Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren Abgeordneten, die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Kowalleck beantworte ich für die Landesregierung wie folgt …
Gestatten Sie mir zunächst einige Vorbemerkungen. Zunächst erstens und grundsätzlich: Die Landesregierung hat natürlich die Frage der Energieversorgungssicherheit für das komplette Bundesland Thüringen im Blick und konzentriert sich in der Vorbereitung für beispielsweise diesen Winter und kurz- und mittelfristige Maßnahmen selbstverständlich auf alle Landkreise und Städte, Gemeinden und Kommunen in der Unterstützung.
Zweite Vorbemerkung: Ich teile Ihre Ansicht ausdrücklich nicht, dass die Bundesregierung nicht in den letzten Monaten ausdrücklich alles versucht hat, um uns beim Thema „Versorgungssicherheit“ bestmöglich zu rüsten. Es war diese Bundesregierung, die im Februar zur Kenntnis nehmen musste, dass die Verlässlichkeit, sich zu 55 Prozent auf russische Gasimporte verlassen zu können, mit Kriegsbeginn obsolet war und infolgedessen sofort ein Gasspeichergesetz auf den Weg gebracht hat. Zum heutigen Tag haben wir in den Speichern der Bundesrepublik 90 Prozent Füllstände, in den Thüringer Speichern 98 Prozent. Das nenne ich Vorsorge!
Dritte Vorbemerkung: Am 30. März dieses Jahres hat das Bundeswirtschaftsministerium die Frühwarnstufe und am 23. Juni 2022 die Alarmstufe nach dem sogenannten Notfallplan Gas ausgerufen. Mit Ausrufung der Frühwarnstufe trat im Bundeswirtschaftsministerium ein Krisenteam mit Vertreterinnen und Vertretern des Bundes, also BMWK, BNetzA der Länder – das sind vier Vertreterinnen und Vertreter, für Ostdeutschland ist das in dem Fall Mecklenburg-Vorpommern – sowie der relevanten Akteure der Energie- und Gaswirtschaft zusammen und erstellt seither einen täglichen Lagebericht, der anlassbezogen auch gelegentlich alle drei Tage inzwischen veröffentlicht wird. Dieser Lagebericht wird allen Ländern umgehend zur Verfügung gestellt.
Auch die Landesregierung hat sich in mehreren Arbeitsgruppen und Gremien organisiert – ich verweise auf die zugesagte Liste, die Ihnen für die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Walk zur Verfügung gestellt wird –, um entsprechende Vorkehrungen auf Landesebene zu treffen. Neben den vorhin bereits erwähnten wöchentlichen Kabinettinforma
tionen zur Versorgungslage und dem Staatssekretärsausschuss zum Thema „Energieversorgungssicherheit“ gibt es zum Beispiel eine Arbeitsgruppe „Energie und Versorgungssicherheit“, die wöchentlich tagt, außerdem wurde am Thüringer Energieministerium eine Stabsstelle „Versorgungssicherheit“ neu gegründet. Außerdem finden regelmäßige Dienstberatungen der Katastrophenschutzbehörden statt. Hinzu kommen regelmäßige Sitzungen der Landesregierung mit dem VKU, den Energieversorgungsunternehmen und den Fernleitungsnetzbetreibern Gas.
Nun zu Ihren Fragen. Die Fragen 1 und 2 beantworte ich gemeinsam: In all den eingangs genannten Gesprächen und Sitzungen wurden keinerlei Absprachen oder Notfallpläne für einzelne Landkreise getroffen. Die Landesregierung hat beim Krisenmanagement jederzeit die Gesamtlage des Freistaats Thüringen im Blick. Die Bundesregierung könnte im Lauf des Winters gezwungen sein, wegen einer unmittelbar drohenden Gasmangellage die Notfallstufe im Rahmen eines Notfallplans Gas auszurufen. In diesem Fall wird die Bundesnetzagentur zum sogenannten Bundeslastverteiler. Sie übernähme dann in der Krise hoheitlich die Verteilung und Zuteilung möglicher Gasmengen. Dies erfolgt in enger Abstimmung mit den Gasnetzbetreibern. Die Bundesnetzagentur strebt in der Notfallstufe an, die gesamtwirtschaftlichen sozialen und ökologischen Auswirkungen selbstverständlich minimal zu halten. Eine Lastverteilung durch die Länder auf Landesebene durchführen zu lassen, ist ausdrücklich nicht geplant. Die Länder sind gebeten, auf Anforderung Amtshilfe in ihrem jeweiligen Hoheitsgebiet zu leisten. Insofern ist die Zuständigkeit der Landesregierung im Falle der Notfallstufe bei der Absicherung der Energieversorgung eingeschränkt.
