Matthias Loehr

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Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der im deutschsprachigen Internet am häufigsten besuchte Nachrichtendienst rund um die Informationstechnologie, Heise.de, titelte passend zu unserer Debatte im Landtag und im Rechtsausschuss am 11. Juni: Langzeiterhaltung digitaler Informationen bleibt ein ungelöstes Problem. - Weiter heißt es dann:
„Dass digitale Daten instabil und gefährdet sind, wird gern verdrängt. Daran hat sich seit 2003, seit dem Start des Projekts nestor, nichts geändert. Computer fänden ihre eigenen Wege, um jede Langzeitarchivierung zu erschweren, brachte der Informatiker Wolfgang Coy von der Humboldt-Universität die Problematik auf den Punkt.“
Wir gehen mit dem heutigen Beschluss zur elektronischen Ausfertigung und Verkündung von Gesetzen im Land Brandenburg einen großen Schritt in Richtung Digitalisierung. Zugleich machen wir den Weg für das Projekt ELVIS frei, um eine medienbruchfreie Ausfertigung parlamentarischer Beratungen bis hin zur Ausfertigung und Verkündung zu erreichen.
Die Linke hatte dazu im Vorfeld eine Vielzahl von Fragen und Diskussionen. Wir haben uns die Zustimmung nicht leichtgemacht. Durch den nunmehr vorliegenden Änderungsantrag des Landtagspräsidenten sehen wir die Vorschläge und Bedenken der Linksfraktion berücksichtigt.
Es wird auch in Zukunft nicht auf die aus unserer Sicht noch immer notwendige Papierform verzichtet. Durch die Erstellung von beglaubigten Papierausdrucken und deren Archivierung wird möglichen Datenverlusten vorgebeugt und das noch ungelöste Problem der digitalen Langzeitspeicherung anerkannt. Ich verweise dazu auf mein Eingangszitat.
Zudem wird der Zugang zu den Gesetzen für die Bürgerinnen und Bürger - der geehrte Kollege Klocksin ist leider gerade nicht hier - nunmehr nicht verschlechtert, sondern sogar verbessert. Es ist folglich kein Abbau von Demokratie. Die Bürgerinnen und Bürger, die über keinen Internetzugang verfügen, oder jene, die im Umgang mit elektronischen Dokumenten Probleme haben, können in Zukunft über ihre Gemeinde- oder Stadtverwaltung die gewünschten Gesetze oder Verordnungen lesen und Druckaufträge auslösen. Bisher werden die Gesetzes- und Verordnungsblätter lediglich in den Landesbibliotheken vorgehalten.
Diese von der Linken initiierte Regelung bedeutet aus meiner Sicht einen tatsächlichen Fortschritt. Die vom Städte- und Gemeindebund geäußerten Bedenken teile ich ausdrücklich nicht. Es entspricht nämlich eher den Realitäten der Bürgerinnen und Bürger, sich mit einem Anliegen an die Verwaltung als an das örtliche Amtsgericht zu wenden.
Der tatsächliche Mehraufwand wird sich für die Kolleginnen und Kollegen in den Verwaltungen in engen Grenzen halten. Da wir im Landtag in der Regel nur Änderungsgesetze verabschieden, ist der tatsächliche Bedarf dafür, diese Änderungsgesetze zu bekommen und zu lesen, wohl eher gering. Damit diese Regelung wirklich ausgeführt wird, wünsche ich mir von den Kommunen eine kreative und bürgerorientierte Lösung.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Änderung der Verfassung ist eine hochwichtige Angelegenheit. Unsere Verfassung stellt die Grundregeln des staatlichen Handels dar. Daher ist bei Verfassungsänderungen stets eine gewisse Skepsis, insbesondere vonseiten einer verfassunggebenden Partei, angebracht.
Die Notwendigkeit der heute anstehenden Verfassungsänderung wurde den Abgeordneten durch zwei Gutachten bestätigt. Um Rechtssicherheit herzustellen, sollten wir diese geringe Ergänzung in die Landesverfassung aufnehmen und das dazugehörige Ausführungsgesetz beschließen. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die U-Haft durch ein Gesetz zu regeln haben wir hier bereits in der 1. Lesung übereinstimmend als Fortschritt bezeichnet. Hierzu in Abstimmung in anderen Bundesländern einen gemeinsamen Gesetzestext zu erarbeiten war und bleibt sinnvoll. Bedauerlich ist allerdings, dass der vorhandene Spielraum für konkrete Änderungen nicht genutzt wurde. In der am 04.06.2009 durchgeführten Anhörung wurde an verschiedener Stelle Änderungsbedarf angezeigt. Berücksichtigung fanden die Vorschläge allerdings nicht.
