Fritz Kuhn

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Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Es war doch richtig, diese Aktuelle Debatte zu beantragen, Herr Oettinger. Das Medieninteresse an einer von uns beantragten Aktuellen Debatte war seit langem nicht mehr so groß.
Wir haben hier im Landtag ja schon des Öfteren über die Frage diskutiert, welche Rolle der Ministerpräsident in dem CDU-Parteispendenskandal – im „Kohl-Skandal“ – gespielt hat. Immerhin war er sechs Jahre lang Stellvertreter Helmut Kohls in den entsprechenden Gremien.
Das Fazit, das wir nach den hier getätigten Auslassungen des Ministerpräsidenten ziehen konnten, war, dass er in diesen Jahren seinen Aufsichtsjob durch brutalstmögliches Weggucken ausgeübt hat.
Wir wollen nun heute fragen, welche Konsequenzen eigentlich die baden-württembergische CDU aus dem Skandal zieht. Ich möchte dazu einige Anmerkungen machen.
Zunächst habe ich nichts davon gehört, dass Sie die von Thierse verhängten Sanktionen beklagen und falsch finden würden. Die Klage ist ja auch mit anwaltlicher Unterstützung aus Baden-Württemberg aufgebaut worden. Die Kreisverbände wollen offensichtlich nichts damit zu tun haben. Herr Oettinger, das wissen Sie. Was uns von den Grünen am meisten erstaunt und auch empört hat, ist der Punkt, dass Sie die neuerliche Spendenaktion von Kohl, 6 Millionen DM beizubringen, quasi als Ablasshandel für Verfassungsbruch – –
Entschuldigung! Wollen Sie denn bestreiten, dass es Verfassungsbruch war? – Das wollen Sie nicht bestreiten. Gut! Wir klären das.
Aber schauen Sie mal: Die Empörung, die Sie hier zum Ausdruck bringen, zeigt doch, dass Sie gar kein Unrechtsbewusstsein bezüglich dessen empfinden, was Helmut Kohl und die Verantwortlichen in der CDU in der Bundesrepublik Deutschland eigentlich angerichtet haben. Sie gehen ja nach einer Art Täter-Opfer-Ausgleich vor; aber Sie stellen die Frage nicht, wer eigentlich das Opfer ist. Sie tun so, als wäre die CDU das Opfer. Das Opfer aber war die Demokratie in der Bundesrepublik Deutschland, und dies kann man mit Geld meines Erachtens nicht heilen.
Ich finde, dass diese Reaktion hier im Haus auf den Satz, dass man es erstaunlich findet, dass Verfassungsbruch nach dieser Methode geheilt werden soll, wirklich klarmacht, wie notwendig die Debatte ist. Das zeigt nämlich, dass die
CDU im Landtag offensichtlich nicht bereit ist, aus dem Vorfall irgendwelche Konsequenzen zu ziehen.
Jetzt komme ich auf Baden-Württemberg zu sprechen. Die CDU wurde hier aus landeseigenen Betrieben dick bespendet. Sie haben sich bisher hartnäckig geweigert, die 35 000 DM an die SWEG zurückzugeben. Nun haben wir nach langem Gedruckse des Ministerpräsidenten erfahren, dass auch aus der BaWü-Bank – es dauerte ja eineinhalb Jahre, bis das endlich zugegeben worden ist –, einer privaten Bank mit immerhin 36 % Landesanteil, insgesamt 83 000 DM an die CDU gegangen sind; ein kleinerer Betrag ging an die FDP/DVP, ein noch kleinerer an die SPD.
Ich fordere Sie hier auf, diese Gelder zurückzugeben, Herr Teufel. Denn eines geht ja nicht: Sie haben sich auch hier im Landtag in Bezug auf Nordrhein-Westfalen vehement darüber ausgelassen, dass bei der Flugaffäre der SPD – die ich nicht verteidigen will, denn da war einiges nicht in Ordnung – von der WestLB, einer öffentlich-rechtlichen landesbeteiligten Bank, Ministerreisen und Ministerpräsidentenreisen gefördert worden sind. Da haben Sie mit dem Zeigefinger auf die SPD gedeutet. Aber ich will schon mal fragen: Was ist eigentlich der Unterschied, wenn Sie hier aus einer Privatbank mit einer Landesbeteiligung von immerhin 36 % – wir haben hier oft über den Verkauf dieses Landesanteils strittig diskutiert – Parteifinanzierung machen, obwohl dieses aus solchen öffentlichen Mitteln überhaupt nicht angesagt und überhaupt nicht vorgesehen ist?
Da sind Sie unglaubwürdig, und wir werden in dem Jahr, das vor uns liegt, nicht aufhören, zu verlangen, dass Sie dieses Geld zurückzahlen. Denn es ist das Geld der Bürgerinnen und Bürger und von niemandem sonst.
Ich will zum Abschluss dieser ersten Runde weitere Konsequenzen nennen, Herr Teufel: Ich fordere Sie auf, keine weiteren Südgipfel mit einem Ministerpräsidenten zu machen, der die Öffentlichkeit in brutalstmöglicher Aufklärung angelogen hat, wie das Herr Koch in Hessen getan hat. Ich glaube, dass es für das Land schädlich wäre, wenn Sie diese Übung fortsetzten.
Zum Abschluss im Zusammenhang mit der Frage, welche Konsequenzen man ziehen soll, noch einen Punkt. Sie wissen, wir wollen mehr Transparenz, wir wollen mehr Bürgerbeteiligung, auch als Konsequenz dieser ganzen Vorfälle, und wir wollen eine Reform des Parteiengesetzes. Aber wichtig ist auch die Diskussion über Amtszeitbegrenzung von Ministerpräsidenten und des Bundeskanzlers. Da kann ich nur sagen: Da hat die CDU Stuttgart ganze Arbeit geleistet. Ich finde es richtig, dass man Überlegungen darüber anstellt, ob man nach zwei Legislaturperioden bei diesen exekutiven Ämtern einen Wechsel haben muss oder nicht.
Ich finde die Diskussion, die jetzt losgegangen ist, interessant – Herr Palmer hat sich heute sicherheitshalber einer anderen Aufgabe gewidmet –, ob dieser Beschluss absichtlich oder ob er aus Versehen gefasst worden ist. Herr Teufel, ich will für meine Fraktion sagen: Diese Frage ist nicht besonders interessant; denn man weiß aus der Psychoanalyse, dass die Wahrheit im Unabsichtlichen, im Versehen liegt. Und selbst dann, wenn es ein Versehen war, hat er ja wahrscheinlich einiges Richtige getroffen, nämlich das, dass Baden-Württemberg mit der Aufstellung, die Sie bei der nächsten Wahl als Kandidaten für die Wiederwahl zum Ministerpräsidenten vorsieht, einfach nicht für Erneuerung steht. Wahrscheinlich wollte Herr Palmer diesen Punkt gemeint haben, auch wenn er ihn jetzt nicht mehr so gemeint haben will.
Ich danke Ihnen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich bin schon erstaunt, hier zu erfahren, dass die baden-württembergische CDU mit der Bundes-CDU anscheinend gar nichts zu tun hat.
Das war die Auslassung des Finanzministers: Es gibt hier keinen Skandal. Man ist zwar irgendwie Teil der BundesCDU, hat stellvertretende Vorsitzende gestellt, mischt bei der CDU auf Bundesebene überall mit, aber es gibt natürlich in Baden-Württemberg keinen CDU-Skandal.
Wenn Sie mit einem solchen Mangel an Unrechtsbewusstsein durch die Lande ziehen, dann kann ich Ihnen nur ganz herzlich Erfolg wünschen. Denn so naiv, mit so viel Blauäugigkeit und so viel geheuchelter Unschuld kommen Sie bei dieser Geschichte nicht durch.
Mich erstaunt ernsthaft dieses Ausmaß an fehlendem Unrechtsbewusstsein, mit dem Sie, Herr Oettinger, hier agieren. Sie diskutieren jetzt allgemein über Spenden und sagen, die Grünen würden jemanden einstellen, der Spenden requirieren solle. Sie verwischen aber völlig die Tatsachen, dass die Spenden, die Kohl bekommen hat, illegal waren. Sie haben jedenfalls Verfassungsbrüche dargestellt, weil in unserer Verfassung steht: Man muss Aufschluss über die Herkunft und die Verwendung von Mitteln, die Parteien haben, geben.
Sie ignorieren inzwischen, dass Kohl, weil er die Namen der Spender nicht nennt, hartnäckig im Verfassungsbruch verharrt, und Sie nehmen Gelder von ihm an, obwohl er dies tut.
