Protokoll der Sitzung vom 06.03.2025

(Beifall BSW)

Herzlichen Dank. Ich würde mich jetzt als Nächste hier aufrufen und werde deswegen vertreten. Danke schön, Herr Quasebarth, wir wechseln.

Damit rufe ich Frau Dr. Urban ans Rednerpunkt.

Ganz herzlichen Dank. Ich glaube, ich kann das heute kurz machen. Wir hatten gestern das Thema „Equal Pay Day“. Wir haben schon wirklich aus dem Blickwinkel der Notwendigkeit eines Equal Pay Day bzw. meiner Hoffnung darauf, dass wir das irgendwann nicht mehr tun müssen, gestern sehr ausführlich über Frauen und den Arbeitsmarkt gesprochen. Deswegen möchte ich eigentlich an dieser Stelle zunächst erst mal auf einen der Vorredner eingehen, von der AfD, der sagte, wir würden irgendwie durch Regeln die freie Entscheidungsfähigkeit der Frauen limitieren wollen, Frauen werden da – ich glaube, Sie hatten zum Beispiel die MINT-Berufe genannt – in MINT-Felder reingedrängt durch irgendwelche Maßnahmen.

Ich glaube, ich als Ärztin kann hier durchaus für MINT stehen, ich komme aus dem Wissenschafts- und Forschungssektor und habe jahrelang dort gearbeitet, bin Medizinerin und habe sehr viel mit Naturwissenschaften zu tun gehabt. Ich kann nur sagen, es ist etwas Essenzielles, ob man in jungen Jahren eben nicht

einfach immer nur mit den Puppen spielt oder zum Kochen angeleitet wird, sondern ob man eben auch – so wie das früher üblich war – diese sogenannten „Jungsfelder“ kennenlernt. Das reicht vom Fußball eben bis zum MINT. Insofern geht es da schon los mit der Freiheit des Menschseins, denn Frauen sollten eben genau diese Freiheit bekommen. Das hat viel mit frühkindlicher Bildung zu tun. Und wenn ich mir dann aber meinen eigenen Lebensweg anschaue – gestern wurde auch nach Beispielen gefragt –, dann kann ich Ihnen nur sagen, dass zum Beispiel im Schulbereich, wenn wir uns die Abiturabschlüsse anschauen, Mädchen und Frauen sehr viel höhere Notenabschlüsse haben, in der Regel dort besser abschneiden als die Jungs. Wenn wir uns die Studienabschlüsse anschauen, trifft das auch zu. Wenn wir – ich nehme jetzt mal einfach meinen Bereich, denn da kenne ich mich aus – dann aber weiter in eine Klinik schauen, wie viele Chefärzte haben wir, dann sieht das eben gar nicht mehr nach den Frauen aus. Mit einem Mal sind Frauen abgefallen, hintenangestellt. Und natürlich sind wir in Thüringen, man könnte jetzt sagen, wir sind relativ weit vorne, wir haben das gestern als Thema gehabt. Wir haben im Prinzip beim Gender Pay Gap sechs Prozent, das ist deutlich weniger als in ganz Deutschland. Wir haben sogar bei den jungen ostdeutschen Frauen einen negativen Pay Gap, also selbst da sind wir im Osten sozusagen gut. Ich glaube, gestern sagte erst jemand, wir sind gut unterwegs. Aber ich finde, allein diese sechs Prozent und auch dieses Beispiel in der Hierarchie, wie Frauen die Möglichkeit haben aufzusteigen, das zeigt, dass hier sehr viel zu tun ist. Und Frauen haben es schwerer und gestern wurde auch das schon mal kurz genannt, ich glaube, von Frau Güngör, nicht

(Abg. Quasebarth)

nur, dass wir die Aufstiegschancen nicht haben, sondern: Wenn Frauen in Beschäftigung sind, dann haben sie einfach auch in der Regel ein niedrigeres Einkommen. Man muss sagen, 20 Prozent der Frauen, die erwerbstätig sind, 20 Prozent haben ein Monatseinkommen, was unter dem Existenzminimum liegt. Jede fünfte Frau verdient weniger als das Existenzminimum. Und das kann doch nicht im Sinne des Erfinders sein und das ist auch nicht für die Zukunft gut, das ist auch für unsere Sozialsysteme nicht gut, denn am Ende reden wir natürlich auch über Renten, die aus den Gehältern resultieren, und Frauen tun sehr viel für diese Gesellschaft. Ich denke, es geht natürlich darum, dass es auch die Männer tun und dass wir das eben in gleichem Maße veranlagen und die Strukturen dafür schaffen.

