Björn Lüttmann

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Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Als wir uns im Februar in der Koa lition darauf verständigt haben, die Straßenbaubeiträge im Land Brandenburg abzuschaffen, haben viele gesagt: Das um zusetzen schaffen die vor der Wahl eh nicht. - Als wir die Volksinitiative annahmen, gab es durchaus die Unterstellung: Die nehmen sie jetzt an, aber die schleppen das Thema über die Wahl.
Mit dem heutigen Abschluss des Gesetzgebungsverfahrens be weisen wir das Gegenteil. SPD und Linke halten Wort und wir schaffen heute die Straßenbaubeiträge rückwirkend zum 01.01.2019 ab.
Damit können sich die vielen Eigenheimbesitzerinnen und Ei genheimbesitzer Brandenburgs freuen. Der Ausbau ihrer Stra ße ist künftig beitragsfrei, sie sparen damit viele Tausend Euro. In Zeiten, in denen die Grundstückspreise immer höher wer den, die Grunderwerbssteuer damit ebenfalls und weiterhin hoffentlich regelmäßig eine Grundsteuer zu entrichten ist, ist dies eine von den Bürgerinnen und Bürgern erwünschte und politisch nachvollziehbare Entlastung.
Ich bin aber auch sehr stolz darauf, wie schnell wir gehandelt haben, wie schnell wir in Bezug auf diesen Gesetzentwurf ge arbeitet haben. In dem Zusammenhang möchte ich auch der Landesregierung noch einmal für die gute Zuarbeit an die Fraktionen danken.
Schade ist natürlich, dass wir nicht, wie erhofft, heute auch schon die entsprechenden Durchführungsverordnungen zum Gesetz vorliegen haben. Aber ich denke, sie werden in Kürze dem Gesetzgebungsverfahren folgen.
In der Anhörung im Innenausschuss habe ich eine gewisse Skepsis des Städte- und Gemeindebundes vernommen, dass die Umsetzung des Gesetzes auch wirklich vollkommen auf kommensneutral für die Kommunen sei. Wir haben deshalb nach der Ausschussberatung noch einige Änderungen am Ge setz vorgenommen, die Orientierung für die von mir gerade benannte Ausführungsverordnung ebenso. Dabei geht es vor allem um drei Punkte:
Erstens: Die Berechnungsgrundlage, auf der künftig der Aus gleich für die ausfallenden Beiträge an die Kommunen gezahlt wird, wird jährlich angepasst. Damit werden neu gebaute Stra ßen regelmäßig in die Berechnung der Pauschale einbezogen und die Pauschale dann auch regelmäßig entsprechend erhöht.
Zweitens: Falls die Pauschale nicht ausreicht und die Kommu ne die Spitzabrechnung, also die 1:1-Erstattung der Kosten, be antragt, soll auf Grundlage der bis zur Abschaffung der Stra ßenbaubeiträge gültigen kommunalen Satzung die Abrechnung erfolgen. Damit wird auch hier die Abrechnungsmodalität zwi schen Land und Kommunen noch einmal klargestellt.
Drittens: Der Städte- und Gemeindebund fürchtete, dass die freiwillige Übernahme von Straßenbaukosten durch Anwohne rinnen und Anwohner künftig nicht mehr möglich wäre. Dieser Befürchtung sind wir nun auch mit einer Änderung am Gesetz in einer klaren Formulierung entgegengetreten, dass dies wei terhin möglich bleibt.
In den nächsten Monaten wird es also darum gehen, das Geset zeswerk in die Praxis umzusetzen. Die Kommunen werden sich umgewöhnen müssen: von der Erhebung der Straßenbau beiträge hin zur Abrechnung der Kosten mit dem Land. Wäh rend in den Kommunen wegen des Wegfalls der Bescheidung vermutlich eher Bürokratie wegfällt, wird diese beim Land na türlich neu entstehen. Deshalb haben wir auch zur heutigen Debatte noch einen Entschließungsantrag vorgelegt, der die notwendigen personellen Ressourcen im Ministerium für Infra struktur und Landesplanung vorhält.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, meine Hoffnungen,
die sich mit der Abschaffung der Straßenbaubeiträge im Land Brandenburg verbinden, sind folgende:
Erstens: Ich hoffe, dass es zu einer Befriedung vor Ort kommt - eine häufig geäußerte Hoffnung - und dass künftig Gemein destraßen wirklich nur nach Prioritätensetzung der Kommunal vertretungen gebaut werden können. Den Widerstand der An liegerinnen und Anlieger gegen den Straßenausbau und den ju ristischen Streit zwischen Bürgerinnen und Bürgern und ihren Gemeinden sollte es damit künftig nicht mehr geben.
Zweitens: Ich hoffe, dass sich die verlässliche Pauschalzahlung des Landes für die Kommunen positiv auswirkt, dass mehr Pla nungssicherheit Einzug hält. Laut Berechnung der Landesre gierung werden einige Gemeinden mit der Pauschale sogar deutlich mehr Einnahmen haben, als sie bisher durch die Bei träge hatten. Ich hoffe, dass die Städte und Gemeinden dies nutzen, um den kommunalen Straßenbau voranzubringen.
Drittens: Ich hoffe, dass wir es uns alle miteinander hier in die sem Hause leisten können, nun eine weitere kommunale Ange legenheit in die Landesfinanzierung zu überführen. Der Lan deshaushalt wird durch die Abschaffung der Straßenausbaubei träge absehbar um bis zu 50 Millionen Euro pro Jahr mehr be lastet werden. Da wir in den letzten Jahren starke Mehreinnah men bei der Grunderwerbsteuer hatten, lassen sich diese Kos ten jetzt auffangen. Aber das muss ja nicht so bleiben.
Wenn sich diese Hoffnungen erfüllen, haben wir mit der Ab schaffung der Straßenbaubeiträge im Land Brandenburg alles richtig gemacht. Wissen werden wir das erst in ein paar Jahren. Wir haben eine Evaluation im Jahr 2023 im Gesetz verankert. Ich bitte nun um Zustimmung zum Gesetz und dem dazugehö rigen Entschließungsantrag. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäs te! Mit dem vorliegenden Gesetzespaket ziehen wir die Erfah rungswerte dieser Legislaturperiode zurate und geben den
künftigen Abgeordneten des Landtags Brandenburg eine gute Arbeitsgrundlage. Dabei geht es im Einzelnen um das Frakti onsgesetz, das Abgeordnetengesetz, das Untersuchungsaus schussgesetz, das Volksabstimmungsgesetz sowie weitere Ge setze, die ich namentlich hier nicht alle aufzähle.
Erstens: Im Fraktionsgesetz sorgen wir unter anderem für Klar stellungen hinsichtlich der Öffentlichkeitsarbeit der Fraktionen sowie im Hinblick auf die Bezahlung von Fraktionsmitarbeite rinnen und -mitarbeitern.
Eine ausführlichere Diskussion im Hauptausschuss gab es rund um die Prüfungsrechte des Landesrechnungshofs gegenüber den Fraktionen. Hier hegte der Landesrechnungshof zunächst die Befürchtung, dass es eine Verschlechterung zulasten des Landesrechnungshofs geben könnte. Ich bin sehr froh, dass wir diese Befürchtungen im Gesetzgebungsverfahren in konstruk tiven Gesprächen ausräumen konnten und uns der Landesrech nungshof heute sogar bescheinigt, dass wir es geschafft haben, eine noch größere Transparenz bei der Entscheidung der Land tagspräsidentin über vom Rechnungshof empfohlene Maßnah men herzustellen.
Es geht sogar weiter - ich zitiere den Landesrechnungshof -:
„Neu und in ganz Deutschland bislang einmalig ist, dass wegen der besonderen verfassungsrechtlichen Stellung von Fraktionen künftig das Große Kollegium des Landes rechnungshofs über die abschließende Prüfungsmittei lung entscheiden wird. Damit wird zum einen die Bedeu tung des Großen Kollegiums des Landesrechnungshofs gestärkt und zum anderen die Beurteilung von mitunter politisch sensiblen Fragestellungen wie zum Beispiel die Abgrenzung von Fraktions- und Parteiaufgaben in meh rere Hände gelegt und damit auf eine noch sicherere Grundlage gestellt.“
Schön, dass wir am Ende ein so einvernehmliches Ergebnis er zielt haben.
Zweitens: Im Hinblick auf das Untersuchungsausschussgesetz ziehen wir unter anderem Rückschlüsse aus dem hier mehrfach angesprochenen NSU-Untersuchungsausschuss: Wir moderni sieren die Verfahren und passen Formulierungen im Gesetz an die Neuformulierung in der Landesverfassung an, die wir zu letzt miteinander beschlossen haben. Auch erweitern wir die Kompetenzen von Sachverständigen in Untersuchungsaus schüssen, die deren Arbeit unterstützen können - auch dies eine positive Erfahrung aus dem NSU-Untersuchungsausschuss.
Drittens: Im Abgeordnetengesetz schaffen wir die Möglichkeit - ich denke, das ist eine sehr gute Neuerung - für Mitarbeiterin nen und Mitarbeiter von Abgeordneten, künftig auch eine ar beitgeberfinanzierte betriebliche Altersvorsorge in Anspruch zu nehmen.
Wir heben die Erstattungsbeiträge für die Bürgerbüros - das sind die Büros, in denen die Abgeordneten direkt für die Men schen vor Ort zu sprechen sind - an, um auch im zunehmend
hochpreisigen Berliner Umland attraktive und vor allem barrie refreie Büros anmieten zu können. Barrierefreiheit wird auch insgesamt gestärkt: Hierzu soll es spezielle Fördermöglichkei ten geben, sein Büro barrierefrei auszugestalten, sodass kein Rollstuhlfahrer vor der Tür bleiben muss. Und - auch das ist eine Neuerung und wurde auf der Sitzung des Landesbehinder tenbeirats in der letzten Woche gelobt - es gibt künftig die Möglichkeit der Inanspruchnahme von Hilfsmitteln oder Hilfs personen wie Gebärdensprachdolmetscherinnen und -dolmet schern.