Das ist für mich ein Zeichen von mangelndem Unrechtsbewusstsein.
Übrigens, der Vorschlag von Herrn Drautz war interessant. Er hat gesagt, Parteivorsitzende, Regierungsmitglieder oder Abgeordnete könnten doch gut Spenden sammeln. Ich halte es da mit Herzog, der gerade davor gewarnt hat, dass Funktionsträger Spenden einsammeln, weil sie ja, wenn sie die Politik der Exekutive direkt beeinflussen, in einem möglichen Dialog um eine Spende in einer ganz anderen Verfangenheit sind, als wenn jemand Spenden sammelt, der aus dem Finanzbereich einer Partei kommt und dafür zuständig ist. Sie sollten also nicht einfach nur die HerzogKommission einberufen, sondern auch einmal darüber nachdenken, was Herzog da konkret gesagt hat.
In Bezug auf die BaWü-Bank sagen Sie: „Wir haben keinen Skandal im Land.“ Ich finde, dies ist ein ganz deutliches Beispiel dafür, dass Sie von der CDU in Baden-Württemberg so an schwarzen Filz gewohnt sind, dass Ihnen das gar nicht mehr auffällt. Das Problem besteht doch darin, dass es einen Finanzminister gab, der Aufsichtsratsvorsitzender der BaWü-Bank war, der Vorsitzender des CDUKreisverbands Stuttgart war. Die Stuttgarter CDU ist ja aus dieser landesbeteiligten Privatbank massiv bespendet worden.
Wie darf ich mir das vorstellen? Sagt da Gerhard zu Mayer-Vorfelder: „Du, wir brauchen 10 000 DM für unseren OB-Wahlkampf“? Dann sagt Mayer-Vorfelder zu Gerhard: „Kein Problem, lieber Gerhard. Das werden wir bei der BaWü-Bank einmal probieren.“ Oder wie stellen Sie sich das praktisch vor?
Noch einmal: Wenn Sie so tun, als ob Sie da kein Problem hätten, dann täuschen Sie sich. Ich werde Sie das ganze Jahr über auffordern, diese Gelder zurückzuzahlen. In der Bevölkerung, Herr Oettinger, versteht man es so: Da ist eine Bank – sie ist zwar eine private Bank, aber 36 % sind in Landesbesitz –, von der zuvörderst die CDU bespendet wird, obwohl wir in der Bundesrepublik Deutschland eine ganz klare Struktur der Parteienfinanzierung haben.
Ich bestreite nicht, dass das eine legale Spende ist. Ich frage nur, ob es legitim ist, was Sie da veranstaltet haben.
Noch eine Bemerkung zu den Konsequenzen. Selbstverständlich müssen wir über das Parteispendengesetz diskutieren. Ich glaube, es muss klar sein – das haben wir vorgeschlagen –, dass im Parteispendengesetz in der Zukunft gravierende Verletzungen strafrechtsbewehrt sein müssen. Niemand in der Bevölkerung versteht, dass man so etwas anstellen kann wie die CDU, aber letztlich nichts passiert. Deswegen muss man da Änderungen vornehmen.
Ich meine auch, dass die ganze Frage der Transparenz, was in die Rechenschaftsberichte der Parteien aufgenommen werden muss, am Ende der Arbeit des Untersuchungsausschusses in Berlin neu überdacht werden muss.
Ich meine in der Tat auch, dass wir über die Frage nachdenken müssen: Sollen juristische Personen in Zukunft überhaupt spenden können? In der Demokratie gilt ja der Grundsatz, dass eine Person eine Stimme hat. Ich weiß nicht, ob dieser Grundsatz nicht verzerrt wird, wenn Parteien wesentliche Wettbewerbsvorteile daraus erwirtschaften können, dass von juristischen Personen solche Spenden möglich sind.
Bei uns werden zwei Positionen diskutiert. Die eine lautet: „Wir verzichten ganz auf Spenden juristischer Personen“ – wegen des angeführten Arguments –, und die andere lautet: „Wir deckeln das, was juristische Personen spenden können, bei irgendeinem Betrag, sagen wir, bei 40 000, 50 000 DM, damit der Wettbewerbsvorteil aus Industriespenden nicht in dem Maß erwachsen kann, wie das bei der CDU in letzter Zeit offensichtlich der Fall war.“
Eine Konsequenz will ich noch ansprechen. Ich glaube, wenn die CDU wirklich verstanden hätte, was dieser Skandal in Bezug auf die Demokratie bedeutet, dann würde sie ihre abweisende Haltung – über sie werden wir heute und auch morgen im Plenum noch diskutieren –, wenn es darum geht, den Bürgerinnen und Bürgern durch Erleichterung von Volksentscheiden und Bürgerbegehren mehr direkten Einfluss zu verschaffen, aufgeben und einen solchen Einfluss ermöglichen.
Eine Antwort – und zwar als Ergänzung zur repräsentativen Demokratie – ist nämlich, dass die Menschen selbst über politische Entscheidungen direkt mit befinden können. Dann würde der Verdruss, der durch solche Skandale, wie die CDU sie produziert hat, aufgebaut worden ist, abgebaut. Dazu, Herr Oettinger, würde ich gerne etwas von Ihnen hören. Sie haben es jetzt ja erst einmal abgeschmettert. Aber Ihre positiven Vorschläge dazu, wie sich die Bürger mehr beteiligen können, dürfen sich nicht darin erschöpfen, dass Sie Internet-Chats veranstalten, über die wir amüsiert lesen konnten, dass Sie die Schreibmaschine nicht selbst bedienen konnten. Da gibt es übrigens Kurse in den Ferien; so etwas kann man nachholen.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich möchte in dieser dritten Lesung versuchen, ein Fazit zu ziehen, weil wir viele Tage im Ausschuss wie auch hier im Plenum über Einzelheiten des Haushalts diskutiert und gesprochen haben.
Das erste Fazit, das ich für meine Fraktion aufgrund von Zahlen, auf die ich noch einmal eingehen werde, Herr Kollege, ziehen möchte, ist, dass die Regierung Teufel den Konsolidierungskurs, den es Mitte des Jahrzehnts wirklich gegeben hat, mit diesem Doppelhaushalt endgültig abgebrochen hat. Ich habe schon die Zahlen zitiert: 1992 1,95 Milliarden DM Nettoneuverschuldung, 2000 1,9 Milliarden DM. Man kann natürlich sagen, eine solche Zahl erfahre bei unterschiedlichem Haushaltsvolumen eine unterschiedliche Bedeutung. Aber ich möchte doch eines deutlich machen: Wie die Regierung arbeitet, wird an nichts klarer als an der Art und Weise, wie sie bei den verschiedenen mittelfristigen Finanzplanungen die Eckpunkte variiert und die Begründungen verändert.
Wir hatten in der mittelfristigen Finanzplanung von 1996 bis 2000 für die Nettoneuverschuldung im Jahr 2000 eine Veranschlagung in Höhe von 750 Millionen DM. Als dann 1997 und 1998 die Steuereinnahmen aufgrund einer falschen Steuerpolitik in Bonn abgebrochen sind – –
Natürlich, die Sonder-AfA Ost hat bei der veranlagten Einkommensteuer zu massiven Einbrüchen geführt. Das können Sie doch nicht abstreiten, wenn Sie die Fakten kennen.
Als diese Einnahmen so massiv zurückgegangen sind, hat man diese Neuverschuldung auf über 2 Milliarden DM erhöht. Als dann 1999 die Einnahmen wieder massiv gestie
gen sind, hat man es bei über 2 Milliarden DM belassen, um dann um 300 Millionen DM auf 1,9 Milliarden DM zurückzugehen, was man dann als Konsolidierung verkauft hat.
Da frage ich doch: Warum sind Sie, wenn Sie ehrlich wirtschaften und ehrliche Pläne aufstellen, bei dem deutlichen Plus der Steuereinnahmen nicht wieder auf die 750 Millionen DM Nettoneuverschuldung für 2000 heruntergegangen, die Sie ursprünglich veranschlagt hatten? Darin, wie Sie hier mit den Zahlen umgegangen sind, wird ganz deutlich, dass Ende 1999 in der Finanzpolitik des Landes Baden-Württemberg ein Kurswechsel weg von der Konsolidierung stattgefunden hat.
Man kann dies ganz einfach personifizieren. Im Vergleich zum „Sparrambo“ Mayer-Vorfelder ist Herr Stratthaus, was das Sparen angeht, eher eine Art Schatten-Parker, um das unparlamentarische Wort „Weichei“ hier nicht zu benutzen.
