Helga Solinger

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Herr Präsident, nach diesen agrarpolitischen Schwanengesängen stelle ich jetzt eine andere Anfrage. Ich frage die Landesregierung:
a) Wie beurteilt die Landesregierung den Umstand, dass die neu gegründete Hochschule für Medien Stuttgart im Zuwendungserlass des Wissenschaftsministeriums für den Studiengang Informationsdesign für die Jahre 2001 bis 2003 jeweils drei neue Stellen zugesprochen erhält, wohingegen die Hochschule mit sorgfältiger und stichhaltiger Begründung als Kompromiss gegenüber der notwendigen 8 : 4-Abfolge in 2001 und 2002 zumindest einen 4 : 3 : 2-Rhythmus (plus zwei Stellen ab 2004) beantragt hatte, der allein geeignet sei, den neuen Studiengang ab dem Wintersemester 2001/02 starten zu lassen?
b) Ist der Landesregierung bekannt, dass der Studienbetrieb in diesem neuen Studiengang im Rahmen des vorhandenen Flächenpotenzials nicht aufgenommen werden kann, und ist sie bereit, in diesem Fall eine Ausnahme vom generellen Anmietungsverbot zu machen, zumal die Mietkosten in Erwartung eines abhelfenden Neubaus ab 2005 begrenzt kalkuliert werden können?
Wenn Sie erlauben, Herr Präsident, mache ich hierzu auch eine Bemerkung: Nein, ich bin nicht zufrieden. Deshalb habe ich zwei Zusatzfragen.
Erstens: Wie gedenkt das Wissenschaftsministerium mit der Situation umzugehen, dass die Hochschule hinsichtlich
des Stellenbedarfs zu einem anderen Ergebnis kommt? Mit drei Stellen einen Studiengang zu beginnen scheint wirklich etwas schwierig. Und ist Ihnen bekannt, ob wirklich Professuren frei sind, die man eventuell im Vorgriff vorzeitig besetzen könnte? Das wäre ja dann eine Lösung.
Die zweite Frage: Falls die nun doch noch erfolgende Prüfung des Raumbedarfs zum Ergebnis kommt, dass der Studiengang zwischen Innenstadt Stuttgart und Vaihingen aufgeteilt werden müsste – nicht besonders gut für neue Studierende –, würde sich das Wissenschaftsministerium dann beim Finanzministerium darum bemühen, dass neben der jetzigen Hochschule für Bibliothekswesen befindliche freie Räume in der Wolframstraße kurzfristig angemietet werden, damit diese Aufteilung des Studiengangs nicht erfolgen muss?
Herr Präsident, meine lieben Kolleginnen und Kollegen, meine Damen und Herren! Die SPD-Landtagsfraktion begrüßt den Zusammenschluss der Stuttgarter Fachhochschulen – der Hochschule für Bibliotheks- und Informationswesen und der Hochschule für Druck und Medien – zur Fachhochschule Stuttgart – Hochschule der Medien zum 1. September 2001 ausdrücklich. Wir werden die Umsetzung der einzelnen Schritte dazu, wie im Gesetzentwurf vorgesehen, ab September dieses Jahres beginnend, mittragen; denn damit werden Chancen eröffnet, die anerkannt guten Studienangebote beider Fachhochschulen eng zu vernetzen, weiter zu optimieren und vor allem mit zusätzlichen innovativen Studiengängen eine international bedeutende und wirklich zukunftweisende, aber auch zukunftsfähige Hochschule zu etablieren.
Allerdings ist viel Zeit ins Land gegangen – sehr viel Zeit, würde ich angesichts der rasanten Entwicklung im Medienbereich sagen. So kann man vielleicht fragen: Stimmt hier der alte Satz „Was lange währt, wird endlich gut“?
Gedauert hat es von den Anregungen des Rechnungshofs – Herr Kollege Birk hat gerade darauf hingewiesen – im Jahre 1994
ganz so jung ist er ja nun auch nicht mehr –
und immerhin einem Ministerratsbeschluss 1995, wonach zur Lösung drängender Raumprobleme bei der Fachhochschule für Bibliotheks- und Informationswesen und zur Schaffung von Synergieeffekten die Zusammenlegung beider Fachhochschulen verfolgt werden sollte, bis zur heutigen Gesetzesvorlage. Dazwischen lagen jährliche parlamentarische Vorstöße der SPD-Fraktion. Es gab im Fachausschuss weitgehend Übereinstimmung über die sinnvolle Bündelung am Standort Vaihingen. Sie haben darauf hingewiesen, Herr Kollege Birk. Aber es gab eben auch die nachhaltige Blockade der dazu nötigen Schritte durch das Finanzministerium.
