Dann kommen wir zur Abstimmung, und zwar erstens über den Gesetzentwurf der Fraktion der AfD in der Drucksache 7/5367 in dritter Beratung. Wer ist dafür? Das sind die Stimmen aus der Fraktion der AfD. Wer ist dagegen? Das sind die Stimmen aus allen anderen Fraktionen, der Gruppe der FDP und von Frau Dr. Bergner – von zwei fraktionslo
sen Abgeordneten. Enthaltungen? Dann folgerichtig noch der dritte fraktionslose Abgeordnete. Damit haben wir das so weit festgestellt. Damit ist der Gesetzentwurf nicht angenommen, er hat die gemäß Artikel 83 Abs. 2 Satz 1 der Verfassung des Freistaats notwendige Mehrheit von zwei Dritteln der Mitglieder des Landtags in der Schlussabstimmung nicht erreicht und ist damit abgelehnt.
Mit der Ablehnung des Gesetzentwurfs in der Schlussabstimmung unterbleibt die weitere Abstimmung über den Gesetzentwurf zu Tagesordnungspunkt 24 b, meine Damen und Herren. Damit kann ich den Tagesordnungspunkt schließen.
Die Tagesordnungspunkte 25 und 26 a und b wurden von der Tagesordnung abgesetzt. Wir rufen jetzt auf den Tagesordnungspunkt 27 in den Teilen
a) Zweites Gesetz zur Änderung des Thüringer Gesetzes über die Bestimmung des Steuersatzes bei der Grunderwerbsteuer Gesetzentwurf der Fraktion der FDP *) - Drucksache 7/3683 - dazu: Entschließungsantrag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/4804 -
Entschließungsantrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/4265 - dazu: Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschusses - Drucksache 7/5489 -
dazu: Änderungsantrag der Fraktion der CDU und der Parlamentarischen Gruppe der FDP - Drucksache 7/5573 -
Das Wort erhält Herr Abgeordneter Kowalleck aus dem Haushalts- und Finanzausschuss zur Berichterstattung zu Tagesordnungspunkt 27 b.
Herr Präsident, meine sehr geehrten Damen und Herren, durch Beschluss des Landtags in seiner 75. Sitzung vom 17. März 2022 wurde der Ent
schließungsantrag „Für eine familienfreundliche Reform der Grunderwerbsteuer“ der Fraktion der CDU an den Haushalts- und Finanzausschuss überwiesen.
Der Haushalts- und Finanzausschuss hat den Entschließungsantrag in seiner 46. Sitzung am 1. April 2022 und in seiner 47. Sitzung am 19. Mai 2022 beraten und eine schriftliche Anhörung zu dem Entschließungsantrag sowie zu den von den Fraktionen und von der Parlamentarischen Gruppe der FDP eingereichten Fragestellungen durchgeführt. Die Beschlussempfehlung des Haushalts- und Finanzausschuss lautet: Der Antrag wird abgelehnt.
Ich werde an dieser Stelle auch noch einmal auf verschiedene Wortmeldungen und Zuschriften der Anzuhörenden eingehen. Vom Deutschen Gewerkschaftsbund, dem Rechnungshof und der Steuergewerkschaft wurde gerade die Thematik der Steuerminderannahmen angemerkt, die sozusagen als Ergebnis des Antrags entsprechend zu erwarten wären. Dann gab es von den kommunalen Spitzenverbänden den Hinweis auf die Finanzausgleichsmasse, die durch die Steuereinnahmen beeinflusst ist. Die Familienunternehmer halten investitionsfreundliche Reformen der Grunderwerbsteuer für notwendig, um Erwerbsnebenkosten bei der Wohneigentumsbildung zu senken. Die Einführung eines Steuerfreibetrags würde die Zahl von Erstkäufern erhöhen – verbunden mit der Gefahr, dass sich die Preise weiter erhöhen. Daher brauche es nach Meinung der Familienunternehmer weitere Instrumente, die das Angebot erhöhen. Als Beispiel wurde genannt: mehr Bauland ausweisen und die Bauordnung entschlacken. Generell wird hier eine generelle Senkung der Grunderwerbsteuer auf 3,5 Prozent für sachgerechter gehalten als ein Freibetrag.
Die Ingenieurkammer Thüringen befürwortet generell die Reformen, die dazu beitragen, dass die Wohnkostenbelastung als Anteil am verfügbaren Einkommen nicht noch weiter ansteigt. Mit angestrebten Reformen soll sichergestellt werden, dass die Käuferseite angemessen davon profitiert.
Der Bund der Steuerzahler unterstützt die Aussagen im CDU-Antrag, dass die Grunderwerbsteuer verteilungspolitisch bedenklich ist. Es werden in der Zuschrift auch noch entsprechende Beispiele gebracht, welche Auswirkungen die Grunderwerbsteuer summarisch auf die Grundstückskäufer hat. Es erfolgt die Aussage, dass die Grunderwerbsteuer insbesondere Haushalte mit kleinen und mittleren Einkommen überproportional belastet und diesen die Bildung von Wohneigentum erschwert. Deshalb wird auch vom Bund der Steuerzahler die Forderung auf eine generelle Absenkung der Grunderwerbsteuer unterstützt. Es wird ebenso die Forde
rung nach einem Freibetrag unterstützt, allerdings wird hier angeregt, diesen an eine Wohnfläche von bis zu 200 Quadratmetern zu koppeln.