Meine Damen und Herren, wer bei den starken Einnahmen, die wir gegenwärtig haben, die vorgesehene Nettoneuverschuldung pro Haushaltsjahr nur um 300 Millionen DM senkt, hat meines Erachtens den Anspruch auf Konsolidierung verloren.
Wenn man jetzt den Haushalt anschaut und in seiner Gesamtheit wägt, muss man natürlich einmal auf die Haushaltsrisiken eingehen, die in dem Haushaltswerk in längeren Zeiträumen stecken. Ich will zuerst den Anstieg der Versorgungslasten nennen, der vor uns liegt. Wenn man diese Zahlen kennt, wird man die Frage, wann wir zu einer Nettoneuverschuldung von null oder gar zu einer Schuldenrückzahlung kommen, ganz anders diskutieren.
Zwei Zahlen, liebe Kolleginnen und Kollegen: Im Jahr 2000 betragen die Versorgungslasten des Landes 4 Milliarden DM; im Jahr 2010 werden sie 7,9 Milliarden DM betragen. Das ist eine Verdoppelung innerhalb der nächsten zehn Jahre. Das heißt, wir müssten jetzt einen Haushalt verabschieden, der die Neuverschuldung wirklich nach unten fährt. Ob wir das in sechs oder sieben Jahren schaffen, ist allein wegen der Versorgungslasten keine fiktive, abstrakte Sommerlochdiskussion, sondern eine für die Zukunft des Landes Baden-Württemberg entscheidende Diskussion.
Nehmen Sie ein anderes Haushaltsrisiko. Sie haben sich ja angewöhnt, im Rahmen der „Finanzierungsgesellschaft öffentliche Bauten“ immer mehr Baumaßnahmen sozusagen auf Kredit zu finanzieren. Das gilt für das Behördenbauprogramm, das gilt für das Bauprogramm Forschungsförderung, Emissionsschutz, Nachfolgebelegung militärischer Liegenschaften, und es gilt insbesondere für das Sonderprogramm Straßenbau.
Wir haben in diesen Bereichen einen Finanzierungsaufwand von 258,4 Millionen DM im Jahr 2000 und von 286,4 Millionen DM im Jahr 2001. Diesem Finanzierungsaufwand stehen aber schon Schulden von insgesamt 4 Milliarden DM gegenüber, wenn ich alles addiere. Das heißt, auch hier steckt ein Zukunftsrisiko im Haushalt.
Wenn man Stuttgart 21 nimmt, wo man auch, wenn man alles zusammennimmt und die mögliche Vorfinanzierung der Bahnstrecke Stuttgart – Ulm hinzunimmt, bei über 2 Milliarden DM liegt, und wenn man die Messe mit 275 Millionen DM nimmt – das alles ist ja noch nicht Teil des Haushalts, ist aber für die Regierung eine beschlossene Sache –, sieht man, welche zusätzlichen Risiken sich in dem Haushaltswerk für das Land Baden-Württemberg insgesamt befinden.
Da reden Sie, Herr Kollege, von der Steuerreform in Berlin. Ich kann Ihnen nur sagen: Die 44 Milliarden DM, um die die Steuerzahler in einem längeren Zeitraum netto entlastet werden, sind nach meiner Überzeugung, selbst wenn man auf eine gute Selbstfinanzierung hofft, was wir tun, das, was man gerade noch verantworten kann. Aber das, was Sie vorgeschlagen haben, müssen Sie sich einmal wirklich in Zahlen vorstellen.
Die Vorschläge unterscheiden sich vor allem beim Spitzensteuersatz. Die Regierung in Berlin will einen Spitzensteuersatz von 45 %, Sie wollen einen von 35 %.
Die zehn Prozentpunkte Unterschied machen aber eine zusätzliche Nettoentlastung um 30 Milliarden DM aus, die Sie bislang – zumindest in öffentlichen Vorschlägen – nicht finanziert haben. Das heißt im Klartext: Was Sie vorschlagen, würde für das Land Baden-Württemberg, weil die Einkommensteuer zu 42,5 % eine Ländersteuer ist – es gibt auch einen hohen kommunalen Anteil –, eine erhebliche zusätzliche Last bedeuten. Das müssen Sie dazusagen, wenn Sie darüber so blauäugig sprechen und sagen, die Vorschläge der Bundesregierung seien halbherzig oder nicht mutig genug.
Übrigens eine kurze Bemerkung zum Mittelstand. Ich glaube, Sie liegen da falsch. Dass die Gewerbesteuer auf die Einkommensteuer angerechnet werden kann, stellt eine deutliche Entlastung des Mittelstands dar. Das gilt übrigens auch für den Vorschlag, den Eingangssteuersatz jetzt doch auf 15 % zu senken. Diejenigen, die bisher bei einem Steuersatz von unter 25 % liegen – das sind viele Handwerksbetriebe –, profitieren also von der Entlastung beim Eingangssteuersatz noch einmal zusätzlich.
Da müssten Sie noch einmal ein bisschen genauer ran, Herr Kollege, wenn Sie kritisch darüber reden wollen.
Ich will kurz etwas zur Alternative sagen, Herr Finanzminister, die es ja auch gegeben hat. Das hat meine Fraktion in ihren Haushaltsanträgen beschrieben. Wir haben, obwohl wir zusätzliche Investitionsschwerpunkte bei Ökologie und Schule, zum Teil auch bei Familie, gesetzt haben,
beantragt, in den beiden Haushaltsjahren zusätzlich 127 Millionen DM zum Zurückzahlen der Schulden zu verwenden. Da wir den EnBW-Erlös mit 2 Milliarden DM sofort zur Rückzahlung verwenden wollen, könnten wir ab dem Haushaltsjahr 2001 jährlich 120 Millionen DM zusätzlich zur Senkung der Nettoneuverschuldung verwenden. Ein wichtiger Punkt bei unseren Haushaltsvorschlägen – darin unterscheiden wir uns von den Kolleginnen und Kollegen von der SPD – ist: Wir wollten diese 120 Millionen DM Jahr für Jahr zur weiteren Absenkung der Nettoneuverschuldung nehmen und haben dies rechnerisch ausgewiesen.
Übrigens, Herr Teufel: In zehn Jahren bedeutete der Weg, den wir gehen wollen, dass wir über die Zinseszinseffekte, die mit den 120 Millionen DM verbunden sind, zusätzlich 1,58 Milliarden DM Zinsbelastung vermieden und dass wir damit also nochmals zusätzlich um diesen Betrag weniger Schulden hätten. Da kann ich für meine Fraktion nur an die Landesregierung gerichtet sagen: Konsolidieren, meine Damen und Herren, lohnt sich real im Haushaltsergebnis in den nächsten Jahren.
Ich möchte noch einen Punkt ansprechen, der auch die Schulministerin mit betrifft. Wir werden ja mit diesem Doppelhaushalt eine Art Abschied von den bisherigen Haushaltsberatungen haben, weil mit den Globalbudgets, die wir einführen, Haushaltsberatungen in der Zukunft ganz anders aussehen werden. Wir müssen über Kennziffern sprechen, wir müssen Evaluationsberichte untersuchen, und das Verhältnis von Finanzausschuss und Fachausschüssen wird sich verändern. Wir müssen nur noch festlegen, wie groß das Budget sein wird und anhand welcher Kriterien, Raster und Überlegungen wir dies als Landtag dann richtig bemessen wollen.
Ich mahne übrigens an, dass wir alle im Landtag uns auch in diesem Sinne auf den nächsten Doppelhaushalt vorbereiten, weil dies eine Veränderung und letztlich auch eine Weiterbildung der Finanzpolitik und der politischen Arbeit in diesem Haus notwendig macht. Ich rege an, bei allen Fraktionen einmal gemeinsam darüber nachzudenken, wie man dies am besten tun kann. Noch einmal die klare Botschaft: Das war der letzte Haushalt, der so beraten werden kann wie der, den wir diesmal haben.
Wir haben bei den Hochschulen positive Beispiele für die Budgets, denen wir als Fraktion Bündnis 90/Die Grünen auch ausdrücklich zugestimmt haben. Ich finde es aber interessant, Herr Teufel, dass wir in diesem Bereich zunehmend budgetieren, aber die Konsequenzen bei der Administration auf Ministerialebene eigentlich noch nicht gezogen haben.