Auf einen Antrag meiner Kollegin Birgit Kipfer zum Thema Medienwissenschaft haben Sie, Herr Minister von Trotha, 1997 einen weiteren Ausbau bzw. medienbezogene Schwerpunktbildungen an beiden Fachhochschulen angekündigt. Dabei hielten Sie ausdrücklich – so auch Anfang
1999 – die räumliche Zusammenführung als Voraussetzung für die wünschenswerte Optimierung der Synergieeffekte für unabdingbar. Also einen Neubau!
Mitte letzten Jahres kündigten Sie eine Kabinettsvorlage zum Neubau an, wo geklärt werden sollte, ob die Finanzierung aus dem regulären Haushalt oder aus Privatisierungserlösen erfolgen solle. Inzwischen, liebe Kolleginnen und Kollegen, haben wir den Doppelhaushalt 2000/2001 beschlossen – ohne Medienhochschule, aber dafür mit einem Haus der Geschichte. Man kann sagen: So setzt die Landesregierung ihre Prioritäten.
Dementsprechend gibt es bis heute keine Anmeldung des Projekts zum Rahmenplan für den Hochschulbau. Auch jetzt wird wieder einmal statt solider Finanzierungsplanung eines der inzwischen legendären Sonderprogramme des Ministerpräsidenten ins Spiel gebracht: eine Fata Morgana für alle, die auf Unterstützung und Hilfe des Landes hoffen. Ich nehme an, meine lieben Kolleginnen und Kollegen der Regierungsparteien, sie haben auch längst den Überblick verloren, wem alles was alles versprochen ist.
Hauptsache, die Täuschung trägt bis zur Landtagswahl. Das dürfte Ihre Hauptsorge sein.
Nein. Keine müde Mark habt ihr bisher.
Ja, richtig.
Ich möchte festhalten: Gut ist, dass die Schritte zur Fusion in großem Einvernehmen mit den beiden Fachhochschulen festgelegt wurden. Gut ist auch, dass die Belange des kleineren Partners, der Fachhochschule für Bibliotheks- und Informationswesen, gewahrt bleiben, dass sie nicht geschluckt wird. Und gut ist
die weitgehende Zustimmung der Rektorenkonferenz der Fachhochschulen und der angehörten Verbände. Bei der Mehrzahl der eingebrachten Anregungen teilen wir die ablehnende Bewertung durch das Ministerium, zum Beispiel im Bereich der Namensgebung. Wir halten den Namen für gut.
In zwei Punkten allerdings teilt die SPD die nahezu von allen aufgestellte Forderung: Es ist eben gar nicht gut, dass auch heute noch nicht klar ist, wann und wie die wichtige, in fast allen Stellungnahmen festgehaltene Bedingung für eine erfolgreiche, zukunftsorientierte Zusammenlegung
eingelöst werden soll: der Neubau, der nicht nur die befriedigende Unterbringung beider Fachhochschulen am Standort Vaihingen sichert, sondern Voraussetzung – meine Damen und Herren, das ist ja der entscheidende Punkt – für den innovativen Schub ist, der von den neuen Studiengängen, insbesondere von dem geplanten Studiengang Informationsdesign, ausgehen soll.
Es ist auch nicht gut, dass gerade dieser Studiengang wegen ca. zwölf fehlenden Personalstellen auf die lange Bank geschoben wird. Wer heute vier Jahre Verzögerung einkalkuliert bzw. in Kauf nimmt, bis ein innovatives neues Studienangebot anläuft, hat den Anspruch einer Medienhochschule an der Spitze der internationalen, der europäischen Entwicklung eigentlich längst aufgegeben.
Ich will das den Kolleginnen und Kollegen der Regierungsfraktion im Wissenschaftsausschuss nicht unterstellen, aber sie konnten sich vor zwei Wochen im Wissenschaftsausschuss nicht dazu durchringen, mit einer klaren Zustimmung zu meinem diesbezüglichen Antrag dem Fachminister hinsichtlich eines Neubaus und der Personalstellen den Rücken zu stärken und somit zum nachhaltigen Erfolg der neuen Medienhochschule beizutragen.
Ja, aber dann müssen Sie eben einmal Farbe bekennen, Herr Kollege.
Angesichts der dramatischen Veränderungen im Bereich der neuen Medien, in der Medienwirtschaft und in den Informations- und Kommunikationstechnologien bleibt keine Zeit für ministeriale Machtspiele und Hinhaltetaktik.