Jetzt hat sich Die Linke in ihrem Antrag nicht nur auf das Land konzentriert – darauf möchte ich noch mal eingehen –, sondern sie hat durchaus auch umfassende Forderungen an die Bundesebene mit formuliert, also Abschaffung des Ehegattensplittings, Evaluation der Sozialgesetzbücher hinsichtlich der Rentenansprüche von pflegenden Angehörigen und auch Änderung des Mindestlohns. Und ich kann natürlich sagen für unsere SPD-Fraktion, dass wir als linke Mitte bei diesen Forderungen auch absolut an Ihrer Seite stehen. Wir glauben aber natürlich, das ist zu großen Teilen Bundespolitik und das ist natürlich nicht immer hier Thema in diesem Landtag. Nichtsdestotrotz sind wir an Ihrer Seite, wir glauben, es braucht konkrete Maßnahmen – genau, konkret, das ist das Wichtige dabei – um die Situation von Frauen auf dem Arbeitsmarkt zu stärken. Und wir halten das für wichtig und richtig. Aus diesem Grund, weil dieser Antrag doch auch so vielschichtig ist, würden wir ihn auch – so wie vom BSW, glaube ich, schon vorgeschlagen – im Ausschuss für Arbeit und Soziales gern noch weiterdiskutieren wollen. Herzlichen Dank.

(Beifall BSW, SPD)

Vielen Dank, Frau Abgeordnete Dr. Urban. Als Nächste rufe ich für die Fraktion der CDU Frau Abgeordnete Jane Croll an das Rednerpult.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen, liebe Zuschauer! Wir behandeln den Antrag mit dem schönen Titel „Geschlechtergerechtigkeit am Thüringer Arbeitsmarkt stärken“. Es gibt aber unterschiedliche Ansätze, wie man dahinkommen kann. Der vorliegende Antrag der Linke-Fraktion enthält drei Dinge: Als Erstes Feststellung, dann eine Reihe von Forderungen an die Landesebene – und da muss ich mir schon auch die Frage stellen, wer die letzten zehn Jahre hier in Thüringen regiert hat –, und unheimlich viele Forderungen an die Bundesebene und einen riesengroßen Blumenstrauß an Forderungen, Teile haben die Vorredner schon genannt. Und ich muss mich ja erst an die Arbeitsweise hier gewöhnen, aber ich würde schon gern erstens mal darüber sprechen, für was wir eigentlich zuständig sind und zweitens würde ich gern auch über eine oder zwei konkrete Maßnahmen sprechen, die auch zu verwirklichen sind. Ich glaube, dass das auch die Bürger verdient haben und dass eben nicht nur geredet wird, sondern dass am Ende auch was ankommt.

Der Antrag beinhaltet eben die Feststellung, dass Frauen auf dem Arbeitsmarkt benachteiligt sind. Das führt zur Arbeitsarmut und am stärksten betroffen seien Frauen mit Migrationshintergrund und Frauen mit Behinderungen. Im inhaltlichen Kontext stellt sich mir da schon die Frage: Sind es wirklich die Frauen in ihrer Gesamtheit, die benachteiligt sind, oder sind es nicht vor allen Dingen die Mütter, die aufgrund der schwierigen Vereinbarkeit von Familie und Beruf benachteiligt sind? Wir haben es gestern sehr gut ausgearbeitet, dass eben die unbezahlte Sorgearbeit bei den Frauen hängen bleibt und dass wir ein grundsätzliches

(Abg. Dr. Urban)

