsvolle Maßnahmen zielorientiert zu finanzieren, statt in ein Fass ohne Boden Geld zu verschwenden.

Ist das nicht ein Armutszeugnis für die Landesregierung, dass sie sich diesen Aufgaben nur unter dem Druck der Opposition im Rahmen der Zustimmung zum Landeshaushalt stellt? Aus meiner Sicht leben wir mit diesem Haushalt wieder deutlich über unsere Verhältnisse. Die vereinbarten Globalen Minderausgaben zum Gesamtbudget sind mir zu unspezifisch und das ist ja hier auch schon diskutiert worden. Das birgt die Gefahr, dass wichtige Investitionen auf der Strecke bleiben. Dabei gibt es viele Dinge, die verschiebbar sind, die jetzt einfach nicht dran sind, zum Beispiel 300.000 Euro zur Aufarbeitung der Thüringer Kolonialzeit. Es wäre mein Wunsch gewesen, dass schon heute feststeht, wo eingespart wird. Mir fehlt in der strategischen Planung, dass die Bevölkerungsprognose für Thüringen rückläufig ist und damit auch das Steueraufkommen in der Folge sinken wird. Da halte ich es mit dem scheidenden Präsidenten des Thüringer Rechnungshofs, die Ausgaben müssen wieder an die erwartbaren Einnahmen angepasst werden.

(Zwischenruf Abg. Wolf, DIE LINKE: Das hat Herr Voß das letzte Mal gesagt und sich ge- nauso geirrt!)

Da müssen wir ran, das Land Thüringen muss sich wirklich und ernsthaft einer Aufgabenkritik unterziehen und muss die Tatsache anerkennen, dass die Verwaltung nicht jede Leistung erbringen kann, die möglich ist. Eine schlanke, effiziente und digitale Verwaltung für morgen und übermorgen muss das Ziel sein, damit der Thüringer Haushalt nicht ausufert. Und noch mal, deshalb lässt mich die pau

schale Minderausgabe von 330 Millionen Euro mit einem unguten Gefühl zurück, denn es ist eine unspezifische, wenig attraktive Kürzung. Umso wichtiger ist es, dass die vom Rechnungshof geäußerten verfassungsrechtlichen Bedenken schnell überprüft werden, damit wir hier Klarheit haben. Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

Aus den Reihen der Abgeordneten liegen mir jetzt keine weiteren Wortmeldungen vor. Wünscht die Landesregierung das Wort? Es erhält Ministerin Taubert das Wort.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auch die Zuschauerinnen und Zuschauer und Abgeordnete an den Bildschirmen in ihren Büros! „I have a dream.“ Da mag der eine oder andere hier im Hause fürchten, dass die Finanzministerin durch die Haushaltsverhandlungen und -ergebnisse um ihren Verstand gebracht worden ist. Vielleicht wünschte sich das auch jemand. Aber dieser Satz des berühmten Bürgerrechtlers Martin Luther King beschreibt recht gut, was mich bei der Betrachtung der Ergebnisse der Beratungen im Landtag zum Haushalt 2022 bewegt. Lassen Sie mich deshalb meine Eindrücke schildern.

Ich, wir, hoffe ich, hatten bei der Einbringung des Haushalts im Oktober die Hoffnung, dass der Zeitplan trägt und wir heute zur abschließenden Beratung zusammenkommen. Das gibt Sicherheit für geplante Maßnahmen des Landes – Sie hatten vieles angesprochen –, ebenso für Vereine, für Institutionen, die auf unsere Unterstützung angewiesen sind. Und deshalb, meine Damen und Herren, bin ich dankbar, dass sich dieser Traum, dieses Ziel erfüllt hat, und bitte darum, dass das Aufstellungsverfahren mit der Beschlussfassung morgen abgeschlossen werden kann.

Auch ich möchte mich ganz herzlich bei allen bedanken, die schon von Herrn Emde sehr gut zusammengefasst worden sind. Ich weiß, dass vor allem die Referentinnen und Referenten nicht nur in unseren Häusern und im Landtag, sondern eben auch in den Fraktionen flink im Kopf sein müssen, damit das alles abzuarbeiten ist und damit am Ende auch plus/minus null bei allen Anträgen herauskommt. Und das ist nicht so ganz einfach, wie man das jetzt so auf die Schnelle sagen kann. Also, ganz herzlichen Dank.