Zu den Fragen 3 und 4: Hierzu verweise ich auf die Definition zu den sogenannten geschützten Kunden. Das sind Kunden, deren Belieferung durch die Gasversorgungsunternehmen auch bei einer teilweisen Unterbrechung oder im Falle außergewöhnlich hoher Nachfrage prioritär gewährleistet werden soll. Kunden, die grundlegende soziale Dienste erbringen, zählen zu den sogenannten geschützten Kunden. Ein grundlegender sozialer Dienst ist in der Europäischen Verordnung über Maßnahmen zur Gewährleistung der sicheren Gasversorgung definiert. Zu den grundlegenden sozialen Diensten gehören zum Beispiel Angebote der Kindertagesbetreuung, Schulen sowie die Gesundheitsversorgung. Sie sind also definitiv sogenannte geschützte Kunden, sie genießen die höchste Priorität bei der Versorgung mit Energie. Darüber hinaus ist hier auch zu sagen, dass keine Absprachen über Not
fallpläne für einzelne Landkreise zu treffen sind. Die Landesregierung hat beim Krisenmanagement jederzeit die Gesamtlage des Landes Thüringen im Blick.
Lassen Sie mich an der Stelle aber noch eines ergänzen: Selbstverständlich haben wir im Energieressort auch im Blick, dass beispielsweise das energieintensive Unternehmen Stahlwerk Unterwellenborn unsere Unterstützung gerade auch in dieser Zeit braucht. Die Landesenergieagentur arbeitet seit Monaten mit Hochdruck daran, dass es uns beispielsweise gelingt, Abwärmepotenziale zu nutzen und die Energie- und Stromversorgung des Stahlwerks auf sichere – in dem Fall erneuerbare – Füße zu stellen. Dabei sind wir aber auf die Zusammenarbeit mit dem Landkreis und der regionalen Planungsgemeinschaft angewiesen. Vielen Dank.
Frau Ministerin, zunächst danke für Ihre Antwort. Sie hatten ja die Arbeit der Bundesregierung sehr gelobt. Inwieweit braucht denn unser Land Ihrer Ansicht nach weitere Unterstützung von der Bundesregierung in der aktuellen Lage hinsichtlich Energie und Wirtschaft?
Das ist eine sehr umfassende und komplexe Frage. Ich würde Ihnen an dieser Stelle vorschlagen, dass wir das morgen bei Aufruf des Tagesordnungspunkts 13, das ist der Antrag der CDU zur Energieversorgungssicherheit, diskutieren.
Danke schön. Und noch eine zweite Frage, wenn ich darf, Frau Präsidentin: Welche Note würden Sie denn dem Bundeswirtschaftsminister Robert Habeck für seine derzeitige Arbeit vergeben?
Ich würde sagen, Schulnoten gehören in die Schule, und da kann man trefflich darüber streiten, ab welcher Klassenstufe. Das ist nicht die Art und Weise, wie ich sagen würde, dass wir gegenseitig Verantwortungsübernahme definieren.
Also der inhaltliche Zusammenhang der Frage mit dem Fragerecht des Thüringer Parlaments erschließt sich jetzt auch nicht so ganz. Vielen Dank trotzdem für die Beantwortung, Frau Ministerin. Wir sind damit auch am Ende der heutigen Fragestunde, wenn jetzt nicht noch Zusatzfragen aus dem Haus kommen zu dieser Frage. Das ist nicht der Fall. Dann schließe ich den Tagesordnungspunkt „Fragestunde“ für heute und mache gleich darauf aufmerksam, dass für morgen noch reichlich Fragen übrig sind.
Wir kommen jetzt zum Wiederaufruf der Tagesordnungspunkte 21, 23 und 24, um die Wahlergebnisse bekannt zu geben.