Unsere Kritikpunkte im Einzelnen: Mit Blick auf den engen Verflechtungsraum mit Berlin und die bereits stattfindende Zusammenarbeit wäre es angemessen gewesen, hierzu einen annähernd gleichen Gesetzestext vorzulegen. Das ist leider nicht passiert.
Es mag zwar dem Zeitgeist entsprechen, sämtliche Daten der Bürgerinnen und Bürger erfassen und speichern zu wollen; wir halten diese Regelung im Brandenburger Gesetzentwurf jedoch für überzogen bzw. unnötig. Bei einer ungleich schwierigeren Gefangenenstruktur in Berlin wird im Übrigen darauf verzichtet. Immerhin sind Untersuchungshäftlinge keine verurteilten Straftäter, sondern lediglich Verdächtige. Sie gelten als unschuldig. Daher liegt Ihnen heute ein Änderungsantrag vor, der an dieser Stelle Abhilfe schaffen soll.
Liebe Kolleginnen und Kollegen! Die Unschuldsvermutung fordert eine vollständige Trennung von Strafgefangenen und Untersuchungsgefangenen. Diesem Trennungsgebot wird der
vorliegende Gesetzentwurf leider nur unzureichend gerecht. Ich zitiere aus der Stellungnahme von Frau Dr. Christine Morgenstern von der Rechts- und Staatswissenschaftlichen Fakultät der Universität Greifswald:
„Die Trennungsgrundsätze im § 11 des Entwurfs sind wegen ihrer allgemeinen Formulierung nicht ausreichend. Diese lassen vielmehr den Rückschluss zu, dass gerade die gemeinsame Unterbringung während der Nachtzeit ermöglicht werden soll, sofern es sich um männliche Gefangene handelt. Besonders zu kritisieren ist die Ermöglichung von Ausnahmen mit pauschaler Bezugnahme auf die Sicherheit und Ordnung in der Anstalt - § 11 Abs. 1 Nr. 3.“
Dieser Einschätzung schließt sich die Linke an. Daher liegt Ihnen heute ein Änderungsantrag hierzu vor.
Leider gibt es immer wieder schwere Übergriffe unter Häftlingen, sodass der Schutzauftrag des Staates so weit geht - ja gehen muss -, solche Vorfälle zu verhindern. Dem soll unser Antrag vorbauen, denn der Gesetzentwurf lässt aus organisatorischen Gründen hier viel zu viel Spielraum zu. Dies ist aus unserer Sicht nicht hinnehmbar.
Die Krankenkassen in Deutschland und vermutlich auch die Gesundheitspolitiker unter Ihnen kennen den Unterschied zwischen einem kranken Menschen, einem hilfebedürftigen Menschen und schwangeren Frauen. Der Gesetzentwurf - und damit die Landesregierung - kennt diese Unterscheidung leider nicht. Somit bleibt eine mögliche Verlegung in ein besser geeignetes Vollzugskrankenhaus im Bedarfsfall ungeregelt. Auch dies ließe sich ändern; Sie brauchten lediglich unserem Änderungsantrag zuzustimmen. Der Berliner Gesetzentwurf im Übrigen kennt solche Regelungen.
