Josef Blöchl
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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann mir vorstellen, dass sich die Begeisterung in Grenzen hält, wenn hier heute viele Redner auftreten.
Dies war aber so vorgesehen. Wenn wir umfangreich über die EU-Osterweiterung und die verkehrliche Erschließung diskutieren, muss man einige Sätze aus der Sicht der Grenzregionen sagen. Dort schlägt die Betroffenheit besonders zu Buche, und dort wird dies von einem anderen Gesichtspunkt und einem anderen Blickwinkel aus gesehen als in der Mitte unseres Landes.
Ich glaube, dass die EU-Erweiterung auch im Grenzland insgesamt positiv gesehen wird. Wenn wir die Entwicklung zurückverfolgen, haben wir eigentlich bereits schon seit zehn oder elf Jahren aufgrund der Grenzöffnungen eine Erweiterung im Kleinen. Dies wird gerade in der Grenzregion, wo der Eiserne Vorhang jahrzehntelang Realität war, besonders positiv aufgenommen. Ich muss ganz ehrlich sagen, wenn Sie mir die Bemerkung gestatten: Ich hätte nie geglaubt, dass ich erleben darf, dass dies auf friedlichem Wege so vollzogen werden kann. Dies bietet in den Grenzregionen natürlich Chancen, birgt aber auch Risiken. Darüber ist man sich voll und ganz im Klaren. Deshalb steht dies nicht nur auf dem Papier, sondern deswegen sind bereits Partnerschaften auf kommunaler Ebene geschlossen worden, um dies alles auch in die Praxis umzusetzen, damit diese Grenzöffnung, diese Erweiterung mit Leben erfüllt ist.
Ich glaube, ein Bereich an der Grenze spürt als erstes, wenn ein wirtschaftlicher Abstieg kommt, ist aber als letztes von einem wirtschaftlichen Aufschwung betroffen. Dort macht sich ein solcher Aufschwung am wenigsten bemerkbar.
Voraussetzung für eine wirtschaftliche Entwicklung in der Grenzregion ist eine vernünftige Verkehrserschließung. Wir haben heute so viel darüber gesprochen und gehört. Ich gehöre nicht zu denjenigen, die sich gerne wiederholen. Ich glaube aber doch, dazu einige Sätze aus der Sicht des Grenzlandes sagen zu können. Ich binde absichtlich die gesamte Grenzregion von Passau bis Hof ein. Natürlich werde ich mich bei speziellen Fragestellungen auf Verkehrsachsen beschränken, die ich persönlich sehr gut kenne – nicht weil ich meine, dass es die wichtigsten sind, sondern weil man diese aufgrund der Ortskenntnis am besten darstellen kann. Ich glaube, es gibt keinen Zweifel darüber, dass solche Verkehrserschließungen für unseren Raum eine Lebensader sind; denn der Eiserne Vorhang hat lange Zeit Verkehrserschließungen blockiert. In einer Richtung war hier nämlich Schluss. Deshalb war ein vernünftiger Verkehrsausbau nicht möglich.
Im Grenzland sind die Bahnhöfe sehr weit voneinander entfernt. In Niederbayern liegen zwischen den einzelnen Bahnhöfen häufig 70 bis 80 Kilometer. Hier sind gute Anschlüsse besonders wichtig. Ich möchte unterstreichen, die ostbayerische Wirtschaft ist auf diese Anschlüsse nach Passau, Landshut und München ange
wiesen. Ebenso wichtig ist die Verbindung nach Hof. Im Grenzland wohnen auch viele Tausend Fernpendler, die bis nach München oder sogar noch weiter zur Arbeit fahren müssen. Diese Leute können nicht immer mit dem Auto fahren; häufig sind sie auf diese Verbindungen angewiesen.
Herr Staatsminister Dr. Wiesheu hat heute gesagt, künftig müssten am Flughafen weitere Bedienstete eingestellt werden. Diese Bediensteten werden auch aus dem ostbayerischen Raum kommen. Sie brauchen deshalb einen vernünftigen Anschluss. Die Reaktivierung von Bahnstrecken ist problematisch, weil es nicht in unserem Sinne sein kann, Geisterzüge durch die Gegend fahren zu lassen. Ich möchte als Beispiel die Strecke Passau – Freyung anführen, weil ich dort beheimatet bin. Die Bayerische Staatsregierung hat für diese Strecke ein Gutachten in Auftrag gegeben, das zu dem Ergebnis gekommen ist, dass diese Strecke pro Tag von tausend Fahrgästen benützt würde. Deshalb wäre es sinnvoll, diese Strecke zu reaktivieren. Die „Eisenbahnfreunde Passau“ haben sich zur Teilnahme an einem Probebetrieb bereit erklärt. Ich hoffe, dass es zu diesem Probebetrieb kommen wird.