Ja, dann machen wir aber mal! – Ich kann nicht verstehen, dass die Verantwortung nach unten gegeben werden soll – was richtig ist –, gleichzeitig aber oben weiterhin der
gleiche Vollzugsaufwand bestehen soll. Sie können niemandem erzählen, dass so eine Dezentralisierung vorgenommen wird.
Dann will ich einen Punkt ansprechen, der die Schulen angeht. Ich finde, dass wir mit diesem Prozess der dezentralen Verantwortung im Finanziellen, aber auch im Inhaltlichen vor unserem Schulwesen nicht Halt machen dürfen. Es ist absolut falsch, überall mit neuen Managementmethoden und anderen neuen Methoden effektivere Arbeit erreichen zu wollen, es aber bei der Schule nach wie vor so gehen zu lassen, wie es immer gegangen ist, weil man da nichts ändern will. Deswegen, Frau Ministerin Schavan, glauben wir, dass die Schulen autonomer werden müssen, und zwar nicht nur in bestimmten Detailfragen, die sie jetzt halt zusätzlich zum Alten selbst entscheiden können, sondern sie müssen prinzipiell autonomer werden. Wir meinen, dass in der nächsten Zeit auch Budgets für die Schulen, und zwar sowohl was Sachmittel als auch was Stellen betrifft, eingeführt werden müssen, sodass die Schulen selbst entscheiden – auch darüber, welche Lehrer sie einstellen
und welche Schwerpunkte sie zusätzlich zu den Rahmenlehrplänen setzen, damit Flexibilität und letzten Endes auch ein gewisser Wettbewerb zwischen unseren Schulen Markenzeichen des baden-württembergischen Schulwesens insgesamt werden können.
Natürlich müssen die Schulen selbst Lehrer einstellen können. Das geht übrigens nur, wenn die Lehrer Angestellte sind. Damit sind wir bei einer Frage, die Sie ja anscheinend sehr bedrückt.
Ich glaube, dass die Qualität unserer Schulen von einem Lehrerarbeitsmarkt, den wir ja gar nicht haben – wir haben eine sozialistische Bewirtschaftung von Lehrerstellen, aber keinen Arbeitsmarkt –, de facto und realiter nur profitieren kann.
Ich glaube auch, dass ein gewisser Wettbewerb unter den Schulen nur im Interesse der Beschäftigten sein kann, weil er Frust aus den Schulen herausnimmt und im Interesse der „Kunden“, nämlich der Kinder und der Eltern, liegt, die ja von unserem Schulsystem insgesamt profitieren sollen.
Deswegen mache ich weitere Vorschläge. Warum legen wir zum Beispiel nicht die Verwaltung von Schulen in die Hand von Leuten, die dafür, nämlich für die Managementfunktion, ausgebildet sind? Warum sind wir so dumm, die am besten ausgebildeten Pädagogen für das herzunehmen, was sie gerade nicht mehr können, nämlich die Verwaltung von Schulen?
Wir schlagen also vor: kaufmännisch klar strukturierte Verwaltung der Schulen und die Pädagogen zur pädagogischen Leitung der Schulen, aber dafür, wofür sie zuständig sind und wovon sie auch wirklich etwas verstehen.
Ich glaube auch, dass sich Schulen, die einzelne Budgets haben, die selbst verantwortlich sind, bei bestimmten neuen Themen innovativer verhalten können, weil sie freier sind. Ich will ein Beispiel nennen, das Thema Multimedia an den Schulen. Das geht jetzt nach dem Muster: Jede Schule soll ihre Computer haben, Laptops in die Grundschule usw. Das ist alles recht und gut. Aber was damit geschieht, ob sich dadurch der Unterricht verändert, das ist eigentlich kein breites Thema.
Ich behaupte: Wenn Schulen selbstständig ihre Budgets haben, dann werden sie sehr schnell die Frage stellen: Wie viel Unterricht können wir mit den neuen Technologien machen? Wie viele Lehrer werden dadurch entlastet für eigentliche pädagogisch innovative Arbeit? Wir werden dann nicht die Struktur haben, dass alle nebeneinander das Gleiche machen, obwohl neue Informationstechnologien den Kindern zum Beispiel bei der Rechtschreibung, zum Beispiel beim Rechnen natürlich sehr viel helfen können.
Herr Wieser, ich verstehe ja, dass Sie ein Mann des alten Schulsystems sind. So sehen Sie aus. So haben Sie immer gewirkt. Das ist doch ganz logisch.
Aber wir sind halt für das neue Schulsystem, und das ist ein Unterschied, Herr Kollege Wieser.
Das muss ich wohl. – Herr Wieser, bitte.
Daran, wie Sie die Frage gestellt haben, merke ich – und deswegen bin ich für Ihre Frage dankbar –, dass Sie mich gar nicht verstanden haben.
Ich will es Ihnen erläutern. Ich schlage nicht vor, dass über ein paar zusätzliche Projektwochen dezentral an den Schulen entschieden wird, wie es die Ministerin vorhat.
Ich sage, dass wir auch die Personalbewirtschaftung der Schulen, die Fragen, was sie mit dem Geld machen, wen sie einstellen, an die Schulen dezentralisieren sollten.
Das ist ein anderes Konzept, als Sie es bisher im Land vertreten haben.
Ich will Ihnen ein weiteres Beispiel nennen, Herr Wieser. Sie glauben doch nicht, wenn die Schulen selber entscheiden könnten, was sie mit den Mitteln machen, dass es sich Schulen vor Ort leisten würden, etwa beim Thema „Fremdsprachen an den Schulen“ so vorzugehen, wie es die Ministerin getan hat. Sie hat gesagt: „Wir führen die Fremdsprachen an den Schulen ein, ein Konzept kommt später, die Verwirklichung kommt auch später, wir sind noch nicht so weit.“ Selbstverständlich könnte sich keine Schule, die im Wettbewerb um „Kunden“ steht, um Kinder und Eltern, ein so leichtfertiges Herangehen leisten. Sie würde diskutieren: Wie können wir das machen? Dann würde sie es umsetzen, weil sie genau weiß, dass sie damit das Profil der Schule insgesamt verbessern kann.
Ich kann gar nicht verstehen, Herr Wieser, dass Sie sich so gegen solche Vorstellungen wehren. In allen Bereichen der Gesellschaft, auch bei den Hochschulen, gehen Sie in Richtung mehr Selbstverantwortung der „Kunden“; nur bei den Schulen soll es so gehen, wie es immer gewesen ist. Ich glaube, da sind Sie insgesamt schief gewickelt.
Meine Damen und Herren, ich komme damit zum Schluss und möchte für meine Fraktion noch einmal sagen: Es gibt keinen Grund, diesen Doppelhaushalt, den Sie heute wahrscheinlich mit Mehrheit verabschieden werden, noch unter das Prädikat „Konsolidierung“ fallen zu lassen. Es gibt guten Grund, wieder zur Konsolidierung zurückzukehren, weil sich die Haushaltsrisiken in den nächsten Jahren auftürmen werden, allein über das Thema „Versorgungskosten im Jahr 2010“, und das baut sich ja langsam auf.
Es hat Vorschläge unterschiedlicher Qualität von der Opposition gegeben, wie man stärker konsolidieren kann. Sie sind diesen Wegen nicht gefolgt. Deswegen tragen Sie die Verantwortung für das, was heute verabschiedet wird. Sie müssen sagen, wie Sie in den nächsten Jahren Konsolidierungsziele erreichen wollen. Herr Kiel, Sie sind der Nächste, der reden darf. Ich bin gespannt, wann wir eine Nettoneuverschuldung von null erreichen.
Übrigens: Auch wenn die Konjunktur zurückgeht – nicht nur, wenn sie wächst –, müssen wir besser dastehen.
Vielen Dank.
Herr Finanzminister, ich will Sie nur noch einmal zur Klärung etwas fragen. Die beiden Konzepte der Bundesregierung und der CDU/CSU unterscheiden sich doch einerseits, was die Zeiträume der Umsetzung angeht, und andererseits im Spitzensteuersatz.
Und in der Deckung, natürlich. – Würden Sie bestreiten, dass ein um zehn Pro
zentpunkte niedrigerer Spitzensteuersatz – da ein Prozentpunkt etwa 3 Milliarden DM ausmacht – 30 Milliarden DM Differenz bedeutet? Wenn Sie zu einem Konzept mit 50 Milliarden DM Nettoentlastung kommen, also zu nur 6 Milliarden DM zusätzlicher Nettoentlastung, dann müssen Sie hier einmal schildern – das haben Sie öffentlich nicht getan –, welche zusätzlichen Deckungen diese 30 Milliarden DM auf ihre 6 Milliarden DM Differenz reduzieren. Ich kann Ihnen sagen, was da von den Zahlen her für Deckungen dabei sein müssen.
