Jakob Schwimmer

Sitzungen

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Frau Präsidentin, Hohes Haus, liebe Kolleginnen und Kollegen! Ich versuche, es ganz kurz zu machen. So kurz, wie ich es zu Hause in der Gemeinderatssitzung gewohnt bin, wenn wir entscheidende Beschlüsse fassen.
Es geht um Änderungsanträge, wie sie in jeder Legislaturperiode zur Gliederung des Staatsgebietes auflaufen. Vier Änderungsanträge liegen vor. Im Gesetzentwurf soll dem einen Antrag entsprochen werden. Denn es gibt hier das Kriterium der Mindestzahl 2.000 Einwohner, um aus einer Verwaltungsgemeinschaft entlassen werden zu können. Im vorliegenden Fall hat die Gemeinde Walsdorf im Landkreis Bamberg die Entlassung aus der Verwaltungsgemeinschaft Stegaurach beantragt. Mit 2.500 Einwohnern erfüllt die Gemeinde Walsdorf die Voraussetzungen des Mindestkriteriums. Die Verwaltung wird zwar teurer, gleichzeitig wird sie aber bürgernäher. Dem sollte mit dem Gesetzesentwurf zugestimmt werden.
Es gab dann drei weitere Anträge, die in einer Negativliste zusammengefasst wurden. Da geht es zum einen um die Gemeinde Bayerbach im Landkreis Landshut mit 1.750 Einwohnern. Sie erreicht das Mindestkriterium nicht. Somit sollte das Petitum abgelehnt werden. Die Mehrkosten belaufen sich auf circa 100.000 Euro. Eine Auflösung dieser Verwaltungsgemeinschaft ist weder verwaltungsmäßig noch wirtschaftlich sinnvoll.
Dann kommt der bekannte Antrag der Stadt Rain. Sie hat 8.500 Einwohner und will aus der Verwaltungsgemeinschaft mit vier anderen Gemeinden entlassen werden. Diese vier Gemeinden haben jeweils rund 1.100 Einwohner, wobei die Vertreter der Stadt in der Gemeinschaftsversammlung mit Patt und damit gegen die Auflösung gestimmt haben. Der Antrag sollte abgestimmt werden gemäß der Empfehlungen des Landratsamtes und des Innenministeriums.
Dem Änderungsantrag der FREIEN WÄHLER zur Entlassung der Gemeinde Wolfertschwenden aus der Verwaltungsgemeinschaft Bad Grönenbach wollen wir nicht entsprechen. Wir werden ihn ablehnen. Auch hier wird das Mindestkriterium von 2.000 Einwohnern laut Statistischem Landesamt nicht vor dem Jahre 2021 erreicht. Die hohe Steuerkraft allein ist kein Grund, eine Verwaltungsgemeinschaft aufzulösen.
Also, in dem einen Fall Zustimmung, bei den anderen Ablehnung.
Zur Änderung kommunalrechtlicher Vorschriften bei Zweckverbänden und Kommunalunternehmen bitte ich um Zustimmung. Das war im Ausschuss unstrittig. Im Übrigen bedanke ich mich herzlich für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Vizepräsidentin, Hohes Haus, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! In einem Schreiben vom September 2012 an eine Gruppe von Nichtregierungsorganisationen aus dem Wassersektor vertritt die EU-Kommission die Auffassung, dass die Privatisierung öffentlicher Versorgungsbetriebe einschließlich der Wasserversorgung für die Gesellschaft Vorteile bringen könne und daher stattfinden solle, sobald ein passender Rechtsrahmen dafür
geschaffen sei. Der Einstieg in einen solchen Rechtsrahmen könnte mit dem aktuellen Entwurf der von der Kommission beabsichtigten Richtlinie über die Konzessionsvergabe bezweckt werden.
Das Schreiben der EU-Kommission vom September dieses Jahres weckt die Befürchtung, dass der Entwurf zur Konzessionsvergaberichtlinie zu einer Liberalisierung der Wasserversorgung durch die Hintertür führen soll. Die Kommission gibt zu verstehen, dass sich aus den für Griechenland und Portugal vorgeschlagenen Konsolidierungsmaßnahmen der Troika, die auch eine umfangreiche Privatisierung des lokalen Wassernetzes in beiden Ländern vorsehen, die Notwendigkeit von einheitlichen EU-Rahmenbedingungen ableiten lasse. Dies betreffe im Ergebnis alle Mitgliedstaaten.