Der Straßenverkehr ist im Grenzland die einzige Möglichkeit, in die Ballungszentren zu gelangen. Der Straßenverkehr wurde jedoch durch die Grenzöffnung erheblich belastet. Die B 12 ist die einzige Verbindung von Passau nach Prag. Dort gibt es immer wieder Staus durch tschechische Lastwagen, die nicht so modern ausgerüstet sind wie deutsche LKWs. Ich bitte, mich nicht misszuverstehen: Ich möchte hier nicht unsere tschechischen Nachbarn in Misskredit bringen. Tatsache ist jedoch, wer von Philippsreut nach Passau fährt, muss einen guten Tag erwischen, andernfalls braucht er 1,5 bis 2 Stunden, um 60 bis 70 Kilometer zu bewältigen. Deshalb ist es wichtig, dass die B 12 möglichst bald dreispurig ausgebaut wird. Auf dieser Strecke muss es wenigstens eine Überholspur geben.
Das Thema „A 94“ ist seit langem in der Diskussion. Auch heute sind hierzu viele Schuldzuweisungen ausgesprochen worden. Eines möchte ich zu diesem Thema feststellen: Bayern muss sich ständig um Mittel für den Autobahnbau bemühen. Wenn jedoch politische Parteien Bürgerinitiativen unterstützen, die gegen den Bau von Autobahnen demonstrieren, braucht man sich nicht zu wundern, dass immer wieder Gegnerschaften heraufbeschworen werden. Ich habe Verständnis dafür, wenn sich einzelne Personen um ihren Grund und Boden kümmern und sich zur Wehr setzen, wenn sie glauben, durch den Straßenbau benachteiligt zu werden. Dieser Protest sollte jedoch nicht unnötig verschärft werden. Die Bevölkerung im Grenzland hat in jüngster Zeit erfreut zur Kenntnis genommen, dass sich die Meinung der SPDLandtagsfraktion in den letzten Jahren verändert hat. Früher war die SPD – außer Herrn Kollegen Max Brandl – gegen die A 94.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, von großer Bedeutung für das Grenzland ist auch der Main-Donau
Kanal. Ich gebe zu, dass ich mich mit diesem Thema nicht intensiv auseinander gesetzt habe. Ich halte es aber nicht für richtig, wenn aus ideologischen Gründen eine langfristige Chance zum Absatz von Gütern aus dem Grenzland verspielt wird. Wer diesen Kanal aus ideologischen Gründen ablehnt, lehnt auch eine wirtschaftliche Aufwärtsentwicklung im Grenzland ab.
Ich danke der Bayerischen Staatsregierung dafür, dass es gelungen ist, im Haushalt für den ÖPNV genügend Mittel für den ländlichen Bereich zur Verfügung zu stellen. In Orten, die keine Bahn– und Autobahnanbindung haben, kann mit diesem Geld die Situation durch die Einrichtung von Busverkehr verbessert werden.
Allein durch die großen Entfernungen sind im Grenzland Schwierigkeiten vorprogrammiert. Wir sind deshalb auf gute Verkehrswege angewiesen. Deshalb ist es wichtig, dass die EU das Grenzland immer wieder mit Sondermitteln und Sonderprogrammen fördert. Als Bayern sich für ein Förderprogramm des Bundes für das Grenzland eingesetzt hat, wurde dies abgelehnt. Bayern hat ein Sonderprogramm im Umfang von 195 Millionen Euro. Der Bundeskanzler hat lediglich angekündigt, dass er für das Grenzland weitere Mittel zur Verfügung stellen wolle. Bei der Bundesregierung herrscht immer noch eine große Kluft zwischen Sprüchen und Wirklichkeit.
Bayern hat mit dem EU-Programm im Umfang von 100 Millionen Euro gute Voraussetzungen geschaffen. Diese Mittel müssen allerdings objektbezogen verwendet werden, wie dies auch vorgesehen ist. Im Falle eines Vorwegabzugs würden andere Regionen benachteiligt.
Ich hoffe, dass der Verkehrsausbau zur wirtschaftlichen Aufwärtsentwicklung des Grenzgebietes beitragen wird. Der frühere Landrat von Passau, Herr Kitzlinger, hat einmal bei einer Diskussion über den Tourismus erklärt: Von der guten Luft haben wir lange genug schlecht gelebt. Diese Aussage trifft den Kern. Wir sollten deshalb alles versuchen, den Anschluss des Grenzlandes vernünftig zu gestalten. In meinem Landkreis sind innerhalb von 14 Tagen zwei Bekleidungsfirmen mit insgesamt 350 Arbeitsplätzen dicht gemacht worden, weil sie der großen Konkurrenz aus dem Osten nicht mehr standhalten konnten. In Oberfranken mit seiner Porzellanindustrie herrscht eine ähnliche Situation. Hier geht es um 350 Einzelschicksale und viele Familien.