Wenn man mit einer zukunftsorientierten Medienausbildung, mit innovativen Studienangeboten im Interesse unserer Studierenden, der Wirtschaft und des Standorts BadenWürttemberg international attraktiv sein will, dann müssen die entsprechenden Ressourcen umgehend bereitgestellt werden.
Denn sonst heißt der Satz: Was zu lange währt, wird am Schluss überflüssig.
Dabei täte ein Highlight im Medienbereich gut. Man sollte die kritischen Bewertungen des Medienstandorts BadenWürttemberg durch die Präsidenten der zwölf Industrieund Handelskammern im Südwesten vom März dieses Jahres ernst nehmen und nicht vorschnell – ich würde sagen, auch vorlaut – versuchen, sie vom Tisch zu wischen, wie es Herr Minister Palmer getan hat.
Mein Appell geht deshalb heute an den Herrn Ministerpräsidenten – der leider nicht da ist –: Beenden Sie das Gerangel zwischen dem Wissenschafts- und dem Finanzministerium. Sorgen Sie für eine schnelle Realisierung des nötigen Umbaus und für die Bereitstellung der notwendigen Perso
nalstellen. Der Ministerpräsident könnte damit seinen Meinungswandel bei der Greencard materiell unterfüttern. Er könnte die richtigen Prioritäten setzen und damit dem heute vorliegenden Gesetzentwurf den Erfolg garantieren. Ich hoffe, er hat es gehört!
Herr Minister, gibt es seitens des Bundes irgendwelche Vorschriften hinsichtlich der Komplementärförderung?
Frage eins: Herr Minister, könnten Sie sich vorstellen, dass auch andere Sender, auch öffentlich-rechtliche, ähnliche Vertragsgestaltungen mit der Landesregierung Baden-Württemberg erreichen könnten?
Ich darf wegen des Zwischenrufs zur Qualitätsfrage noch eine zweite Frage anschließen: So, wie Sie das geschildert haben, wäre es dann sehr wohl möglich, zum Beispiel eine Subventionierung eines Projekt à la „Big Brother“ zu verhindern?
Herr Kollege, würden Sie sich bereit erklären, mit dem Justizminister Ihrer Partei Kontakt aufzunehmen...
... über die Rechtsgrundlage des Dreikörbemodells? Nur diesen Wunsch hätte ich. Wenn Sie das zusagen würden, wäre das reizend. Danke sehr.
Ich will aber genauso lange reden dürfen wie der Minister.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Während der laufenden Legislaturperiode sind die einzelnen Teilbereiche der Kunstförderung des Landes äußerst unterschiedlich von den Kürzungen der Haushaltsmittel, von der Reduzierung des Wettmittelfonds seit 1997 und von den sich auf wenige konzentrierenden Belastungen durch globale Minderausgaben getroffen worden. Es wäre, meine ich, an der Zeit, zu überprüfen, wer denn da auf der Strecke zu bleiben droht.
Wer dem Votum der Kulturstrukturkommission unterworfen war, der konnte im letzten Doppelhaushalt gemeinhin mit konstanten Haushaltsansätzen rechnen, auch wenn dies wegen wachsender Kosten reale Kürzungen bedeutete. Dies sollte man nicht vergessen. Das galt ganz besonders für die Theater. Ob und inwieweit die nun vorliegenden Ergebnisse der Kommission insgesamt zukunftweisend und wirklich strukturinnovativ sind, kann hier heute nicht diskutiert werden. Aber in dem Doppelhaushalt werden immerhin einige Empfehlungen umgesetzt, die wenigstens die Forderung nach mehr Planungssicherheit erfüllen. Dies gilt insbesondere für die schon vorher von meiner Fraktion beantragte Festbetragsfinanzierung für Kommunaltheater.
Es muss aber wegen der bescheidenen Steigerungsraten bei den Staatstheatern, die Tariferhöhungen eventuell nicht abfangen, bezweifelt werden, dass die geforderte Qualitätssicherung ebenso gelingen kann. Ganz besonders gilt das für die einseitige Belastung der Sitzstädte der Landesbühnen bei den Kostensteigerungen in den nächsten Jahren bis zum Erreichen eines neuen Förderschlüssels. Von äußerst bedenklichen Kürzungen in Bruchsal konnte man ja bereits in der Zeitung lesen.
