Martin Neumeyer

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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Integration läuft mit und ohne Gesetz in Bayern ganz gut ab. Integration hängt von jedem Einzelnen ab: Will ich oder will ich nicht in diese Gesellschaft gehören? Will ich dabei sein, bei diesem Leben in Bayern? – Da ist jeder für sich selbst verantwortlich.
Bayern ist im Vergleich zu den anderen Bundesländern nicht schlecht aufgestellt. Bayern hat eine starke Wirtschaft, die es erlaubt, vielen Menschen Arbeit zu geben und insbesondere den jungen Menschen eine Ausbildung zukommen zu lassen. Das ist ein ganz, ganz wichtiger Aspekt der Integration. Wenn Sie die Einladung der Rosa-Luxemburg-Stiftung lesen, die uns vor wenigen Tagen zum einjährigen Jubiläum des Integrationsgesetzes in Nordrhein-Westfalen zugegangen ist, dann können Sie sehen, dass die Integration in der Gesellschaft nach wie vor kontrovers diskutiert wird. Das zeigt, dass es mit einem Integrationsgesetz nicht ganz so einfach ist. Es gibt auch einen Kommentar in einer NRW-Zeitung zum Integrationsgesetz, der beschreibt, dass Integration keine Wundertüte ist. Ich darf zitieren:
Die Frage muss erlaubt sein, ob es nicht schon genügend Integrationsbeauftragte, Integrationsreferate, -büros, -räte oder -netzwerke gibt, die die künftigen KIZ-Aufgaben
gemeint sind die kommunalen Integrationszentren
bereits jetzt leisten. Ist eine neue Struktur zur Koordination, Vernetzung und Steuerung kommuna
ler Integrationsförderung wirklich notwendig? Oder wird hier letztlich in noch mehr Häuptlinge investiert statt in die Indianer, die die praktische Arbeit leisten?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ein Gesetz ist kein Allheilmittel und ersetzt definitiv nicht das Bemühen von beiden Seiten in der Integration. Integration - und das muss man ganz deutlich sagen - ist kein permanentes Straßenfest. Die Integration erfordert den Konsens aller politischen Gruppen, die unser Land mitgestalten. Wir müssen um diesen Konsens streiten, mit Argumenten und nicht mit Ideologie. Ein Gesetz als Symbol ist zu wenig. Mit einem Gesetz ist es nicht getan. Vielleicht erinnern Sie sich daran, dass wir vor einigen Jahren in diesem Landtag einen Entwurf, einen Antrag der SPD diskutiert haben, und zwar das Integrationsgesetz aus Berlin. Ich möchte Ihnen nicht vortragen, was Heinz Buschkowsky, der Bezirksbürgermeister von Berlin-Neukölln, dazu gesagt hat. Ich kann Ihnen aber dazu sagen, dass die GRÜNEN im Berliner Abgeordnetenhaus diesen Gesetzentwurf abgelehnt haben. Zu diesem Zeitpunkt fand nämlich der Wahlkampf zwischen Frau Künast und Herrn Wowereit statt. Heute führen wir wieder Wahlkampf. Deshalb bitte ich, bei diesem Thema vernünftig zu sein.
Der Gesetzentwurf, den Sie heute vorlegen, gleicht dem NRW-Gesetzentwurf fast bis aufs Jota. Dies ist der erste Entwurf eines Integrationsgesetzes für ein Flächenbundesland. Ich möchte ganz ehrlich meine Meinung hierzu sagen: Ja, wir brauchen ein Integrationsgesetz in der nächsten Legislaturperiode. Wir brauchen ganz eindeutig ein Integrationsgesetz für Bayern, aus Bayern, mit den Bayern und für die Bayern. Wir brauchen kein NRW-Gesetz. NRW, meine sehr verehrten Damen und Herren, ist nicht Bayern. Bad Tölz ist nicht Bottrop, Haßfurt ist nicht Hagen. In NRW-Städten gibt es ganze Stadtteile, die Synonyme für gescheiterte Integration sind. In Meiderich, in Dortmund-Nord erleben wir die real existierende Parallelgesellschaft. Da befindet sich Bayern mit der Situation in seinen Städten fast auf einer Insel der Glückseligkeit.
In Bayern leben anteilsmäßig mehr Menschen mit Migrationshintergrund als in den norddeutschen Bundesländern. Das ist auch ein ganz wichtiger Aspekt. Neun von zehn Städten mit dem höchsten Anteil von Menschen mit Migrationshintergrund leben am Main oder südlich des Mains. Wenn Sie die Menschen auf der Straße fragen, wo die meisten Menschen mit Migrationshintergrund leben, dann wird die Antwort lauten: Hamburg, Bremen, Berlin und Köln. Nein! Sie leben in den Städten südlich des Mains.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in Bayern findet Integration statt. Die Richtung muss stimmen. Das heißt aber nicht, dass wir kein Integrationsgesetz brauchen, aber wir brauchen ein Integrationsgesetz, das durchdacht ist, das nah an den Menschen ist, und nicht einen erhobenen Zeigefinger. Die Bürger wollen keinen erhobenen Zeigefinger. Die Bürger wollen mitmachen und keine Verordnungen haben. Die Chance, die wir vielleicht in der nächsten Legislaturperiode haben, mit der Bevölkerung über Integration zu diskutieren, ist mir persönlich ganz wichtig.
Ein Fehler dieses Entwurfs besteht darin, dass die Mehrheitsgesellschaft, die Deutschen, darin fast nicht vorkommt. Die Mehrheitsgesellschaft ist doch wichtig in diesem Prozess, sie ist doch keine Größe, die vernachlässigt werden darf. Integration vollzieht sich in einem beidseitigen Prozess. Integration ist möglich, man muss hierfür die Rahmenbedingungen schaffen und die Menschen überzeugen.
Viele Menschen in Bayern nützen die vorhandenen Strukturen, und diese Strukturen sind gut. Andere nützen sie nicht; vielleicht haben wir einen Nachholbedarf hinsichtlich der Information. Wir werden sicher mit unserem Angebot nicht alle erreichen; denn manche werden ewig in der Opferrolle bleiben. Wir wollen in dieser Hinsicht auf jeden Fall aktiv werden.
Wir brauchen die Menschen und ihre Teilhabe, und die Teilhabe ist in Bayern möglich. In diesem Entwurf sieht Teilhabe aus wie Teilnahme an Räten, an Gremien. Darin besteht nicht der richtige Weg. Hier wird Integration mit Projekten, Maßnahmen und Räten verwechselt. Bayern braucht ein Gesetz; denn es geht um die Menschen. Wir brauchen keine neuen Gremien, in denen nur Vertreter von Verbänden sitzen, sondern wir brauchen den ganz gewöhnlichen Otto Normalmigranten.
Vorhin haben Sie einen Länderbeirat genannt. Wir haben einen Bayerischen Integrationsrat. In diesem aktiven Bayerischen Integrationsrat sind alle gesellschaftlichen Verbände vertreten, alle Parteien, alle Ministerien, jede Kirche und jede Glaubensgemeinschaft. Frau Scharfenberg, der Vorteil beim Bayerischen Integrationsrat besteht darin, dass Menschen ohne Zugehörigkeit zu einem Verband darin auch vertreten sind. 25 % der Mitglieder sind junge Menschen, die keinen anderen vertreten, die sich vertreten und die die Lebenswirklichkeit in Bayern darstellen. Mir ist sehr wichtig, dass wir dieses Knowhow, dieses Wissen und dieses am eigenen Leib erlebte Leben in unsere Diskussion einbringen.
Wir wissen ganz genau, dass Migranten im Schnitt jünger sind als unsere einheimische Bevölkerung. Ich
nenne nur eine Zahl: 35 % der Vorschulkinder weisen einen Migrationshintergrund auf. Das muss uns zu denken geben und uns veranlassen, noch aktiver zu werden. Ich möchte Ihnen ganz ehrlich sagen: Der Bayerische Integrationsrat ist kein Theoretikerrat, er ist kein Theoretikerclub, sondern bei ihm handelt es sich um eine Zusammenkunft, die pragmatische Handlungsempfehlungen erteilt und die Ministerien und die betroffenen Verbände mobilisiert, in diesem Bereich tätig zu sein.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Entwurf widerspricht den gewachsenen Strukturen, die es in Bayern bereits gibt. Er hat etwas Technokratisches, etwas Soziologisches, etwas den 70er-Jahren-Verhaftetes an sich. Wir brauchen nicht die Forderung, eine Einwohnerversammlung zu installieren anstelle der Bürgerversammlung. Nicht alles muss gleich gemacht werden. Wir brauchen Diversität, nicht die integrierte Integration; denn Integration heißt auch Vielfalt und Vernetzung. Die Vernetzung bzw. die Integration findet vor Ort in den Kommunen statt.
Bayern lebt von bürgerschaftlichem Engagement sehr gut. Darin sind die Bayern wirklich stark. Dieses bürgerschaftliche Engagement müssen wir nützen. Wir müssen es nützen, dass es wunderbare, starke Vereine gibt und dass Bayern eine gewachsene Struktur aufweist. In Bayern lernen die Kinder besser. Trotzdem können wir alles immer wieder verbessern; damit befassen wir uns doch. Bayern weist in geringerem Maße eine Parallelstruktur auf, hier gibt es weniger Fundamentalismus und weniger Kriminalität. Das bedeutet doch einen Vorteil.
Übrigens ist Bayern ein Magnet für Zuwanderer aus aller Welt. Nach Bayern kommen auch sehr viele Menschen aus Nordrhein-Westfalen. Für viele Menschen ist Bayern Heimat. Für die anderen ist es eine neue Heimat, und für Siddharth Mudgal aus Indien ist Bayern die gewünschte Heimat. Diesen sehr wichtigen Aspekt müssen wir beachten.