Wahl einer neuen Schriftführerin Wahlvorschlag der Parlamentarischen Gruppe der BfTh - Drucksache 7/6134 -
Abgegebene Stimmen: 75, ungültige Stimmen: keine, gültige Stimmen: 75. Auf den Wahlvorschlag entfallen 32 Jastimmen, 38 Neinstimmen und es liegen 5 Enthaltungen vor. Damit ist die Mehrheit der abgegebenen gültigen Stimmen nicht erreicht worden. Ich frage in Richtung der Parlamentarischen Gruppe der BfTh: Wünschen Sie eine Wiederholung der Wahl nach der Mittagspause der morgigen Plenarsitzung?
Wahl eines Mitglieds der Parlamentarischen Kontrollkommission gemäß § 25 Abs. 1 des Thüringer Verfassungsschutzgesetzes Wahlvorschlag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/6343 -
Abgegebene Stimmen: 75, ungültige Stimmen: keine, gültige Stimmen: 75. Auf den Wahlvorschlag entfallen 23 Jastimmen, 51 Neinstimmen und es liegt 1 Enthaltung vor. Damit ist die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Landtags nicht erreicht. Eine weitere Wahlwiederholung mit dieser Kandidatin ist nicht möglich.
Wahl eines Mitglieds der Kommission nach Artikel 10 Grundgesetz (G 10-Kommission) gemäß § 2 Abs. 2 des Thüringer Gesetzes zur Ausführung des Artikel 10-Gesetzes Wahlvorschlag der Fraktion der AfD - Drucksache 7/6344 -
Abgegebene Stimmen: 75, ungültige Stimmen: keine, gültige Stimmen: 75. Auf den Wahlvorschlag entfallen 23 Jastimmen, 50 Neinstimmen und es liegen 2 Enthaltungen vor. Damit ist die Mehrheit der Stimmen der Mitglieder des Landtags nicht erreicht.
Ich frage hier die AfD: Wünschen Sie eine Wiederholung der Wahl nach der Mittagspause der morgigen Plenarsitzung? Das ist der Fall, dann wird dieser Wahlvorgang morgen nach der Mittagspause noch einmal aufgerufen. Ich schließe diesen Tagesordnungspunkt.
Vereinbarungsgemäß geht es jetzt weiter mit Tagesordnungspunkt 14, der heute Morgen nicht mehr geschafft werden konnte. Da geht es um die Einsetzung einer
Enquetekommission „Kinder und Jugendliche in der Pandemie – Lehren aus den Erfahrungen und Auswirkungen staatlichen Handelns in der Corona-Pandemie ziehen und für zukünftige Entscheidungen nutzbar machen“ Antrag der Fraktion der CDU - Drucksache 7/6265 -
Mir wurde signalisiert, dass Herr Tischner zur Einbringung für die antragstellende CDU-Fraktion spricht. Bitte, Herr Tischner.
ich muss ja den Rest des Hauses überzeugen, und da freue ich mich, dass die anderen Fraktionen anwesend sind.
Frau Präsidentin, meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Besucher auf der Tribüne, wir alle können uns an die Gespräche, an die Zuschriften, an die Telefonate mit Eltern und Großeltern in den vergangenen Jahren erinnern, die mal mit und mal ohne Verständnis für die Coronamaßnahmen ihre Sorgen, ihre Zweifel, ja, auch Wut über die Situation der Betreuung, der Bildung und Gesundheit der Kinder und Jugendlichen mitgeteilt haben. Am Anfang haben wir alle – dann immer weniger – um Verständnis für diese Maßnahmen geworben und es war der damalige Gesundheitsminister, der den Satz sagte: Wir werden uns nach der Pandemie auch viel gegenseitig zu verzeihen haben. Gerade für die Eltern und ihre Kinder war die Coronapandemie eine massive und vielfach unerträgliche Belastung. Diese Belastungen wirken bis heute nach. Es ist deshalb Aufgabe der gewählten Volksvertreter, nicht das Geschehene zu verdrängen. Es geht um Aufarbeitung, es geht um objektive Betrachtung der getroffenen Entscheidungen und das Ziehen von Konsequenzen für die Zukunft. In der Pandemie ist vielfach das Bild vom Brennglas bedient worden. Die Coronapandemie – so wurde gesagt – zeigt viele Herausforderungen und Probleme sehr deutlich und sehr klar auf. Und ja, dieses Narrativ des Vergrößerungsglases trifft es sehr genau. Wir haben gesehen, wie gerade Kinder aus benachteiligten Familien noch mehr Benachteiligung erfahren haben. Wir haben gesehen, dass das Lernen in der Gruppe unersetzlich ist. Wir haben gesehen, wie wichtig auch soziales Lernen und Leben für die Jüngsten ist. Wir haben gesehen, was passiert, wenn keine Berufsberatung stattfindet. Wir haben gesehen, wie schlecht es um die Digitalisierung steht. Wir haben gesehen, wie schlecht Kommunikationswege zwischen Familien, Bildungseinrichtungen und Behörden laufen können.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, unser Antrag auf Einsetzung der Kommission formuliert folgenden Auftrag: Die Erfahrungen und Auswirkungen staatlichen Handelns in der Coronapandemie in Thüringen in Bezug auf unsere Kinder und Jugendlichen und jungen Erwachsenen zu untersuchen und für zukünftige Entscheidungen nutzbar zu machen. Es sollen konkrete Handlungsempfehlungen erarbeitet werden, die das Ziel haben, in zentralen Lebensbereichen von Kindern, Jugendlichen und jungen Erwachsenen, insbesondere im Betreuungs- und Bildungssystem, vorhandene Defizite zu identifizieren und zeitnah zu beheben, um auf zukünftige vergleichbare Herausforderungen effizienter und zielgerichteter reagieren zu können.