Es geht um die Besteuerung zum Beispiel von Nacht- und Schichtarbeit. Geht es dabei um solche Deckungen, oder haben Sie wieder eine Mehrwertsteuererhöhung versteckt?
Das müssen Sie einmal öffentlich sagen.
Wären Sie bereit, zur Kenntnis zu nehmen, dass Sie überall dort, wo Sie den Zwang zur Regierungsbildung abschaffen wollen, dazu eine Mehrheit brauchen? Das ist meines Erachtens der Punkt, an dem Sie vorbeigeredet haben.
Sie müssen in jedem Bundesland die Mehrheitsverhältnisse studieren und sich die Frage stellen, ob es möglich wäre, diese Regelung abzuschaffen. In den beiden Bundesländern, die Sie zitiert haben, war es so, dass dafür eine Mehrheit, ausgehend von der ÖVP, aber auch getragen von der SPÖ, zustande gekommen ist. Das muss man doch auch als Minister fairerweise sagen, und man darf nicht nur den Teil der Fakten nennen, die einem gerade in den Kram passen.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kollegen und Kolleginnen! Wenn ich für diesen Landtag und die Aussprache, die wir heute und in den nächsten Tagen führen, einen Wunsch frei hätte, würde ich ihn für unser Land so formulieren: Wir sollten einmal weniger in diese dauernden Debatten um „Wir sind Spitze“, um Ländervergleiche, um „Wo ist es hier so, und wie ist es dort?“ eintreten
lassen Sie mich doch ausreden – und uns mehr auf die Frage konzentrieren: Was können wir bei den guten Bedin
gungen, die wir in Baden-Württemberg in vielen Bereichen haben, eigentlich besser machen, damit wir in bestimmten Einzelbereichen noch stärker werden?
Denn in diesen Debatten geschieht Folgendes: Sie reden sich schwindelig in diese „Wir sind Spitze, bei uns ist alles toll“-Rhetorik,
und die Opposition sagt, wenn sie nicht aufpasst – ich sage für uns: wir passen auf –,
dass es hier nicht so toll sei.
Das erachte ich für Baden-Württemberg als eine völlig inadäquate Situation.
Es gibt, Herr Haasis, viele Bereiche, die in unserem Land Baden-Württemberg sehr gut sind und für die wir überall Anerkennung finden.
Aber das heißt doch nicht, dass es nicht Bereiche gäbe, in denen wir zulegen müssen, wenn wir – und das ist unser Job hier – das Wohl der Bürgerinnen und Bürger in BadenWürttemberg mehren und verbessern wollen.
Deswegen rate ich uns allen zu einer Debatte, in der gefragt wird:
„Was können wir noch besser machen?“, und dazu, nicht wieder diese langweiligen Ländervergleiche aufzuzählen –
wahrscheinlich ist das ganze Manuskript des Ministerpräsidenten voll davon –, wie die Situation andernorts ist.
Wir haben die Aufgabe, die Bedingungen in Baden-Württemberg zu verbessern, und wir haben nicht die Aufgabe, uns in politischen Debatten hier in den Schlaf zu reden.
Wenn Sie in Baden-Württemberg und außerhalb BadenWürttembergs herumkommen,
hören Sie über unser Land selbstverständlich viel Positives. Dieses Positive möchte ich nicht bestreiten.
Es ist ein reiches Industrieland, in dem es vielen – ich sage nicht: allen – Menschen sehr gut geht. Es hat eine schöne, grüne Landschaft. Allerdings stehen viele Leute, die durch das Land reisen, im Stau.
Die Leute finden Baden-Württemberg irgendwie sympathisch, wenn auch – –
Jawohl, klatschen Sie. Ich halte es für völlig logisch, dass man da klatscht. Ich bin nicht derjenige, der, weil er in der Opposition ist, durch das Land reist und sagt, in BadenWürttemberg sei alles Mist. Wo sind wir denn eigentlich?
Jetzt schauen Sie aber einmal genau hin. Was Sie über Baden-Württemberg nicht hören können – nicht im Land und nicht außerhalb des Landes –, sind folgende Punkte, über die ich reden möchte.
Der erste: Sie hören nirgends, Baden-Württemberg sei das Land, das Herrn Eichel in Berlin zeige, wie man zu einem konsequenten Abbau der Nettoneuverschuldung kommt. Hier haben wir den Anschluss verloren. Ich werde Ihnen gleich sagen, warum.
Sie hören nirgendwo in Deutschland, dass Baden-Württemberg das ökologische Musterland wäre, das zeigt, wie man mit Ökologie auch Geld verdienen kann und gleichzeitig die Heimat schützen kann.
Sie hören nicht, dass in Baden-Württemberg eine neue Art von Aufbruch der Regionen versucht würde, verbunden mit einer Verwaltungsreform, die man anschauen kann und die Vorbildcharakter hat.
Sie hören auch nicht, dass dieses Land das Land wäre, das am meisten für die Kinder und für Familien mit Kindern tut. Dazu nachher noch mehr beim Thema Schulpolitik.
Ich finde auch – bei allem Lob über unsere Wirtschaftsstruktur –: Sie hören nicht, dass dort neue Aufbrüche für ganz neue Technologien wirklich stattfinden würden,
und vor allem, dass wir im Dienstleistungssektor endlich aufbrechen würden und die Schwäche, die wir in der Wirtschaftsstruktur haben – zu viel klassische Industriestrukturen –, wirklich überwinden könnten.
Das sind Probleme, die das Land hat; und ich kann nur an Sie appellieren, jetzt mal aus diesem Wahlkampfgedöns rauszukommen und mitzudiskutieren, wie wir solche Probleme für unser Land lösen können.
Die Haushaltsberatungen zeigen, dass der Ministerpräsident – auch was den Bereich des Staatsministeriums angeht – eigentlich nicht so sehr an diesen Fragen arbeitet, sondern dass seine Strategie lautet, mehr von dem, was uns schon stark macht, irgendwie zu optimieren. Diese neuen Felder beackert er aber eigentlich nicht.
Ich will dies an ein paar Beispielen darstellen.
Das erste: Sie haben die Haushaltskonsolidierung wirklich abgebrochen. Es gab eine Zeit, in der wir im Land auf diesem Gebiet wirklich viel erreicht haben. Als die Konjunktur schlecht war und als der Finanzminister noch einen anderen Namen hatte, da wurde wirklich einigermaßen eingespart. Aber dies ist aufgegeben worden.
Das ist so. – Aber jetzt ist die Konsolidierung abgebrochen.
In der Finanzpolitik, Herr Fleischer, steckt die Wahrheit in den Zahlen.
Als Herr Teufel 1992 den ersten Haushalt zu verantworten hatte, hatten wir 1,95 Milliarden DM Nettoneuverschuldung, und im Jahr 2000, so der Haushalt, werden wir 1,9 Milliarden DM haben. Also, das ist nicht konsolidiert im Sinne davon, dass die Neuverschuldung abgebaut worden wäre. Die Nettoneuverschuldung ist vielmehr in etwa gleich geblieben, obwohl wir in dieser Zeit insgesamt 3,36 Milliarden DM Privatisierungserlöse in die Ausgaben des Landes mit eingespielt haben. Da muss sich doch jeder fragen, was passiert, wenn solche Einnahmen eines Tages nicht mehr zur Verfügung stehen.
Wenn Sie diese Zahlen bestreiten, will ich es noch drastischer sagen: In der vorvorletzten mittelfristigen Finanzplanung,
der mittelfristigen Finanzplanung für den Zeitraum 1996 bis 2000, hatten wir eine Neuverschuldung von 750 Millionen DM anvisiert. Als 1997 die Steuereinnahmen wegbrachen, hat man diese Zahl auf 2 Milliarden DM korrigiert. Jetzt sind aber 1998 und 1999 die Steuereinnahmen wieder massiv gestiegen, doch man hat diese mittelfristige Finanzplanung nicht korrigiert. Sie sind mit den 300 Millionen DM, die Sie nur aus den Mehreinnahmen und nicht aufgrund von Einsparungen zusätzlich zur Verfügung haben, nicht in den alten Stand der 750 Millionen DM getreten, sondern machen wieder 1,9 Milliarden DM Schulden. So etwas ist keine Konsolidierung, sondern so etwas ist Abbruch von Konsolidierung.
