Petra Guttenberger
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Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Zweifelsohne ist in Bayern die Ausbildungslage nicht so, wie wir sie uns wünschen würden. In anderen Bundesländern sieht es aber noch ganz anders aus, auch wenn Sie das nicht hören wollen.
Zweifelsohne ist auch die wirtschaftliche Lage ein Hauptproblem. 80% der Ausbildungsplätze stellt der Mittelstand. Von den über 47 Steuererhöhungen, die Rot-Grün den Bürgern in den Jahren 2003 bis 2006 zumuten will, werden diese Unternehmen in erheblichem Maße betroffen sein. Das ist nicht nur Gift für die Konjunktur, sondern das ist auch Gift für die Ausbildungsfähigkeit. Ein Betrieb muss zur Ausbildung nicht nur bereit sein, sondern auch dazu fähig sein.
Ratings und steigende Anforderungen der Banken verschärfen die Lage; das will ich nicht außer Acht lassen.
Um Ausbildung für Betriebe attraktiver zu machen, müssen wir diese Krise als Chance nutzen und darüber nachdenken, wie wir die Schüler besser auf die Praxis vorbereiten können und wie Schule besser mit der Wirtschaft verzahnt werden kann. Nicht zuletzt zeigt der große Erfolg der Abgängerinnen und Abgänger der Wirtschaftsschulen, dass Menschen mit guter praxisbezogener Ausbildung attraktiv für den Arbeitsmarkt sind und gut in Ausbildungsstätten unterkommen.
Besonders schlägt sich die Lage auf dem Ausbildungsmarkt natürlich auch bei den Fachoberschulen nieder, die mit einem Zuwachs von 25% zeigen, dass viele dann, wenn die Wunschausbildungsstelle nicht zur Verfügung steht, dort ein weiteres Qualifikationsmerkmal, das von der Wirtschaft sehr positiv honoriert wird, erwerben wollen.
Herr Kollege Wahnschaffe, das Programm für die Absolventen der P-Klassen halte ich für sehr positiv. Junge Menschen, die bislang kaum Chancen auf dem Arbeitsmarkt hatten, erhalten damit wirklich eine Perspektive.
Vor allem dürfen wir uns keine Denkverbote auferlegen. Das heißt, dass wir uns fragen müssen, ob die immer stärkere Differenzierung bei den Berufsbildern weiter vorangetrieben werden soll. Das führt zu einer immer stärkeren Konzentration auf berufliche Kompetenzzentren und mutet auch der Wirtschaft eine immer schwierigere Ausbilderausbildung zu. Nicht zuletzt hoffe ich,
dass das Programm, das Existenzgründern und Betrieben mit bis zu 20 Mitarbeitern Unterstützung bei der Ausbildung von Ausbildern von bis zu 600 e gewährt, in Zukunft weitere Ausbildungsplätze schaffen wird.
Gerade bei der Ausbildung sollten wir uns den Schweizer Denkmodellen nähern. Dort gibt es eine relativ geringe Zahl von Ausbildungsgängen, gleichzeitig aber eine hohe betriebliche Weiterqualifizierung. Wir müssen auch denen Perspektiven eröffnen, die bislang in ungelernten oder in angelernten Tätigkeiten ein Auskommen gefunden haben, deren Begabungsstruktur den Anforderungen der klassischen Berufsausbildung aber nicht entspricht. Wir müssen ernsthaft darüber nachdenken, wie wir mit differenzierten theoretischen Anforderungen im beruflichen Bereich neue Perspektiven eröffnen können.
Auch Ausbildungen mit unterschiedlicher Dauer, wie sie zum Beispiel von Vertretern des Dachdeckerhandwerks vorgeschlagen wird, muss in die Diskussion einbezogen werden.
Auch ist die Verbundausbildung in der Praxis noch nicht in dem Maße präsent, wie man sich das wünschen würde. Auch dafür muss verstärkt geworben werden.
Nicht zuletzt müssen wir darüber nachdenken – ich weiß, dass es auf Oppositionsseite Sympathie hierfür gibt –, ob Neugründungen und Erweiterungen von Berufsfachschulen sinnvoll sein könnten. Ich sage, das ist nur dann der Fall, wenn man in enger Abstimmung mit der Wirtschaft handelt, weil nur dann die Perspektiven eröffnet werden, die wir uns erwarten.