Viertens: Mit den Änderungen im Volksabstimmungsgesetz stärken wir die direkte Demokratie im Land Brandenburg. In Auswertung der verschiedenen Volksinitiativen, die es auch in dieser Legislaturperiode im Land Brandenburg gab, führen wir unter anderem ein, dass sich Initiatoren von Volksinitiativen künftig vom Landeswahlleiter beraten lassen können. Die Initi atoren von Volksinitiativen erhalten auch die Gelegenheit, ihre Initiativen zu verbessern, wenn im Text Fehler entdeckt wer den, sodass die Initiativen nicht gleich für unzulässig erklärt werden. Wir stellen mit dem Gesetzentwurf auch klar, dass Ini tiatoren von Volksbegehren ihre Initiativen auch für erledigt erklären können, wenn sie dem Grunde nach im Landtag ange nommen wurden. So verfuhren wir zum Beispiel bei der Kreis gebietsreform; das ist die hierauf erfolgte Anpassung. Außer dem schaffen wir die Möglichkeit, Volksentscheide künftig besser mit Wahlen zusammenzulegen, indem wir hier eine län gere Frist einräumen.
Das war mein Parforceritt durch einige der Änderungen, die in diesem Paket stecken. Ich bitte um Zustimmung zu unseren Gesetzen. - Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Lieber Gast! Es ist ein geradezu treffender Zu fall: Während wir hier sitzen und miteinander über das Ord nungsbehördengesetz diskutieren, zeigt sich in Oranienburg, was es heißt, mit der Bombe zu leben. Während wir hier sitzen - und auch schwitzen -, schwitzen die Mitarbeiterinnen und Mit arbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes sehr viel mehr; denn sie haben um 15 Uhr die erste Großbombe von 250 kg entschärft und sind gerade mit der Entschärfung der zweiten be schäftigt. Beides sind Großbomben mit Langzeitzündern. Ich denke, diese Leistung der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter des Kampfmittelbeseitigungsdienstes verdient unseren höchsten Respekt, Anerkennung und Dank.
Heute war wieder einer dieser Tage: Rund 10 000 Menschen mussten ihre Häuser verlassen. Das Krankenhaus, eine Senio renresidenz, verschiedene Kitas und Schulen wurden evaku iert. Der Bahnverkehr ist seit heute Morgen - ich glaube, seit 10 Uhr - unterbrochen.
Die besondere Gefährdung Oranienburgs liegt darin, dass dort im Zweiten Weltkrieg Tausende Langzeitzünderbomben - dazu gehören auch die heute entschärften - abgeworfen wurden, die nicht detonierten und nun im märkischen Sand vor sich hin ros ten. Ihre Zünder zersetzen sich langsam, und sie können jeder zeit von selbst hochgehen. Die Kampfmittelbeseitiger sagen im mer: Es ist nicht die Frage, ob sie kommen, sondern nur, wann.
Die besondere Verantwortung der Stadt Oranienburg liegt dar in, dass es die einzige Stadt in Deutschland ist, die nach einem Gutachten systematisch, Quadratmeter pro Quadratmeter, ab gesucht wird. Wer suchet, der findet! Wenn gefunden wird, muss schnell gehandelt werden.
Das Land Brandenburg hat Oranienburg nie allein gelassen. Rund 110 Millionen Euro Landesmittel sind seit 1990 allein für die Bombensuche und Bombenbeseitigung nach Oranien burg geflossen. Das Land hat auch nie nachgelassen, gegen
über dem Bund eine Kostenbeteiligung - noch besser: die volle Kostenübernahme - einzufordern. Diese Mittel fließen seit 2015 und sind bis Ende 2020 zugesagt worden.
Doch wir müssen deutlich schneller werden. Deshalb bin ich froh und dankbar, dass es gelungen ist, mit dem Haushalt 2019/2020 den Grundstein für das zu legen, worüber wir heute sprechen: die Schaffung einer Modellregion Oranienburg durch Änderung des Ordnungsbehördengesetzes. Der Kampf mittelbeseitigungsdienst bekommt mehr Geld, mehr Kompe tenzen und mehr Personal, um die Bombensuche in Oranien burg - perspektivisch in ganz Brandenburg - zu beschleunigen und qualitativ noch besser zu machen.
Um auf alle Verbesserungen, die die Gesetzesänderung mit sich bringt, einzugehen, fehlt mir die Zeit; man hört es viel leicht. Aber lassen Sie mich einen Aspekt hervorheben: Es ist sehr wichtig, dass die Kosten der Grundwasserabsenkung künftig vom Land übernommen werden können. Warum? Schauen wir auf die beiden Bombenfunde vom heutigen Tag: Sie liegen an der Havel und am Oder-Havel-Kanal. Gerade in diesen schlammigen Uferbereichen sind viele Bomben ver sackt, ohne zu explodieren. In Wassernähe müssen Blindgän ger unter besonders hohem Aufwand trockengelegt werden, bevor sie entschärft werden können. Die Kosten dafür gehen schnell in die Hunderttausende Euro. Auch hierbei dürfen wir Oranienburg nicht alleine lassen.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! 74 Jahre nach Ende des Zweiten Weltkriegs leiden viele Städte und Regionen Bran denburgs noch immer unter der Belastung durch Kampfmittel. Die Erfahrungen der Modellregion Oranienburg, die wir heute auf den Weg bringen, sind deshalb aus meiner Sicht so bald wie möglich auszuwerten und auf das ganze Land auszuwei ten. Packen wir’s an!
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Liebe Gäste! „Vor Ort wird Politik konkret“ - das war die Überschrift, die ich kürzlich einem Artikel über das Verhältnis von Landes- und Kommunalpolitik gegeben habe, und dies ist auch meine feste Überzeugung. Nachdem ich nun fünf Jahre hier im Landtag die Landesperspektive kennen lernen konnte - zuvor habe ich sechs Jahre als kommunaler Angestellter gearbeitet -, muss ich sagen: Vieles im Land Bran denburg läuft wirklich gut bis sehr gut, aber einiges ist sicher lich noch zu tun, sowohl vonseiten des Landes als auch von seiten der kommunalen Vertretungen.
Die nun ablaufende Legislaturperiode - das ist bereits ange sprochen worden - sollte ursprünglich von einer umfassenden, grundlegenden Neuordnung kommunaler Aufgaben geprägt sein. Landkreise sollten - mit der Kreisgebietsreform - neu zu
geschnitten werden, Aufgaben zwischen Land, Landkreisen und Städten und Gemeinden sollten - mit der sogenannten Funktionalreform - neu sortiert werden. Und woran auch im mer diese Großreform am Ende scheiterte - ob an der man gelnden Kompromissfähigkeit auf beiden Seiten, an
Kommunikationsproblemen zwischen den Ebenen oder viel leicht auch an der Priorität anderer Aufgaben; ich denke da ins besondere an die Aufnahme und Eingliederung von Flüchtlin gen in unserem Land -, sei dahingestellt.
Die Folgen der Absage dieser Reform - das sage ich auch in Hinblick auf das von Herrn Lakenmacher Gesagte - werden wir erst in ein paar Jahren wirklich feststellen können, denn dann werden wir sehen, ob es die richtige Entscheidung war, Landkreise nicht zusammenzulegen, und es nicht besser gewe sen wäre, es zu tun.
Ich denke, da können wir heute noch kein Fazit ziehen.
Fest steht: Die Reform wurde abgesagt, aber der Auftrag an Land und Kommunen, weiterhin gemeinsam nach Verbesse rungsmöglichkeiten zu suchen, ist nicht erloschen.
Bitte schön.
Wenn Sie meinen folgenden Ausführungen zuhören, Herr Red mann, werden Sie feststellen, dass das nicht der Fall ist. Ich wollte damit lediglich zum Ausdruck bringen,
dass wir heute noch kein Fazit ziehen können, welche Folgen es hat, dass die Reform nicht durchgeführt wurde.
Die Zeit der Reformdebatte - um daran direkt anzuschließen - war hier eine Zeit der intensiven Auseinandersetzung, ja, des Streits. Wir hatten hier auch nächtliche Auseinandersetzungen in den Ausschüssen: zwischen Vertretern des Landes, des Landtags und der kommunalen Ebene. Deshalb ist es gut, dass seit anderthalb Jahren eine Atmosphäre herrscht, in der man an den Verhandlungstisch zurückgekehrt ist, um miteinander das Machbare zu besprechen und auf freiwilliger Basis umzu
setzen. In dieser weitgehenden Einigkeit sind in den letzten Monaten Gesetze zur Weiterentwicklung der gemeindlichen Ebene, zur Stärkung der kommunalen Zusammenarbeit, zur Verbesserung von Beteiligungsmöglichkeiten vor Ort sowie der Bericht und der Antrag zum Ausbau demokratischer Teil habe im Land Brandenburg gemeinsam produziert worden.
Mit den genannten Gesetzen gibt es ein neues Modell haupt amtlicher Verwaltung: die Verbandsgemeinde als Weiterent wicklung des Amtsmodells mit Direktwahl eines Verbandsge meindebürgermeisters. Und es gibt jetzt die Möglichkeit der Mitverwaltung von Gemeinden durch eine andere hauptamt liche Verwaltung. Damit stehen den Städten und Gemeinden Brandenburgs nun vier Modelle der Verwaltung zur Verfügung, um auf freiwilliger Basis Synergieeffekte zu heben.