Problem haben, dass es gerade sehr, sehr schwierig für Mütter mit Kindern ist, Karriere zu machen, aber auch der Fakt, dass es immer mehr alleinerziehende Mütter mit Kindern gibt. Ich persönlich glaube aber, dass die Bedingungen für Frauen auf dem Arbeitsmarkt heute so gut sind wie noch nie. Ich kann Ihnen da auch viel erzählen, ich bin schon über ein Vierteljahrhundert selbstständig im Niedriglohnbereich, 95 Prozent Frauenanteil und auch die Unternehmen haben sehr viel gemacht, um individuelle Lösungen zu finden. Es geht nämlich gar nicht anders, wenn ich meine Beschäftigten aus der Elternzeit wiederhaben möchte, dass ich Lösungen finde, und das ist eben nicht eine Lösung, sondern das sind ganz individuelle, je nach Arbeitnehmerin. Das ist eben auch wichtig, dass wir die Herausforderung der Arbeitnehmer betrachten, aber auch die Herausforderung der Unternehmen. In den Gesprächen wird immer deutlich, dass das organisatorische Umfeld sehr schwierig ist. Es wurde auch schon erwähnt, die Betreuungszeiten im Kindergarten und Schule, die sehr unsicher sind, aber da hat ja die Landesregierung einige Dinge auf den Weg gebracht, die zur Verbesserung führen sollen. Aber auch die sozialen Medien erwecken immer wieder den Anschein ständiger Erreichbarkeit. Und drittens müssen Frauen wie Männer im Arbeitsleben auch hochflexibel sein. Das ist sehr schwierig neben der Organisation der Familie. Wir haben aber eben auch den Umstand, dass – nicht wie früher – Großeltern oder auch Geschwister immer noch im Arbeitsleben stecken und dadurch nicht mit, sage ich einmal, in der Kinderbetreuung unterstützen können. Das sind für uns auch die Hauptansatzpunkte, die richtigen Rahmenbedingungen zu setzen, und das hilft auch Frauen mit Migrationshintergrund, weil sie auch statistisch eben mehr Kinder haben.

Es hat sich, das habe ich gestern schon gesagt, auch einiges in unserer Gesellschaft getan, die Väter übernehmen mehr Verantwortung. Für uns ist eben Gleichberechtigung auch zum einen, dass das Rollenbild der Mutter sich verändert, aber gleichzeitig auch das Rollenbild der Väter.

Wir können Ihrem Antrag nicht zustimmen, weil sich da viele Maßnahmen, sage ich mal, wiederfinden, die Familien benachteiligen, aber auch stark die Wirtschaft schädigen. Ich glaube, es ist ein falsches Signal, in der schwierigen wirtschaftlichen Lage, in der wir uns hier in Deutschland befinden, den Unternehmen auch noch etwas aufzubürden. Das Abschaffen von Ehegattensplitting halten wir für die falsche Richtung, genauso wie wir die Fokussierung auf Mädchenpädagogik in Kindergärten für fehlgeleitet halten, genauso wie die Vorschläge, den Mindestlohn zu erhöhen in der Größe, wie Sie es vorschlagen, die Mitbestimmung von Arbeitnehmern zu steigern, Kontrollbehörden auszubauen – das sind alles beliebte linke Wahlplakatmotive, aber das sind keine Instrumente, die Frauen gezielt auf dem Arbeitsmarkt fördern.

Eines möchte ich noch einmal deutlich sagen, der Mindestlohn ist eben kein politisches Instrument, sondern das sollte schon ein Instrument sein, das wirklich auch von Experten festgelegt wird. Das ist auch eine wichtige Forderung der Unternehmen. Wenn wir nämlich die Wirtschaft kaputtmachen, keine Unternehmen haben, dann haben wir keine Arbeitsplätze für Mann und Frau, dann brauchen wir auch keine Gleichberechtigung mehr.

Sinnvoll halten wir hingegen die Erhöhung des Elterngeldes und die Anpassung der Elternzeit, sich da auf Bundesebene einzusetzen. Leider hat ja da die Ampelregierung faktisch auch gekürzt. Da muss aus unserer Sicht auch nachgearbeitet werden. Und befürworten würden wir auch die Stärkung pflegender Angehöriger, das sehen wir als sinnvoll an. Da hat sich die Koalition auch im Koalitionsvertrag geeinigt, auf Bundesebene sich einzusetzen, hier bessere Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Pflege und Beruf zu fördern.