Meine sehr geehrten Damen und Herren von der Opposition, ich würde mir wünschen, dass wir den Weg, verstärkte Praxisbezüge in der klassischen Hauptschule herzustellen und Ähnliches, ein Stück gemeinsam gehen; denn Polarisierung ohne Not – wie es beim ersten Redebeitrag angeklungen ist – hilft garantiert einem nicht: dem Jugendlichen, der einen Arbeitsplatz sucht und zunächst einmal einen Ausbildungsplatz braucht.
Herr Präsident, Kolleginnen und Kollegen! Die vorliegende Änderung des Kirchensteuergesetzes ist sicher nicht dazu geeignet, hier in eine Diskussion einzutreten, die in zeitlichen Abständen immer wieder aufkeimt und sich mit Sinn, Zweck und Notwendigkeit von Kirchensteuern befasst. Der vorliegende Gesetzentwurf zur Änderung des Kirchensteuergesetzes findet seine Grundlage in erster Linie in der Änderung des § 51 a des Einkommensteuergesetzes, der die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen für die Zahlung von Zuschlagssteuern – auch Ergänzungsabgaben genannt –, die sich nach dem Einkommen bemessen, festlegt. Diese Änderung berührt die Kirchensteuer mittelbar. Die Umsetzung bedarf eines Tätigwerdens des bayerischen Gesetzgebers, da dem Bund insoweit bekanntlich keine Gesetzgebungskompetenz zukommt.
Der Gesetzentwurf sieht neben den redaktionellen Änderungen – wir alle wissen, dass das Kultusministerium geteilt wurde und die Anpassung an den Euro erfolgen muss – eine Ermächtigungsnorm für die Schaffung eines besonderen Kirchgelds bei glaubensverschiedenen Ehen vor. Dabei wurde vor allem berücksichtigt, dass die Kirchen anders als bei den derzeit vorherrschenden Einzelregelungen zur Bemessung des besonderen Kirchgelds einen eigenen Ermessens- und Regelungsspielraum erhalten sollen.
Die Schaffung der Möglichkeit, bei glaubensverschiedenen Ehen ein besonderes Kirchgeld zu fordern, ist ein Wunsch der Kirchen, dem man im Zusammenhang mit der Änderung nachgekommen ist. Die gemeinschaftli
chen Steuerverbände können also – müssen aber nicht – unter besonderen Voraussetzungen ein besonderes Kirchgeld erheben, und zwar dann, wenn ein Ehegatte nicht umlagepflichtig ist – zum Beispiel weil er keiner Kirche, Religionsgemeinschaft oder weltanschaulichen Gemeinschaft angehört, die Körperschaft des öffentlichen Rechts ist –, beide Ehegatten gemeinschaftlich zur Einkommensteuer veranlagt werden und der umlagepflichtige Ehepartner über kein oder nur ein sehr geringes eigenes Einkommen verfügt.
Damit wird dem Grundsatz der Steuergerechtigkeit Rechnung getragen, denn letztlich bestimmt sich auch im Rahmen einer Ehe die Leistungsfähigkeit nach der Gesamtzusammenschau beider Einkommen. Das Bundesverfassungsgericht hat dies ausdrücklich zugelassen. Es wird ein Ausgleich dafür geschaffen, dass bei dem kirchensteuerpflichtigen Ehegatten keine oder eine geringe Kirchensteuer erhoben werden kann, weil das Gesamteinkommen unter den Möglichkeiten des Anknüpfungspunktes liegt, aber im Gegenzug durchaus Leistungen kirchlicher Art in Anspruch genommen werden können. Im Übrigen haben alle anderen Bundesländer bereits eine solche Ermächtigungsgrundlage geschaffen. Bayern zieht hier sozusagen nur gleich.
Ich betone noch einmal, ob und gegebenenfalls auf welche Art und Weise das besondere Kirchgeld tatsächlich zum Tragen kommen wird, bestimmt nicht der Landesgesetzgeber, sondern wird die jeweilige Religionsgemeinschaft oder Kirche bestimmen. Dies entspricht aus unserer Sicht dem kirchlichen Selbstbestimmungsrecht. Dem Wunsch der Kirchen, eine angemessene Rechtsgrundlage zu schaffen, die Inhalt, Zweck und Ausmaß entsprechend den verfassungsrechtlichen Anforderungen darlegt, wollen wir gern nachkommen. Ich bitte Sie deshalb, dem Gesetzentwurf zuzustimmen.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die zentrale Aufgabe der Integrationspolitik ist die Gestaltung des Zusammenlebens von Menschen mit unterschiedlicher kultureller Prägung. Das sollten wir uns immer vor Augen halten. Ich halte es nicht für sehr sinnvoll, auf einem so wichtigen politischen Feld ideologisch zu argumentieren, wie es soeben Frau Hirschmann getan hat. Das wird der Angelegenheit in keinster Weise gerecht.