Entgegen der Empfehlung der Kommission ist Planungssicherheit für die beiden Staatstheater bisher nicht gewährleistet. Als Einzige sind sie ausdrücklich von der globalen Minderausgabe nicht ausgenommen worden. Besonders bei den seit dem 1. Januar 1997 modellhaft als Landesbetrieb geführten Staatstheatern Stuttgart ist eine GMA, die sich durch die Kopplung an die städtische 50-%-Förderung automatisch immer auch noch verdoppelt, absolut systemwidrig. Wir haben ja sowohl vom Rechnungshof als auch vom
Finanzministerium entsprechende Signale bekommen. Sie konterkariert nämlich in der Realität die Planungs- und Budgetverantwortung des Hauses.
Ich habe mit Freude gehört, Herr Kollege Bender, dass Sie nun auch der Meinung sind, dass man das nicht mehr machen sollte. Ich möchte Ihnen gerne die Gelegenheit geben, dies dann auch umzusetzen und sich nicht nur mit Appellen zu begnügen.
Wir werden unseren Antrag erneut einbringen. Denn auf Votum des Ministers wurde dieser Antrag am 25. Januar im Finanzausschuss abgelehnt. Zwei Tage später allerdings ließ sich der Herr Minister in der Presse dafür feiern, dass er „diese Grausamkeit“, wie es die „Stuttgarter Nachrichten“ bezeichneten, in diesem und im nächsten Jahr nicht vollziehen werde. Uns, Herr Minister, soll das recht sein. Sollte es nicht stimmen, hätten Sie es dementieren sollen.
Allerdings hoffe ich, dass Sie bei den Staatstheatern Stuttgart nicht den Trick anwenden, den Sie schon einmal angedeutet haben: die erlassenen Mittelkürzungen mit dem vom Land zugesagten Sonderzuschuss für das vorgesehene Israel-Gastspiel zu verrechnen. Zur Sicherheit bitte ich Sie um Auskunft, wie das politisch gewollte Gastspiel in Tel Aviv finanziert werden soll, und um Bestätigung, dass dies nicht aus den laufenden Haushaltsmitteln des Staatstheaters erfolgt.
Der Kollege Oettinger hat gestern die „Wachstumsschiene“ für Sport, Soziales und eben auch für die Kultur beschworen, die mit der weitgehenden Rücknahme der 25-%-Kürzung des Wettmittelfonds aus dem Jahr 1997 möglich wird. Das stimmt, auch wenn die Zustimmung zur vollen Korrektur dieser Kürzung, wie sie von meiner Fraktion beantragt wurde, noch einmal 800 000 DM für die Kultur erbracht hätte. Aber immerhin besteht jetzt die Chance, manche durch Geldmangel entstandene Fehlentwicklung oder auch Stagnation sowie chronische Unterfinanzierungen wenigstens ein Stück weit zu korrigieren.
Bei der CDU-Fraktion gibt es offenbar nur äußerst schwammige oder gar keine Vorstellungen über inhaltliche Perspektiven in der Kulturpolitik. Die Verteilung der Mittel wollte man dem Ministerium überlassen nach dem Motto: Die werdens schon richten.
Mit dem Wechsel von Michael Sieber ins Ministerium ist offenbar die kulturpolitische Kompetenz der CDU erschöpft.
Ich finde das äußerst bedauerlich, denn es gab über viele Jahre eine äußerst erfolgreiche und wirkungsvolle interfraktionelle Interessenvertretung mit vielen innovativen Initiativen und einer verlässlichen Weiterentwicklung der kulturellen Landschaft in Baden-Württemberg.
Zu Recht hat der Finanzausschuss einen Sperrvermerk für diese neuen Wettmittel angebracht, bis es Gelegenheit zur parlamentarischen Beschlussfassung über die Verteilung der zusätzlichen Gelder durch Vorlage einer Liste des Fachministeriums gibt. Die SPD-Fraktion wird bei dieser Gelegenheit ihre Prioritäten, die sie beantragt hatte, erneut einbringen. Ich finde es immerhin bemerkenswert, Herr Kollege Bender, dass Sie einen Teil davon angesprochen haben. Das hätten Sie im Ausschuss auch schon tun können.