Meine lieben Kolleginnen und Kollegen, die öffentliche Wasserversorgung ist eine kommunale Pflichtaufgabe der Daseinsvorsorge, der wegen ihrer herausragenden Bedeutung für das Wohl der Allgemeinheit ein besonderer Stellenwert zukommt. Damit die Erfüllung dieser wichtigen Versorgungsaufgabe auf Dauer gewährleistet und den Anforderungen an eine nachhaltige Wasserwirtschaft Rechnung getragen werden kann sowie das Vorsorgeprinzip bei der Nutzung und beim Schutz der natürlichen Ressourcen konsequent umgesetzt wird, findet die Sonderstellung der Wasserversorgung auch im bundesdeutschen Wasserrecht ihren Niederschlag. Dort ist beispielsweise das Prinzip der ortsnahen Wasserversorgung gesetzlich verankert.
In einem liberalisierten Wassermarkt müssten dagegen Entnahmen von Trinkwasser über den örtlichen bzw. regionalen Bedarf hinaus zugelassen werden. Das Wasser würde zu einer freien Handelsware. Dies wäre schon wegen der hohen Ansprüche an die Sicherheit und die Qualität der Trinkwasserversorgung, die zum Schutz der gesundheitlichen Unbedenklichkeit zu stellen sind, bedenklich. Eine Bedarfsplanung und damit eine nachhaltige Bewirtschaftung des Wasserhaushalts, wie sie sich für den Verbraucher aus unserer Sicht bestens bewährt hat, würde es nicht mehr geben können. Trinkwasser ist im Übrigen wegen seiner örtlich unterschiedlichen chemischen Zusammensetzung nicht beliebig mischbar und damit für Durchleitungsrechte, wie sie die private Wirtschaft befürwortet, nicht ohne Weiteres geeignet. Strategien und Maßnahmen des vorsorgenden Gewässerschutzes müssten bei einem regionalisierten Wassermarkt zunehmend durch nachsorgende Sicherungsmaßnahmen, Wasseraufbereitung als End- durch Pipetechnologie ersetzt werden. Dies stünde nach unserer Überzeugung in völligem Widerspruch zu Artikel 7 der EUWasserrahmenrichtlinie.
In einem liberalisierten Wassermarkt wäre zudem zu befürchten, dass einige wenige große Wasserversorger aus betriebswirtschaftlichen Gründen ihre Anlagen zur Wassergewinnung und -aufbereitung sowie speicherung und -verteilung erweitern, während die Auslastung vorhandener Infrastrukturanlagen anderer Wasserversorger deutlich schwächer werden wird. Bei mengenunabhängigen Fixkostenanteilen in der öffentlichen Wasserversorgung in einer Größenordnung zwischen 70 % und 90 % der Gesamtkosten und bei einer durchschnittlichen Lebensdauer vieler Anlagen von rund 50 Jahren führt die Verringerung der Auslastung vorhandener Wasserversorgungsinfrastrukturen zwangsläufig zu höheren Kosten, die vom Bürger zu tragen wären. Außerdem drohen bei einer bloßen Ausrichtung am wirtschaftlichen Erfolg der Ressourcenschutz, die Beachtung von Nachhaltigkeitsaspekten sowie die Instandhaltung und die Erneuerung von Versorgungsanlagen in den Hintergrund zu treten.
Der Dringlichkeitsantrag der CSU zielt darauf ab, dass sich die Staatsregierung weiterhin gegen eine Liberalisierung und Privatisierung der öffentlichen Wasserversorgung einsetzt; denn ein Zwang zur Privatisierung der Wasserversorgung würde einen europarechtswidrigen Eingriff in die Kompetenzen der Mitgliedstaaten bedeuten. Das bisherige Modell der öffentlichen Wasserversorgung in kommunaler Hand hat sich bewährt. Es gewährleistet die Erfüllung dieser wichtigen Aufgabe der Daseinsvorsorge auf Dauer, trägt den Anforderungen an eine nachhaltige Wasserwirtschaft Rechnung und bietet hohe Qualität und Sicherheit zu moderaten Preisen.