Auch im Bereich der interkommunalen Zusammenarbeit - wenn sich Verwaltungen nicht gleich zusammenschließen wollen, sondern einfach gemeinsam Möglichkeiten suchen, um zusammenzuarbeiten und am Ende vielleicht effektiver zu arbeiten - haben wir etwas getan. Die eingesparten Gelder sol cher Synergien verbleiben künftig stärker auf der kommunalen Ebene. - Womit wir beim lieben Geld wären:
Natürlich steht und fällt auch auf der kommunalen Ebene vor allem mit der Frage, ob das notwendige Geld zur Verfügung steht, fast alles. Um es vorab zu sagen - das ist auch schon an gesprochen worden -: Die starken Steuereinnahmen der letzten Jahre sind natürlich auch in den Kommunen angekommen, auch die Kommunen haben profitiert, und auch ohne Zutun des Landes sind hier die Spielräume deutlich größer geworden. Dennoch ist klar, dass bei der Auseinandersetzung zwischen Land und Kommunen immer wieder die Verteilung der finanzi ellen Mittel im Mittelpunkt der Diskussionen hier im Landtag steht. Ich glaube, ich habe in den letzten Jahren hier im Land tag kaum ein Wort so häufig gehört wie „Konnexitätsprinzip“. Ich fürchte, das wird in der nächsten Legislaturperiode nicht anders sein.
Kommen wir in Hinblick auf die finanziellen Mittel zum Er freulichen: Die Kommunen bekommen künftig ein größeres Stück vom Kuchen namens Landeshaushalt. Den Anteil, den wir über das kommunale Finanzausgleichsgesetz künftig weiterreichen werden, erhöhen wir von jetzt 20 % auf 22,4 % im Jahr 2021; das ist eine Erhöhung von etwas mehr als 10 %. Die Kommunen werden dadurch in den nächsten Jahren viele Hundert Millionen Euro mehr zur Verfügung haben. Und auch die hochverschuldeten kreisfreien Städte Cottbus, Brandenburg an der Havel und Frankfurt (Oder) erhalten aus dem Landes haushalt zusätzliche Unterstützung, um ihre Schulden abzu bauen und im besten Fall loszuwerden.
Doch es gibt auch Risiken, wie bereits angesprochen wurde - „Sind die fetten Jahre vorbei?“ hat Frau Dannenberg gefragt -: die sich eintrübende Konjunktur und die gestiegenen Ansprü che an Politik, die sich aus den steigenden Einnahmen ergeben. Ich möchte nur an den Wunsch, die Kitabeiträge abzuschaffen, und die aktuell diskutierte Abschaffung der Straßenbaubeiträge erinnern. Auch in der immer noch nicht beendeten Altanschlie ßerthematik und in den Verhandlungen über die Zukunft der Grundsteuer liegen weitere Risiken für die kommunalen Haus halte.
Zum brennendsten Thema - meine Vorrednerinnen und Vorred ner sind darauf eingegangen -, den Verhandlungen zur Grund steuer im Bund: Dort darf es nicht zu dem Ergebnis kommen, dass Brandenburgs Eigenheimbesitzer künftig genauso viel zahlen wie die Eigenheimbesitzer in Bayern.
Das müssen wir gemeinsam auf jeden Fall verhindern. Und wir als Koalition - das steht auch in unserem Entschließungsantrag - stehen klar hinter dem modifizierten, wertabhängigen Modell, das von Olaf Scholz entwickelt wurde und dem vor allem die CSU widerspricht. Ich habe gerade mit Erstaunen zur Kenntnis genommen, dass auch die CDU Brandenburg sich hier einen Steuerwettbewerb vorstellen kann. Wenn ich an die Europa wahl und die europäische Ebene denke, muss ich sagen: Ich wünsche mir eher weniger Steuerwettbewerb - auch auf euro päischer Ebene -, als einen weiteren auf bundesgesetzlicher Ebene zu eröffnen.
Insofern wäre mein Appell an die Kolleginnen und Kollegen der Unionsfraktion hier im Landtag, entsprechend auf die Unionsfraktionen im Bundestag einzuwirken.
Die kommunalen Finanzen, die Finanzierungsströme zwischen Land und Kommunen werden uns in der nächsten Legislatur periode also weiter beschäftigen.
Bitte schön.
Wie Sie vielleicht wissen, ist die Grunderwerbssteuer eine Steuer des Landes und die Grundsteuer im Moment - und hoffentlich bleibt das so - bundesweit einheitlich geregelt. Das ist das eine.
Das andere ist - und damit argumentieren Sie ja selber -, dass wir die Mehreinnahmen der Grunderwerbssteuer nutzen, um jetzt auch die Abschaffung der Straßenbaubeiträge zu finanzieren.
Ich glaube, das findet Ihre Zustimmung.
Die kommunalen Finanzen und die Finanzierungsströme zwischen Land und Kommune werden uns also in der nächsten Legislaturperiode weiter beschäftigen. Ich denke, dass wir hier wirklich großes Optimierungspotenzial haben. Dabei denke ich auch an die Klarheit der Zuständigkeiten: in den Bereichen Kita und Schule mit dem Kita- und dem Schulgesetz, bei der Finanzierung des Straßenbaus - da sind wir wieder bei den Straßenbaubeiträgen - und auch bei Investitionen. Wer ist eigentlich dafür zuständig, vor Ort die Kitas, die Schulen usw. zu bauen? Und wie bringt sich das Land da ein?
Ich hoffe deshalb sehr, dass es in der kommenden Legislatur periode - in guter Übereinkunft zwischen Land und Kommu nen, in der Atmosphäre, die ich vorhin beschrieben habe - eine Art Kommunalpakt geben kann, in dem gegenseitig etwas Planungssicherheit gegeben wird und man die Dinge gemein sam anpackt.
Lassen Sie uns noch einmal konkret auf die kommunale Ebene blicken: Welche Herausforderungen stehen dort eigentlich an? Ich meine ein Thema, das hier noch gar nicht genannt wurde: den Fachkräftemangel. Schon seit einigen Jahren ist die Be werberinnen- und Bewerberlage nicht nur in der freien Wirt schaft, sondern gerade in den Städten und Gemeinden nicht gerade rosig. Und war die Sicherheit einer Arbeit im öffent lichen Dienst in der Vergangenheit oft ein gutes Argument, um dort Nachwuchskräfte zu gewinnen, so lässt die Stärke dieses Arguments in der Zeit einer wachsenden Konkurrenz der freien Wirtschaft deutlich nach. Ich will es zuspitzen: Wenn ein Bau ingenieur die Alternative hat, im Bauamt einer Stadt mit 2 800 Euro Anfangsgehalt einzusteigen oder in der freien Wirt schaft 4 000 Euro oder mehr zu verdienen: Wofür wird er sich dann entscheiden? Und da rede ich noch gar nicht von den dringend benötigten IT-Spezialistinnen und -Spezialisten. Ich glaube, da gibt es schon heute große Probleme und wird es weitere in Zukunft geben.
Deshalb brauchen wir die finanziellen Spielräume der Kom munen, von denen ich eben sprach. Wir brauchen vor allem aber auch bessere Bezahlungsmöglichkeiten im Rahmen des kommunalen Tarifvertrages. Es kann nicht sein und wird zu riesigen Problemen vor Ort führen, dass in den Kommunen, al so dort - und das beschwören wir ja hier immer wieder -, wo die Arbeit direkt bei den Menschen gemacht wird, schlecht be zahlt wird und oft auch schlechter als zum Beispiel im öffentli chen Dienst des Landes oder des Bundes.
Gar nicht bezahlt hingegen werden unsere ehrenamtlichen Kommunalpolitikerinnen und -politiker. Erstaunlich oft musste ich dies in den letzten Wochen an den Wahlständen betonen, denn ich stelle immer wieder fest, dass viele Menschen in un serem Land glauben, dass die Vertreterinnen und Vertreter in den Stadtverordnetenversammlungen, in den Gemeindevertre
tungen für ihre Arbeit fürstlich entlohnt würden. Jedenfalls werden sie oft so angesprochen. Ich finde, dass es deswegen aller Ehren wert ist, noch einmal hervorzuheben, dass diese Menschen, die sich hier ehrenamtlich zur Wahl stellen, um für die Mitmenschen vor Ort Politik zu gestalten, unsere größte Hochachtung verdienen.
Denn die Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker sind es, die auch vor Ort als Erste die Probleme mitbekommen und nicht selten auch zu spüren bekommen. Es ist deswegen wichtig, dass wir auch in unserer Landesgesetzgebung immer darauf achten, dass diese ehrenamtliche Tätigkeit ohne finanzi elle Nachteile für unsere Kommunalpolitiker abgeht und auch ohne nervige Bürokratie ausgeführt werden kann. Deshalb ist es gut - und da möchte ich mich beim Innenminister bedanken -, dass wir jetzt eine Ausführungsverordnung für die Auf wandsentschädigungen auf dem Tisch haben. Hier können wir einiges glattziehen.
Ein letzter Gedanke. Wir reden hier im Landtag oft darüber, dass wir uns in der Politik mehr Frauen, mehr junge Menschen und mehr Eltern wünschen. Mir haben im Vorfeld der Kommu nalwahlen einige gesagt: Ich würde ja gerne, aber mein Job, meine Betreuungssituation lassen es einfach nicht zu. - Frak tionssitzungen, Ausschusssitzungen, Stadtverordnetenver
sammlungen, diverse Vorbereitungsrunden - sie finden oft an Abenden statt, nicht selten bis 21 oder 22 Uhr. Das ist nicht nur unattraktiv für junge Menschen - für viele, die in Schichten oder eben auch versetzt arbeiten, ist es gar nicht möglich, hier teilzunehmen. Mit der vorliegenden Aufwandsentschädigungs verordnung - ich sprach sie gerade an - wird zu Recht betont, dass künftig auch für Kinderbetreuungskosten und auch für Kosten zur Pflege Angehöriger eine Entschädigung gezahlt werden kann, wenn man sich ehrenamtlich in der Kommunal politik engagiert. Das ist ein wichtiger, ein guter Fortschritt.