Zuwanderer aus dem europäischen Kulturkreis können sich in der Regel gut integrieren und werden in der Regel auch gut integriert. Wichtig ist jedoch, dass wir den Mut haben, eine für uns alle verbindliche Leitkultur zu definieren. Ich bin der Ansicht, dass es durchaus ein Recht der hier lebenden Bevölkerung ist, eine Leitkultur zu definieren. Leitkultur heißt nicht, dass ich vom anderen eine kulturelle Assimilierung verlange, sondern es heißt letztendlich, dass ich verbindliche Werte und Normen festlege, die alle in einem Gemeinwesen beachten. Das bedeutet, dass wir die kulturelle Vielfalt pflegen und dennoch friedlich miteinander leben. Das heißt auch, dass wir Werte einer Zivilgesellschaft festlegen müssen, die von allen geteilt werden und die auch von den hier lebenden Ausländerinnen und Ausländern aus tiefstem Herzen bejaht und – das ist das Wichtigste – im täglichen Leben praktiziert werden.
Demokratische Integration und kulturelle Assimilation sind zweierlei, ebenso wie kulturelle Vielfalt und Multikultur. Ich dachte eigentlich immer, dass in dieser Beziehung alle demokratischen Parteien einer Meinung sind. Zum inneren Frieden einer Gesellschaft gehört die Akzeptanz einer Leitkultur als Quelle einer verbindlichen Werteorientierung für das Zusammenleben und für das friedliche Miteinander in einem demokratischen Gemeinwesen. Das ist unabhängig von der religiösen Prägung und von der Staatsangehörigkeit.
Leider – dieser Einsicht, die auch in dem Bericht zum Ausdruck kommt, müssen wir uns stellen – ist die Bereitschaft zur Integration inzwischen rückläufig. Wir müssen uns auch der Einsicht stellen, dass eine längere Aufenthaltsdauer in einem Land die sozialen Beziehungen zwischen Immigranten und Einheimischen nicht automatisch intensiviert.
1994 hatten 86% der Zuwanderinnen und Zuwanderer aus der Türkei, Italien, Griechenland, Spanien und dem ehemaligen Jugoslawien einen Rechtsanspruch auf Einbürgerung. 6% hätten sich im Wege der Ermessenseinbürgerung einbürgern lassen können. Nur 18% haben von dieser Möglichkeit Gebrauch gemacht bzw. diese Möglichkeit überhaupt in Erwägung gezogen.
Machen wir uns nichts vor, meine Damen und Herren: Allein der Pass und die Staatsangehörigkeit ersetzen in keinster Weise Integrationswilligkeit und Integrationsbereitschaft.
Frau Staatsministerin Stamm hat es so formuliert: Integration ist keine Einbahnstraße. Erst wenn Ausländerinnen und Ausländer sich sprachlich artikulieren können und die Wertespielregeln unserer Gesellschaft beherrschen, kann eine Lebensgestaltung vor Ort erfolgen, die
für die Zukunft erfolgreich sein wird. Erst wenn bei den Eltern ausländischer Kinder das Bewusstsein herrscht, dass insbesondere die sprachliche Integration die Basis für erfolgreiche Schullaufbahnen und damit für ein Bestehen in der Arbeitswelt herrscht, sind wir einen wesentlichen Schritt vorangekommen. Allein die Staatsangehörigkeit bewirkt all dies nicht. Sie schafft keine neuen Chancen. Bisweilen hat man den Eindruck, sie beruhige in manchen Bereichen das Gewissen. Das führt letztendlich dazu, dass man sich keine anderen Gedanken darüber zu machen braucht, wie die Integration voranzubringen ist.
Werbekampagnen für eine Einbürgerung werden deshalb die Probleme nicht lösen, sie greifen sie nicht einmal auf. Wir sollten uns auch von dem Gedanken lösen, dass die hier lebenden Ausländerinnen und Ausländer Personen sind, die von uns betreut und an die Hand genommen werden müssen. Der rege Zulauf bei den zuständigen Ämtern vor Ort beweist, dass Ausländerinnen und Ausländer gut informiert sind und selbst freiwillig entscheiden, ob sie eine Einbürgerung erreichen wollen oder darauf ganz bewusst verzichten. Auch dies müssen wir in einer Gesellschaft akzeptieren.