Bei einer Liberalisierung bzw. Privatisierung der Wasserversorgung würde das Wasser zur freien Handelsware; dies ist schon wegen der hohen Ansprüche an Sicherheit und Qualität der Trinkwasserversorgung zum Schutz der gesundheitlichen Unbedenklichkeit problematisch. Eine Bedarfsplanung, nachhaltige Wasserwirtschaft und Ressourcenschutz wären in einem liberalisierten Wettbewerbsmarkt nicht im selben Maße wie bisher möglich. Vorsorgender Gewässerschutz müsste bei einem liberalisierten Wassermarkt durch nachsorgende Sicherungsmaßnahmen ersetzt werden, was aber − ich wiederhole das − im Widerspruch zur EU-Wasserrahmenrichtlinie stünde.
Es gibt nachgezogene Anträge. Dem Antrag 16/14931 der FREIEN WÄHLER "Öffentliche Trinkwasserversorgung in kommunaler Hand" können wir zustimmen, nachdem die FREIEN WÄHLER die Worte "noch intensiver" gestrichen haben.
Dem Antrag 16/14932 der SPD "Keine Einbeziehung der kommunalen Wasserversorgung und Abwasserbeseitigung, Sozialdienstleistungen und des Ret
tungswesens in eine EU-Dienstleistungskonzession" stimmen wir nicht zu. Der Antrag der SPD-Fraktion bleibt nämlich hinter dem Ziel der Staatsregierung zurück, auf eine europäische Regelung über die Vergabe von Dienstleistungskonzessionen am besten ganz zu verzichten. Auch die Begründung des Antrags ist unserer Meinung nach falsch, da mit der Richtlinie die Leistungen der Daseinsvorsorge erstmals nicht dem Vergaberecht unterworfen wären. Aufträge zum Beispiel zur Beschaffung der Leistungen sind bereits jetzt ausschreibungspflichtig.
- Nein, wir wollen nur die Wörter "noch intensiver" gestrichen wissen.
Das ist so besprochen.
Viele Wasserversorger werben mit dem Slogan "Wasser ist Leben". So werben sie auch mit Recht. Aber Leben kann nicht zur Ware für das Erzielen von Gewinn verwendet werden. Wasser als das wichtigste Nahrungsmittel hat im Portfolio einer am Gewinn orientierten Gesellschaft nichts zu suchen.
(Vom Redner nicht autori- siert) Herr Präsident, meine sehr geehrten Kolleginnen und Kollegen! Mit unserem Dringlichkeitsantrag verfolgen wir das Ziel, auf die Staatsregierung einzuwirken, bei der Bundesregierung darauf hinzuwirken, dass die EU-Kommission die Einheimischenmodelle in Bayern zulässt. Die EU droht mit einem Verfahren gegen die Bundesrepublik Deutschland, weil sie in diesen Einheimischenmodellen in Bayern, so die Kommission, einen Verstoß gegen die Niederlassungsfreiheit in der EU sieht. Europäische Bürger, so die EU, die sich aus familiären oder beruflichen Gründen in einer dieser Gemeinden niederlassen möchten, würden gegenüber Ortsansässigen benachteiligt.
Wir sehen diese Drohung als einen Angriff auf die kommunale Selbstverwaltung. Örtliche Siedlungspolitik ist ureigene Aufgabe der Kommunen. Die Einmischung der Kommission ist unnötig, entspricht aber dem häufigen Drang aus Brüssel, sich in Belange der Kommunen einzumischen.
Wir sehen das weiterhin als einen Angriff auf die im Lissabon-Vertrag garantierte Subsidiarität. Subsidiarität ist eine politische und eine gesellschaftliche Maxi
me, die Eigenverantwortung vor staatliches Handeln stellt. Danach sollen die bei staatlichen Aufgaben zuerst und im Zweifel untergeordneten lokalen Glieder Stadt, Gemeinde oder Kommune für die Lösung und Umsetzung zuständig sein, während übergeordnete Glieder zurückzutreten haben. Das Subsidiaritätsprinzip ist eine wichtige Grundlage in der EU. Artikel 5 des EG-Vertrags sagt, dass in den Bereichen, die nicht in ihre ausschließliche Zuständigkeit fallen, die Gemeinschaft nach dem Subsidiaritätsprinzip nur tätig wird, sofern und so weit die Ziele der in Betracht gezogenen Maßnahmen auf der Ebene der Mitgliedstaaten nicht ausreichend erreicht werden können.