Die bayerische Gesellschaft ist zum ganz großen Teil weder intolerant noch xenophob noch verbohrt. Rassismus – hier bei uns sind wir sicher alle auf einer Seite – muss überall, wo es ihn gibt, von allen Seiten bekämpft werden. Dazu stehe ich. Deswegen fungiere ich öfter als Schirmherr für "Schule ohne Rassismus – Schule mit Courage".
Wir brauchen in der nächsten Legislaturperiode ein Integrationsgesetz. Ich biete Ihnen den Bayerischen Integrationsrat als Ideengeber und Vorbereiter für die nächste Legislaturperiode an. In Bayern sagen bereits viele Migranten, weil sie sich in Bayern wohlfühlen: Do bin i dahoam.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bedanke mich bei den GRÜNEN für diese Interpellation, weil sie uns die Chance gibt, unsere Aktivitäten aufzulisten und eine Zwischenbilanz zu ziehen, was in den letzten Jahren im Bereich der Integration geschehen ist. Integrationspolitik ist eine sehr umfangreiche, facettenreiche und interessante Arbeit, die nicht ganz einfach ist. Eine gelungene Integration ist die Voraussetzung für eine gute gemeinsame Zukunft in Deutschland und in Europa. Integrationspolitik beschränkt sich nicht auf Bayern, sondern sie ist Thema in Deutschland und den meisten europäischen Ländern.
Ich habe erst kürzlich einen Artikel mit der Überschrift "Mehr Zuwanderer, weniger Probleme" gelesen. In dem Artikel wurde die bayerische Integrationspolitik gelobt. Zuwanderer fühlen sich in Bayern wohl. Der Freistaat Bayern wurde in der Abhandlung "Ungenutzte Potenziale" von Herrn Klingholz mit anderen Bundesländern verglichen und hat ein großes Lob erhalten. Wir haben in diesem Hause auch schon die Diskussion über Fachkräfte geführt. Sie kennen meine Einstellung dazu. Sie hat sich nicht geändert. Ich glaube, dass wir in bestimmten Bereichen Fachkräfte brauchen. Wir sollten nicht nach Religion oder nach Region unterscheiden, sondern wir müssen hinsichtlich der Qualifikation unterscheiden. Bayern steht für Weltoffenheit und Toleranz, aber auch für klare Identität. Die Menschen wissen, in welche Gesellschaft sie sich integrieren sollen. Ich erlebe immer
wieder, dass die Menschen wissen, woran sie sind, was geboten und was verlangt wird.
Identität ist für alle Menschen ganz wichtig. Identität stützt sich nicht nur auf Herkunft oder Religion; Sprache, Tradition, Familie, Wissen, Ausbildung und Bildung sind wesentliche Kriterien für die Herausbildung von Identität. Fakt ist, dass in Bayern die meisten Zuwanderer leben, mehr als im Norden oder im Westen der Republik. Wir haben trotzdem weniger Probleme mit Zuwanderern. Ich will ehrlich sagen: Ein Buch wie das von Herrn Sarrazin oder das von Frau Heisig wäre in Bayern wahrscheinlich nie so geschrieben worden.
Zuwanderung betrifft insbesondere das südliche Bayern, weil diese Region wirtschaftlich stark ist. Ich will dazu einige Zahlen nennen: Neun von zehn Großstädten mit der höchsten Zuwanderungsquote liegen am Main oder südlich des Mains. Die wirtschaftlich gute Lage zieht die Menschen an. Arbeit schafft Integration, und die findet in Bayern statt, und zwar am Arbeitsplatz, in der Schule und in der Nachbarschaft, nicht aber im Büro eines Bürgermeisters, eines Landrats oder des Ministerpräsidenten. Was die wirtschaftliche Situation anbetrifft, ist Bayern gut aufgestellt.
Lassen Sie mich zum Anerkennungsgesetz kommen. Das Anerkennungsgesetz ist ein ganz schwieriges Gesetz. Wir haben alle verantwortlichen Leute eingeladen, um über dieses Gesetz zu reden. Es betrifft 350.000 Menschen in Deutschland, die nicht in ihrem Beruf arbeiten, sei es ein handwerklicher oder ein akademischer Beruf, weil sie die Chance dazu nicht haben.
Aber dieses Gesetz unterliegt natürlich Einflussfaktoren seitens verschiedener Kammern und von Universitäten aus sechzehn Ländern. Es war angedacht, dass das Gesetz noch im Sommer verabschiedet wird. Man schafft es nicht. Aber es wird noch in diesem Jahr verabschiedet, weil das in der Koalitionsvereinbarung steht.
Das Anerkennungsgesetz ist so aufgebaut, dass die Menschen, die hier ihre Formulare abgegeben haben, innerhalb von sechs Monaten erfahren: Habe ich eine Chance, meinen handwerklichen Beruf oder meinen akademischen Beruf anerkannt zu bekommen? Da ist man wirklich auf einem guten Weg.
Diese Einflussfaktoren machen es nicht ganz leicht. Wir haben mit den Dänen gesprochen. Die handhaben es ganz locker. Da geht es um 5 Millionen Einwohner. Bei einer Beamerpräsentation in Dänemark konnte man erfahren, dass es dort keine Bundesländer gibt. Wir aber haben 16 Bundesländer. Die Problematik ist hier groß. Jeder weiß, dass hier ein ganz
großer Aspekt vorhanden ist. Da sind wir, wie ich denke, insgesamt auf einem guten Weg.
Die große Mehrheit in Bayern findet gute Arbeit. Die Arbeitslosenquote, insbesondere bei Menschen mit Migrationshintergrund, ist deutlich niedriger als im Rest der Republik. Auch bezüglich der Jugendarbeitslosigkeit stehen wir besser da. Trotzdem gebe ich allen recht, die sagen, dass bei uns noch Nachholbedarf besteht. Wenn ich unterwegs in den Moscheen und den Organisationen tätig bin, erlebe ich immer wieder, dass viele junge Menschen keine Arbeit bzw. keinen Ausbildungsplatz haben. Deshalb habe ich mir überlegt, ähnlich wie in meinem Landkreis, eine LastMinute-Lehrstellenbörse speziell für Menschen mit Migrationshintergrund zu organisieren, und zwar mit Vertretern der Organisationen, der verschiedenen Konsulate, der verschiedenen Einrichtungen, der orthodoxen Kirchen und der Moscheen, um an die Leute heranzukommen. Das ist ein ganz guter Weg. Wir haben auch mit der Bundesagentur gesprochen, damit sie uns unterstützt. Das Aktionsprogramm soll im Juli/August starten. Es soll niederschwellig, unbürokratisch und ganz nah an den Menschen sein, die es brauchen.
Ich habe kürzlich eine Aussage des Wehrbeauftragten Hellmut Königshaus in einem Interview in "Cicero", Ausgabe Juli 2011, gelesen. Es ist eine ganz interessante Aussage, die mit Sicherheit zur Diskussion anregt. Ich zitiere wörtlich, "dass für Menschen mit Migrationshintergrund der Dienst bei der Bundeswehr durchaus als Chance für die Integration zu sehen ist". Diese Aussage wird natürlich viele Diskussionen auslösen. Manche werden diese Diskussion aber nicht führen wollen, weil sie etwas ganz Neues betrifft. Dennoch denke ich, dass wir auch hier alles offen und ehrlich diskutieren - mit oder ohne Interpellation.
Allein aufgrund des demografischen Wandels unserer Gesellschaft müssen wir neu denken. Wir müssen überall neu die Diskussion führen. Die Diskussion über Integration fällt schwer. Es darf bei diesem Thema keine Sieger und keine Besiegten geben. Am Schluss muss es so sein, dass wir alle Sieger der Integration sind. Denn Integration geht uns alle an. Wir alle können die Chancen gemeinsam wahren.
Manchmal habe ich das Gefühl, dass wir über die Integration eine Zwei-Klassen-Diskussion führen. Auf der einen Seite sind die Institutionen, die Stiftungen, die Verbände, die Parteien, die Kirchen, und auf der anderen Seite sind die Bürger. Wenn ich auf manchen Veranstaltungen erzählen würde, was in diesen Dis
kussionen los ist, dann wäre das nicht immer ganz vergnügungssteuerpflichtig.
Die Menschen fragen: Was ist hier los? Wir müssen zwei Fragen beantworten. Auf der einen Seite fordern die Politiker, die Verbände, die Institutionen Zuwendungen und Subventionen. Auf der anderen Seite fragen uns die Bürger, warum dieses und jenes geschieht. Die Fragen müssen wir offen und ehrlich beantworten. Hier liegt ein Grund für die Beachtung der Demografie. Die Demografie ist wie die Mathematik. Ihre Ergebnisse treten notwendigerweise ein; man kann es nicht beeinflussen. Wir müssen in den Diskussionen da herangehen.
Ich schlage vor, dass wir alle einmal in einen Kindergarten gehen, vielleicht auch in eine Grundschule, damit wir erkennen, wie die gesellschaftliche Zusammensetzung in der Zukunft ausschauen wird. Wir müssen gewährleisten, dass es auch in der Zukunft ein vielfältiges Gesicht unserer Gesellschaft geben wird.
Wir sollten nicht nur über die Probleme und Konflikte, sondern auch über die Talente, die Chancen und die Kreativität reden. Wir sollten auch über den Sport reden. Wenn Sie gestern die Nachrichten gehört haben, werden Sie erfahren haben, dass wir bei der U17 der Dritte in der Fußball-WM geworden sind. Wenn Sie dann noch anschauen, welche Namen die Spieler haben, werden Sie feststellen, dass viele türkischer Herkunft sind.
In Bayern müssen wir überhaupt beim Sport ansetzen. Der Sport bietet eine hervorragende integrative Chance. Die Integrationsdebatte muss sich auf den Sport verlegen. Beim Sport zählt nämlich die Leistung, weniger die Herkunft, weniger die Tradition, weniger die Religion. Kinder sind für den Sport zu begeistern, weil sie Vorbilder, weil sie Idole haben. Sie sagen: Ich möchte sein wie dieser oder jener. Daher müssen wir dem Sport noch mehr Chancen geben, bei der Integration mitzuhelfen. Die Sportwissenschaftlerin Kleindienst-Cachay sagt: Positive Erfahrungen im Sport verbessern die Identifikation mit der deutschen Gesellschaft. Ich füge hinzu: Die Isolation kann auch dadurch verhindert werden. Ich bin wirklich für den Sport, weil er für die Integration eine Chance bietet. Wir müssen aber auch den Gesichtspunkt monoethnischer Vereine berücksichtigen.