Zusammenfassend: Was Frauen wirklich hilft und auch zur Geschlechtergerechtigkeit beiträgt, sind Maßnahmen zur Vereinbarkeit von Familie und Beruf, Maßnahmen zur Verbesserung der Vereinbarkeit von Pflege und Beruf und eben ein Steuersystem, bei dem Mütter auch profitieren, wenn sie weniger arbeiten.

Abschließend möchte ich noch sagen: Wir verfolgen in der Arbeitsmarktpolitik, das Ziel der Chancengleichheit von Frauen und Männern zu gewährleisten, setzen da eben stärker auf marktpolitische Mechanismen und individuelle Verantwortung als auf staatliche Eingriffe, Chancengleichheit durch die richtigen Rahmenbedingungen und wirtschaftliche Maßnahmen. Und wir hoffen, dass wir da im Ausschuss in der Diskussion auch Lösungen finden, die dazu beitragen. Die CDU-Fraktion beantragt ebenfalls die Überweisung an den Ausschuss für Soziales, Gesundheit, Arbeit und Familie federführend und auch an den Ausschuss für Gleichstellung. Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall CDU)

Danke schön. Frau Güngör, Sie haben sich noch mal zu Wort gemeldet.

Danke, Frau Präsidentin. Danke, liebe Kolleginnen und Kollegen, für die Debatte, bei der wir, glaube ich, einige Aspekte durchaus ähnlich bewerten. Auf die gehe ich jetzt mit Blick auf meine Redezeit nicht ein, sondern würde noch mal ein bisschen auf die Unterschiede eingehen wollen, denn davon gab es ja auch einige.

Dass es der AfD nicht zu dumm ist, sich hier hinzustellen und den Bürokratieabbau als Argument gegen Geschlechtergerechtigkeit zu bringen, das finde ich schon bemerkenswert. Ich glaube, da hätte es andere Argumente gegeben, wenn man die gewollt hätte. Aber gut, wir können natürlich Bürokratieabbau wirklich auf alles immer draufhauen. Das ist möglich. Es ist nicht so arg kreativ, aber sei es drum. Sich hier hinzustellen und zu sagen, wir haben Angst, dass die Wirtschaft stark geschädigt wird, so wie das die CDU gemacht hat, ich kann nur sagen, ich sitze jetzt seit einigen Jahren immer wieder auf Podien, wo es um Arbeitsund Fachkräftemangel geht, wo darüber gesprochen und debattiert wird, wie wir möglichst viel Potenzial für Unternehmerinnen und Unternehmer auch bereithalten können, mit attraktiven Angeboten Mitarbeitende zu bekommen bzw. Mitarbeitende zu halten. Das ist auch nicht mehr so einfach, wie es mal war. Ich glaube, das müssten wir uns hier noch mal gemeinsam anschauen.

Und zum Thema „Mindestlohn“: Seien Sie sich sicher, wir schreiben es nicht nur gern auf unsere Plakate, wir meinen es auch so.

(Beifall Die Linke)

Denn wenn Sie sich wünschen, dass das von Experten festgelegt wird: Ja, wir haben eine Mindestlohnkommission, und die sagt, dass der Mindestlohn, den wir gerade in Deutschland haben, eben nicht armutsfest

ist. Deswegen: Wir sind da ganz beieinander. Dann muss er einfach erhöht werden, der Mindestlohn.

(Beifall Die Linke)

Wenn dann – wie immer – das Friseurinnenbeispiel gebracht wird, im Sinne von: Frauen suchen sich das doch aktiv aus und die machen das mit Leidenschaft. Ja, das ist ja auch gut und richtig, dass Frauen sich alle Berufe aktiv aussuchen können und die mit Leidenschaft machen.