Wir haben Ihnen in den Beratungen ja einen Weg gezeigt, wie man – durch einen Verkauf und durch Schuldentilgung – nachhaltig konsolidieren kann. Übrigens sind wir die Einzigen in diesem Hause, die die Neuausgaben konsequent durch Einsparungen finanzieren – wir haben ja auch Anträge für Investitionen gestellt – und die Schulden zurückzahlen wollen und die – jetzt kommt der springende Punkt – die 130 Millionen DM, die man jährlich an vermiedenen Zinsen hat, nicht wieder ausgeben wollen, sondern tatsächlich Jahr für Jahr einen Posten in dieser Größenordnung von zusätzlicher Reduktion der Nettoneuverschuldung des Landes insgesamt haben wollen.
Dann haben Sie, Herr Ministerpräsident, die mit dem EnBW-Verkauf sich bietenden Chancen nicht genutzt. Ich will jetzt mal ganz offen sagen: Erklären Sie mal diesem Hause nachher in Ihrer Rede, was eigentlich aus der Arbeitsplatzgarantie geworden ist und was eigentlich aus der viel gerühmten Diskussion um den strategischen Mehrwert für das Land geworden ist. Ich fordere Sie auch auf, den Kaufvertrag, den Sie unterschrieben haben, den Fraktionen des Landtags zur Verfügung zu stellen; denn Sie haben monatelang hier irgendwelche Nebelkerzen geliefert, und dann ist es ganz plötzlich mit der Unterschrift ganz still geworden. Das lassen wir als Opposition nicht zu.
Sie haben – und da steht es in Baden-Württemberg wirklich schlecht – sich im Bereich des öffentlichen Dienstes der Einführung der Altersteilzeit nachhaltig mit einer Sturheit widersetzt, die mich nur an die Aschermittwochsdiskussion insgesamt erinnern kann.
Sie haben immer mit Annahmen gerechnet und rechnen lassen, bei denen herauskommt – –
Buß- und Bettag.
Herr Oettinger, sehen Sie es als Test für Ihre Aufmerksamkeit, den Sie glänzend bestanden haben.
Sie haben die Altersteilzeit verweigert, und ich will Ihnen sagen, was Sie damit tun: Sie verweigern einen Solidarpakt der Kollegen, die jetzt im öffentlichen Dienst sind, und des Staates mit jungen Menschen, die in den staatlichen Arbeitsmarkt kommen könnten, wenn wir hier flexibler wären. Sie haben bei den Annahmen über die Altersteilzeit immer so gerechnet, dass am Schluss herauskommen muss: Es ist zu teuer. Damit haben Sie, sage ich Ihnen, den jungen Menschen in unserem Land keinen guten Dienst getan.
Im Energiebereich versagen Sie vollständig. Sie fassen Kabinettsbeschlüsse, die eine Verdoppelung des Anteils der
regenerativen Energiequellen bis 2010 vorsehen, aber Sie kürzen die Mittel, die Sie dafür im Haushalt stehen haben, bis zur Unkenntlichkeit. Es sind Sprechblasen, die Herr Döring und Herr Teufel in diesem Bereich
der neuen Energietechniken insgesamt abgelassen haben.
Wenn ich den Energiebereich anschaue, stimme ich dem Kollegen Maurer zu: Baden-Württemberg ist überhaupt nicht Spitze, sondern bei der Produktion und Förderung dieser neuen Technologien ein Entwicklungsland.
Lassen Sie mich etwas zum Naturschutz sagen. Im November 1999 beschließen Sie im Kabinett Leitlinien. Da steht viel Vernünftiges drin. Es steht übrigens auch drin, dass das PLENUM-Programm nur konsequent durchgeführt werden kann, wenn zusätzliche Mittel in den Haushalt eingestellt werden. Was Sie aber machen, ist, dass Sie mit der Haushaltspolitik bei den alten Mitteln bleiben, dass Sie kürzen und da und dort für den Naturschutz Schwierigkeiten machen. Die Ziele, die ein ökologisches Musterland braucht, nämlich dass wir, sage ich einmal, im Jahr 2010 bei 15 % bis 20 % großflächigen Naturschutzgebieten sind, können Sie mit dieser Politik nicht erreichen. Das ist nur Gerede. Sie haben es, meine Damen und Herren von der Union, einfach nicht mit dem Naturschutz. Wenn ich die faktische Politik anschaue, muss ich sagen, dass Ihnen der Naturschutz egal ist.
Herr Ministerpräsident, auch die Schulen sind nicht verlässlich. Wir haben immer noch zu wenig Lehrer, wenn ich den Zeitraum bis 2005 nehme. Sie fahren eine Bildungspolitik auf Sicht, obwohl wir schon wissen, dass die Schülerzahlen bis 2005 wachsen werden. Deswegen haben wir vorgeschlagen, mehr zu tun, und dafür auch eine Finanzierung vorgelegt. Die verlässliche Halbtagsgrundschule ist so, wie Sie es machen, wirklich eine Lachnummer. Ich bin es satt, von Ihnen immer wieder zu hören, Sie würden da etwas machen, weil Sie sprachlich diese Briefmarke besetzen, obwohl Sie es faktisch immer wieder verschieben, faktisch kein pädagogisches Konzept haben und auch nicht wirklich eine verlässliche Halbtagsgrundschule machen, sondern nichts anderes als eine löcherige Grundschule mit angedockter Kernzeit. Das ist Ihr Konzept, und das geht bei den Eltern nicht durch, weil die in der Frage, ob die Kinder in der Schule solide etwas lernen und untergebracht sind oder nicht, Praktiker und Praktikerinnen sind. Da kann Frau Schavan erzählen, was sie will, meine Damen und Herren.
Ich finde es auch kritisch und problematisch, Herr Ministerpräsident, dass die Landesregierung unter Ihrer Führung im Staatsministerium keinen politischen Mut zur echten Förderung und Einrichtung auch politisch verfasster Regionen im Land Baden-Württemberg hat. Wir halten das für problematisch. Wer die Diskussion um Wirtschaftsförde
rung auf Bundesebene und in Europa insgesamt anschaut, wer anschaut, was man machen muss, wenn man in der Technologiepolitik neue Durchbrüche erzielen will, kommt immer wieder – vom MIT bereits vor zehn Jahren untersucht – auf die Antwort: Man muss die Wirtschaftsförderung und die Technologiepolitik regionalisieren. Man muss schauen, dass regionale Cluster gebildet werden können, dass Schwerpunkte in den Regionen gebildet werden können, die sich im Wettbewerb der Regionen bei bestimmten Technologien auch profilieren können.
Sie haben aber die Instrumente dafür nicht. Sie machen eine Wirtschaftsförderung, die kreuz und quer durch die Landschaft geht, aber die Mittel nicht den Regionen gibt. Sie haben übrigens auch keine Regionen. Sie haben den Torso im mittleren Neckarraum, und im restlichen BadenWürttemberg verweigert die CDU als Partei, die mit der Ebene der Region Schwierigkeiten hat, die Einrichtung von Regionen.
Das ist doch der politische Kernpunkt meines Vorwurfs.
Ich möchte, wie Herr Oettinger und Herr Maurer auch, noch etwas zu der Frage „Parteifinanzierung und Probleme der CDU“ sagen. Als ich Ihnen bei meiner letzten Rede hier, im Dezember, den Artikel 21 des Grundgesetzes vorgelesen habe, der eindeutig klarmacht, dass Parteien über ihre Mittel und über deren Verwendung und Herkunft öffentlich und transparent Rechenschaft ablegen müssen, haben Sie noch gejohlt und zwischengerufen. Inzwischen ist klar: Die CDU hat von oben her – ich betone: von oben her, weil es auch mir um die Menschen geht, die sich in den Räten engagieren und damit wohl nichts zu tun hatten – nachhaltig die Verfassung und die Gesetze der Bundesrepublik Deutschland verletzt.
Der ehemalige Kanzler Kohl steht ja weiterhin dazu, und dies halte ich für einen Zustand – –
Das ist bewiesen, Herr Kollege Fleischer.
Also ich weiß nicht, Herr Fleischer, wie Sie Geständnisse werten. Kohl hat ja eingestanden, dass er über 2,1 Millionen DM keine Rechenschaft abgelegt hat.
Sie werden ihm doch jetzt noch das Geständnis abnehmen. Oder liege ich da falsch, dass das der gegenwärtige Stand in der öffentlichen Diskussion ist?