Ja.
Die Forderung nach mehr Schulstunden für den Sport ist natürlich verständlich. Wenn man mit einer Geschichtslehrerin spricht, heißt es, man brauche mehr Geschichtsstunden als Sportstunden. Lateinlehrer sagen, man brauche mehr Lateinstunden als Sportstunden. Wir werden vielleicht nicht zu mehr Sportstunden kommen.
Ich habe nicht allein vom Schulsport gesprochen, sondern meinte den Vereinssport. Der Vereinssport ist eine ganz andere Kiste. Was den Vereinssport betrifft, können Sie mit mir darüber reden, dass wir zugunsten der Integration eine Förderung für Trainer und Abteilungsleiter bekommen. Sie können mit mir also darüber diskutieren, ob man im Sinne der jungen Leute im integrativen Bereich der Vereinsarbeit etwas drauflegen muss. Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, dass das auch mein persönliches Anliegen ist. Man kann ja diese Vereinsarbeit nicht zum Nulltarif machen.
Ich komme auf das Thema monoethnische Vereine zurück. Da müssen wir aufpassen, dass wir nicht Nationalvereine bekommen, die schließlich Nationalspiele statt Fußballspiele veranstalten. Wir müssen mit den großen Sportverbänden und den großen Migrationsorganisationen ins Gespräch kommen mit dem Ziel, unerwünschte Entwicklungen zu bremsen und zu unterbinden.
Fußball ist eine der beliebtesten Sportarten von Menschen mit Migrationshintergrund. Ja, es ist ein schöner Sport. Zeitweilig ist auch Kampfsport sehr beliebt. Aber man braucht bei der Vereinsarbeit eine Hilfe, durch die den Verantwortlichen klargemacht wird, dass es nicht nur Fußball und Kampfsport gibt, sondern auch viele andere Sportarten. Hier geht es um eine interkulturelle Öffnung der Vereine. Sie müssen sich mehr anpassen.
Ich sage es einmal zahlenmäßig. 20 % der Gesamtbevölkerung haben einen Migrationshintergrund. Aber nur 10 % der Migranten sind in Sportvereinen. Da gibt es also wirklich viel aufzuholen.
Ernüchternd ist, dass nur jedes fünfte 15-jährige türkische Mädchen in einem deutschen Verein ist. Deutsche Mädchen sind zu 42 % in einem Verein. Aber 68 % der 15-jährigen türkischen Jungen sind in einem Sportverein. Wir müssen also explizit bei Mädchen und Frauen in Sportvereinen ansetzen, weil der Sport eben eine integrative Kraft hat und es dort nicht nur Fußball, sondern auch viele andere Sportarten gibt.
Ich muss Ihnen ganz ehrlich sagen, dass Sie bei diesen Fragen in mir einen Partner haben. Sie können mit mir aktiv werden. Ich war schon aktiv.
Was mich in dieser Debatte stört, ist zum Beispiel eine Aussage vom Deutschen Olympischen Sportbund zum Thema Integration im Verein. Ein Dialogforum Sport beschreibt in seinen Handlungsempfehlungen für integrationsfördernde Maßnahmen: Verzicht bei Vereinsfesten auf Schweinefleisch, Alkohol und Gummibärchen. Ich sage Ihnen ganz ehrlich: So etwas ist eher schädlich als nützlich. Es gibt doch weder einen Gummibärchen- noch einen Würstchennoch einen Bierzwang. Jeder kann hier doch selber entscheiden. Zu den interkulturellen Begegnungen sage ich Ja. Aber es darf kein Anpassen in allen Dingen geben. Wir haben hier beide Möglichkeiten des Verhaltens anzubieten. Jeder muss sich in Deutschland an dieser Situation orientieren.
Integration kann also über Sport geschehen. Sport ist ein Teil der Bildung. Die Bildung ist im Kultusministerium angesiedelt. Wenn man sich die Zahlen, die es dort gibt, anschaut, erkennt man, dass die Zahl der Schulabbrecher gesunken ist, dass die Zahl der Abschlüsse gestiegen ist und dass die Zahlen der Abiturienten und der Realschulabgänger insbesondere bei den Kindern mit Migrationshintergrund gestiegen sind.
Wir sind auf einem richtigen Weg. Wir brauchen bei der Integrationsdebatte aber auch Zeit und Geduld.
Es wird immer von der Sprache gesprochen. Okay, Sprache ist immer ein ganz großes Thema. Aber Sprache allein nützt nichts. Was wir brauchen, ist Bildung.
Ich habe am Montag in Regensburg das Programm "Fitis Regensburg" gesehen. Da ging es um Deutsch als Zweitsprache und darum, mit kleinen Kindern zwei Sprachen spielerisch anzugehen. Das ist ein Modell.
Da wird natürlich auch die Kostenfrage aufgeworfen. Wir brauchen Partner aus der Wirtschaft, die dabei mitmachen. In Regensburg funktioniert es zum Beispiel mit einer Bank, die die Maßnahmen mitfinanziert.
Wir brauchen bei Bildung und Sprache noch jemanden dazu. Wir brauchen bei allen Projekten und Programmen, die wir aufbauen, die Eltern dazu. Wir können ohne Eltern, ohne die Mütter, nichts machen. Deshalb ist mein großer Wunsch die Installierung der Elternschule. Ich weiß, dass es dazu schon viele Projekte gibt. Es sind aber immer nur Einzelprojekte. Diese Projekte müssen wir zusammenführen, um die Eltern zu qualifizieren, damit sie Verantwortung übernehmen können. Ich kenne Projekte, die gut sind. In Erlangen gibt es die Begleiter, die die Kinder in den letzten zwei oder drei Jahren der Hauptschule von der Schule in den Beruf begleiten, weil die Eltern die Verantwortung dafür nicht sehen und sie auch nicht haben wollen.
In Bayern gibt es sehr viele gute Projekte. Die Elternschule soll nicht an einer Moschee oder einer Kirche angegliedert werden. Die Elternschule muss neutral an einer Volkshochschule eingerichtet werden. Sie muss den Leuten die Wege aufzeigen, wie sie ihre Kinder in eine gute Zukunft bringen können.
Gleichzeitig sind wir auch zur Willkommenskultur verpflichtet. Wir brauchen eine Willkommenskultur für diejenigen, die unsere Werte und unsere Gesetze akzeptieren. Wer dies akzeptiert, gehört auch zu uns. Diese Leute müssen wir willkommen heißen. Das müssen wir wertschätzen und anerkennen. Dazu brauchen wir auch Teilhabe. Für alle Möglichkeiten der Integration brauchen wir aber Zeit und Geduld.
Die Einbürgerungsfeiern sind ein Teil der Willkommenskultur. Wir haben in allen Städten Bayerns nachgefragt, wo es Einbürgerungsfeiern gibt. Sie werden überrascht sein, wo es diese Feiern mittlerweile überall gibt. Sie werden überrascht sein, in welch festlichem Rahmen diese Feiern mittlerweile ablaufen. Ich war am Freitag in Neuburg an der Donau. Dort gab es eine phantastische Willkommensfeier. Zwanzig junge Menschen sind dort mit Freude Deutsche geworden. Man kann wirklich etwas bewegen, und dazu bitte ich Sie um Unterstützung.
Über die Grundwerte ist bei aller kultureller Diversität nicht zu verhandeln. Die Grundwerte stehen. Arbeit schafft Integration, Bildung schafft Integration, und die Werte schaffen Integration. Werte wie Demokratie, Selbstbestimmung, Toleranz, Gleichberechtigung und Freiheit schaffen Integration. Natürlich gehört auch die Religion dazu. Allerdings habe ich ein großes Problem damit, wenn wir Politiker religiöse Themen behandeln. In der Interpellation wird auch das Thema Religion angesprochen. Wir Politiker können keine religiösen Probleme lösen. Das ist in einem säkularen Staat nicht unsere Aufgabe. Das müssen wir den Kirchen und den Religionsgemeinschaften überlassen.
Ich glaube, wir lehnen uns dabei zu weit hinaus und nehmen uns zuviel heraus. Bei den Debatten über Religion und Glaube sind wir auch gefragt, aber bei diesen Themen müssen die Verantwortlichen der Kirchen und Religionsgemeinschaften die Hauptrolle spielen.
Ja.
Ich verstehe jetzt den Bezug nicht. Was hat das mit Religion zu tun?
Bei Einbürgerungsfeiern bin ich immer gerne dabei. Ich habe jedoch Ihre Frage nicht verstanden. Ich verstehe nicht den Bezug zur Religion.
Das Beispiel mit den Kosovaren ist deshalb ein Problem, weil hier zwei Staatsbürgerschaften hereinspielen, die serbische und die kosovarische. Die Serben entlassen ihre Bürger nicht aus der serbischen Staatsbürgerschaft, während dagegen die Kosovaren das machen. Das ist die Crux. Zwei Bundesländer, Bayern und Thüringen, regeln es noch so, wie Sie es gesagt haben, die anderen Län
der machen es anders. Das Problem sind die zwei Staatsbürgerschaften. Viele wollen Deutsche werden. Ich kenne das Problem. Ich diskutiere auch mit den Verantwortlichen über dieses Problem, aber wir haben momentan noch keine Lösung gefunden. Ich kenne die Sondersituation mit den zwei Staatsbürgerschaften. Das bitte ich auch so zu sehen. Wir bemühen uns um eine Lösung, aber wir können nicht mehr als Gespräche anzubieten. Trotzdem sind wir dabei, dieses Problem zu lösen, und ich bin Ihnen auch dankbar, dass Sie es erwähnt haben.