Ich finde aber, wir müssen noch weitere Verbesserungen disku tieren und auf den Weg bringen, um das politische Engagement vor Ort attraktiv zu machen. In Skandinavien gibt es teilweise die Vereinbarung, eben nicht bis 21 oder 22 Uhr zu tagen. Viel leicht sind das solche Dinge, die wir hier auch miteinander dis kutieren können. Denn nur, wenn wir vor Ort wirklich eine breite Auswahl an Kandidierenden haben, nur wenn sich die Menschen durch die entsprechenden Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker gut vertreten fühlen, behält unsere repräsentative Demokratie ihre Akzeptanz bei den Menschen vor Ort.
Die Zahl von über 20 000 Bewerberinnen und Bewerbern für die Kommunalwahl am kommenden Sonntag macht hier Mut, auch wenn die Bewerberlage - das sieht man auch deutlich - nicht im ganzen Land gleichmäßig ist. Aber sie macht Mut. Und jetzt, glaube ich, hoffen wir miteinander, dass die Kandi dierenden am kommenden Sonntag auch möglichst viele Wählerinnen und Wähler finden. - Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Sehr geehrte Abgeordnete! Liebe Gäste! Die Fülle der Drucksachen - Gesetzentwurf, An träge und Entschließungsanträge -, die gerade verlesen wurden, zeigt, wie intensiv wir in den letzten Monaten über die Ab schaffung bzw. die Modifizierung der Straßenbaubeiträge mit einander gerungen haben.
Ich erinnere mich an die Debatte, die wir vor ziemlich genau einem Jahr hier geführt haben - da haben wir ebenfalls über die Straßenbaubeiträge gesprochen -: Damals habe ich gegenüber den Medien sinngemäß gesagt, dass sich die bisherige Rege lung grundsätzlich bewährt habe. Danach gab es von manchen Seiten Lob und von manchen Seiten auch Kritik.
In den letzten Jahren ist im Bereich Straßenbau so einiges passiert. Viele unserer Städte und Gemeinden sind mit den Straßenbaubeiträgen, also mit den Beiträgen der Anliegerin nen und Anlieger, verschönert worden. Insofern kann man si cherlich davon sprechen, dass sich diese Beiträge bewährt haben.
In den letzten Jahren habe ich im Rahmen der Diskussion in meiner Partei immer wieder von Abgeordneten gehört - es gab nicht wenige, und inzwischen hat sich der Innenminister ähn lich geäußert -, die eher eine Modifizierung denn eine Abschaf fung der Straßenbaubeiträge bevorzugt hätten. Ich will gar nicht verhehlen, dass heute auch in meiner Brust zwei Herzen schlagen; denn wir alle wissen nicht genau, wie die Operation „Abschaffung der Straßenbaubeiträge“ am Ende ausgehen wird.
Es handelt sich um eine große Operation. Das gilt zum einen für die Kommunen, die künftig anders verhandeln und ihren Straßenbau anders finanzieren müssen als bislang. Sie müssen sich umstellen. Das gilt zum anderen auch für die Ministerien, die das Geld, das nun dem Landeshaushalt entnommen wird, administrieren müssen. Insbesondere das Ministerium für Infrastruktur und Landesplanung ist davon betroffen.
Lassen Sie mich, bevor ich tiefer in die Materie einsteige, zu nächst einen Dank aussprechen für die gute Zuarbeit des In nenministeriums und des Infrastrukturministeriums zu dem Gesetzentwurf der Fraktionen von Linke und SPD, dem sich nun auch der Abgeordnete Vida angeschlossen hat.
Wo wir gerade bei Herrn Vida sind: Herr Vida, ich möchte es nicht versäumen, Ihnen zu gratulieren. Die Volksinitiative mit über 100 000 Unterschriften in sehr kurzer Zeit war ein Erfolg. Sie belegt eindeutig, dass viele Menschen in Brandenburg die Abschaffung der Straßenbaubeiträge wollen. Auch die Umfra gen, die im Umfeld dieser Volksinitiative durchgeführt wur den, deuten darauf hin, dass es tatsächlich eine parteiübergrei fende Ablehnung dieser Beiträge gibt. Ganz egal, welcher Par tei die Menschen ihre Stimme gegeben haben, sie haben sich in den Regionen zu 80 %, 90 % für die Abschaffung ausgespro chen.
Nicht zuletzt haben auch die Regierungen in MecklenburgVorpommern und Thüringen die Abschaffung der Straßenbau beiträge auf den Weg gebracht bzw. sind dabei, wie in SachsenAnhalt, wo die Abschaffung der Beiträge bevorsteht. Wir kön nen also durchaus von einem bundesweiten Trend sprechen.
Mit dem vorgelegten Gesetzentwurf nehmen die Fraktionen von SPD und DIE LINKE die Ziele der Volksinitiative auf und setzen sie um. Dabei schaffen wir die Beiträge nicht erst für die Zukunft ab, sondern rückwirkend zum 01.01.2019. Der Be zugspunkt ist dabei die Abnahme der Baumaßnahme; das heißt, alle Baumaßnahmen, die noch bis zum 31.12.2018 abgenom men worden sind, bleiben beitragspflichtig. Alle Baumaßnah men jedoch, die nach dem 01.01.2019 fertiggestellt werden, sind bereits beitragsfrei. Damit profitieren bereits diejenigen von der Neuregelung, bei denen in diesem Jahr Straßenbau maßnahmen durchgeführt werden.
Sicherlich - diejenigen, die in den vergangenen Jahren Straßen baubeiträge gezahlt haben, werden das als eine neue Ungerech tigkeit empfinden. Wir haben immer vor dieser entstehenden neuen Ungerechtigkeit gewarnt. Sie muss jedoch bei der Ab schaffung der Straßenbaubeiträge in Kauf genommen werden. Ganz egal, wie man den Stichtag setzt - ob man für den 01.01.2018 plädiert, für den 01.01.2019 oder für den 01.01.2017 -, es gibt immer Menschen, die kurz vorher ihre Beiträge gezahlt haben und insofern ein Gefühl der Ungerech tigkeit empfinden werden. Dieses Dilemma bleibt bestehen, völlig unabhängig davon, wie wir den Stichtag setzen.
Für die Zukunft hoffe ich auf Vorteile für die Eigenheimbesit zenden, aber auch für die Kommunen. Für die Hausbesitzer - in Brandenburg sind das häufig Menschen mit kleineren Porte monnaies - bedeutet die Abschaffung eine deutliche Entlas tung, die sich schnell im Bereich von 5 000 Euro, 10 000 Euro oder 15 000 Euro bewegen kann. Ich glaube aber auch, dass es für die Kommunen deutliche Entlastungen bzw. Verbesserun gen geben wird:
Erstens. Durch die Pauschale, die die Kommunen künftig ver lässlich erhalten, wird die Planung des kommunalen Straßen baus deutlich einfacher. Während man früher die Straßenbau beiträge nur Pi mal Daumen berechnen konnte, gibt es jetzt ei ne verlässliche Pauschale.
Zweitens. Durch die Höhe der Pauschale werden die meisten Kommunen - so jedenfalls die gegenwärtige Berechnung - nach der Abschaffung der Beiträge deutlich mehr Geld im Stadtsäckel haben, als sie vorher mit Straßenbaubeiträgen ein genommen haben.
Drittens. Bürokratie fällt weg. Es müssen keine Bescheide mehr erhoben werden; dafür werden Kapazitäten in den Bauverwal tungen frei.
Viertens. Kommunalen Straßenbau zu betreiben wird einfa cher. Vor Ort wird es keinen Widerstand mehr geben. Es wird sich nicht sofort eine Bürgerinitiative gründen, die sich aus Angst vor hohen Straßenbaubeiträgen gegen den Straßenaus bau wendet. Die Stadtverordneten können ihre Ausbauplanung künftig rein nach Priorität und Wichtigkeit einer Maßnahme vornehmen.
Fünftens. „Kein Widerstand“ heißt natürlich auch: weniger Rechtsstreit. Es wird weder im Vorfeld noch im Nachgang ju ristische Auseinandersetzungen mit Bürgerinnen und Bürgern über Straßenbaubeiträge geben. Das kann durchaus zum sozia len Frieden vor Ort beitragen.
Eigenheimbesitzende und Kommunen sind daher die deutli chen Gewinner der Neuregelung. Verlierer ist sicherlich der Landeshaushalt, der künftig mit mindestens 31 Millionen Euro pro Jahr zusätzlich belastet wird. Wahrscheinlich ist diese Zahl noch etwas zu niedrig angesetzt. Perspektivisch kann man wohl eher von 40 Millionen Euro oder 50 Millionen Euro aus gehen. Damit müssen wir umgehen.
Lassen Sie mich zum Schluss noch ein Thema aufgreifen, das in der weiteren Debatte über den Gesetzentwurf sicherlich noch eine Rolle spielen wird: die sogenannten Erschließungs beiträge. Teilweise wird argumentiert, dass ohne einen Einbe zug der Erschließungsbeiträge neuer Unmut in die Bevölke rung getragen würde.
Es ist richtig: Die Erschließungsbeiträge schaffen wir nicht ab. Dazu muss man allerdings sagen, dass sich die Erschließungs beiträge deutlich von den Straßenbaubeiträgen unterscheiden.
Sie werden nämlich für die Ersterschließung einer Straße fäl lig. Das ist regelmäßig bei der Neuerschließung eines Wohn gebiets der Fall. Dass man für den Anschluss seines neuen Hauses an die städtische Ver- und Entsorgung bezahlen muss, ist bislang in ganz Deutschland nicht infrage gestellt worden. Das darf man daher sicherlich auch für Brandenburg anneh men.
Ein Problem, liebe Frau Richstein, stellen aber die sogenann ten Sandstraßen dar, die nach amtlicher Definition keine Stra ßen sind und daher beim Ausbau als Ersterschließung behan delt werden. Das finden wir im Land Brandenburg nicht sel ten.
Ich denke, es geht genau um diesen Punkt; insofern: Ja.