Letztlich leidet der vorliegende Gesetzentwurf an einem grundsätzlichen Mangel: An keiner Stelle ist aufgeführt, wie die zusätzlichen Aufgaben, beispielsweise die Erweiterung der Besuchszeiten von ein auf zwei Stunden, in der Praxis erfüllt bzw. umgesetzt werden sollen. Der Gesetzentwurf geht vielmehr sogar davon aus, dass keine Mehrkosten entstehen. Insoweit wurde Ihnen in der Anhörung nicht nur seitens der Linken, sondern beispielsweise auch vom Landesvorsitzenden des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands widersprochen. Zumindest sind die Stellenreduzierungen im Justizvollzug aus unserer Sicht dringend einer Prüfung zu unterziehen. Ansonsten - so Willi Köbke, Landesvorsitzender des Bundes der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands - besteht die Gefahr, dass man ein modernes Untersuchungshaftvollzugsgesetz bekommt, dessen vollinhaltliche Umsetzung an der Praxis, an der unzureichenden personellen und finanziellen Ausstattung, scheitert. Ob durch diesen Gesetzentwurf justizpolitisch eigene Akzente gesetzt werden, wie der Kollege Holzschuher im Jahr 2007 gefordert hat, bezweifeln wir zumindest.
Sie ahnen es vermutlich bereits: Die Linke kann daher dem Gesetzentwurf nicht zustimmen, erkennt aber die Bemühungen um Fortschritte, beispielsweise die Angleichung der Regelung zum Arbeitsentgelt und die Regelungen zum Taschengeld, an. Wir werden uns jedoch schlussendlich der Stimme enthalten. Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Unter Verkündung wird die amtliche Bekanntmachung einer Rechtsvorschrift in einem der laufend erscheinenden oder jedermann zugänglichen Publikationsorgane verstanden; soweit die Definition.
Besser hat es das Bundesverfassungsgericht formuliert. Verkündung heißt, dass die Rechtsnormen der Öffentlichkeit in einer Weise förmlich zugänglich gemacht werden, dass die Betroffenen sich verlässlich Kenntnis von ihrem Inhalt verschaffen können.
Die Verkündung eines Gesetzes schließt folglich das Gesetzgebungsverfahren ab und ist damit der letzte Bestandteil des Rechtssetzungsaktes selbst. Geregelt wird dies in Artikel 81 der Landesverfassung.
Heute liegt uns ein Gesetzentwurf der Landesregierung vor, der künftig die elektronische Verkündung von Gesetzen und Rechtsverordnungen möglich machen will. Es geht also um einen weiteren Schritt in Richtung Digitalisierung, einen Schritt in Richtung Arbeitserleichterung für die Landtagsverwaltung, die Landesregierung und die Ministerien.
Zur Erforderlichkeit besagt der Gesetzentwurf: Ohne eine Änderung des Artikels 81 der Landesverfassung ist die Einführung der elektronischen Ausfertigung und der elektronischen Verkündung von Gesetzen und Rechtsvorschriften nicht möglich. Denn, so weiter im Text, bislang sind Ausfertigung und Verkündung nach Artikel 81 der Landesverfassung an das Medium Papier gebunden. Der Begriff der Ausfertigung erfordert in seiner bisherigen Bedeutung die Herstellung und handschriftliche Unterzeichnung einer Papierurkunde.
Ob dem tatsächlich so ist, kann hier und heute noch nicht abschließend beurteilt werden. Eines dürfte jedoch klar sein: Wir reden hier über einen rein technischen Vorgang im Gesetzgebungsakt, aufgrund dessen die Landesverfassung, das zentrale Rechtsdokument des Landes Brandenburg, geändert werden kann. Wir wollen die Notwendigkeit dieser Verfassungsänderung hinreichend prüfen und prüfen lassen. Wir sind der Ansicht, die Verfassung sollte nur geändert werden, wenn dies zweifellos unabdingbar ist.
Wir hätten uns auch gefreut, wenn die Verfassungsänderung nicht so spät auf den Weg gebracht worden wäre. Denn als verfassunggebende Partei sehen wir uns selbstverständlich in Verantwortung und stimmen der Überweisung an die Ausschüsse zu.
Lassen Sie mich noch einmal kurz zum Gesetzentwurf selbst kommen. Auf unsere Nachfrage im Rechtsausschuss konnte die Ministerin über die entstehenden Kosten leider keine Auskunft geben. Soweit mir bekannt ist, unterstützt das Beratungsunternehmen mit dem außergewöhnlichen Namen „Information, Menschen und Technik in Bewegung“, kurz IMTB, das Ministerium der Justiz im Rahmen dieses Projekts. Vielleicht kann die Beratungsfirma die Kosten beziffern.