Die letzten zwei Minuten darf ich noch nutzen, um etwas zum Integrationsbeauftragten bzw. zum Bayerischen Integrationsrat zu sagen. Der Bayerische Integrationsrat wurde gegründet, um das soziale Forum zum Thema Integration abzulösen. Die Staatsregierung wollte, dass es nicht drei, vier oder fünf runde Tische gibt, die sich gegenseitig Papiere zuschieben. Deswegen wollen wir das Thema Integration nur im Integrationsrat behandeln. Wenn das Kultusministerium einen speziellen schulischen runden Tisch hat, behandeln wir im Integrationsrat dieses Thema nicht, um über ein Thema nicht mehrfach, sondern nur einmal gescheit zu beraten. Die Handlungsempfehlungen, die wir herausgeben, sind mit den Parteien, den Ministerien, den verschiedenen Organisationen und auch Menschen mit Migrationshintergrund abgestimmt. Teilweise werden sie von den Ministerien angenommen, teilweise noch nicht. Ich wünschte mir hier auch manchmal mehr.
Heute vor einer Woche hatte ich ein Gespräch mit dem Bayerischen Städtetag über die Handlungsempfehlungen, über die Fachkräfteproblematik, über das bürgerschaftliche Engagement, über interkulturelle Kompetenz und über Teilhabe in Verwaltungen. Es war ein sehr heftiges Gespräch, weil manches, was wir uns wünschen, nicht so leicht durchsetzbar ist. Unsere Politik ist ein Fördern und Fordern. Beides ist der Weg zur Integration. Trotz allem ist Integrationspolitik kein permanentes Straßenfest und kein permanentes Fußballspiel. Helfen wir zusammen!
Guten Morgen, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Frau Ministerin! Vielleicht ein Satz zuvor: Wir haben in Bayern am Montag und Dienstag dieser Woche die Bundeskonferenz aller Integrationsbeauftragten der Bundesrepublik Deutschland erfolgreich hinter uns gebracht mit einer großen Medienwirkung auch für Bayern als In
tegrationsland. Wir konnten auch das Thema "Elternschule" als kommendes wichtiges Thema in der Gesellschaft bzw. in den Medien platzieren.
Natürlich ist Geld nicht alles, aber manchmal ist es ganz nützlich; das muss man ehrlicherweise dazusagen. Die Verfassungsänderung, meine sehr verehrten Damen und Herren, wird bereits vor Ort diskutiert und es ist wichtig, dass wir sie seit dem Aschermittwoch diskutieren. Wie das Ganze nach einer längeren Diskussion aussehen wird, werden wir sehen.
Vielleicht ist es notwendig, sehr geehrte Frau Ministerin, dass wir auch in die Zukunft schauen: Wie sieht die Bayerische Staatsregierung die Chancen der Integration im wirtschaftlichen und kulturellen Bereich in der Zukunft? Das als Erstes. Und Zweitens: Wie lassen sich die Kompetenzen der Migranten
im kulturellen, gesellschaftlichen und wirtschaftlichen Bereich nach Auffassung der Staatsregierung in der Zukunft noch mehr in die Gesellschaft, in die Arbeit mit einbauen?
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zunächst möchte ich Frau Zacharias gute Besserung wünschen. Ich hoffe, sie kann sich zuhause ausruhen.
Integration ist wahrlich ein Megathema. Ich bin der SPD dankbar, dass sie diese Gesetzentwürfe einbringt. Wir müssen über alles reden. Ich bin ebenfalls für verbindliche Regelungen in der Zukunft. Ob es aber explizit die Regelungen sein müssen, die Sie heute vorschlagen, bezweifle ich. Herr Pfaffmann, bei Ihrem Gesetzentwurf handelt es sich nicht um das erste, sondern um das zweite Integrationsgesetz in einem Landtag. Berlin hat ein Integrationsgesetz bereits im Dezember verabschiedet. Mehr als 50 % der Formulierungen des Berliner Gesetzes haben Sie in Ihre Gesetzentwürfe übernommen. In Berlin haben die GRÜNEN gegen das Gesetz gestimmt und sich enthalten. Die Juristen der Senatskanzlei haben die Hände über dem Kopf zusammengeschlagen. Auf die Frage der Finanzierung hat der Regierende Bürgermeister Wowereit gesagt: Mehr Geld kann nicht die Antwort sein. Heinz Buschkowsky, der bekannteste Bezirksbürgermeister Berlins, sagt zu diesem Gesetz: Pillepalle. Dieses Gesetz ist in Berlin ohne die Betroffenen entstanden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Teile Ihres Gesetzes kann ich unterschreiben. Andere Teile atmen immer noch den Geist der Zeit der ideologischen Schaukämpfe. Das Thema ist jedoch zu wichtig, um für Parteipolitik genützt zu werden. Ich habe das Gefühl, die SPD stellt sich immer folgende Fragen: Wie schade ich der Staatsregierung? Wie schwäche ich den Integrationsbeauftragten? Das ist parlamentarischer Wettbewerb. In der Presse muss ich lesen: Die Stelle des Integrationsbeauftragten ist der angedockte Blinddarm am Sozialministerium. Dann stelle ich mir schon die Frage: Ist der Inhalt oder die Show wichtig?
Meine sehr verehrten Damen und Herren, der Integrationsbeauftragte ist für die gesamte Staatsregierung zuständig. Er ist Berater und Ansprechpartner für
viele Anfragen. Die SPD hat am 28. November beantragt, den Integrationsbeauftragten beim Landtag anzusiedeln. Ich frage Sie: Wer hat den Integrationsbeauftragten im Wahlprogramm gefordert? Das war die FDP. Deswegen steht er in der Koalitionsvereinbarung.
Im Nachhinein riskieren Sie eine dicke Lippe. Wenn der Integrationsbeauftragte beim Landtag angesiedelt wäre, würden Sie sagen: Warum nicht bei der Staatskanzlei oder beim Sozialministerium? Das bringt uns definitiv nicht weiter.
Die Bundestagsabgeordnete Dr. Maria Böhmer wurde mit den Stimmen der SPD zur Integrationsbeauftragten gewählt, zumindest in der Großen Koalition.
Ich habe immer noch das Gefühl, dass Sie sich im Schwarz-Weiß-Denken verlieren. Auf der einen Seite befinden sich Ihrer Ansicht nach die diskriminierten Zuwanderer und die chancenlosen Kinder und auf der anderen Seite die Mehrheitsgesellschaft, die nur unter Zwang offen und tolerant sein kann. Herr Pfaffmann, Sie haben es richtig formuliert: Ein Gesetz erledigt nicht alles. Bei einem Gesetz handelt es sich um ein notwendiges oder regulatives Papier. Die Realität ist jedoch ganz anders. Die Menschen in Bayern sind bereit für die Integration. Bayern ist nicht der Hort der Reaktion. Die Migranten tun sich in Bayern nicht besonders schwer, sondern besonders leicht. Einem indischen Bekannten von mir aus Berlin ist Bayern als reaktionäres Land beschrieben worden. Derzeit lebt er glücklich in Bayern und will nie wieder weggehen. Die Wahrheit ist eine andere.
Fragen Sie doch einmal die Bevölkerung, wo die meisten Ausländer wohnen. Die meisten werden Hamburg, Berlin, Bremen und den Ruhrpott nennen. Nein, die meisten Ausländer leben in Bayern. 36 % der Münchner haben einen Migrationshintergrund. Das ist der Beweis. Bayern hat viele Zuwanderer und wenige Probleme. Ein Herr Sarrazin hätte in Bayern niemals sein Buch geschrieben. Eine Frau Heisig hätte ihr Buch ebenfalls nie in Bayern verfasst. In Bayern gibt es auch keine Scharia-Auswüchse.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, trotzdem stehen wir vor einer riesigen Herausforderung. Wir haben viel Arbeit vor uns. Gemeinsam können wir viel schaffen. Bayern ist nicht schlecht. Das liegt natürlich auch an der Wirtschaftslage. Die Menschen finden in
Bayern Arbeit. Sie haben Perspektiven und Chancen, wenn sie wollen. Liberalitas Bavariae ist keine Floskel, sondern Realität.
Herr Pfaffmann, Sie haben recht: Wir müssen Rahmenbedingungen für die Sprachförderung, die Bildung und die Arbeit schaffen. Vieles ist schon von der Frau Ministerin in ihrer Regierungserklärung gesagt worden. Ich bin dafür, dass diese Programme und Projekte nicht als Showprojekte fungieren, sondern evaluiert werden. Sie sollten den Menschen und nicht den Zeitungen etwas bringen. Die Projekte müssen evaluiert werden.
Ein weiterer Zusatz zur Schulpolitik: Sehr viele bayerische Schüler mit Migrationshintergrund sind besser als die Altersgenossen ohne Migrationshintergrund in manch anderen Bundesländern. Wir müssen mehr tun. Wir brauchen alle jungen Menschen. Jeder Euro, der in die Integration investiert wird, ist ein guter Euro. Allein wegen der demografischen Entwicklung ist die Integration ein Megathema.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der SPD, mit Ihren Gesetzentwürfen fordern Sie die Berücksichtigung der interkulturellen Kompetenz im Curricculum der Universitätsausbildung. Wir sprechen uns ebenfalls für den Islamunterricht aus. Da unterscheiden wir uns nicht. Herr Pfaffmann, aber Ihre Forderung nach Migrantenschulen überrascht mich schon. Diese Schülerinnen und Schüler kommen mit schlechteren Voraussetzungen in die Schulen. Wir wollen eine integrative Schule und keine Segregation.
In Ihrem Gesetz fehlen die Stadtentwicklung im Sinne einer sozialen Stadt und das Quartiersmanagement.