Es zeigt übrigens, dass Sie Probleme haben, selbst das, was schon klar ist, überhaupt zur Kenntnis zu nehmen. In diesem Sinne bin ich für Ihren Zwischenruf, Herr Fleischer, dankbar, weil er zeigt, was offensichtlich bei Ihnen im Kopf, im Herzen oder sonst wo vorgeht.
Augustinus hat einmal gesagt: Der Staat unterscheidet sich von einer Räuberbande nur durch das Recht. Genau das ist von der CDU-Spitze über lange Jahre systematisch verletzt worden, inklusive unserer Verfassung.
Herr Teufel, ich will das ganz persönlich sagen: Ich finde, dass Sie irgendwann einmal, am besten nachher, vor diesem Haus klarmachen müssen, was Sie in den Jahren von 1992 bis 1998, als Sie Stellvertreter Helmut Kohls in der CDU Deutschlands waren, eigentlich gemacht, eigentlich getrieben haben. Haben Sie eigentlich einmal Fragen gestellt, woher das Geld kommt? Schäuble hat ganz klar gesagt: Es war allen klar, dass Kohl immer wieder von eigenen Mitteln gesprochen hat.
Was haben Sie eigentlich gemacht? Haben Sie eigentlich nachgefragt? Haben Sie weggeschaut? Wollten Sie nichts wissen? Sie müssen einmal erklären, wie Sie diese Aufgabe eigentlich ausgeübt haben. Denn es gibt im Prinzip nur zwei Möglichkeiten: Entweder Sie haben bewusst weggeschaut – dann haben Sie aber Ihre Aufsichtspflicht vernachlässigt –, oder Sie machen uns hier etwas vor.
Ich weiß nicht, welche Alternative insgesamt schmeichelhafter ist.
Ich finde, dass sich ein Ministerpräsident, der sich immer wieder auf christliche Werte beruft, und übrigens auch die Kultusministerin, die auch im Präsidium der CDU ist, schon die Frage gefallen lassen muss, wie sie selbst mit diesen Problemen umgegangen sind oder jetzt im Falle der Aufklärungsdiskussion umgehen.
Herr Teufel, ich finde, Sie haben es bisher eher mit den drei berühmten Affen gehalten: Sie wollen nichts hören, Sie wollen nichts sehen, und Sie wollen auch nichts sagen. Das ist aber nicht die Sprache von Aufklärung. Das ist die Sprache von Verdrückung, die Sie in den letzten Wochen in Baden-Württemberg praktiziert haben.
Die baden-württembergische CDU, Herr Oettinger, ist meines Erachtens nicht, wie Sie es dargestellt haben, an der Spitze der Aufklärung. Schäuble hat den Bundestag belogen. Er hat ein sehr selektives Gedächtnis: An manches kann er sich ganz gut erinnern, aber wie oft er sich mit einem Waffenhändler getroffen hat, der ihm 100 000 DM an
geboten hat, daran kann er sich nicht erinnern. Das müssen Sie der Öffentlichkeit wirklich erklären.
Frau Schavan findet alles ganz schrecklich und ist tief betroffen. Aber ich will deutlich machen: Von ihr kommen keine Vorschläge, wie die Aufklärung detailliert stattfinden kann.
Herr Teufel verdrückt sich und fährt in einer Zeit nach Bangladesch, in der er in der Tat hier sein müsste und Aufklärung betreiben müsste, wenn er sie wirklich ernst meint, und insbesondere auch die Fragen der Opposition beantworten müsste.
Herr Teufel, Sie haben am 14. Januar 2000 in einem Fernsehinterview – da hatten Sie Pech, weil eine Stunde später der Hessenskandal herauskam – schon vom Verzeihen gesprochen. Sie haben gesagt, in einer christlichen Partei müsse man auch daran denken, Helmut Kohl zu verzeihen; er habe es ja zugegeben und sich entschuldigt. Ich kann es Ihnen, wenn Sie es bezweifeln, nachher vorlesen. Ich glaube, dass Sie so leichtfertig und so billig aus dieser Geschichte nicht herauskommen.
Übrigens, Herr Teufel, wenn wir schon beim Aufklären sind, dann machen Sie doch einmal einen Knopf an die Affären und Skandale in Baden-Württemberg.
Ich finde, dass der Untersuchungsausschuss zur Doppelförderung im Bereich der ländlichen Sozialberatung inzwischen ganz klar das bewiesen hat, was Mayer-Vorfelder schon vor der Einsetzung des Untersuchungsausschusses gesagt hat, nämlich dass dieses System politisch gewollt war. In den Verhandlungen ist dies ja auch aus dem Regierungspräsidium Tübingen nachhaltig bestätigt worden.
Ich finde auch, dass Sie einmal offensiv zu dem Stellung nehmen müssen, was Sie in Fällen wie dem des Herr Aurenz in Südwürttemberg gemacht haben. Bei Herrn Schleicher vom Zementwerk Schwenk war es ja ähnlich.
Ich finde es nicht richtig, dass wohlmeinende Spender der CDU in Baden-Württemberg, wenn sie ein Problem haben, zum Beispiel weil sie einen Gewerbebetrieb illegal ins Naturschutzgebiet verlängern, wofür viele kleine Leute in Baden-Württemberg drankommen, nach einem Termin mit Erwin Teufel ein Moratorium bis 2000 wie im Fall Aurenz bekommen
und Verwaltungsbeamte des Regierungspräsidiums, die sich nach Recht und Gesetz bemühen, die Gesetze dieses Landes auszuführen, auf diese Art düpiert werden,
weil sie immer wissen müssen: Im Zweifelsfall gehen die hohen Herrschaften zum Ministerpräsidenten. Das müssen Sie aufklären, und dazu müssen Sie etwas sagen.
Herr Teufel, ich finde – –
Ich bin gerade auf dem Weg.
Ich finde, dass Sie sich beim Fall SWEG auch ganz schön in die Verdrückung begeben haben. Dieses 100-prozentige Landesunternehmen hat ein Lotterleben geführt unter der Aufsicht, die Herr Schaufler eigentlich zu führen gehabt hätte. Erklären Sie doch einmal Ihren Wählern, wie man eigentlich auf 1 000 DM Trinkgeld kommt, wenn ich nur ein Beispiel zitieren darf. Erklären Sie einmal, wie so etwas möglich ist. Die Leute haben ihr Leben lang nicht für so viel gegessen, und die SWEG-Spitze lässt Trinkgelder in dieser Größenordnung liegen. Ich wäre da ganz vorsichtig.
Jetzt wäre mir eines wichtig, Herr Teufel:
Sagen Sie doch einmal offen und klar als Parteivorsitzender der CDU in Baden-Württemberg, dass Sie die 35 000 DM zurückgeben. Dann ist wenigstens an der Stelle einmal Klarheit geschaffen. Aber nein, auch hier hocken Sie auf dem Geld und denken: Wenn es nicht vor Gericht kommt und keine Verletzung des Parteiengesetzes ist, wird es schon irgendwie Recht sein. Es sind öffentliche Gelder, die da behalten wurden. Die SPD und die FDP/DVP haben ihre Gelder ja zurückgegeben.
Ein Letztes zum Thema Aufklärung: Wie kann es eigentlich sein, dass ein Herr Schaufler, der dieses Ganze mit zu verantworten hat, noch immer der Vorsitzende des CDUBezirks Südwürttemberg ist?
Ja, schämen Sie sich gar nicht – im Zeitalter der Aufklärung –, dass so etwas möglich ist? Ich habe kein Wort von Erwin Teufel zu dieser Frage insgesamt gehört.
Ich komme zum Schluss: Herr Teufel, es geht um die Glaubwürdigkeit auch von Ihnen als Person. Wenn Sie sich hier als jemanden darstellen wollen, der mit zur Aufklärung bei der Union beiträgt, dann dürfen Sie bei diesen Fragen nicht wegducken, dann dürfen Sie sich nicht verdrücken, sondern dann müssen Sie einmal zu Ihrer Verantwortung stehen und auch über die Frage sprechen, wie Sie eigentlich Ihre Bundesvorstandszeit verbracht haben, ob Sie da einen dämmernden Aufsichtsschlaf geführt haben oder wirklich das, was Demokraten tun müssen, nämlich in Kontrollgremien kritisch nachzufragen, ausgeübt haben oder ob Sie da versagt haben.
Dies muss hier geklärt werden.
Vielen Dank.