Nein, ich sprach davon, dass es immer um die Ersterschließung geht. Das ist etwas anderes. Das ist regelmäßig bei Erschlie ßungen von neuen Baugebieten der Fall. Das heißt aber nicht, dass es nicht auch Straßen im Land Brandenburg gibt - in eini gen Kommunen sehr, sehr viele -, die nach der amtlichen Defi nition nicht als Straßen gewertet und daher auch nach Erschlie ßungsbeiträgen veranlagt werden, wenn sie - gefühlt - eigent lich ausgebaut werden.
Hier kann man geteilter Meinung sein. De facto haben die An lieger an diesen Straßen nie Anschlussbeiträge gezahlt, und deshalb könnte man natürlich alles so belassen, wie es ist. Man könnte aber auch - da sind wir sicher ganz offen - darüber nachdenken, ob die amtliche Definition von „Straße“ noch passt oder hier nicht eventuell Reformbedarf besteht. Das ist sicherlich eine unserer Hausaufgaben für die nächste Legisla turperiode, uns dies genau anzuschauen.
Für heute bin ich erst einmal froh, dass wir so schnell einen aus meiner Sicht wirklich guten Gesetzentwurf vorlegen konnten, und freue mich auf die weiteren Beratungen im Innenausschuss.
Sie sind doch bestimmt mit mir einer Meinung, dass es zur Ehrlichkeit gehört, die Wahrheit zu sagen, dass die Umsetzung dieses Gesetzes Geld kostet. Nichts anderes habe ich gesagt, und Sie sprechen in Ihren Berechnungen selber von 50 Millio nen Euro im Jahr. Das kann man doch nicht verschweigen.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste auf der Tribüne! Insbesondere möchte ich heute Herrn Dusel bei uns im Saal begrüßen,
bis vor kurzem noch Beauftragter des Landes für die Belange der Menschen mit Behinderungen, jetzt Beauftragter des Bun des. Ich glaube, das war eine gute Wahl, und wir wünschen für die Arbeit viel Glück und Erfolg.
Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zur Landtagswahl 2014 gab es einen Wahlratgeber, den ich mitgebracht habe und aus dem ich zitieren möchte. Hierin befindet sich ein Hinweis für betreute Menschen:
„Wenn Sie eine Betreuerin oder einen Betreuer für alle Angelegenheiten haben, dürfen Sie nicht wählen. Betreu ungen für alle Angelegenheiten sind oft nicht nötig. Wenn Sie bei einer Landtagswahl mitmachen möchten, können Sie die Betreuerin oder den Betreuer bitten, sich um eine Änderung des Betreuungsbeschlusses zu kümmern.“
Dieser Absatz, meine Damen und Herren, wird im nächsten Wahlratgeber für die Landtagswahl und auch für die Kommu nalwahl, falls es einen solchen geben sollte, nicht mehr existie ren. Wir streichen ihn, und das ist toll.
Damit sind wir das erste ostdeutsche Bundesland, das diese Wahlrechtsausschlüsse betreuter Menschen streicht. Wir setzen damit auch ein wichtiges Zeichen in Richtung Bund. Herr Du sel hat vor kurzem darauf hingewiesen, dass sich der Bund jetzt
beeilen muss, auch entsprechende Ausschlüsse zu streichen, denn die Europawahl steht vor der Tür. Und wir setzen ein Zei chen in Richtung der anderen Bundesländer - ob ost- oder west deutsch, ist dabei egal -, denn bisher gibt es nur in NordrheinWestfalen und Schleswig-Holstein das Wahlrecht für betreute Menschen und in Kürze, nach der Veröffentlichung, wird es das auch hier in Brandenburg geben.
Wir beseitigen damit den Ausschluss von rund 2 500 Men schen, die bisher von Kommunal- und Landtagswahlen ausge schlossen waren. Und wir beenden einen Zustand, den das Deutsche Institut für Menschenrechte diskriminierend und un verhältnismäßig genannt hat. Ganz wichtig wird sein - das ist klar -, dass wir den Neuwählerinnen und -wählern wieder genü gend Material an die Hand geben, um sich auf die Wahl vorzu bereiten, und dass wir auch die Verbände, die Träger der Behin dertenhilfe dabei unterstützen, die Wahl vorzubereiten und den Neuwählerinnen und -wählern entsprechend zur Hand zu ge hen.
Aus Oberhavel haben mich zur Einführung des aktiven und passiven Wahlrechts für betreute Menschen viele Reaktionen erreicht. Da hieß es „Ich darf jetzt wählen gehen, toll!“ oder „Ist das cool, dass ich jetzt bestimmen darf, wer da sitzt!“ - mit „da“ ist dieser Raum gemeint. Es gab sogar, so wurde mir berichtet, Einzelne, die vor Freude geweint haben, dass sie das erleben dürfen.
Allein diese Reaktionen, meine Damen und Herren, zeigen doch, wie wichtig der Schritt ist, den wir heute gehen - hin zu einer inklusiveren Gesellschaft auch hier in Brandenburg.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Herr Galau, ich nehme es einmal als Anzeichen für die dünne Personaldecke der AfD-Fraktion, dass Sie zum Parlamentarischen Geschäftsführer gewählt wurden,
und ich nehme es einmal als Anzeichen für die dünne inhaltli che Decke, auf der Sie sich bewegen, dass Ihr einziger Antrag in diesem Plenum einen Satz umfasst. - So viel dazu.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, es ist eine gute Tradi tion in Deutschland, dass die demokratischen Parteien sehr zurückhaltend mit Forderungen nach Neuwahlen umgehen. Deutschland und auch das Land Brandenburg haben dadurch eine politische Stabilität und Verlässlichkeit erlangt, von denen andere Staaten nur träumen. Deshalb befremdet es mich schon, dass die ehemals als staatstragend geltende CDU hier in Bran denburg innerhalb weniger Wochen nun schon zum zweiten Mal Neuwahlen fordert.
Und dieses Mal tut sie das nicht nur verbal auf einer Presse konferenz, sondern tatsächlich hier im Landtag mit einem An trag - und in trauter Einigkeit mit der AfD.
Als Erklärung für die Neuwahlforderungen lieferte die CDU in den vergangenen Wochen zwei Punkte: erstens, Ende Septem ber, die Verluste der Regierungspartei SPD bei der Bundestags wahl und zweitens - das haben wir heute hier gehört - das Scheitern der Verwaltungsstrukturreform in Brandenburg.
Zum ersten Grund, den Verlusten der SPD bei der Bundestags wahl, lässt sich pauschal sagen, dass Bundestagswahlen eben keine Landtagswahlen sind. Die aktuellen Umfragen zeigen auch, dass die Menschen hier durchaus große Unterschiede machen. Man könnte ergänzen: Wenn es wirklich nach den Verlusten bei der Bundestagswahl ginge, sähe es bei der CDU ja noch schlimmer aus. Denn sie verlor bundesweit rund 8,6 % und damit die meisten Wählerstimmen von allen Parteien.
Schon diese erste Begründung für Neuwahlen in Brandenburg war somit hinfällig.
Die nun aufgemachte Begründung Nummer zwei, dass die Absa ge der Verwaltungsstrukturreform Neuwahlen erfordere, ist nicht weniger abwegig. Wir müssen die inhaltliche Debatte über das Scheitern der Kreisgebietsreform an dieser Stelle nicht wieder holen, das haben wir heute Morgen ausführlich besprochen. Aber zusammenfassend - das hat der Ministerpräsident zu Recht ausgeführt - mussten wir feststellen, dass es in der Bevölkerung eine immer stärkere Ablehnung dieser Reform gegeben hat. An dieser Ablehnung in der Bevölkerung haben Sie, meine Damen und Herren von der CDU, ja unentwegt gearbeitet.
Sie haben an der Polarisierung, an der Spaltung in der Bran denburger Bevölkerung gearbeitet.
Sie haben den Stopp der Verwaltungsstrukturreform gefordert. Und jetzt nutzen Sie ebendiesen Stopp der Reform, um Neu wahlen zu fordern. Das ist schon ziemlich dreist und ein Stück weit verlogen.
Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, ich kann mir vorstellen, dass Sie sich nun ärgern; denn die Ablehnung der Verwaltungsstrukturreform - das zeigt der heutige Antrag - war für Sie nichts anderes als ein Instrument, um konstant Stim mung gegen die rot-rote Landesregierung zu machen.
Und dieses Instrument wurde Ihnen nun aus der Hand genom men. Das ärgert Sie. Kommen Sie doch bitte trotzdem wieder runter von der Protestpalme und zurück auf den Boden sachli cher und konstruktiver Politik. Geben Sie sich einen Ruck, nehmen Sie Ihren Antrag zurück
und lehnen Sie mit uns den Antrag der AfD ab.
Wir jedenfalls lehnen beide Anträge ab, denn wir drücken uns nicht vor unserer Verantwortung für Brandenburg.
Herr Petke, ich habe nur eine Frage: Wann kommen die Kon zepte der CDU-Fraktion zur Kreisgebietsreform?
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Kolle ginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Lieber Herr Vida, ich könnte Sie jetzt natürlich ketzerisch fragen, wie viele zusätzli che Nutzerinnen und Nutzer des Livestreams Sie erwarten, wenn wir den Antrag, den Sie heute gestellt haben, umsetzen; denn der Blick auf die bisherige Nutzung des Livestreams ist leider, wie wir wohl alle feststellen, ziemlich ernüchternd. Wir haben in diesem Augenblick wahrscheinlich 50 bis 100 Zu schauer. Bei den Sitzungen der Enquetekommission, die den Livestream ebenfalls schon ausprobiert hat, sind es immer un
gefähr drei bis zehn Personen, die dem Livestream folgen. Das ist ausbaufähig. Und so verstehe ich auch Ihren Antrag: Sie wünschen sich mehr Zuschauer für unsere Arbeit, und an der Stelle treffen sich unsere Vorstellungen natürlich.