Mich stören weniger die Inhalte, aber mich befremdet Ihr Versuch, die Integrationspolitik weg von den Menschen hin zu den Gremien zu bringen. Anstatt einen gesamtgesellschaftlichen Dialog zu führen, fordern Sie Landesbeiräte. Den Integrationsbeauftragten nutzen Sie als Feigenblatt. Wichtiger als Verbände und Organisationen sind die Bürger. In Bayern machen wir das ganz anders. Wir haben den Bayerischen Integrationsrat. Dort fordern wir Verbände und Persönlichkeiten mit Migrationshintergrund aus 17 Nationen dazu auf, ihren Beitrag zur Integration zu leisten.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, für die CSU ist das Thema Integration ein gesamtgesellschaftliches Thema. Bei dieser Debatte geht es um Zuwanderer. Allerdings geht es auch noch um einen zweiten Betroffenen, ohne den wir keine Politik machen kön
nen. Das ist die Mehrheitsgesellschaft. Ohne die Aufnahme dieser Menschen in die Debatte werden wir keine Chancen haben. Die Migranten und die Mehrheitsgesellschaft dürfen nicht getrennt werden. Die SPD sagt in einem Artikel zur Vorstellung des Gesetzes: Das Thema muss endlich weg von den Stammtischen. Wie arrogant sind Sie? Da sind doch die Menschen.
Integration ist nicht ausschließlich ein Thema für Eliten und Gremien. Nein danke. Sie ist ein Thema für alle Bürger.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, Fakt ist, viele Einheimische machen sich Sorgen. Sie machen sich Sorgen, weil die Gesellschaft bunter wird. Sie haben Angst, weil sich die Gesellschaft verändert. Sie haben Angst um ihren Arbeitsplatz, weil dieser vielleicht von einer billigeren Arbeitskraft besetzt wird. Oft sind diese Vorurteile unbegründet. Wir müssen diese Sorgen aber ernst nehmen. Wir müssen die Bevölkerung mitnehmen, nicht überreden, sondern überzeugen und in den Integrationsprozess einbinden. Das fehlt bei dem Gesetz. Alle müssen teilhaben, sowohl die Zuwanderer als auch die Mehrheitsgesellschaft. Das ist unser Weg.
Zum Thema Sprache habe ich am 11.11.2010 hier schon gesagt, dass die Integration im Kreißsaal beginnt. Wir werden bei Bildung und Sprache keine Chance haben, wenn wir den Teil, den Sie im Gesetz vergessen haben, nicht mitnehmen. Dieser Teil - Familie und Eltern - entscheidet darüber, ob die Integration ein Erfolg oder Misserfolg wird. Es kann nicht sein, dass der Staat jegliche Verantwortung übernimmt.
Anstatt die Menschen zu versklaven sagen wir, die Familie muss für ihre Kinder die Verantwortung übernehmen. Wir müssen dabei helfen und die Rahmenbedingungen schaffen. Verantwortlich für die Kinder sind aber die Eltern. Das ist unser persönlicher Weg. Wer verweigert, das sage ich ganz ehrlich, muss mit Sanktionen rechnen. Heinz Buschkowsky sagte in diesem Haus -
- Ja, SPD, ich kenne ihn sehr gut. Er ist eine fantastische Persönlichkeit.
Er hat gesagt: Kommt ein Kind nicht in die Schule, geht das Geld nicht auf das Konto. Das ist krass. Aber das ist die Aussage: Wir müssen Zwang ausüben, damit die Kinder eine Chance haben.
Ihr Gesetz hat auch einen humoristischen Teil. Ich habe ihn zumindest entdeckt: Aus "Bürgerversammlungen" wollen Sie "Einwohnerversammlungen" machen. Wenn es in Bayern oder Deutschland keine Bürger mehr gibt, gibt es auch keine Bürgermeister mehr, dann hätten wir einen "Einwohnermeister". Das ist nicht der richtige Weg. Sie wollen die "Einwohnerversammlung" installieren, damit alle reden können. Wir sind der Meinung, dass wir mit allen reden müssen, egal welchen Pass jemand hat oder welcher Nation er angehört. Nennen Sie mir bitte Gemeinden, in denen jemand nicht reden darf, weil er einen anderen Pass hat. Hätten wir "Einwohnerversammlungen", wäre Christian Ude der "Obereinwohnermeister". Liebe Freunde, machen wir weniger Show und mehr Inhalte!
Ich denke, meine sehr verehrten Damen und Herren, wir sind auf einem guten Weg. Die Debatte über ein solches Gesetz finde ich gut. Wir werden an der Diskussion teilhaben, weil wir verbindliche Regelungen brauchen.
Ich nehme beides zur Kenntnis, Herr Wörner. Ich nehme auch zur Kenntnis, dass Sie mit diesen Millionen ein relativ großes Straßenfest feiern wollen. Das wird jedenfalls ein richtig soziales Fest. Da komme ich auch vorbei.
Mir tut es auch leid, dass die Mittel für die "Soziale Stadt" gekürzt worden sind, weil ich weiß, wie erfolgreich das Programm ist. Ich war in einigen Städten wie Donauwörth oder Bad Kissingen, wo die "Soziale Stadt" funktioniert. Ich habe an Minister Ramsauer geschrieben und ihn um Hilfe gebeten; die Kürzung ist mit dem bayerischen Weg abgemildert worden. Aber das Geld reicht nicht. Ich gebe Ihnen völlig recht; wir sind darin nicht unterschiedlicher Meinung. Ich habe kürzlich das Hasenbergl besucht. Es ist nicht einfach, wenn das Quartiersmanagement abgesagt werden muss. Es wäre an diesen Orten bei Weitem besser, wenn das Programm unverändert fortgeführt werden könnte.
Bei uns kann jeder auf Bürgerversammlungen reden. Ich meine, es ist nicht sehr dramatisch, wenn man einen Paten braucht, der die Sache vorträgt. Im Übrigen ist das auch in unseren Ausschusssitzungen so. Ein Petent kann nur reden, wenn für ihn das Wort frei gemacht wird. Das ist kein sehr großer Hinderungsgrund zu reden.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Vielen Dank, liebe Christine, für deinen Bericht. Er ist eine gute Grundlage für eine weiterhin gute Integrationspolitik für den Freistaat Bayern.
Deutschland schrumpft immer schneller. Wir haben einen starken Geburtenrückgang und immer weniger Eltern - dies stand kürzlich in der "Süddeutschen Zeitung". Die Demografie ist eine der ganz großen Herausforderungen unserer Zeit. Leider ist diese Erkenntnis noch nicht so in unserem gesellschaftlichen Bewusstsein, wie wir es brauchen. Die Dynamik und die Dimension wurden lange nicht oder kaum registriert. Wir müssen heute aber insbesondere die Antworten für morgen finden.
Die Gesellschaft hat sich verändert. Wir haben eine hohe Lebenserwartung. Es gibt geringere Geburtenzahlen und Zuwanderung aus verschiedenen anderen Kulturkreisen. Diese Situation lässt sich nicht immer nur verwalten, sondern muss gestaltet werden.
Wenn wir einen Blick in die Kindergärten und die Grundschulen werfen, sehen wir, dass die Gesellschaft immer bunter wird. Der Anteil der Menschen mit Migrationshintergrund steigt und die Zuwanderer werden immer jünger. Die Aufwärtsbewegung wird weiterhin stattfinden. Dieses Phänomen, das anfangs nur in großen Städten festzustellen war, greift mittlerweile auch auf den ländlichen Bereich über.
Ich möchte eine Zahl nennen. In meinem Heimatlandkreis Kelheim liegt Mainburg. Mainburg ist die viertgrößte türkische Stadt der Republik, gemessen am Anteil der Türken. Solche Dimensionen haben jetzt viele Kommunen erreicht. Über Integration diskutieren wir endlich auch öffentlich und in allen Gesellschaftsschichten.
Integration ist auch eine soziale Frage. Die beste Integrationspolitik ist die Bildungspolitik, weil sie Chancengerechtigkeit schafft.
Die Zahl der Schulabbrecher unter den jungen Menschen mit Migrationshintergrund ist in Bayern zurückgegangen. Die Zahl der Abiturienten steigt auch bei dem türkischen Bevölkerungsanteil. Vorhin wurde schon gesagt, dass sehr viele Kinder aus dem asiatischen Bereich und aus Polen das Abitur machen. Auch bei den Türken in Bayern ist da momentan eine Steigerung festzustellen. Ich finde das hervorragend.
Wir brauchen alle diese Menschen. Wir brauchen diese Potenziale für Bayern, weil wir Innovation brauchen, weil wir die Ideen der jungen Menschen brauchen und unseren Wohlstand sichern wollen.
Die Integration läuft über Sprache, Berufstätigkeit und gesellschaftliche Teilhabe. Bei der gesellschaftlichen Teilhabe sind alle gefordert: die Vereine, die Firmen, die Kommunen und die Parteien.
Sprache ist ein Schlüssel. Lernt die Sprache, und zwar fließend und ohne Akzent! Das hat Abdullah Gül, der Staatspräsidenten der Türkei, vor wenigen Tagen gesagt. Einer predigt das Hohelied auf die deutsche Leitkultur, nämlich der Europaminister aus der Türkei, Herr Bagis.
Es ändert sich also etwas. Es wird neu diskutiert. Das ist ein wichtiges und richtiges Zeichen für unsere Diskussion.
Die Sprache allein reicht nicht, notwendig - und entscheidender - ist auch der Wille zur Integration. In Frankreich reden fast alle Französisch. Entsprechend verhält sich auch die Bevölkerung in Holland und in
England. Entscheidend ist immer, ob jemand in das jeweilige Land integriert werden will oder nicht.
Dazu noch etwas: Wenn in einem Haushalt in Deutschland nicht Deutsch gesprochen wird, steigt das Arbeitslosigkeitsrisiko gegenüber Deutschen um 60 %. Man muss in den Familien also Deutsch reden. Es hilft nicht, mit Schüsseln nur türkische oder arabische Sender zu empfangen; es ist notwendig, deutsche Sender zu empfangen. Es ist auch notwendig, deutsche Zeitungen zu lesen und Deutsch zu reden. Darin liegt die Entscheidung für unsere Gesellschaft.