Es gibt eine Charta von Leipzig aus dem Jahr 2007, die mit Zustimmung der Kommission beschlossen wurde. Es handelte sich um ein informelles Ministertreffen. Darin heißt es: Zu den Zielen dieser Charta gehörten die Förderung des sozialen Zusammenhalts und der sozialen Integration in unseren Städten und Gemeinden. Eine lokale Bevölkerung ist hierfür gerade in kleineren Gemeinden von zentraler Bedeutung.
In unseren Augen ist hier ein Widerspruch im Vorgehen der Kommission zu sehen: auf der einen Seite die kommunale Selbstverwaltung, der Begriff der Subsidiarität, verankert im EG-Vertrag, dann der Begriff der lokalen Identität, verankert in der Charta von Leipzig, auf der anderen Seite die überzogene Betonung der Freizügigkeit innerhalb der EU.
Im Rahmen der Einheimischenmodelle werden vor allen Dingen jüngere Familien, ortsansässige junge Leute gefördert, und zwar mit günstigerem Bauland. Eine langjährige und gewachsene Bevölkerungsstruktur wird dabei erhalten, und damit wird der ländliche Raum gefördert. Dazu gibt es Kriterien: bestimmte Dauer der Ortsansässigkeit, Einkommen, familiäre Situation; auch Vermögensverhältnisse zählen hierzu. In meinen Augen kann sich jeder EU-Bürger bemühen, diese Kriterien zu erfüllen. Daneben gibt es in nahezu allen Gemeinden auch den freien Markt. Der EU-Bürger kann zuziehen und sich nach einer bestimmten Dauer die Ortsansässigkeit schlichtweg erwerben. Meines Erachtens bleibt es den Gemeinden unbenommen, im Rahmen der Einheimischenmodelle sozial schwächeren Familien zu helfen, Wohneigentum zu errichten, darin zu wohnen und somit in der Heimat bleiben zu können. Damit wird eine intakte Gemeinde in unseren Dörfern erhalten.
Wie sollen wir denn diese Ziele dort erreichen, wo die Baulandpreise eminent unter Druck stehen? Wir reden hier über Größenordnungen von 200 Euro pro Quadratmeter aufwärts. Wenn wir alle intakten und gewachsenen Einheiten auf dem Altar der Freizügigkeit opfern müssen, laufen die Gemeinden Gefahr,
eine ungeordnete bauliche Entwicklung hinnehmen zu müssen oder alternativ keine bauliche Entwicklung zu haben. Sehr verehrte Kolleginnen und Kollegen, beides können wir nicht wollen.
Ich bleibe dabei: Die EU soll sich um die Probleme kümmern, die sie besser als alle anderen staatlichen Ebenen lösen kann. Das ist Subsidiarität. Die Entscheidung über Bauland gehört jedenfalls nicht dazu. Dies ist ein Akt der kommunalen Selbstbestimmung. Wir müssen für dieses Modell kämpfen. Andernfalls besteht die große Gefahr, dass die Kommunen in Zukunft mit noch größeren Einschnitten bei ihrer Eigenbestimmung rechnen müssen. Ich sehe dies in einer Reihe mit den Diskussionen über das Abwasser, das Wasser und dergleichen.
Die Androhung einer Klage gegen die BRD geht an der Lebenswirklichkeit vorbei. Ich bitte Sie darum, dass wir gemeinsam für den Erhalt dieser Einheimischenmodelle kämpfen. Ich bitte Sie um die Unterstützung unseres Antrags. Wir werden dem Antrag der Freien Wähler zustimmen, sofern das Wort "Deutschland" durch das Wort "Bayern" ersetzt wird; denn wir sind nur für Bayern zuständig.
Ich bitte Sie nochmals herzlich um Ihre Unterstützung.