Die Ausschusssitzungen des Landtages sind zum größten Teil schon öffentlich. In manchen Räumen ist die entsprechende Technik für einen Livestream bereits vorhanden. Wo dies nicht der Fall ist, lässt sie sich wahrscheinlich mit relativ geringem Aufwand nachrüsten. Die Liveübertragung könnte - wie bisher auch die Übertragung der Plenardebatten - über die Internetsei te des Landtages erfolgen. Auch hier wäre wahrscheinlich kei ne besondere technische Umstellung notwendig.
Kniffliger sind allerdings schon die Fragen des Speicherns und der Redaktion eines solchen Angebots. Ich will das jetzt nicht vertiefen, aber lassen Sie mich trotzdem kurz drei Punkte an reißen. Erstens: Die Speicherung in einer Mediathek frisst Da tenvolumen. Wir haben einmal nachgerechnet: Für eine Stunde Ausschusssitzung würde ein Datenvolumen von ungefähr 1 GB anfallen; das wären in einer Legislaturperiode ungefähr 2 253 Stunden, also 2,3 TB, die hier zu speichern wären. Das ist auf jeden Fall zu berücksichtigen.
Der zweite Punkt ist: Der Landtag hat noch keine Mediathek. Das heißt, es gibt derzeit keine Möglichkeit, Videos in einem Archiv anzubieten. Die Seite des Landtags ist dafür derzeit nicht ausgestattet. Es müsste also erst eine entsprechende Platt form geschaffen oder - wie andere Landtage es bereits auspro bieren - ein YouTube-Kanal angelegt werden. Das wäre mög lich, bedeutete aber auch, dass dieser Kanal dann Redaktions- und Pflegeaufwand nach sich zieht.
Der dritte Punkt - deswegen glaube ich, dass wir mit einer Überweisung an den Hauptausschuss gut bedient sind -: Sie fordern zu Recht, dass man das später alles nachvollziehen und sich vernünftig anschauen können muss, dass es vernünftig ar chiviert wird. Die größte Schwierigkeit ist, dass es einer redak tionellen Bearbeitung bedarf. Das heißt, die Filme müssen nut zerfreundlich zugeschnitten werden; sie müssen nach Tages ordnungspunkten geordnet, separat verlinkt und in eine Such maske eingebunden werden. Insgesamt ist hier ein Aufwand notwendig, der sicherlich mehr Personal bei der Landtagsver waltung oder einen Dienstleister erfordert.
Deshalb, liebe Kolleginnen und Kollegen der FREIEN WÄH LER, wäre es besser gewesen, wenn dieser Antrag im vergan genen Jahr eingebracht worden wäre, als wir über die Ge schäftsordnung des Landtages debattiert haben - denn diese muss dafür geändert werden -, bzw. vor den Haushaltsberatun gen Ende letzten Jahres, da einige der von mir angesprochenen Punkte sicherlich auch Geld kosten werden. Dennoch stimmen wir der Überweisung des Antrags an den Hauptausschuss gern zu, um ausführlich zu beraten, welchen Weg wir bei der Live übertragung von Ausschusssitzungen des Landtages künftig miteinander gehen können.- Herzlichen Dank.
Sehr geehrter Herr Vizepräsident! Meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Liebe Gäste! Für Politik zu begeistern, Menschen bei oft komplexen politischen Themen mitzunehmen ist nicht leicht. Die Frage, ob die Form, wie wir hier im Parlament diskutieren, noch den Zeitgeist trifft, ist mehr als berechtigt. In Zeiten, in denen sich die politische Debatte vorwiegend in Internetforen abspielt und Wahlkämpfe wie gerade in den USA geschehen mithilfe sozialer Medien gewonnen werden, stehen wir mit herkömmlichen Instrumenten der Landtagsdebatte vor großen Herausforderungen. Auch was die Zielgruppe unserer Landtagsdebatten angeht, hat sich mit der Verlagerung der politischen Diskussion von den klassischen Medien wie Zeitung oder Fernsehen in die sozialen Medien viel verändert. In einem schlauen Kommentar, der heute auf „SPIEGEL ONLINE“ zu Donald Trumps Wahlerfolg erschienen ist, heißt es:
„Es ist ein Abschied von den Rationalmedien und ein Übergang zu den Gefühlsmedien. Wir haben noch nicht herausgefunden, wie dieser Übergang politisch zu gestalten ist - die Rechtsextremen dagegen schon.“
Meine Damen und Herren, diese Herausforderung können wir mit den Mitteln der Geschäftsordnung des Landtages nicht meistern. Dennoch ist es richtig, dass wir neben der Nutzung technischer Möglichkeiten wie etwa dem filmischen Mitschnitt unserer Reden und ihrer Verbreitung in sozialen Medien versuchen, die Diskussionskultur im Plenum attraktiver zu gestalten. Ich glaube, dass die Möglichkeiten zur lebendigen Debatte im Landtag Brandenburg schon recht gut sind. Wir haben prioritäre Debatten, die wir vorne auf der Tagesordnung platzieren, Fragestunden mit der Möglichkeit Dringlicher Anfragen, das Mittel der Kurzintervention, und es gibt die Möglichkeit, Zwischenfragen zu stellen. All dies belebt unsere Debatten.
Mit der heutigen Änderung der Geschäftsordnung fügen wir weitere Verbesserungen hinzu, die wir zum Teil bereits in den letzten Sitzungen ausprobiert haben. Einen Teil der Änderungen, die wir heute beschließen, kann man vielleicht unter dem Stichwort „In der Kürze liegt die Würze“ zusammenfassen. Wir führen eine neue Redezeit - drei Minuten - fest ein, wir regeln, dass zusätzliche Redezeit für die einbringende Fraktion nur einmal vergeben wird. Auch die Zusammenberatung von Anträgen wird festgeschrieben. Wir vermeiden damit doppelte Debatten an einem Tag oder an zwei aufeinanderfolgenden Sitzungen.
Auf Antrag von SPD, Linken und Grünen soll zudem künftig ein Gebärdendolmetscher Beratungen des Landtages von zentraler Bedeutung begleiten. Damit erleichtern wir hörgeschädigten Menschen den Zugang zu unserer Politik.
Weitere Änderungen, die wir heute für die Geschäftsordnung beschließen, hat uns das Landesverfassungsgericht aufgegeben. Die Gruppe BVB/FREIE WÄHLER bekommt künftig ebenfalls die Möglichkeit, Aktuelle Stunden anzumelden, prioritäre Anträge zu benennen, und mehr Redezeit an einem eventuellen dritten Plenartag. Keinen Anspruch hat die Gruppe BVB/FREIE WÄHLER auf einen Platz im Präsidium. Um der Gruppe allerdings die Mitarbeit im Vorfeld der Plenardebatten zu erleichtern, haben wir ihr einen Platz in der vorbereitenden Runde der Parlamentarischen Geschäftsführer eingeräumt - wie ich finde, ein sinnvolles, kollegiales Entgegenkommen.
Sind die vorgenannten Änderungen der Geschäftsordnung weitgehend unstrittig und hier einstimmig beschlossen worden, so gibt es im Hinblick auf zwei Neuregelungen keine einheitliche Meinung. CDU und Grüne haben deshalb Änderungsanträge vorbereitet.
Die Koalitionsfraktionen sind sich einig, dass wir Regierungserklärungen und Haushaltsgesetze künftig in der Regel an erster Stelle der Tagesordnung behandeln sollten, auch wenn dadurch eine Aktuelle Stunde verschoben wird. Wir sehen die Haushaltsgesetze als Königsrecht der Parlamentarier - und insofern mit besonderer Wichtigkeit und Aktualität ausgestattet - an, was diese Priorisierung rechtfertigt. Deswegen werden wir den CDUAntrag, der eine weichere Formulierung vorsieht, ablehnen.
Der zweite Punkt, zu dem keine Einigkeit hergestellt werden konnte, betrifft die Gestaltung der Fragestunde. Es mag nach der heutigen Fragestunde nicht verwundern, dass es hier unterschiedliche Vorstellungen gibt. Wir möchten eine, wie wir meinen, bessere Strukturierung, um eventuell auch mehr Abgeordneten die Chance zu geben, eine Frage zu stellen. Wir haben heute erlebt, dass es passieren kann, dass das Beantwortungsprozedere zum Teil sehr lange dauert und manche nicht mehr dazu kommen, ihre Frage zu stellen.
- Sie haben jedes Recht, Fragen beantwortet zu bekommen, und das sollen Sie auch erhalten.
CDU und Grüne setzen sich außerdem für eine spontane Regierungsbefragung ein. Auch das lehnen wir ab. Wir sehen keinen Mehrwert darin, Ministerinnen und Minister unvorbereitet zu befragen. Das Ziel dabei sind aus unserer Sicht bloß weitere Showveranstaltungen,
an deren Ende die Opposition den Ministerinnen und Ministern Uninformiertheit nachweisen oder sie auf ungeprüfte Aussagen festnageln möchte. Dies würde aus meiner Sicht eher zu mehr als zu weniger Politikverdrossenheit führen.
Auf den Großteil der Neuerungen in der Geschäftsordnung haben wir uns aber einvernehmlich einigen können, und dafür möchte ich dieser Runde meinen herzlichen Dank aussprechen. Ich habe die Beratungen als eine sehr angenehme kollegiale Zusammenarbeit empfunden und denke, dass es mit der Neufassung der Geschäftsordnung jetzt keine Ausreden mehr gibt, wenn Debatten in diesem Hause nicht gehört werden. Nutzen wir die Chancen, die sich uns bieten. - Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegin nen und Kollegen! Liebe Gäste! Man könnte sagen: Jährlich grüßt das Murmeltier. Da ist sie wieder - die Debatte um die Angemessenheit der Abgeordnetendiäten, um Selbstbedie nungsmentalität oder gar Abzocke. Vor ein paar Tagen sprach mich eine Dame diesbezüglich an. Sie sagte sinngemäß: Das fände ich auch toll, über meine Gehaltserhöhung selbst bestim men zu können. - Ich antwortete nur: „Ich nicht!“ Ich vermute, es geht der großen Mehrheit der Abgeordneten in diesem Hau se so, dass sie die Verantwortung zur Anpassung der Diäten lieber heute als morgen an eine Gewerkschaft oder ein ähnli ches Gremium abgeben würden.
