Lothar Bisky
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Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich möchte zunächst Sie, Herr Baaske, von einem Irrtum befreien. Wir haben keinen Frust durch, wir haben Lust auf Opposition.
Deshalb zu den Lösungen:
Erstens treten wir ein - nicht von heute auf morgen - für eine Bundes- und Landesförderung für kapitalschwache kleine Unternehmen, zweitens für ein Länder-Banken-Programm „Zweite Chance“ nach schwedischem und finnischem Vorbild. Da Sie das ja alle kennen, muss ich Sie nicht unterrichten, was das ist.
Drittens müssen Förderinstrumente von der Bürokratisierung befreit werden.
Viertens: Wir fordern, dass die Kofinanzierung für Förderungen auf 25 % reduziert wird, damit sich Kommunen das auch leisten können.
Fünftens: Endlich und endlich steht die Überwindung der Ungleichbehandlung ostdeutscher Bürger auf der Tagesordnung. Das Grundgesetz werden Sie sicher akzeptieren. Das muss verwirklicht werden.
Sechstens: Statt Mehrwertsteuererhöhungen brauchen wir 7 % Mehrwertsteuer im Handwerk, damit sich dort etwas bewegt,
und natürlich eine gerechte Steuerpolitik, die das möglich macht.
Siebentens: Gerade wegen der enormen Mobilität der Brandenburger, die zur Arbeit weit fahren müssen, plädieren wir für eine Erhöhung der Pendlerpauschale auf 40 Cent je Kilometer.
Achtens: Hartz IV muss nach vorn überwunden werden.
Mit den Mitteln für die 1-Euro-Jobs und anderen Fonds sollten endlich versicherungspflichtige und existenzsichernde Arbeitsplätze entstehen. Die Menschen, die arbeiten, haben das Recht, wie Arbeitende behandelt zu werden.
Wir brauchen einen Neuansatz in Ostdeutschland, auch in Brandenburg, um die Zukunft zu gestalten. Wir brauchen den Mut zu neuen Lösungen, die den neuen Realitäten entsprechen. Auch wir müssen umdenken, weil es neue Realitäten gibt.
Die beständige Schönrednerei hilft uns nicht weiter. Herr Baaske, wenn Sie die Kritik von links so übel nehmen, dann zitiere ich einmal rechts. Der stellvertretende Ministerpräsident...
Also von der rechten Mitte.
Ich habe nicht rechtsextrem gesagt.
Ich habe gesagt, rechts von mir, Herr Schönbohm, ich wollte Sie damit nicht kränken, ich will Sie zitieren. - Der stellvertretende Ministerpräsident wird am 16.08. dieses Jahres mit einem Satz zitiert, welcher das Forum Ost der SPD bewertet:
„Es ist ein aufgeblasener, mit heißer Luft gefüllter Luftballon.“
Das ist nach meiner Ansicht übertrieben, aber wer sollte das besser beurteilen können als der Stellvertreter des Ministerpräsidenten, der häufig im und für das Forum Ost agiert?
Meine Damen und Herren, ohne eine ehrliche Bilanz oder Diagnose des wirklichen Zustands im Osten wird es auch im 15. Jahr der Einheit keinen Neuanfang für eine bessere Zukunft geben.
Gestatten Sie mir zum Abschluss einen Wunsch auszusprechen, der sich auf die künftige Entwicklung der politischen Kultur im Land Brandenburg bezieht. Ich wünsche mir einen Landtag, in dem unterschiedliche Meinungen im demokratischen Streit ausgetragen und zu Lösungen geführt werden.
Für Brandenburgs Zukunft wird entscheidend sein, ob sich die Leute im Land durchsetzen können, die Sachargumenten anderer gegenüber aufgeschlossen sind. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS-Fraktion steht für den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ein und sie will, dass er sich reformiert. Wir wollen nicht, dass er privatisiert wird. Ebenso wenig wollen wir, dass er unter kombiniertem Quotenund Kostendruck pseudoprivatisiert wird, sich also weiter öffentlich-rechtlich nennt, aber praktisch nach denselben Kriterien verfährt wie das Privatfernsehen und der private Rundfunk.
Wir wollen aber ebenso wenig, dass der öffentlich-rechtliche Rundfunk als eine Behörde weiter wächst, in der die großen Parteien ihre Claims abgesteckt haben, und sich der Reformdruck auf Kostendruck reduziert und zulasten der kreativen, zumeist freien Mitarbeiter geht. Das aber ist zurzeit ein bedenklicher Trend; eine spektakuläre Einzelinvestition wie die in die „Harald-Schmidt-Show“ kann und darf dies nicht verdecken. Wir wollen Qualität in der Breite, nicht nur Halbstunden-Highlights auf einige Wochentage verteilt. Wir wissen natürlich, dass Qualität Geld kostet - also im Wesentlichen Gebühren.