Fördermaßnahmen sind da zwar sinnvoll. Aber letztlich sind sie nur Reparaturmaßnahmen. Wir müssen frühzeitig reagieren. Probleme müssen vorher gelöst werden. Bayern tut viel dafür, das Sozialministerium, das Kultusministerium und der Freistaat Bayern insgesamt. Nachbessern ist gut, aber Vorbeugen ist bei Weitem besser.
Wir haben 1961 auf der Grundlage eines Vertrages Gastarbeiter, insbesondere aus der Türkei, nach Deutschland geholt. In dem Vertrag steht ein Rotationsprinzip: Hier sollte zwei Jahre gearbeitet werden, damit dann "frische Arbeitskräfte", wie es in der Formulierung heißt, da sind. Die Sprache war in Richtung Qualifikation früher also überhaupt kein Thema; denn nach zwei Jahren geht man ja nach Hause, dann braucht man nicht die deutsche, sondern die türkische Sprache.
Diese Auffassung hat sich gewandelt. In der Tat lernen viele Zuwanderer bei uns Deutsch.
Integration muss im Kreißsaal beginnen - um es einmal drastisch auszudrücken. Die Integration muss bei der frühkindlichen Entwicklung und Erziehung von Anfang an ansetzen. Wir brauchen dazu verstärkt und auf allen gesellschaftlichen Ebenen eine interkulturelle Kompetenz. Diese bedeutet, dass wir wissen müssen, wie die anderen leben und warum sie so leben. Dies muss uns gegenseitig bereichern. Dazu gehören auch Schulungen für Erzieherinnen und Erzieher in interkultureller Kompetenz.
Bildung ist nicht allein Sache der Schule und des Staates. Bildung ist nicht möglich ohne die Familie. Bildung ist nur möglich, wenn die Familien mitspielen, wenn die Mütter mitspielen. Ohne Frauen funktioniert es nicht. Wir können in den Schulen mit vielen Millionen Euro zwar etwas bewegen. Aber wenn die Familien bei der sprachlichen Bildung nicht mitspielen, wenn dort nicht über Sprache und Literatur gesprochen wird, dann haben wir keine Chance.
Ohne Eltern geht es nicht. Mein persönlicher Wunsch ist eine Elternschule. "Elternschule" steht als Synonym für Hilfe für Eltern, die nicht wissen, wie Erziehung funktioniert. Eine solche Hilfe ist wirklich notwendig. Wir machen zum Beispiel pilotprojektartig Elternabende speziell für muslimische Mütter, um ihnen die 15 Wege zum Abitur und die 12 Wege zur mittleren Reife aufzuzeigen. Das machen wir, und es funktioniert.
Aber Sie können nicht davon ausgehen, dass man das ganz locker mit einem Elternbrief machen könnte. Es funktioniert auch nicht dadurch, dass man in der Tageszeitung inseriert. Es ist vielmehr notwendig, die Eltern aufzusuchen, anzuklopfen, zu telefonieren und zu sagen: Heute Abend ist der Abend für dein Kind, bitte übernimm die Verantwortung für dein Kind. Die Verantwortung darf also nicht an der Schule abgegeben werden, sondern die Eltern müssen selbst Verantwortung übernehmen.
Für die Bedeutung der Bildung für die eigenen Kinder müssen wir die Eltern sensibilisieren. In der Türkei ist es so: Wenn ich die Kinder an der Schule abgebe, übernimmt der Lehrer die volle Verantwortung. Bei uns ist das nicht so. Das muss ich sagen. Jeder Mensch braucht drei Dinge: Erstens Bildung, zweitens Bildung und drittens Bildung. Aus dieser Bildung entstehen Ausbildung, Fortbildung und Weiterbildung. Nur eines braucht man nicht, nämlich die Einbildung, wegen seiner Nation oder seiner Religion etwas Besseres zu sein.
Schule ist der Integrationskatalysator. Deshalb hat der Freistaat Bayern gemeinsam mit dem Bundesamt das Projekt Campus gegründet, mit dem Studenten bzw. Abiturienten mit Migrationshintergrund als Lehrer in die Schulen gebracht werden. Das Projekt funktioniert und wird immer mehr angenommen. Wir führen in Bayern auch interkulturelle Schulungen für Lehrer in Dillingen durch. Ich denke, dass die Mittelschule eine Riesenchance ist, die Potenziale und Talente zu entdecken, die wir brauchen, und die passgenau für diese jungen Menschen ist. Bayern ist dabei auf einem guten Weg.
Schüler und Eltern müssen Partner werden. Ob es jedoch reicht, die Kinder mit Zuwanderungshintergrund zu schulen, um die demografische Entwicklung zu unterbrechen, daran habe ich meine Zweifel. Ich glaube, wir müssen offen und ehrlich auch über eine qualifizierte Zuwanderung reden. Wir müssen offen und ehrlich darüber reden, wie das in der Zukunft in Deutschland funktionieren wird. Wir müssen über die
qualifizierte Zuwanderung reden. Dabei müssen bürokratische Hemmnisse abgebaut und muss eine Willkommenskultur aufgebaut werden.
Zuwanderung muss sich am Arbeitsmarkt orientieren, auch am Alter, der Qualifikation, der Integrationsbereitschaft und am Werteverständnis. Wir leben in Europa in einem Wettbewerb aller Länder um hochqualifizierte Menschen. Wir müssen dabei ein Angebot machen. Ich sehe das als Dreiklang: Zuerst deutsche Arbeitslose qualifizieren, dann aus Europa, dann aber auch - nicht zu vergessen -, Zuwanderer wegen deren Qualifikation nach Deutschland holen. Dazu zählt auch die Anerkennung von Abschlüssen.
Die schon lange anstehende Regel muss endlich umgesetzt werden. Die Qualität der deutschen Abschlüsse darf aber nicht infrage gestellt werden.
Bayern investiert sehr viel in Integration, aber ich weiß nicht, ob es reicht, wenn wir die wirksamsten und tollsten Maßnahmen machen, ohne die einheimische Bevölkerung einzubeziehen. Wir können nicht zulassen, dass die Integration wie bisher eine Elitediskussion bleibt. Wir brauchen bei all diesen Diskussionen hinsichtlich der Integration die Menschen, die Mehrheitsgesellschaft, damit Vorurteile und Ängste abgebaut werden. Ohne Zustimmung der Menschen können wir nicht Politik machen.
Integration heißt für mich, Menschen darüber zu informieren, was wir wollen, Transparenz zu schaffen, zu überzeugen statt zu überreden und die Teilhabe der Menschen am Prozess der Integration zu ermöglichen. Vielleicht ist es sinnvoll, dass wir Politiker am Anfang nicht zu viel fordern, weil die Menschen oft überfordert sind. Wir müssen die Sorge der Bevölkerung ernst nehmen, weil die Menschen oftmals das Gefühl haben, alleine gelassen zu sein. Wenn Zeitungen - wie kürzlich die "Süddeutsche Zeitung" - über Mobbing gegen deutsche Schülerinnen und Schüler an Schulen in Berlin schreiben, dann muss ich auch das sehr ernst nehmen.
Ich muss die Gefühle der Menschen aufnehmen. Integration ist auch eine Herzensangelegenheit. Weder Gesetze noch allein der Euro reichen. Wichtig ist die innere Einstellung zu diesen Menschen.
Einheimische befürchten, durch den Wandel der Zeit und den Wandel der Welt die eigene Identität zu verlieren. Deshalb darf es keine Tabus bei der Diskussi
on geben. Es muss eine tabufreie Diskussion geben, weil Integration sonst eine Vorlage für politische Extremisten ist. Wir haben momentan das Glück, dass wir in der deutschen Parteienlandschaft keine derart orientierte Partei in einem deutschen Parlament haben - außer in Mecklenburg-Vorpommern und Brandenburg. Alle anderen Länder in Europa haben am rechten Rand Parteien, die auch im Europaparlament sitzen, nur wir nicht, und das liegt auch an einer vernünftigen Sozial- und Integrationspolitik.
Viele Menschen haben Angst vor dem Islam. Wenn man über Erlebnisse und Beobachtungen in der Zeitung liest, dann werden diese Themen oftmals verallgemeinert. Es wird über Machogehabe von jungen Türken gesprochen, ebenso über Aggression und Kriminalität, den Missbrauch sozialer Leistung, Rückzug in Familien und Moscheen, Parallelgesellschaft, Vorwürfe gegen die Mehrheitsgesellschaft, starke und bewusste Belege der Tradition, religiöse Auswüchse bis hin zum Extremismus.
All diese Phänomene werden einer Gruppe der Muslime zugeschrieben. Es gibt auch gewisse Ängste der Menschen vor Unterwanderung. Die Debatte, die wir führen, ist keine bayerische, sondern eine europäische Debatte. Deshalb ist es notwendig, diese Debatte öffentlich und offen zu führen. Sarrazin ist das Verdienst zuzuschreiben, dass wir die Debatte so führen, wie wir sie jetzt führen. Wir haben die Debatte noch nie so offen geführt wie jetzt, und dafür bin ich dankbar.
Die Diskussion beruht teilweise auch auf einem Missverständnis bezüglich der Entwicklung der Gesellschaft. Ich habe vorhin schon von Gastarbeitern gesprochen. Man hat das Wort Gastarbeiter sehr ernst genommen in der Bedeutung "Gast" und "arbeiten". Deshalb hat man weder die Notwendigkeit gesehen, die Sprache zu erlernen, noch die Notwendigkeit der Integration noch die Notwendigkeit, sich als Mitbürger zu fühlen. Integrationsbemühungen sind immer beidseitig. Sie können nicht erwarten, dass immer nur der andere es macht, man darf nicht immer nur auf den anderen zeigen. Das bringt uns nicht weiter.