Zum Inhalt: Aufgabe und Ziel des Gesetzes ist die Bereitstellung der bisher in gedruckter Form veröffentlichten Informationen künftig auf einer elektronischen Plattform, auf die interne und externe Nutzer jederzeit kostenfrei zugreifen können. Die Linke ist natürlich dafür, dass Gesetzblätter und Verordnungen künftig auch auf elektronischem Wege bekanntgemacht werden. Beabsichtigt ist, den Zugang zu dem Gesetz- und Verordnungsblatt für das Land Brandenburg für Bürger sowie auch Nutzer, die das Blatt beruflich verwenden wollen, zu vereinfachen. Ich erinnere hier an den Sonderausschuss für Bürokratieabbau.
Auch wenn wir die inhaltliche Debatte im Rechtsausschuss erst führen wollen, haben wir doch schon heute einige Anmerkungen: Solange es in Brandenburg an einem entsprechenden Ausbau der Infrastruktur für breitbandiges Internet mangelt, kann man nicht auf die Papierform verzichten. Denn dass alle Lan
desteile tatsächlich bis Ende 2009 breitbandig erschlossen sind, darf zumindest bezweifelt werden. Zudem hat die ausschließlich elektronische Verbreitung den Mangel, dass, sobald der entsprechende Server nicht seinen Dienst verrichtet, die Gefahr besteht, dass die Gesetzestexte nicht zugänglich sind. Vor großen elektronischen Pannen ist niemand sicher, wie wir es Anfang dieser Woche im Zusammenhang mit der Beantragung der Abwrackprämie erleben mussten.
Es ist angedacht, dass die Bürgerinnen und Bürger bei ihren Amtsgerichten über dort zur Verfügung gestellte Computer die elektronischen Verordnungen und Gesetze einsehen können. Die Ministerin hat gesagt - darüber war ich erfreut -, dass es zusätzlich noch die gedruckte Fassung geben soll. Das heißt doch sicherlich, Frau Blechinger, dass eine weitere Schließung oder Zusammenlegung von Amtsgerichten nicht beabsichtigt ist. Dies würde nämlich den Zugang für die Bürgerinnen und Bürger erheblich erschweren. - Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Untersuchungshaft ist - wir hörten es gerade - ein ein
schneidendes Mittel der Strafverfolgungsbehörden bei der Aufklärung von Straftaten; denn derjenige, der in Haft genommen wird, gilt noch immer als unschuldig. Die Untersuchungshaft dient grundsätzlich nur der Sicherung des Strafverfahrens und stellt somit keine Strafe im eigentlichen Sinne dar. Es soll vielmehr einer möglichen negativen Beeinflussung des Verfahrens durch den Beschuldigten begegnet werden.
Mit der Föderalismusreform ist nun die Zuständigkeit für die Gesetzgebung zur Gestaltung freiheitsentziehender Maßnahmen, so auch der Untersuchungshaft, auf die Länder übertragen worden. Es ist zu begrüßen, dass sich die Landesregierung entschlossen hat, diesen Gesetzentwurf mit elf anderen Bundesländern abzustimmen. Gleichwohl erhärtet dies unsere Kritik und wirft erneut die Frage nach dem Sinn dieser Föderalismusreform auf. Grundsätzlich steht mit dem Gesetz auch die Aufstellung der Justiz im Land auf dem Prüfstand; denn nur zügige Ermittlungen und Verfahren können eine angemessene Untersuchungshaft garantieren. Schließlich ist die Untersuchungshaft auf die Dauer von sechs Monaten begrenzt.