Wir wollen zusätzliche 1,5 Millionen DM für die soziokulturellen Zentren, damit der 2 : 1-Förderschlüssel Kommune/Land für die laufende Programmarbeit realisiert werden kann und die unabdingbaren Investitionen möglich sind. Wir wollen eine sachgerechte Förderung der 100 freien Theater in Baden-Württemberg erreichen und auch dort die Empfehlung der Strukturkommission zur Aufstockung der Mittel auf 500 000 DM realisieren. Wir wollen die Arbeit der Kunstvereine, die, wie die Landesregierung auf eine Anfrage von mir einräumte, durch die seit Ende der Achtzigerjahre praktizierte Deckelung und die Wettmittelkürzung 1997 erheblich eingeschränkt worden ist, mit zusätzlichen 500 000 DM unterstützen. Wir wollen die in den letzten Jahren völlig ungenügenden Ankaufsmittel bei den staatlichen Museen mit zusätzlich 1 Million DM korrigieren, damit wir nicht auf Dauer zu einem nicht wieder gutzumachenden Substanzverlust kommen.
Die Museen kriegen keine Zusatzmittel. Wir haben das spezifiziert, Herr Kollege. Das ist bei Ihnen leider nicht erfolgt, sonst hätten wir nämlich heute darüber beschließen können.
Noch heute, liebe Kolleginnen und Kollegen, können Sie die krasse Benachteiligung und die drohenden Funktionsverluste bei den Landesbibliotheken beenden.
Nach Ihren Ausführungen, Herr Kollege Bender, habe ich da zwar keine Hoffnung mehr, weil Sie diese Kürzungen offensichtlich für sinnvoll halten und wieder den alten Trick benutzen, dass mit Sondermitteln eine ungenügende Basisfinanzierung aus Gottes Gnaden wieder einmal korrigiert werden soll. Wir meinen: Es geht um die Grundfinanzierungen, und die müssen stimmen. Es dürfen nicht immer über Sonderfinanzierungen Umwege beschritten werden.
Während dank des Solidarpakts fast alle Universitäten ihren Bibliotheken in den letzten Jahren deutliche Zuwächse bieten konnten, sind die Ankaufsmittel bei den Landesbibliotheken drastisch zurückgegangen. Mit der jetzt beabsichtigten weiteren Senkung des Haushaltsansatzes bedeutet das für die Badische Landesbibliothek eine Reduzierung ihrer Mittel um rund 30 % seit 1984. Auch der Württembergischen Landesbibliothek droht ein „Kahlschlag“, wie es ihr Direktor ausgedrückt hat, wenn die nun schon über
Jahre andauernde ungenügende Erwerbsmöglichkeit fortbesteht und durch die Senkung des Ansatzes sowie eine mögliche globale Minderausgabe sogar noch verschlechtert wird.
Die Funktion des kulturwissenschaftlichen Kompetenzzentrums Landesbibliothek ist drastisch gefährdet. Nicht zuletzt die hohe Nutzung durch Studierende der Hochschulen – in Stuttgart sogar die ausdrückliche Übernahme der Aufgabe einer Universitätsbibliothek für die geistes- und sozialwissenschaftlichen Fächer – erfordert eine Umkehr dieser fatalen Entwicklung. Wir beantragen deshalb, wie gesagt, insgesamt 2 Millionen DM mehr.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, im April letzten Jahres hat das Ministerium parallel zu den Beratungen des Nachtragshaushalts hier im Haus 22,6 Millionen DM an globalen Minderausgaben im Kunstbereich verteilt – ohne Beteiligung des Parlaments. Für diese Haushaltsberatungen haben die Regierungsfraktionen die Chance kulturpolitischer Schwerpunktsetzungen absichtlich oder aus Desinteresse vertan. Ich warne davor, den kulturpolitischen Diskurs um konkrete Entscheidungen immer mehr aus der parlamentarischen Verantwortung zu entlassen. Eine Kulturstiftung, wie sie die Landesregierung schon lange plant, wird diese Tendenz noch verschärfen. Finanzierungen am Staatshaushalt vorbei beinhalten zudem die große Gefahr, dass vor lauter kurzfristiger Projekte und Eventförderungen die solide Basisfinanzierung mit der Zielsetzung kontinuierlicher Entwicklung im künstlerischen Bereich auf der Strecke bleibt.
Meine Damen und Herren, ich komme zum Schluss. Landauf, landab wird die hohe Bedeutung von Kunst und Kultur – wir haben es eben wieder gehört – für unsere gesellschaftliche Zukunft, für den Standort Baden-Württemberg gepriesen. Da stehen auch die Kollegen und Kolleginnen der Regierungsfraktionen nicht zurück. Die Aufmerksamkeit, die Sorgfalt, das Engagement hier im Parlament für eine aktive Gestaltung positiver, zukunftweisender Rahmenbedingungen für die Kulturpolitik stehen dazu in einem bedauerlichen Missverhältnis. Ich hoffe, es wird sich irgendwann einmal wieder ändern.
Danke.