Der Grund dafür, dass wir eine intensive Integrationspolitik machen müssen, liegt im Familiennachzug seit den 80er Jahren. Erst danach hat sich das Denken in der Integrationspolitik gewandelt. Es fehlten zu lange klare Regelungen und Rahmenbedingungen. Das führte dazu, dass sich die Menschen in ihren eigenen Räumen verschlossen haben, ihre heimische Tradition gepflegt und einen Rückzug in die eigene Welt geschaffen haben. Viele, die aus Anatolien gekommen
sind, haben auch hier ihre hierarchische Familienkultur gepflegt. Die konservative Religiosität, die klare Rollenverteilung der Geschlechter - waren wichtig für die menschliche Identitätsstiftung, aber schlecht für die Betroffenen, weil sie sich in der neuen Sprache nicht ausdrücken konnten und ohne entsprechende Bildung auch Chancen am Arbeitsmarkt vertan haben.
Gerade junge Menschen fühlen und fühlten sich durch diese mangelnde Perspektive ausgeschlossen und nehmen dann eine Opfermentalität ein, die sehr schädlich ist. Die Ideologie des Multikulti ist schlecht. Sie suggeriert, sich nicht anpassen zu müssen. Wir wollen Kulturvielfalt und keinen Kulturmischmasch. Wir brauchen in der Integration klare Regeln und Rahmenbedingungen. Die Zuwanderer müssen sich akzeptiert und gleichwertig fühlen.
Den Rahmen der Integration bilden die Bayerische Verfassung, das deutsche Grundgesetz, die Werte Freiheit, Demokratie und Gleichberechtigung sowie die Menschenrechte. Der Zentralrat der Muslime schreibt in einer Abhandlung: Diese Gesetze und die Menschenrechte sind lokale Gesetze, die wir so lange beachten, solange wir in der Diaspora leben, im Gegensatz zum Koran. Das ist eine Unverschämtheit des Zentralrats der Muslime.
Kulturvielfalt bedeutet auch, die kulturelle Identität zu bewahren. Identität braucht jeder Mensch, ob in der Mehrheitsgesellschaft oder der zugewanderten Gesellschaft. Freiheit ist das oberste Gebot für uns, und Religionsfreiheit ist ganz wichtig. Aber Religionsfreiheit kann nicht grenzenlos sein; denn Religionsfreiheit funktioniert nur so lange, so lange man die Freiheit des anderen nicht einschränkt.
Wir brauchen in Deutschland keine radikalen Islamisten, wir brauchen keine islamischen Prediger, wir brauchen keine Salafiten oder Wahhabiten. Wir müssen dabei radikal und streng vorgehen. Wir müssen die Sanktionen, die wir haben, einsetzen, und wir müssen offen über Zwangsverheiratung reden. Terres des Femmes sagt, in Deutschland gebe es jährlich 30 000 Zwangsverheiratungen. Auch Ehrenmorde müssen angesprochen werden. Auch Genitalverstümmelungen müssen angesprochen werden. Dank der GRÜNEN haben wir diesem Gesetzentwurf auch zugestimmt. Dieser ist wichtig, weil in Deutschland, der Schweiz und in Europa Genitalverstümmelungen durch Wanderprediger stattfinden. Das muss man angehen. Es entsteht sonst ein Schaden für die Frauen, der für ihr ganzes Leben entscheidend ist. Deshalb müssen wir diese Themen angehen.
Das Gleiche gilt für den Moscheenbau. Wir müssen die Menschen fragen: Wer finanziert deine Moschee?
Wer predigt? Warum finanziert er es? Wer ist der Imam? Man muss auch über die Imam-Ausbildung nachdenken. Ich muss aber darüber nachdenken, dass die meisten Moscheen DITIB-Moscheen sind, das heißt, es sind Einrichtungen des türkischen Staates. Wer bezahlt die Imame? Die Imame werden jetzt aus der Türkei bezahlt.
Das letzte Wort des Imam bei jeder Predigt ist: Gott schütze die Regierung. Damit ist aber nicht die deutsche, sondern die türkische Regierung gemeint. Hier ist noch sehr viel zu tun. Meine sehr verehrten Damen und Herren, das müssen wir offen und ehrlich angehen.
Die große Mehrheit der Menschen ist bei uns integriert. Wer Integration verweigert und unsere Gesetze und Werte ablehnt, muss mit Sanktionen rechnen. Die Gesellschaft erwartet zu Recht, dass wir die uns zur Verfügung stehenden Sanktionen anwenden. Wer Integration verweigert und unsere Gesetze und Werte ablehnt, muss mit Sanktionen rechnen. Wir haben diese Sanktionen. Wir brauchen keine neuen Sanktionen. Die, die wir bereits haben, sollten angewandt werden.
Denkbare Sanktionen wären die Streichung von ALG II und die Ausweisung nach einer Abmahnung.
Herr Rinderspacher, die Zahl der Integrationskurse ist in diesem Jahr erhöht worden. Dafür sind 15 Millionen Euro mehr investiert worden. Die Integrationskurse in Deutschland sind ein Erfolg. Sie haben vom Jahr 2005 bis zum Jahr 2010 eine Milliarde Euro gekostet.
- Wer sie eingeführt hat, ist doch mittlerweile egal. Wichtig ist, dass sie erfolgreich sind. 350.000 Menschen sind verpflichtet, an diesen Kursen teilzunehmen. Nach Angaben unseres Innenministers de Maizière brechen 20 % den Kurs ab und 10 % gehen erst gar nicht hin. Die muss ich strafen, auch im Interesse derjenigen, die hingehen.
Wir müssen die uns zur Verfügung stehenden Sanktionen durchführen, bevor wir neue installieren.
Ich zitiere Sigmar Gabriel aus der "Süddeutschen Zeitung" vom 21.09.2010: "Wer sich nicht integriert, muss gehen." Meine sehr verehrten Damen und Herren, Integration bedeutet, alle Menschen in diesem Integrationsprozess mitzunehmen. Ob das gelingt, ist eine der Schicksalsfragen unseres Landes. Über eines müssen wir uns klar sein: Zuwanderer und Menschen mit Migrationshintergrund sowie Einheimische haben nicht dieselbe Vergangenheit, aber die gleiche Zukunft.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dank meiner Frak tion können wir heute über Integration reden. Wir reden über viele Dinge, zum Beispiel über Klima, Finanzen oder Energie. Es ist aber notwendig, das Thema Integ ration mehr in den Vordergrund zu rücken. Dabei reicht es nicht, nur die Standpunkte auszutauschen, sondern wir brauchen eine gesellschaftspolitische Debatte. In tegration in Bayern ist eine große Herausforderung. Ich möchte mit einem Zitat eines Politikers beginnen: "Die gesellschaftlich wichtige Frage wird sein: Wie wird ein Deutschtürke eher Arzt als asozial?" - Das ist provo kant, aber eine Aussage, über die wir intensiv diskutie ren müssen.
Die Integration muss im Sinne unserer Kinder und un serer Enkelkinder gelingen. Zuwanderung und Integra tion dürfen nicht nur verwaltet werden, sondern sie müssen gestaltet werden. Diese Themen sind seit Lan gem bekannt und vielleicht etwas zu spät angegangen worden. Oft hat der ideologische Streit der Parteien mehr geschadet als genützt, denn die Integration ist eine nationale Aufgabe und eine nationale Verpflich tung. Deshalb ein Dankeschön an die Kollegin Ulrike Gote dafür, dass wir gemeinsam mit allen Parteien vor 14 Tagen den Antrag auf Einrichtung eines Studien gangs für islamische Studien haben verabschieden können. Das ist im Sinne einer guten Integrationspolitik.
Wir haben in den letzten Jahren eine ideologisch ge prägte Auseinandersetzung erlebt: multikulti, perma nente Straßenfeste und die Überzeugung, alles Frem de sei gut; wenn es nicht gut ist, dann liegt das an der Intoleranz der Gesellschaft. Wer alles toleriert, braucht selber nicht viel zu tun - das war die eine Seite des Meinungsspektrums. Die andere, eher von meiner Par tei vertretene Sichtweise war: Das Problem wurde nicht zum Thema gemacht, man hat es nicht als vordringlich gesehen. Auch in der Bevölkerung herrscht eine ent sprechende Stimmungslage. Die Bevölkerung macht sich - wenn ich vor Ort unterwegs bin, kann ich das immer wieder feststellen -, unabhängig von der Partei zugehörigkeit selbst Gedanken über dieses Thema. Die Menschen sind durch den Wandel in unserer Gesell schaft überfordert. Die Bürger spüren und erleben haut nah die Veränderung. Sie spüren es insbesondere bei der Jugend, in der Arbeit oder in den Diskotheken. Viele Lebenslügen sind von der Politik, in Verbänden und von Fachleuten kultiviert worden.
Bayern hat eine effektive und nachhaltige Integrations arbeit geleistet. Wenn Sie die Studie des Direktors des Berlin-Instituts, Herrn Dr. Klingholz, über ungenutzte Potenziale lesen, dann werden Sie feststellen, dass Bayern als Flächenstaat auf Platz zwei hinsichtlich der Integrationsleistungen liegt. Integration erfolgt tagtäg lich. Viele nutzen die Chancen in Deutschland. Gökhan aus der Türkei hat mir gesagt, die Chancen, die ihm Deutschland und Bayern geboten habe, seien außer gewöhnlich. Siddarth Mudgal aus Indien, der bei uns in Bayern angekommen ist, sagt, Bayern sei seine ge wünschte Heimat, während Indien seine Heimat sei. Wenn Bayern erfolgreicher als andere Bundesländer ist, dann bedeutet das aber nicht, dass wir uns ausru hen dürfen. Wenn in Bayern auch weniger Diskriminie rungsfälle festzustellen sind, so ist doch jeder zu viel. Wir wollen aber nicht nur über Probleme, sondern müs sen auch über Lösungen reden. Deshalb geht es um nichts weniger als um die Zukunftsfähigkeit unserer Gesellschaft.