Die Situation von Untersuchungshäftlingen ist vergleichsweise schwierig, und sie wird von den Verdächtigen dementsprechend auch als sehr belastend empfunden. Sie werden plötzlich aus ihrem sozialen Umfeld, ihren Familien, ihrem Beruf genommen, ihnen steht eine Untersuchungshaft von ungewisser Dauer bevor, es gibt kaum sinnvolle Beschäftigungsmöglichkeiten, aber lange Einschlusszeiten. Zudem sind Besuchszeiten und Besuche sehr streng geregelt. Nicht zuletzt zeigt die überproportional hohe Anzahl von Suiziden im Vergleich zum normalen Strafvollzug die außergewöhnlich hohe Belastung der Untersuchungshäftlinge.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, der besonderen Situation der Untersuchungshäftlinge müssen entsprechende gesetzliche Regelungen gegenüberstehen. Ob der vorliegende Gesetzentwurf die Anforderungen eines zeitgemäßen, humanen und an der geltenden Unschuldsvermutung orientierten Untersuchungshaftvollzugs gewährleisten kann, wollen wir zumindest bezweifeln. Die Umsetzung der vorgesehenen gesetzlichen Vorgaben bedarf nämlich einer qualitativ und quantitativ besseren Ausstattung in finanzieller und vor allem in personeller Hinsicht. Eine Aufwertung des Stellenschlüssels im Bereich der Untersuchungshaft wäre notwendig, um den umfangreichen Anforderungen und Aufgaben gerecht werden zu können. Insofern sind die bisher vorgesehenen Stellenreduzierungen im Justizvollzug nicht hinnehmbar, vor allem, wenn es darum geht, die §§ 5 und 6 mit Leben zu füllen. Man muss sich entscheiden: entweder Stellenreduzierung oder qualifizierte Umsetzung des Gesetzes.
In § 7 ist festgeschrieben:
„Mit den Untersuchungsgefangenen wird unverzüglich ein Zugangsgespräch geführt...“
Besser wäre hier eine klare und eindeutige Regelung. Nicht ohne Grund mahnt der Bund der Strafvollzugsbediensteten Deutschlands, Landesverband Brandenburg, eine 24-stündige Frist an; denn mitunter dauert es in Brandenburg bis zu drei Tage, bis das Zugangsgespräch stattfindet. Ob man damit dem Begriff „unverzüglich“ gerecht wird, sei dahingestellt.
Elementar ist aus unserer Sicht das Gebot der Trennung der Untersuchungsgefangenen von Gefangenen anderer Haftarten. Ich zitiere aus Ihrem Gesetzentwurf:
„Darüber hinaus können Untersuchungsgefangene ausnahmsweise mit Gefangenen anderer Haftarten untergebracht werden, wenn die geringe Anzahl der Untersuchungsgefangenen eine getrennte Unterbringung nicht zulässt.“
So § 11.
Diese Herangehensweise teilen wir ausdrücklich nicht. Sie ist nach den tatsächlichen Gegebenheiten des Haftplatzangebots in Brandenburg nicht erforderlich. Zudem steht sie im Widerspruch zu den erwarteten Auswirkungen des Gesetzes.
Um diese und weitere Fragen im Zusammenhang mit dem Brandenburgischen Untersuchungshaftvollzugsgesetz befriedigend zu klären, stimmen wir der Überweisung an den Rechtsausschuss zu und freuen uns auf die notwendige Anhörung zu diesem Thema. - Ich danke Ihnen.
Sehr geehrter Herr Baaske! Sehr geehrte Damen und Herren! Wer den Verlauf von Strafverfahren betrachtet, könnte durchaus zu der Einschätzung kommen: Strafgerichte kümmern sich um die Täter. Die Opfer interessieren weniger.
Wird ein Angeklagter in einem Strafprozess für schuldig befunden, wird in diesem Verfahren über die Höhe seiner Strafe befunden. Dies ist nicht immer einfach für die Opfer und deren Angehörige. Meist treten die Opfer und ihr Leid in den Hintergrund. Durch die Opferschutzgesetze ist in den vergangenen Jahren einiges deutlich verbessert worden. Dies bestätigen auch die Einschätzungen der Opferverbände.
Doch stellt sich durchaus die Frage, wie die staatliche Strafrechtspflege angemessen die Interessen der Verletzten, der Opfer, berücksichtigen kann. Zum Beispiel darf der Verletzte eines rechtsextremistischen Überfalls im Zivilprozess nicht noch einmal zum Opfer gemacht werden. Aus seiner Sicht ist es sicher nicht verständlich, warum die Gerichte bisher so wenig von der Möglichkeit Gebrauch gemacht haben, den Opfern von Straftaten im Adhäsionsverfahren und damit schon im Strafprozess Wiedergutmachung zu gewähren.
Die Schwäche Ihres Antrages liegt schon allein darin, dass Sie nicht in der Lage sind, einen Bezug zum Land Brandenburg herzustellen, um zu erklären, warum es Aufgabe der Landesregierung ist, hier aktiv zu werden. Ein Blick in die Antwort auf die Große Anfrage zur Justiz der Fraktion DIE LINKE könnte Ihnen helfen.