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen! Herr Teufel, ich fand Ihre Ausführungen zu der Parteifinanzierungsaffäre der CDU sehr seltsam. Ich will Ihnen schildern, warum. Sie haben sich wortreich gegen Vorwürfe verteidigt, die jedenfalls ich und, wenn ich es richtig gehört habe, auch Herr Maurer nicht erhoben haben. Ich habe in meiner Rede – das können Sie nachlesen – nicht den Vorwurf erhoben, Sie hätten in Baden-Württemberg schwarze Kassen, weil ich die Eigenschaft habe, Vorwürfe erst dann zu erheben, wenn ich sie belegen kann
oder wenn sie nachzuweisen sind.
Sie haben eine halbe Stunde darüber geredet. Aber Sie haben auf einen Punkt nur knapp geantwortet, nämlich auf meine Frage an Sie und auf meinen Vorhalt: Wie konnte es eigentlich sein, dass Sie sechs Jahre lang stellvertretender Bundesvorsitzender waren und nichts von der Praxis und von dem System Kohl, das in der Bundespartei der CDU stattgefunden hat, gemerkt haben wollen? Dazu haben Sie keinen Ton gesagt. Sie haben nur gesagt, Sie hätten nicht gewusst, was Anderkonten sind. Aber ich habe Ihnen die Äußerung Schäubles vorgehalten, die mehrfach gefallen ist, der gesagt hat: „Es war in Präsidium und Vorstand bekannt, dass Kohl über Eigenmittel verfügt.“ Das hat er gegebenenfalls auch immer wieder angezeigt, nach dem Muster: Da haben wir schon eigene Mittel.
Sie, Herr Teufel, haben nie nachgefragt, welche Eigenmittel der Vorsitzende einer demokratischen Partei hat und wie dies im Verhältnis zu Artikel 21 des Grundgesetzes steht. Sie haben nie gefragt: Woher hat er die? Haben wir im Vorstand oder im Präsidium über die Verwendung dieser Mittel beschlossen? Das sind alles normale Dinge, die in demokratischen Parteien üblich sind. Dazu haben Sie kein Wort gesagt. Ich finde es bei Ihnen immer interessant, wozu Sie sich hier wortreich, witzig und lustig auslassen und wozu Sie einfach wegducken und schweigen.
Immer die Sachen, wozu Sie schweigen, sind es, die eigentlich hier in dieses Haus und an diesen Tisch gehören und worauf Sie auch Antworten geben müssten.
Was Sie mit dem Artikel meines Kollegen Kretschmann in der „Welt“ gemacht haben – so nach dem Muster, bei Kuhn und Kretschmann wäre etwas anders –, das stimmt einfach nicht. Sie haben den Artikel nicht richtig gelesen. Ich will einmal darstellen, welche Behauptung Kretschmann aufgestellt hat. Ich finde es hochinteressant, dass Sie diese Behauptung bemerkenswert finden. Ich finde sie nämlich auch bemerkenswert. Kretschmann schreibt:
Dass man sich das in der CDU nicht traut, enthüllt einen patriarchalen, autoritären und paternalistischen Bodensatz, der zwar als traditionell konservativ gelten kann, jedoch einem Konservatismus verbunden ist, der
die Grundprinzipien der Aufklärung – Ausgang des Menschen aus selbstverschuldeter Unmündigkeit – noch immer nicht rückhaltlos akzeptiert hat. Ohne Zivilcourage hat die Demokratie keine Seele und ist der Verführung der Macht ausgeliefert. Wenn „gestandene Männer“ oder „junge Wilde“ alle vor Kohl kuschten, wirft das kein gutes Licht auf die demokratische Kultur der CDU.
Auch ich finde das bemerkenswert.
Und Sie haben nichts dazu gesagt, wie Sie als stellvertretender Bundesvorsitzender versagt haben.
Meine Auffassung ist: Das System Kohl, mit allem, was wir bisher wissen, ist nur möglich gewesen, weil Leute wie Sie, Herr Ministerpräsident, um ihn herum in den Führungsgremien dieser Partei agiert haben. Dazu haben Sie kein Wort gesagt, und ich kann Ihnen diese Anmerkung an dieser Stelle nicht ersparen.
Das gipfelte in einem indirekten Vergleich – Sie haben es indirekt verglichen und offensichtlich nicht die Implikationen überblickt – dessen, was Kohl an Verfassungsbruch begangen und an Rechtsverständnis geäußert hat, mit den Blockaden der Friedensbewegung in Mutlangen, an denen auch viele von uns teilgenommen haben.
Wollen Sie denn damit sagen, dass Helmut Kohl und Kanther und wie sie alle heißen Ihre Parteiaffäre als eine Art zivilen Ungehorsam gegen das Parteiengesetz und die Verfassung praktiziert haben?
Herr Teufel, ich muss wirklich sagen, dass Sie da in die falsche Kiste gegriffen haben. Diejenigen, die in Mutlangen blockiert haben, haben ganz bewusst den Rechtsverstoß begangen, die Sanktionen offen in Kauf genommen,
in dem Kalkül, damit auf die besonderen Legitimationsprobleme der Nachrüstung hinzuweisen. Sie haben also als Demokraten gesagt: Wir nehmen die Sanktionen des Rechtsstaats völlig auf uns. Wir bekennen uns öffentlich dazu und wollen diese äußerste Demonstrationsform wahrnehmen.
Das ist doch ein gewaltiger Unterschied zu der Frage, ob jemand heimlich, an der Verfassung vorbei, an den Gesetzen vorbei die Rechte verletzt und hinterher noch ein Ehrenwort höher stellt als die Verfassung der Bundesrepublik Deutschland. So viel zum Rechtsverständnis, das hier vorliegt.
Was Sie zu Herrn Schaufler gesagt haben, fand ich schlicht und einfach komisch. Sie haben mir vorgehalten, es sei nicht in Ordnung, Ihnen vorzuwerfen, dass Herr Schaufler bei alldem, was er im Zusammenhang mit der SWEG zu verantworten habe, noch immer Bezirksvorsitzender der an Aufklärung interessierten Union in Südwürttemberg sei.
Dann sagen Sie, das gehe nicht. Da muss ich Sie schon fragen, Herr Teufel: Warum haben Sie ihn denn als Umweltund Verkehrsminister des Landes Baden-Württemberg nicht mehr für tolerabel gehalten, wenn Sie argumentieren, Schritte seien erst möglich, wenn die Staatsanwaltschaft entschieden habe? Bereits vor Monaten haben Sie die Notleine gezogen, weil Sie gemerkt haben, dass das Ansehen dieser Regierung, wenn Herr Schaufler noch weiter im Amt geblieben wäre, massiv verletzt worden wäre. Aber bei der CDU Südwürttemberg schadet es offensichtlich nicht. Diese Argumentation fällt auf Sie zurück.
Jetzt will ich etwas zu der Art und Weise sagen, wie Sie hier den Fall Aurenz oder den der Zementwerke Schwenk in Ulm dargestellt haben. Herr Teufel – lassen Sie mich das ganz ruhig und nüchtern sagen –, selbstverständlich bekommen Sie viele Briefe, und Sie müssen diese Briefe auch beantworten. Das ist nicht der Gegenstand des Streits. Aber es ist eine ganz spannende Frage, in welchen Fällen – ich will das am Fall Aurenz deutlich machen – Sie wie antworten.
Noch einmal zum nicht bestreitbaren Sachverhalt: Die Firma Aurenz ASB hat in Argenbühl bei Ravensburg – dort baut sie Torf ab – 1997 begonnen, einen Lkw-Parkplatz in ein Landschaftsschutzgebiet respektive Naturschutzgebiet zu bauen bzw. darin Lagerstätten zu erweitern. Dies sind nach unseren Gesetzen gravierende Eingriffe und schwere Umweltstraftaten.
Deswegen hat beim RP in Tübingen der für Naturschutz Zuständige auch eine Strafanzeige empfohlen. So war der Sachverhalt.
Dann kam „Kollege“ Aurenz zum Ministerpräsidenten, und der Ministerpräsident hat dann einen Brief an den Regierungspräsidenten in Tübingen geschrieben. In diesem Brief, den Sie noch voller Stolz vorgelesen haben – das fand ich entzückend –, schreiben Sie sinngemäß,
man möge ein wichtiges Abwägen zwischen Naturschutz und den Interessen der baden-württembergischen Wirtschaft zustande bekommen.
Herr Haasis, wenn Sie kein Problem darin sehen, dass ein Ministerpräsidenten in diesem Sinne um wohlwollende
Prüfung bittet, obwohl schwere Umweltstraftatbestände erfüllt sind – –
Es ist doch eine völlige Absurdität, zu sagen, das sei schon alles in Ordnung, und er schreibe immer wieder solche Briefe.