Der Deutsche Familienverband schreibt, dass Entlastungen dringend geboten seien, damit sich gerade Eltern mit mehreren Kindern Wohneigentum leisten können, damit zugleich der Wunsch nach einem familiengerechten Wohnumfeld erfüllt werde und dann auch eine wichtige Altersvorsorge erfolgt. Die Grunderwerbsteuer sei vom Prinzip her keine soziale Steuer, die Erhebung richte sich nicht nach finanzieller Leistungsfähigkeit des Käufers, sondern allein nach dem Grundstückspreis bzw. dem Gesamtpreis der Immobilie: Je höher der Preis, desto tiefer greife die Landessteuer den Familien in die Tasche, die mit mehreren Kindern besonders viel Wohnfläche benötigen.
Die Thüringer Aufbaubank schreibt, dass grundsätzlich die Absenkung zu begrüßen sei, da sich diese auf den Erwerb von Wohneigentum auswirke und den Wirtschaftsstandort attraktiver mache. Es solle zwischen Erwerb von Grund und Boden und Gebäuden differenziert werden. Von der Aufbaubank wird eine Anregung der Bautätigkeit gerade bei Familien gesehen und sie sieht den Freibetrag als sinnvolles Mittel zur Entlastung von Familien mit niedrigen bis mittleren Einkommen. Unternehmen solle der Freibetrag dahin gehend nicht zugutekommen. Die Erfahrung zeige, wo Eigentumsquoten volkswirtschaftlich zu positiven Effekten führen.
Vielen Dank, Herr Kollege Kowalleck, für die Berichterstattung. Ich eröffne die Aussprache. Für die Gruppe der FDP hat jetzt Abgeordneter Kemmerich das Wort.
Sehr geehrter Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste auf der Tribüne, liebe Zuhörer und Zuschauer an diversen Endgeräten! Vielen Dank, Herr Kowalleck, für die Berichterstattung und die umfangreiche Schilderung der Ergebnisse der Anhörung. Ich denke, sie belegen sehr gut die Anliegen, welche die entsprechenden Initiativen verfolgen.
Ich will sie auch noch mal kurz aufgreifen. Das ist zunächst die Senkung der Grunderwerbsteuer von 6,5 auf 3,5 Prozent. Das entspricht dem Nivellieren auf das Niveau gerade der Nachbarländer Bayern
und Sachsen. Vielleicht noch mal kurz zur Historie: Bis 1983 gab es einen Wettbewerb der Steuererhebungen, damals wurden die Grunderwerbsteuern mit 2 Prozent festgelegt. Das hat eine Entwicklung genommen bis 2006 auf 3,5 Prozent. Im Zuge der Föderalismuskommission und entsprechenden Einigungen gab es dann einen Wettbewerb der Länder, der letztlich dazu führte, dass Rot-Rot-Grün die Steuer dann auf 6,5 Prozent und damit einen der höchsten Sätze in Deutschland festgelegt hat. Das wollen wir wieder ein wenig einfangen.
Vielleicht mal zur Verdeutlichung: Das Steueraufkommen in Euro hat sich von 2011 von 72,7 Millionen auf 252 Millionen fast vervierfacht, verdreieinhalbfacht. Also es ist eine schöne Einnahme für den Freistaat geworden. Darauf werde ich später noch mal eingehen, nur damit man das mal einordnen kann.
Gleichzeitig haben wir gemeinsam mit der CDU einen Änderungsantrag eingebracht, der einen Freibetrag in Höhe von 500.000 Euro regeln möchte als einmalige Unterstützung für die Bildung von Wohneigentum von Privatleuten. Das entspricht auch dem Koalitionsvertrag der Ampel in Berlin – ich zitiere aus diesem Vertrag, Seite 72 –: „Wir wollen den Ländern eine flexiblere Gestaltung der Grunderwerbsteuer z. B. durch einen Freibetrag ermöglichen, um den Erwerb selbst genutzten Wohneigentums zu erleichtern. Zur Gegenfinanzierung nutzen wir das Schließen von steuerlichen Schlupflöchern beim Immobilienerwerb von Konzernen (Sha- re Deals).“ Darum geht es.
Ich möchte jetzt noch ein paar Punkte aufgreifen, die unser Vorhaben begründen und auch rechtfertigen. Die Grunderwerbsteuer ist die Umsatzsteuer auf Grundstücke. Es ist auch deshalb verboten, Umsatzsteuer auf diese Transaktionen zu legen, um eine Doppelbesteuerung zu vermeiden. Natürlich verteuert die Grunderwerbsteuer erst mal den Erwerb.