Ich wundere mich allerdings über die öffentliche Meinung. Wenn in einem Ballungszentrum ein Betrieb dicht gemacht wird, ist sofort von einer Krisenregion die Rede. Wenn jedoch ein Betrieb auf dem flachen Land geschlossen wird, heißt es dagegen: Da kann man nichts machen, die sind so weit weg.
Herr Kollege Schläger, das kann man parteiübergreifend so sagen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, sollte es uns gelingen, gute Verkehrswege zu schaffen, wird auch die
schwierige wirtschaftliche Entwicklung wenn nicht kurzfristig, so doch langfristig zum Positiven gelenkt werden können.
Abgesehen vom Materiellen sollte sich die Osterweiterung nicht nur in unseren Köpfen festsetzen, sondern auch in unseren Herzen Platz greifen. Wenn dies der Fall ist, gehen wir keiner schlechten Zukunft entgegen.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Auch ich habe dem Gesetzentwurf nicht zugestimmt. Ich möchte das auch hier kurz begründen.
Ich kann in der Argumentation eigentlich an das anschließen, was der Herr Landtagspräsident in seinem ersten Punkt gesagt hat: Bei der Einteilung für Nieder
bayern hat man auch nicht nach der Verfassung gehandelt, sondern man hat den Landkreis Freyung-Grafenau, der mit dem Stimmkreis deckungsgleich ist, geteilt bzw. aufgelöst. Es wäre eine andere Lösung möglich gewesen.
Ich gehöre nicht zu denen, die sagen: Einschnitte ja, aber nicht bei mir! Aber trotz der vielen Verhandlungen, bei denen ich alle Register gezogen habe, war es nicht möglich, eine Regelung herbeizuführen, die tragbar gewesen wäre. Ich möchte jetzt nicht in die Einzelheiten gehen, weil es für die Kollegen aus den anderen Regierungsbezirken vielleicht gar nicht so fassbar ist.
Niederbayern hat neun Landkreise und in Zukunft neun Stimmkreise, und es wäre mit kleinen Verschiebungen möglich gewesen, die kleinen Stimmkreise ein bisschen aufzufüllen, so dass die entsprechende Größenordnung bei der Einwohnerzahl gewährleistet gewesen wäre. Das war bei den Verhandlungen nicht möglich, und deshalb kann ich diesem Gesetzentwurf im Grunde genommen auch nicht zustimmen.
Man ist, wie gesagt, diesmal den einfachsten Weg gegangen, einen Stimmkreis aufzulösen, und damit hat sich die Sache.
Ich darf auch klarstellen, dass es bei mir nicht um Eigennutz geht, denn wie bekannt sein dürfte, kandidiere ich das nächste Mal nicht mehr. Aber mir geht es innerlich darum, dass ich es nicht verantworten kann, dass bei der zukünftigen Stimmabgabe ein Landkreis, eine kommunale Gebietskörperschaft nach normalem Ermessen, weil schließlich Mehrheiten entscheiden, überhaupt nicht mehr in der Lage ist oder die Möglichkeit hat, einen eigenen Abgeordneten direkt in den Landtag zu entsenden. Das sage ich parteiübergreifend, weil doch der Wähler letzten Endes bei den Wahlen entscheidet.
Das ist meine Argumentation, warum ich diesem Gesetzentwurf nicht zustimmen kann. Ich bedauere es außerordentlich, dass es keine Regelung gegeben hat. Dieser Landkreis liegt im Dreiländereck, im südöstlichsten Zipfel Bayerns, wo Tschechien, Österreich und Bayern zusammenstoßen, und in diesem Randbereich sind weiß Gott nicht immer so große Vorteile vorhanden, wie sie woanders spürbar sind. Deshalb, glaube ich, ist es nur verständlich, wenn jemand einem solchen Gesetzentwurf, der anders zu gestalten gewesen wäre, in dieser Detailfrage nicht zustimmt.
Frau Zweite Vizepräsidentin Riess: Ums Wort hat Herr Kollege Stockinger gebeten.
Herr Präsident, Herr Staatsminister, wie wertet die Staatsregierung die Bestrebungen der Bundesregierung, Saldenburg erneut als Atomendlager ins Gespräch zu bringen, und wird man alles tun, um dies zu verhindern?
Herr Staatsminister, nachdem der Bayerwald-Granit eigentlich schon mehrere Jahre für ein solches Endlager in der Diskussion ist, möchte ich Sie fragen, ob Sie mir zustimmen, dass gerade das Gebiet an der Grenze zu Tschechien mit vorgegebenen Schwierigkeiten zu kämpfen hat, dass vor allem der Fremdenverkehr ein wichtiger Wirtschaftsfaktor ist und dass durch eine solche Diskussion – ich sage jetzt einmal: durch ein solches Vorantreiben – diesem Wirtschaftszweig enormer Schaden zugefügt würde.