(Beifall Die Linke)

(Abg. Croll)

Aber sie sollen nicht durch eine bestimmte Wahl später dann in Altersarmut geraten. Sie sollen nicht durch eine bestimmte Wahl, zum Beispiel durch die Wahl, länger zu Hause bei ihren Kindern zu bleiben, in Altersarmut gebracht werden.

(Beifall Die Linke)

Und ich sage noch einen Aspekt, der mir wichtig ist, warum wir nicht nur von Müttern sprechen: Es gibt auch Frauen, die aus unterschiedlichen Gründen nicht Mutter geworden sind und die trotzdem tagtäglich als pflegende Angehörige ganz, ganz wichtige Care-Arbeit leisten

(Beifall Die Linke)

und die wir sonst, wenn wir nur von Müttern allgemein sprechen würden, hier vergessen. Das ist uns als Linke wichtig, genau das eben nicht zu tun.

Ein Satz zum Schluss: Klar sind wir auch für Sachen im Bundeslevel zuständig. Ich gehe doch davon aus, dass die Brombeere vorhat, den Bundesrat aktiv zu nutzen und nicht nur für Selfies nach Berlin zu fahren. Vielen Dank.

(Beifall Die Linke)

So, ich habe jetzt keine weiteren Redner/‑innen gesehen. Ich gucke noch mal in die Runde. Das ist nicht der Fall. Dann bitte ich Frau Ministerin Schenk nach vorne.

Sehr geehrte Frau Präsidentin, sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete, es ist ja völlig richtig, dass wir gestern im Rahmen des Equal Pay Day schon über das Thema gesprochen haben, aber ich finde, es ist ja eigentlich eine gute Nachricht, dass wir dann heute noch mal darüber sprechen. Und die beste Nachricht ist wahrscheinlich, dass wir ja hier, wenn wir uns diesem Antrag zuwenden – und so habe ich jetzt die Reden der vor mir sprechenden Abgeordneten mehrheitlich wahrgenommen –, das gemeinsame Ziel teilen, dass wir im Ausschuss darüber diskutieren wollen. Da freue ich mich natürlich auch für mein Haus, da entsprechende Beiträge zu leisten und auch ein bisschen mit Zahlen, Daten und Fakten zu unterfüttern, in welcher Lage wir eigentlich gerade sind. Und am meisten freue ich mich, dass wir auch einen Gleichstellungsausschuss haben, der ja Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, die Möglichkeit gibt, ganz konkret genau dem, was hier auch von der einbringenden Fraktion problematisiert wurde, nämlich den Querschnittsanliegen unserer Themen hier, Rechnung zu tragen, indem wir nämlich immer und immer

wieder fragen: Wo muss es bei verschiedenen gesetzlichen Initiativen, bei Anträgen, bei Verordnungen und Ähnlichem ein geschlechterspezifische Perspektive geben?

Ich will den Anlass heute nutzen, um mal ein bisschen auf die Arbeitsmarktzahlen zu schauen, die den ganzen Sachverhalt hier unterfüttern. Abgeordnete Urban hat es schon ein bisschen dargestellt, dass wir in Thüringen gar nicht so weit hinten sind. Aber das liegt nur daran, dass der Durchschnitt insgesamt einfach so frappierend schlecht ist, sodass man tatsächlich immer wieder diese symbolhaften Tage wie Equal Pay Day, aber auch den Frauenkampftag am 8. März dazu nutzen sollte, die Zahlen in den Raum zu stellen und zu zeigen, dass wir hier wirklich ein Problem haben.

Im Jahr 2023 lag die Erwerbstätigenquote von Frauen bei 79 Prozent und damit eben über dem von mir schon angesprochenen Bundesdurchschnitt, der bei 73 Prozent liegt. Damit sind wir auch – viele verweisen

(Abg. Güngör)

ja jetzt immer auf Ostdeutschland – ganz oben in der ostdeutschen Spezifik. Auch die Beschäftigungsquote von Frauen ist von rund 54 Prozent im Jahr 2009 immerhin auf 64 Prozent im Jahr 2023, was hier in dem Beitrag mein Referenzjahr ist, gestiegen. Auch der Anteil von Frauen an sozialversicherungspflichtiger Tätigkeit zeigt in den letzten zehn Jahren, dass es äußerst stabil ist. Wir sind da bei rund 48 Prozent.