Dass der Staat in gewisser Art und Weise an der Bewegung des Grundstückswesens partizipieren will, ist nachvollziehbar. Aber es führt auch durch Verschiebungen, wie wir in den letzten Jahren gesehen haben, durch höhere Aktivitäten in den Transaktionen, durch steigende Baupreise dazu, dass die Immobilienpreise nach oben ziehen. Also hat auch der Staat Windfall-Profits, also Zufallsgewinne zu verzeichnen, für die er keine erhöhte Leistung gebracht hat, sondern die sich aus anderen Tatbeständen ergeben. Ich verweise auf Diskussio
nen, die wir auch hier im Hohen Haus hatten, über Gewinnsteuern und Ähnliches. Auch darüber kann man durchaus mal nachdenken: von diesen über 180 Millionen Euro gestiegenen Steuermehreinnahmen den Bürgern wieder etwas zurückzugeben, und das natürlich mit einem klaren familienpolitisch gestalterischen Ansatz.
Jetzt geht es um die Begründung von Wohneigentum für Privatleute, für Menschen, die dort investieren wollen, für Menschen, die noch kein Wohneigentum haben, sondern dieses begründen wollen. Da hilft ein Blick in die Statistiken der europäischen Nachbarländer. Hier verzeichnen wir, dass die Eigentumsquote in Deutschland eine sehr niedrige ist. Gerade in den Südländern in Europa ist die Eigentumsquote deutlich höher, in Spanien liegt sie fast bei 80 Prozent, in Deutschland sind wir da sehr gering unterwegs. Ich glaube, wir haben in Thüringen kaum 40 Prozent Eigentumsquote, die wir hier nennen können.
Insofern ist es ein sehr begrüßenswerter Ansatz – und der hat auch in den Anhörungen viel Zustimmung gefunden –, dass Familien ihr Eigentum begründen können. Das bindet sie auch an den Thüringer Standort, das ist eine bewusste Entscheidung für Thüringen. Wenn ich entscheiden kann, ob Sachsen oder Bayern als direkte Nachbarn, dann kann das durchaus mal dazu führen, dass man in Coburg sein Eigentum begründet oder in Chemnitz und eben nicht in Altenburg oder in Suhl.
Ja, wegen der Grunderwerbsteuer. Herr Dittes, wir können ja mal eine ganz einfache Rechnung bei dem Freibetrag von 500.000 Euro machen.
(Zwischenruf Abg. Dittes, DIE LINKE: Wir re- den über die Grunderwerbsteuer! Wir reden doch gar nicht über den Freibetrag!)
Etwa 33.000 Euro, die wir den Familien nachlassen wollen. Wir reden auch über den Freibetrag. Worüber wir reden, bestimme immer noch ich als Redner. Jetzt sind Sie doch mal ruhig, es ist ja unerträglich, wirklich, meine Herren.
Die Grunderwerbsteuer verteuert immer das Bauen, das können Sie nicht leugnen, da können Sie krakeelen, wie Sie wollen. Die Grunderwerbsteuer verteuert das Bauen und das Entstehen von Grundeigentum, denn wenn Sie ein Grundstück kaufen, das unbebaut ist, dann haben Sie auch höhere Kosten. Ich weiß ja, Sie wollen das alles nicht, Sie wollen sozialistisches Eigentum. Aber auch das wird teurer. Aber das müssen Sie ja nicht bezahlen, das nehmen Sie irgendwelchen anderen Leuten ab.
Nochmals für unsere angeblichen Gerechtigkeitsfanatiker, die hier immer rumkrakeelen: Sie glauben ja, dass Grunderwerbsteuer, das Erheben von Steuern grundsätzlich einen guten Effekt erzielt. Aber gerade die Grunderwerbsteuer ist verteilungspolitisch sehr ungerecht, weil sie jeden Erwerber, ob erstmalig, ob kleines Einkommen oder auch die großen Konzerne gleichmäßig mit einer Flatrate auf einen Erwerbsvorgang belastet, der nicht unterscheidet, welche Region, welche persönlichen Verhältnisse gewählt worden sind.
(Zwischenruf Abg. Müller, BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN: Die Mehrwertsteuer bei Grund- nahrungsmitteln erhöht sich auch!)
Da ist es in der Systematik, die wir in der Grunderwerbsteuer wiederfinden, problematisch, eine Progression einzuziehen oder andere Dinge.
Wir reden letztlich über den Änderungsantrag von CDU und der Gruppe der FDP. Der Freibetrag ist das nächstliegende Instrument, das am schnellsten private Menschen in die Lage versetzt, jetzt Wohneigentum zu begründen. Wir reden von Inflation. Inflationsschutz ist Wohneigentum, Altersvorsorge. Eine gute Altersvorsorge ist die selbst genutzte, privat angeschaffte Wohnung.
All das sind Dinge, die wir den jungen Familien ermöglichen wollen, die ihre Zukunft in Thüringen suchen und deshalb bewusst diesen Standort wählen können. Wenn sie merken, dass sie in Thüringen mit demselben Wohnungserwerb von über einer halben Million Euro circa 33.000 Euro weniger an den Staat, sondern in das private Eigentum, in das Heim investieren können, das die Familie in Zukunft haben wird, dann werden sie sich für Thüringen entscheiden. Das können Sie leugnen, das ist Ihre Sache, aber wir unterstützen das.