Eine zweite Bemerkung: Über die Reform des öffentlich-rechtlichen Rundfunks wird seit sehr langer Zeit geredet. Das wird auch noch eine Weile andauern. Die Kommunikationsland
schaft befindet sich in einem tiefen Umbruch. Vor diesem Hintergrund müssen die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks bestimmt, auch neu bestimmt werden.
Natürlich kann man auch darüber reden, ob die Aufgaben des öffentlich-rechtlichen Rundfunks reduziert werden sollen. Möglicherweise bringt eine solche Reduzierung auch Entlastung bei den Gebühren. Ich wehre mich nur dagegen, das Pferd von hinten aufzuzäumen, also den Gebührenzustrom zu drosseln und damit Aufgabenreduzierungen zu erzwingen oder gar politisch vorzugeben. Es steht zu befürchten, dass auf diesem Wege ein wichtiger Platz in der veränderten Kommunikationslandschaft letztlich unbesetzt bleibt und die unter Kostendruck gesetzte Behörde öffentlich-rechtlicher Rundfunk zugleich in eine Konkurrenzsituation mit den privaten Unternehmen getrieben wird. Diese Konkurrenz können die Öffentlich-Rechtlichen nicht bestehen.
Deshalb zwei Schlussfolgerungen: Medienpolitik muss konstruktiv werden und sich dieser Aufgabenstellung widmen und schließlich muss ein solcher konstruktiver Ansatz die Autonomie der Sendeanstalten achten und produktiv machen. Wir vertrauen auf die Kraft der Sender selbst und lehnen politischen Dirigismus ab. Wir meinen nicht, dass Politikerinnen und Politiker Reformen bei der vierten Gewalt vorgeben sollten.
Deswegen, meine Damen und Herren, sind wir auch strikt dagegen, die Kommission zur Erfassung des Finanzbedarfs der öffentlich-rechtlichen Anstalten - die KEF - auszuhebeln und politisch in die Diskussion um die Festsetzung der Höhe der Gebühren einzugreifen. Genau das aber haben die Ministerpräsidenten getan. Ich halte das für eine gefährliche Tendenz. Es gilt nämlich, die Sendeanstalten vor dem Zugriff der Ministerpräsidenten zu schützen. Dafür gibt es wichtige Gründe:
Erstens verstößt die Entscheidung der Ministerpräsidenten gegen die Prinzipien der Staats- und Parteiferne.
Zweitens läuft die Rundfunkgebühr durch das Vorgehen der Ministerpräsidenten Gefahr, ihren Charakter als autonomes Finanzierungsinstrument zu verlieren und faktisch zur staatlichen Beihilfe zu werden. Dies wiederum wäre im nationalen wie im EU-Rahmen rechtlich höchst bedenklich und könnte eine Gefährdung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks in Deutschland heraufbeschwören.
Meine Damen und Herren! Gebührenerhöhungen sind immer unbeliebt. Argumente dagegen finden sich zuhauf. Nach gründlicher Analyse empfehle ich meiner Fraktion dennoch die Zustimmung zu diesem Rundfunkänderungsstaatsvertrag verbunden mit der Forderung, endlich mit der medienpolitischen Debatte zu beginnen und zugleich mit der Reform der öffentlich-rechtlichen Anstalten, die ihre eigene Zukunft gefährden, wenn sie zu lange warten. Möglicherweise ist das auch die letzte Chance für eine durchdachte und substanzielle Reform. Die aber brauchen die Anstalten dringend. - Ich bedanke mich.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der 9. November ist ein historisches Datum, das ist wahr. Die hässliche Seite der
Mauer hätte ich Ihnen dargestellt - habe ich auch öfter gemacht -, die hässlichen Dinge der DDR auch. Aber vor dem 9. November gab es ein Datum, das war der 4. November mit der größten Demonstration der DDR-Geschichte. Da habe ich aus guten Gründen eine Rede gehalten und zu dieser Rede stehe ich mit jedem Wort bis heute.
Herr Ministerpräsident, Sie haben Ihre individuelle Geschichte, ich habe meine. Ich habe am 04.11.1989 das Recht der jungen Generation gefordert, das ihre zu sagen - ohne Wenn und Aber und ohne, dass immer ein Lehrer hinter ihnen steht und ihnen hineinredet, wie sie die Wirklichkeit zu sehen haben.
- Ja, von der CDU wurde ich dafür genauso kritisiert wie von der SED. - Ich fordere heute nichts anderes. Bitte, gestatten Sie das auch Frau Steinmetzer und bitte gestatten Sie allen jungen Leuten, die Wirklichkeit so zu sehen, wie sie sie sehen, und werfen wir ihnen nicht vor, dass sie sie anders sehen als meine Generation.
Ich nehme die Wahl an.