Im Fokus sollen dabei die Altersgruppen der kleinen Kinder bis fünf Jahre stehen, also Kindergartenkinder, die Kinder und Jugendlichen von 6 bis 18 Jahren, also Schule, und die der jungen Erwachsenen von 19 bis 27 Jahren, also Hochschule und Berufsausbildung, Berufsstart. Ferner soll es darum gehen, wie langfristige Pandemiefolgen für Kinder und Jugendliche schneller und besser erkannt und bekämpft werden können.
Meine Damen und Herren, das parlamentarische Instrument einer Enquetekommission ist deshalb aus Sicht meiner Fraktion das geeignete Mittel, um offengelegte Handlungsfelder umfassend zu beleuchten, um mit den Entscheidungsträgern und den Betroffenen gleichermaßen ins Gespräch zu kommen und um wissenschaftlichen Sachverstand permanent auch in der Kommission hier im Landtag einzubeziehen und um gemeinsame Schlussfolgerungen, gerade auch für die Zukunft, zu ziehen.
Neben den Abgeordneten arbeitet in der Kommission eine gleiche Anzahl an Experten und Wissenschaftlern. Damit ist garantiert, dass wissenschaftliche Daten und Erkenntnisse unmittelbar in die Betrachtungen der Kommission einfließen können. Neben dem internen Sachverstand setzt sich eine Enquetekommission auch sehr intensiv und gründlich mit den Meinungen und Standpunkten der Akteure, aber vor allem auch der Betroffenen, auseinander. Die Kommission ermöglicht also das, was Politik oftmals viel zu wenig tut: Sie ermöglicht Zuhören und eine ernsthafte Befassung mit den Erfahrungen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist nicht an der Zeit, die Bücher zu schließen. Wir dürfen die Augen auch nicht davor verschließen, was gewesen ist. Wir haben die Verantwortung zur Aufklärung und zur Umsetzung der gewonnenen Erkenntnisse in politische Entscheidungen. Danke schön.
Vielen Dank. Damit eröffne ich die Aussprache und gebe Frau Abgeordneter Henfling von der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen das Wort.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen, sehr geehrte Präsidentin, die Coronapandemie hat die vergangenen zweieinhalb Jahre für uns alle, aber noch mehr für unsere Kinder und Jugendlichen, zu nervenaufreiben
den, quasi zu permanenten Ausnahmezuständen gemacht. Kinder und Jugendliche traf die Pandemie deshalb besonders hart, denn ihre Zeit war besonders geprägt von der ständigen Angst vor Erkrankung, vor der Ungewissheit, was morgen tatsächlich gilt. Der fehlende Kontakt zu Gleichaltrigen, die beengten Wohnverhältnisse, überforderte Eltern, die geschlossenen Kindergärten, die geschlossenen Schulen und gesperrte Spielplätze, all dies kam auch noch dazu. Auch die Quarantänesituation und die gesellschaftspolitischen Auseinandersetzungen um die Pandemie hatten Auswirkungen bis in die Familien hinein.
7.604 verstorbene COVID-19-Fälle in Thüringen hinterlassen Familien und Angehörige, Freunde und Bekannte und all dies macht doch etwas mit unseren Kindern und Jugendlichen.