Allein, dies hat das Bundesverfassungsgericht ausgeschlossen. Deshalb hat der Landtag Brandenburg bereits in der 4. Legisla turperiode eine unabhängige Kommission eingesetzt, der unter anderem der Landesrechnungshof - er ist heute anwesend -, der Deutsche Gewerkschaftsbund, die Unternehmensverbände so wie der Bund der Steuerzahler angehörten. Diese Kommission hat Empfehlungen gegeben, und auf dieser Basis wurde in der vergangenen Legislaturperiode das heute geltende Abgeordne tengesetz geschaffen.
Um dem wiederkehrenden Vorwurf der Beliebigkeit und der Selbstbedienung zu begegnen, wurde die Anpassung der Diä ten dabei an die allgemeine Einkommensentwicklung in Bran denburg gekoppelt. Der Bericht zur allgemeinen Einkommens entwicklung kam Ende August und präsentierte uns eine durch schnittliche Steigerung der Einkommen in Brandenburg um 4,4 %. Der heute vorliegende Gesetzentwurf der Landtagsprä sidentin setzt somit lediglich die Vorgaben der Statistik um - eine Statistik übrigens, über die wir uns freuen sollten.
Dennoch gibt es nun die gleiche öffentliche Debatte, als hätte es all die Bemühungen, die Anpassung der Diäten auf eine neu
trale Grundlage zu stellen, nie gegeben - vorneweg der Bund der Steuerzahler, der selbst an der bestehenden gesetzlichen Regelung mitgearbeitet hat. Dies ist aus meiner Sicht über haupt nicht nachvollziehbar.
Dass wir fortlaufend schauen müssen, ob die von der Kommis sion vorgeschlagenen Regelungen praxistauglich sind, ist rich tig. Dafür hat sich die SPD-Fraktion bereits in den vergange nen Monaten in den internen Beratungen der Parlamentari schen Geschäftsführer wiederholt eingesetzt. Dass nun aber, wenn es nur um den Vollzug eines bestehenden Gesetzes geht, Aktionismus ausbricht und das erst vor zwei Jahren in Kraft getretene Abgeordnetengesetz schon wieder grundsätzlich in frage gestellt wird, verwundert schon.
Da wir es aber für wichtig halten, dass wir in diesem Haus möglichst einvernehmlich über das Abgeordnetengesetz ent scheiden, stimmen wir einer Überweisung an den Hauptaus schuss selbstverständlich zu. Aus unserer Sicht sollte dort in Form einer Anhörung die Tragfähigkeit der Einkommensstatis tik noch einmal mit Experten beraten werden. Auch die Frage, ob die in der Gesamtsumme der Diäten enthaltenen Beträge zur Abgeltung von Büro- und Fahrtkosten anders angepasst wer den können als die Gesamtdiät, sollten wir diskutieren.
Doch lassen Sie mich zum Schluss eine Vermutung formulie ren: Egal, welchen neuen Index wir anlegen oder welche Be standteile wir aus der Abgeordnetenentschädigung wieder her auslösen - wir werden nichts daran ändern, dass die Debatte um die Abgeordnetendiäten wie das berühmte Murmeltier im nächsten Jahr wiederkehrt.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Liebe Kolleginnen und Kolle gen! Liebe Gäste! Das Landesverfassungsgericht hat uns eine Änderung des Fraktionsgesetzes auferlegt. Die Gruppe BVB/ FREIE WÄHLER hatte geklagt, da sie sich im Rahmen der Geschäftsordnung des Landtages und des Fraktionsgesetzes benachteiligt sah. In einigen Punkten widersprach das Gericht der Gruppe: So haben beispielsweise die Regelungen hinsicht lich der Mitgliedschaft im Präsidium, des Stellens Großer An fragen und der Nutzung des Parlamentarischen Beratungs dienstes wie zuvor Bestand.
Als zu gering erkannte das Gericht allerdings die finanzielle Ausstattung der FREIEN WÄHLER an. So wurde der Grund betrag von 20 % der Finanzierung der Fraktionen verworfen und ein höherer Betrag angemahnt. Mit dem vorliegenden Ge setzentwurf wird der anteilige Betrag nun auf 60 % der Frakti onsfinanzierung festgelegt. In einem Änderungsantrag der Fraktionen von SPD, CDU, DIE LINKE und der Grünen ge meinsam mit der Gruppe der FREIEN WÄHLER hat man sich einvernehmlich und abschließend auf 65 % verständigt. Ich bin sehr froh über diese breite Verständigung unter Einbeziehung der betroffenen Gruppe.
Ich denke, dass sich die Gruppe BVB/FREIE WÄHLER sehr bewusst ist, dass sie hier gut verhandelt hat. Denn wir schaffen mit der 65-%-Lösung im Landtag Brandenburg eine deutlich großzügigere Regelung als etwa der Bundestag, der in vergleichbaren Fällen 50 % ansetzt.
Zusätzlich zu der Anhebung des Grundbetrages von 20 auf 65 % wird der Gruppe in Zukunft der Oppositionszuschlag zu 100 % gezahlt. Mit diesem Zuschlag, der in § 55 der branden burgischen Landesverfassung verankert ist und erstmalig 1977 im Bundestag gezahlt wurde, wird berücksichtigt, dass die Op position in der Regel weniger Kommunikation in die Regie rung hinein hat; mit dem zusätzlichen Geld soll das angenom mene Informationsdefizit der Opposition gegenüber den Regie rungsfraktionen ausgeglichen werden. Hier wird BVB/FREIE WÄHLER nun voll mit den Fraktionen gleichgestellt.
Insgesamt, so können wir feststellen, wird mit dem heutigen Gesetzentwurf die Arbeitsfähigkeit der Gruppe BVB/FREIE WÄHLER weiter gestärkt. Ich denke, dass die neuen Rahmen bedingungen für die Gruppe großzügig sind - zumal, wenn man bedenkt, dass die Wählervereinigung bei der letzten Land tagswahl gerade einmal 2,7 % der Zweitstimmen erreichte.
Gut ist auch, dass wir durch das Urteil des Verfassungsgerichts weitere Klarheit haben, wie mit parlamentarischen Gruppen hier im Landtag Brandenburg umzugehen ist.
Meine Fraktion wird diesem Gesetzentwurf und den Ände rungsanträgen zustimmen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegin nen und Kollegen! Liebe Gäste! Wissen Sie, wofür Tausende Brandenburgerinnen und Brandenburger in den letzten knapp zwei Jahren ihre Steuergelder hergeben mussten?
Für die Beiträge der AfD-Fraktion in diesem Hause!
Für Proteste und Stimmungsmache gegen die Europäische Union!
Dafür wurde sie 2014 gewählt. Für Hetze gegen Asylsuchende durch „schöne“ Anträge mit Titeln wie „Nein, Frau Merkel! Das, was Sie wollen, können wir nicht schaffen!“, für Protest gegen den Mindestlohn - oder auch einmal für die Forderung des Mindestlohns, je nachdem, ob Sie gerade die neoliberale oder die sozialpopulistische Karte spielen -, für Hetze gegen Gleichstellungspolitik, als Sie diese zum Beispiel als Kampf ansage zur Zerstörung der wichtigsten Keimzelle der Gesell schaft, nämlich der klassischen Familie, bezeichneten.
Dann müssen die Steuerzahler für die Ablehnung gleichge schlechtlicher Liebe zahlen - in Ihrem diesbezüglichen Ent schließungsantrag stellen Sie klar fest: „Eine ‚Ehe für Alle‘ lehnt die AfD ab.“
In der Tat, es gibt viele Anlässe, jener Steuern zu gedenken, die für Ihre Leistungen hier im Landtag ausgegeben wurden, und man könnte dabei feuchte Augen bekommen.
Doch ich vermute, mit Ihrem heutigen Antrag geht es Ihnen nicht um Selbsterkenntnis, sondern um Ihren üblichen Populis mus. Steuern zahlen mag ja irgendwie keiner, und so sind Sie auf den Einfall gekommen, beim Bund der Steuerzahler zu klauen.
Dass die Idee des Steuerzahlergedenktages nicht von Ihnen stammt, macht sie allerdings um keinen Deut besser. Wenn ich diesen Vorschlag beim Bund der Steuerzahler noch als lustige Provokation abtun kann,
ist er für eine Partei, die hier im Landtag ernst genommen wer den will, einfach nur lächerlich.
Ihr Kalkül ist doch, wieder einmal anzuprangern - das haben Sie gerade getan -, wie viele Steuern die Menschen in unserem Land zahlen müssen. Dabei schwingt immer im Unterton mit:
für nichts und wieder nichts. - Diese Masche ist durchschaubar und verkennt die Realität. Deutschland ist eine der am besten organisierten Demokratien der Welt mit einem funktionieren den Sozialstaat. Womit finanzieren wir diesen Staat? Richtig, mit Steuern und Abgaben. Wünschen wir uns nicht alle hier im Land oft eher mehr Geld für öffentlich finanzierte Leistungen wie noch bessere Schulen und Kitas, mehr Krankenhäuser, bes sere Straßen, Schienen und Bahnen, mehr Personal bei Polizei, Feuerwehr und Ämtern?
- Auch das.
Sie selbst fordern ständig mehr Ausgaben in vielen Bereichen, ohne dabei genaue Einsparungen zu benennen, die eine Finan zierung ermöglichen. Da erinnere ich mich gut an die letzten Haushaltsverhandlungen.