Wenn die SPD weiterhin fordert, dass ein Landesausländerbeauftragter oder eine Landesausländerbeauftragte etabliert wird und eine Geschäftsstelle der Ausländerbeiräte auf Landesebene zu finanzieren ist, dann ist das ein Punkt, der an den wirklichen Problemen im Zusammenhang mit der Integration schlicht und ergreifend vorbeigeht. Das bringt die Integration keinen Schritt weiter.
Mir erscheint bereits die Legitimation einer solchen Landesstelle fraglich, wenn man bedenkt, dass es Ausländerbeiräte nur in 19 Städten und 4 Landkreisen gibt. Zum anderen müssen wir uns der Einsicht stellen, dass sich eine Vielzahl der hier lebenden Ausländerinnen und Ausländer offensichtlich in den Ausländerbeiräten nicht entsprechend vertreten fühlt. Betrachten wir zum Beispiel die Stadt Fürth. Dort gibt es eine ausländische Wohnbevölkerung von 17,3%. Nur 4,3% haben sich 1999 an den Wahlen zum Ausländerbeirat beteiligt. Das sind Zahlen, die uns aufhorchen lassen sollten.
Ich möchte nicht falsch verstanden werden. Ich kann die Argumentation von Frau Hirschmann, unsere Haltung sei ein Nein zu den Ausländerbeiräten, nicht nachvollziehen. Ausländerbeiräte leisten auf kommunaler Ebene eine hervorragende Arbeit.
Wir sind hier im Bayerischen Landtag und nicht im Stadtrat von München.
Die von Ihnen geforderte Landesstelle bringt die Integration nicht voran. Zweifellos ist es die kommunale Ebene, die für die Integration entscheidend ist. Dies ist dem Bericht zur Ausländerintegration in Bayern klar zu entnehmen. Die Schaffung von neuen „Verwaltungsebenen“ auf Landesebene ist nicht nur nicht erforderlich, sondern mir scheint das offen gesagt eher in die Schublade „Aktionismus“ als unter die Rubrik „Integrationspolitik“ zu gehören. Das Gleiche gilt für die Forderung, Ausländer vermehrt im öffentlichen Dienst einzustellen. Fakt ist, dass Arbeitnehmer eine Ausbildung unabhängig von der Staatsangehörigkeit aufnehmen können. Für die Auswahl entscheiden ausschließlich Eignung, Leistung und Befähigung. Das ist nichts Neues. Diese drei Faktoren gelten auch im Beamtenrecht. Im Beamtenrecht kann man sogar von dem grundsätzlichen Erfordernis der deutschen Staatsangehörigkeit oder der EU-Staatsangehörigkeit aus dringenden dienstlichen Gründen abweichen. Das dürfte alles bekannt sein.
Im Übrigen wurde von dieser Möglichkeit in Bayern insbesondere bei der Polizei verstärkt Gebrauch gemacht. Das wird auch in Zukunft so sein. Ich wehre mich aber gegen die Forderung, man müsse eine Quote schaffen, um Ausländerinnen und Ausländern den Zugang zum öffentlichen Dienst zu eröffnen. Dieser Zugang ist bereits vorhanden. Sie sollten aufhören, den Eindruck zu vermitteln, dass in Bayern für die Integration nichts getan worden sei. Das sollten Sie nicht wider besseres Wissen weiter behaupten.
Offen gesagt – Sie verzeihen mir, dass ich es etwas spitz sage –, vermag ich den großen Wurf in dem SPD-Antragspaket nicht zu erkennen, soweit wir uns seriös über das Voranschreiten der Integrationspolitik unterhalten.
Lassen Sie mich zum Schluss zwei Sätze zur ausländerfeindlichen Gewalt sagen. Zweifelsohne ist jede Tat in diesem Bereich eine Tat zu viel. Aber wir sollten auch sehen, dass die Zahl der fremdenfeindlichen Straftaten in Bayern glücklicherweise stark rückläufig ist. Das sollte uns natürlich nicht dazu bewegen, dass wir diesen Punkt als erledigt betrachten und auf diesem Gebiet nicht mehr aktiv sind. Gerade der Bereich der Kriminalität ist sicher ein weites Feld, in dem noch einiges an Aktivitäten durchzuführen ist. Und natürlich profitieren auch die nichtdeutschen Damen und Herren in unserem Land davon, dass Bayern das sicherste Bundesland ist. Ich würde mich freuen, wenn uns die SPD auch in den Ausschüssen und Gremien der Sicherheitspolitik die entsprechende Unterstützung nicht versagen würde.