Ein wichtiger Beitrag aus der Statistik, die wir regelmäßig von der Bundesagentur bekommen, ist auch die Arbeitslosenquote, mit der man, wenn man Frauen und Männer mal gegenüberstellt, festhalten kann, dass sie bei Frauen lediglich bei 5,3 Prozent liegt, während es bei Männern 6,3 Prozent sind. Jetzt ist natürlich die Frage, wo wir denn jetzt eigentlich – und das war ja auch unsere Einflugschneise gestern – zu dem diskutierten Thema „Altersarmut“ kommen, bei dem wir alle gemeinsam festgestellt haben und was sich auch mit Zahlen untersetzen lässt, dass Frauen überdurchschnittlich häufig davon betroffen sind. Da sind wir genau wieder bei der Diskussion, bei der wir gestern waren. Es geht natürlich um Löhne, Gehälter und um Arbeitsvolumen, sprich die Teilzeitfalle. Da kann man schon festhalten, wenn man auf die Teilzeitquote guckt, dass die immer noch deutlich höher ist als bei Männern. Auch in den vergangenen zehn Jahren hat es da zwar eine Annäherung gegeben, aber trotzdem ist sie immer noch deutlich da. Nun sind wir genau in dem Unterschiedsfeld, was wir gestern auch aufgemacht haben. Man kann jetzt natürlich unterstellen, dass es irgendein seltsames Muttergen ist oder ein Pflegegen, je nachdem, wie weit man die Care-Arbeit fassen will, wobei ich mich ausdrücklich dem anschließen würde, dass man Pflegearbeit auch mit dazuzählen sollte. Jetzt kann man natürlich unterstellen, dass Frauen das einfach viel lieber und häufiger machen und dass es irgendwie schon okay ist, dass da als Konsequenz Altersarmut rauskommt. Viel relevanter, als immer wieder zu sagen, das ist aber einfach eine weibliche Tätigkeit, zu pflegen und sich um Kinder zu kümmern, wäre es doch einfach, Geschlechtergerechtigkeit genau so zu verstehen, wie sie eben auch verstanden werden sollte, dass Männer gern Väter sind und deswegen auch diese Sorgearbeit übernehmen würden, wenn sie denn könnten.

Und warum tun es denn viele moderne Paare nicht? Weil faktisch sich zum Beispiel bei der Frage „Nehme ich Elternzeit, oder nicht?“ eine ganz einfache finanzielle Debatte aufmacht. Es verzichtet natürlich der, der weniger verdient, darauf, arbeiten zu gehen, weil wir natürlich gucken müssen, dass wir mit den Prozenten dahin kommen, wo ich am Ende noch den meisten Teil von dem Gehalt meines besser verdienenden Manns habe.

Deswegen kann ich nur unterstreichen, was die einbringende Fraktion hier zum Thema gemacht hat. Es ist sicherlich richtig, dass das viele bundespolitische Themen sind. Es gehört sicherlich auch dazu, immer klar – das hat Abgeordnete Croll auch unterstrichen – deutlich zu machen, wo man eigentlich was regeln kann, damit die Konsumenten dieser Debatte und auch die Konsumentinnen, die sich besonders dafür interessieren sollten, am Ende wissen, wo ich eine Lösung erwarten kann. Aber es steht, glaube ich, außer Frage, dass wir auch hier im Land natürlich was dazu beitragen können, dass sich Altersarmut zurückdrängen lässt.

Einerseits können wir das natürlich durch die entsprechende gesellschaftliche Debatte tun, indem wir zum Beispiel in den Raum stellen, dass es gerade nicht darum gehen kann, die Auswahl von Berufsfeldern irgendwie als eine gottgegebene Sache zu bewerten, sondern natürlich ist es vollkommen richtig – und das haben wir im Regierungsvertrag auch entsprechend herausgestellt –, all diese Tage zu fördern, indem es jungen Mädchen und jungen Jungs ermöglicht wird, aus diesem Rollenverständnis auszubrechen.