- Ah, das Tolerante Brandenburg abschaffen. Stimmt, das war auch eine Forderung von Ihnen; die habe ich bei meiner Auf zählung vergessen.
Ja, gern. Natürlich.
Zwölf.
Neben den Steuern, die Sie in Ihrem Antrag herausstellen, sind es gerade die Sozialabgaben, die zu hohen Abzügen vom Brut tolohn führen. Doch auch diesen Kosten stehen Leistungen des Sozialstaates gegenüber, auf die wir stolz sein können: allge meine Krankenversicherung, Arbeitslosenversicherung, umla gefinanzierte Rente, Vorsorge für Pflege im Alter - alles Kos ten, die aus Sozialabgaben finanziert werden.
Und natürlich: In Ländern, in denen es diese öffentliche Infra struktur nicht gibt,
in denen sie schlechter als in Deutschland ist, in denen es keine Krankenversicherung, keine Arbeitslosenversicherung, keine Renten- und Pflegeversicherung gibt,
ist die Belastung mit Steuern und Abgaben niedriger als in Deutschland - na so eine Überraschung! Doch diesbezügliche Ausgaben der Einwohner dieser Länder sind oft in den privaten Bereich verschoben: Jeder Arztbesuch muss individuell bezahlt werden, für die Rente wird privat vorgesorgt, Schule muss pri vat bezahlt werden. Arbeitslosigkeit und Pflegebedürftigkeit sind in diesen Staaten zum Teil existenzbedrohend. Ist dies der Staat, den Sie bevorzugen?
Insofern sagt allein die Höhe der Steuern und Sozialabgaben nichts über die Belastung der Menschen aus, im Gegenteil: Die Zahl sagt oft aus, dass ein Staat sehr viele Leistungen öffent lich, für alle Menschen anbietet. Davon profitieren insbesonde re einkommensschwache und bedürftige Menschen, die sich diese Leistungen privat nicht leisten könnten.
Ihr Antrag, in dem überdies ein alleinstehender Durchschnitts verdiener ohne Kinder dargestellt wird - also ohne Berücksich tigung von Steuerfreibeträgen oder Kindergeld -, appelliert stumpf an das natürliche Verlangen des Menschen, möglichst wenige Steuern und Abgaben zu zahlen. Dabei zitieren Sie dann noch die Statistik der OECD falsch; sie geben Zahlen an, die so schlichtweg in keiner Tabelle zu finden sind.
Wenn Sie aber hier im Landtag ernst genommen werden wol len, sollten Sie anfangen, seriöse Politik zu betreiben. Dazu ge hört, den Steuereinnahmen des Staates, die Sie vorbringen, die entsprechenden Ausgaben gegenüberzustellen. Dazu gehört vor allem, Ihre politischen Forderungen mit einer Gegenfinan zierung zu untersetzen.
Solange Ihnen aber zur Finanzpolitik nichts Besseres einfällt, als Ideenklau bei Interessenverbänden zu betreiben und falsche Statistiken vorzulegen, verschwenden Sie unsere Zeit und vor allem die Steuern, aus denen Ihre Fraktionsgelder stammen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Kollegin nen und Kollegen! Liebe Gäste! Im vorliegenden Organstreit
verfahren klagt der Abgeordnete Dierk Homeyer, CDU-Fraktion, ihm sei die Einsicht in Akten der Mindestlohnkommission verwehrt worden. Es geht dabei vor allem um die Frage, ob die Mindestlohnkommission in Form einer Behörde oder einer Dienststelle der Landesregierung Akteneinsicht nach § 56 der Landesverfassung zu gewähren hat.
Der Parlamentarische Beratungsdienst des Landtags ist in ei nem Gutachten vom Februar dieses Jahres bereits zu der Ein schätzung gelangt, dass dies nicht der Fall ist. Er kommt zu dem klaren Schluss: Ein Akteneinsichtsanspruch gegen die Mindest lohnkommission selbst bzw. gegen das für die Kommission zu ständige Ministerium besteht nicht. Der Parlamentarische Bera tungsdienst kommt vielmehr zu der Einschätzung, dass die Auf gabe der Mindestlohnkommission eher den Aufgaben von be auftragten Sachverständigen oder Gutachtern ähnelt.
Auch in den zwei weiteren Fragen des Abgeordneten Homeyer, nämlich nach Akteneinsicht im laufenden Meinungsbildungs prozess der Regierung oder nach der Aktenführungspflicht der Mindestlohnkommission, folgt das Gutachten des Beratungs dienstes der Argumentation der Landeregierung.
Sehr geehrter Herr Homeyer, Sie haben dennoch Anfang Mai das Organstreitverfahren gegen die Landesregierung eröffnet. Dies zu tun ist Ihr und unser aller gutes Recht, und wir sehen der Entscheidung des Verfassungsgerichts mit Spannung ent gegen.
Wir diskutieren heute nicht über die Erfolgsaussichten Ihrer Klage; dies ist Aufgabe des Gerichts. Wir diskutieren heute im Plenum, weil Sie der Ansicht sind, der Landtag hätte eine Stel lungnahme zum vorliegenden Organstreitverfahren abgeben müssen. Das sehen die Fraktionen von SPD und die Linke an ders. Aus unserer Sicht ist es nicht geboten, dass der Landtag eine Stellungnahme abgibt, und zwar aus folgenden Gründen:
Erstens hat sich der Landtag auch in der Vergangenheit bei der Kommentierung von Verfassungsbeschwerden sehr zurückge halten. Von 143 Verfassungsbeschwerden wurden lediglich 23 mit Stellungnahmen des Landtages versehen. Dabei handelte es sich in der Regel um existentielle Themen wie die Gemein degebietsreform 2003 oder die Frage des Abbaggerns der Ge meinde Horno. Darüber hinaus wurde Stellung genommen, wenn der Landtag selbst beklagt wurde; das ist hier nicht der Fall. Diese Zurückhaltung bei der Kommentierung von Organ klagen scheint auch geboten, um das Risiko zu begrenzen, dass die gerichtliche Auseinandersetzung zum Gegenstand politi scher Mehrheiten im Landtag wird.
Zweitens ist das Akteneinsichtsrecht ein Einzelrecht jedes Ab geordneten, kein Recht des Landtages als Verfassungsorgan. Auch in dieser Perspektive wäre es für Ihr Organstreitverfah ren keine Hilfe, wenn die rot-rote Koalition mit Mehrheit Stel lung nehmen würde.
Drittens ist das Ergebnis der Begutachtung durch den Parlamen tarischen Beratungsdienst eindeutig: Die Mindestlohnkommis sion ist keine Behörde, sondern als unabhängiges Beratungsgre mium ähnlich einem Sachverständigengremium zu werten. Sie, Herr Homeyer, waren es, der diese Unabhängigkeit der Kom mission in der Vergangenheit wiederholt eingefordert hat.
In dieser Hinsicht hat Ihre Klage einen merkwürdigen Beige schmack.
Deshalb stelle ich abschließend fest: Eine Stellungnahme des Landtages zum vorliegenden Organstreitverfahren halten wir für nicht geboten. Wir vertrauen dem Landesverfassungsge richt, in dem vorliegenden Organstreitverfahren richtig und auch für künftige Fälle wegweisend zu entscheiden.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Liebe Gäste! Die Herausforderung unserer Zeit ist die Aufnahme und Integration Tausender Menschen in unser Land. Dies ist in den Debatten, die wir gestern und heute hier geführt haben, sehr deutlich geworden. Als starker Staat rea gieren wir auf diese Herausforderung, indem wir mehr Geld bereitstellen: für Lehrerinnen und Lehrer, für Erzieherinnen und Erzieher, für die Polizei, für die Justiz sowie für Arbeit und Soziales.
Die Finanzpolitiker gehen bald in die Beratung eines Nach tragshaushalts für 2016. Danach beginnt die Aufstellung des regulären Doppelhaushalts für die Jahre 2017 und 2018. Wir haben also viel Arbeit vor uns, und die Bedingungen der Haus haltsplanung ändern sich dabei laufend. Wir brauchen auch auf die Flüchtlingsfrage nachhaltige politische Antworten. Darum müssen sich das Finanzministerium und der Haushaltsaus schuss des Landtages jetzt kümmern. Das sind die Aufgaben, die vor uns liegen.
In dieser Situation fällt der CDU nun nichts anderes ein, als erst einmal eine Haushaltsstrukturkommission vorzuschlagen? Mich macht das ein Stück weit sprachlos, Herr Petke. Es ist doch jetzt nicht die Zeit, erst einmal eine Kommission einzu richten, Berater in die Ministerien zu schicken und über ab strakte Haushaltsstrukturen zu diskutieren,
zumal die finanziellen Bedarfe sich laufend ändern. Wenn Sie wirklich ernsthaft wollten - Sie haben es bei der Einbringung Ihres Antrags selbst angesprochen -, dass eine umfassende Ana lyse des Landeshaushalts erfolgt, hätten Sie berücksichtigt, dass eine solche Analyse Zeit braucht und Geld kostet. Deshalb ist die Forderung im Antrag der CDU, bis Ende Juni 2016 einen ausführlichen Bericht über die Ergebnisse der Kommission und der wissenschaftlichen Begutachtung zu übermitteln, schlicht weg illusorisch und begründet schon allein die Ablehnung.
Verstehen Sie mich nicht falsch: Ich bin nicht grundsätzlich ge gen eine wissenschaftliche Analyse des Landeshaushalts. Denn was bedeutet Benchmarking eigentlich? Es bedeutet einen Ver gleich der Ausgabenpositionen im Brandenburger Haushalt mit den Haushalten anderer Länder. Es sollen „Auffälligkeiten im Landeshaushalt identifiziert und Handlungsdruck“ aufgezeigt werden. Es soll letztlich eine Informationsgrundlage für uns Haushaltspolitiker geschaffen werden.