Der Gesetzentwurf des Landes Schleswig-Holstein will Adhäsionsverfahren auch für Strafbefehlsverfahren bis zu einem Streitwert - wir hörten es bereits - von 1 500 Euro zulassen, da diese besonders häufig sind. Doch indem man die Möglichkeit der Adhäsion auf das Strafbefehlsverfahren ausweitet, werden weder die Vorbehalte der Richterschaft beseitigt, noch wird so der Fürsorge für die Opfer besonders nachgekommen, da es nun einmal ein rein schriftliches Verfahren ist. Das ist auch der Kern der Kritik der Strafrechtspraktiker.
Durch das neue Opferrechtsreformgesetz haben die Richter nunmehr ein „Angebot“, um künftig mehr Adhäsionsverfahren
durchzuführen. Ich gehe davon aus, dass davon auch Gebrauch gemacht wird. Aufgrund der Regelung in § 406 Satz 4 StPO können sie einem solchen Antrag nur beschränkt ausweichen. Insofern lehnt die Fraktion DIE LINKE Ihren Antrag als überflüssig ab.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Die Linke hat sich über den Stopp der Justizreform gefreut. Ja, wir haben es begrüßt, dass der Ministerpräsident persönlich hier ein Ende der Debatte gesetzt und die Justizreform vom Tisch gefegt hat.
Doch allein schon das Wort Justizreform ist vielleicht etwas weit gegriffen. Aus meiner Sicht war es eher ein punktuelles Schließungskonzept. Dieses dreijährige Verfahren hat - das wissen Sie alle - viel Verunsicherung hervorgerufen bei Justiz, bei Bürgern, bei Kommunen. Dem Landtag - daran möchte ich an dieser Stelle erinnern - lagen 13 Petitionen vor, in denen aus verschiedener Sicht von Rechtsanwälten, von der Deutschen Justiz-Gewerkschaft, von kommunalen Wohnungsunternehmen - ich könnte das fortführen - Gründe genannt worden sind, warum die Gerichte nicht geschlossen werden sollen.
Wozu diese ganze Aufregung? Für eine einmalige Einsparung in Höhe von 13 Millionen Euro - weniger als 0,13 % eines Landeshaushalts. Tatsächlich zweifeln wir diese Höhe an. 13 Millionen Euro - ist das die Wertschätzung, die wir der Justiz entgegenbringen, der dritten Gewalt? Die erste Gewalt baut sich gerade eben einen neuen Landtag, ein Schloss, für 120 Millionen Euro.
Ich bin hier ein Parlamentsneuling. Ich kann an dieser Stelle sagen: Die Ausstattung in diesem Haus ist sicherlich verbesserungswürdig. Bloß, wenn es auf der einen Seite gleich ein Schloss sein muss - und das für 120 Millionen Euro - und wir auf der anderen Seite über 13 Millionen Euro reden, dann finde ich, dass man schon die Kirche im Dorf lassen muss.
Zum Antrag selbst: Die Linke sperrt sich nicht gegen sinnvolle Reformen der Gerichte im Land. Doch bevor diese stattfinden, bedarf es aus unserer Sicht einer Analyse: Nicht so wie in Hessen, wo man vor vier Jahren Gerichte geschlossen hat und jetzt wieder 14-tägliche mobile Gerichtstage einführt, um die Lücke zu schließen.
Wir wollen auch in Zukunft eine bürgernahe Justiz. Für uns ist das Primat einer Reform die Bürgernähe. Die Justiz ausschließlich unter dem Blickwinkel der Finanzen oder durch die Brille des Finanzministers zu betrachten halten wir für den falschen Ansatz.
Wir haben hier heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, eine sehr lebhafte Debatte über die Frage der friedlichen Revolution 1989 geführt. Ich möchte mit einer rhetorischen Frage schließen: Können wir es uns eigentlich leisten - einmal nicht wirtschaftlich betrachtet -, dass sich der Rechtsstaat, und sei es nur symbolisch, sichtbar und deutlich dort wieder zurückzieht, wo es 40 Jahre keinen Rechtsstaat gab? - Vielen Dank.