Die Demografie ist ein herausragendes Moment. Wir werden es erleben, dass immer mehr älter werden und immer mehr ältere Menschen hier leben, während die Zahl junger Menschen zurückgeht. Wir brauchen das Potenzial der Jugend, weil die Jugend kreativ und in novativ ist. Die Jugend sichert unseren Wohlstand und unsere Wettbewerbsfähigkeit. Es darf kein Talent ver loren gehen. Wir brauchen dringend - auch das ist etwas provozierend - qualifizierte Zuwanderung von Menschen, die gemeinsam mit uns dieses Land gestal ten wollen. Nur mit Zuwanderung allein werden wir das nicht erreichen, wir brauchen jedes Kind, das in Deutschland lebt. Jedes Kind muss gefördert werden. Fakt ist - das ist schlimm -, dass zu viele Kinder mit Mi grationshintergrund ohne Abschluss sind, mehr als doppelt so viele wie bei den Deutschen.
Wichtig ist auch eine Intensivierung der Elternarbeit. Wir haben im Landkreis Kelheim einen klassischen El ternabend gehabt, insbesondere für muslimische El tern, um den Weg für die Kinder zu zeigen. Damit wird den Eltern auch klar gemacht, dass sie selbst Verant wortung für ihr Kind haben, während der Freistaat be gleitend Hilfe leistet. Die Verantwortung liegt aber in erster Linie bei den Eltern.
Menschen ohne echte Zukunftsperspektiven werden sich schwer integrieren lassen. Sie leben zwar hier, aber sie gehören nicht dazu. Ihre Probleme werden später unsere Probleme sein, sei es hinsichtlich der Kriminalität, Radikalismus oder der Arbeitslosigkeit. Wir dürfen kein Potenzial ungenützt lassen. Wir wollen in Bayern eine Win-win-Situation und keine Lost-lost-Si tuation. Deshalb müssen wir alle Ziele ausnutzen und dürfen keine Chancen ungenutzt lassen. Hinsichtlich der Herausforderungen der Integration sind drei Dinge
notwendig: Bildung, Bildung, Bildung. Von der Bildung kommt die Ausbildung, nach der Ausbildung ist es mög lich, sich weiterzubilden, nach der Weiterbildung kommt die Fortbildung.
Nur eines darf nicht passieren, nämlich die Einbildung. Dies betrifft zum Beispiel die Einbildung, wegen der Religion oder der Zugehörigkeit zu einer Gruppe besser zu sein als andere. Wichtig ist die Überzeugung, dass wir in diesem Lande alle gleich sind und dass wir alle Chancen nutzen, die für unsere Kinder notwendig sind. Wir machen das Angebot, jedoch muss die Bereitschaft vorhanden sein, am Leben in unserer Gemeinschaft teilzunehmen. Die Sprache, der Respekt und die Aner kennung unserer Traditionen sollten bereits im Kinder garten vermittelt werden.
Meine sehr geehrten Damen und Herren, für uns be deutet Integration nicht die Integration einer Religion oder einer Nation, sondern die Integration von Men schen.
Trotzdem können wir nicht alles umsetzen, was ge wünscht wird. Wir wollen eine offene Diskussion ohne Vorurteile. Die wichtigsten Kriterien für die Finanzie rung der entsprechenden Programme und Maßnahmen sind Zielgenauigkeit, Nachhaltigkeit und Evaluation. Dies haben wir im Sinne der Steuerzahler in unserem Rechenschaftsbericht unterzubringen.
Zuwanderung und Integration sind gut. In diesem Punkt wird mir niemand widersprechen. Jedoch reicht das nicht. Diese Integrationsdebatte wurde bisher nur mit Betroffenen geführt. Um den benötigten Erfolg zu ge währleisten, müssen wir die Mehrheitsgesellschaft mit nehmen. Integration funktioniert nur, wenn die Mehrheit mitspielt. Integration funktioniert nur, wenn alle Betei ligten mitmachen und der Wille sowie die Bereitschaft zur Integration vorhanden sind. Von der Mehrheitsge sellschaft ist selten die Rede gewesen. Stattdessen ist sie kritisiert worden, weil sie Kritik geübt hat. Die Integ rationspolitik war über Jahrzehnte eine Politik der Elite. Beteiligt haben sich Professoren, Fachleute und Kir chen. Entscheidend ist jedoch Otto Normalverbrau cher. Er muss im Sinne der Integrationspolitik mitge nommen werden. Die Menschen wollen in die Integrationspolitik einbezogen werden. Für mich be deutet dies, dass sie mit vernünftigen Informationen versorgt und zu ergiebigen Gesprächen eingeladen werden.
Sie erinnern sich bestimmt alle an das Minarettverbot über das im Dezember in der Schweiz abgestimmt wurde. Dies hat viele empört und überrascht. In zahl reichen Veranstaltungen konnte ich feststellen, dass viele Menschen das Minarett als Synonym für ihre emo
tionalen Befürchtungen sehen. Wir müssen diese The men ernst nehmen, ohne sie zu tabuisieren. Wir müssen mit den Menschen reden und sie nicht überre den. Wir müssen die Menschen überzeugen. Außer dem müssen wir uns zum Ziel setzen, dieses Thema ohne Tabus zu diskutieren. Wir dürfen jemanden nicht von vorneherein in die Ecke stellen, weil er eine andere Meinung hat. Alles das, was gedeckelt wird, sprengt sich irgendwann. Meine sehr verehrten Damen und Herren, aus diesem Grund bitte ich Sie um die gemein same Arbeit im Sinne der Integration.
Wir wollen den Bürger an der Debatte, an den Informa tionen und Entscheidungen beteiligen. Integration kann nicht per Rezept verordnet werden. Integration muss gelebt werden. Der Integrationsprozess findet täglich statt. Wir müssen auf die Menschen hören. Bayern be findet sich auf einem guten Weg, wenn wir gemeinsam an der Integrationspolitik arbeiten.
Wir integrieren alles.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Eine fränkische Zeitung hat in einer Ausgabe getitelt: "Viele Metzgereien scheitern an der EU". Frau Müller, Sie haben das Problem angesprochen, aber man muss ehrlicherweise auch sagen, dass wir Ihrem Antrag nicht zustimmen können; denn es ist einfach zu spät. Sie wissen - Sie haben auch einiges zitiert -, dass vonseiten der Staatsregierung zum Teil gemeinsam mit der SPD Anträge gestellt worden sind, um eine Veränderung herbeizuführen und die Sache in die richtige Richtung zu lenken. Wir wissen aber alle, dass wir im Bundesrat nicht die Mehrheit für solche Dinge haben.
Bayern hat hier eine Sonderstellung. Wir haben mehr Metzgereien, Brauereien, Molkereien und Bäckereien als andere Bundesländer. Wir haben hier eine andere Situation. Spaßeshalber könnte man deshalb sagen, es wäre nicht schlecht, wenn wir aus dem Bund aussteigen würden. Dann hätten wir wahrscheinlich eine noch bessere Republik, weil wir solche Dinge durchsetzen könnten.
- Ich glaube, die Zustimmung wäre groß.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, auch bei der Führerscheinrichtlinie für Feuerwehren war es so: Bayern steht mit 15 : 1 an der Wand, weil die Situation hier anders ist.
Bayern hat am 07.07.2007 eine Initiative in den Bundesrat eingebracht. Am 23./24. Januar vor einem Jahr ist Bayern ebenfalls vorstellig geworden. Der Bundesrat stimmt unseren Vorstellungen aber schlicht nicht zu. Insofern ist es schwierig, Ihrem Antrag zuzustimmen. Den Antrag hat im Übrigen auch die CSU im November 2007 gestellt, aber eine Änderung war nicht möglich, und das muss man den Leuten ehrlich sagen. Ich glaube, es ist falsch, die Hoffnung zu wecken, dass es nach dem 31.12.2009 irgendwelche Möglichkeiten gibt. Es ist einfach nicht realisierbar. Ich bitte, das zu verstehen.
1987 haben wir die Fleischhygieneverordnung eingeführt, in der bereits geregelt war, dass man in Schlachträumen nicht zerlegen darf. Der Freistaat Bayern hat aber die Möglichkeit eingeräumt, dass im Rahmen der Fleischhygieneverordnung doch zerlegt werden darf. Im vorliegenden Gesetz gibt es solche Möglichkeiten aber nicht. Ich zitiere an diesem Punkt aus der vorhin genannten fränkischen Zeitung den Ansbacher Obermeister Karl-Heinz Holch, der sagt: Das sind keine unüberwindlichen Hürden. Weiter erklärt er, diese neuen Vorschriften seien für viele Betriebe sogar die Chance, sich zu modernisieren. In den EU-Rahmenrichtlinien steht "kleinere Mengen". Österreich legt das mit einer 5.000-Tonnen-Regelung aus, wir legen es mit einer Drittel-Regelung aus. Da ist schon eine Krux,
und das versteht so mancher Verbraucher und mancher Metzger nicht. In Österreich ist die Regelung so, in Deutschland so, und in Palermo gibt es wahrscheinlich gar keine. Die Überlegung müssen wir schon haben. Dann stellt sich wirklich die Frage, ob wir hier immer europäische Rahmenrichtlinien für alles und jedes brauchen, wenn man in der nationalen Auslegung das europäische Gesetz nicht mehr wiederfindet. Hier müssten wir konsequent sein.
Ich fordere im Namen der CSU, in den Ministerien und auch bei uns im Landtag ein Frühwarnsystem zu installieren, damit wir von Anfang an solche Rahmenrichtlinien, wenn sie denn kommen, ausbremsen können und sie nicht so lange laufen lassen, bis wir keine Chancen mehr haben.
Wir fordern, dass die Landratsämter bis zum 31.12. sensibel mit der Sache umgehen, hilfsbereit und informativ sind. Es ist auch notwendig, das Handbuch so interpretieren zu können, dass die Menschen das möglichst schnell verstehen. Die Beamten vom Landratsamt müssen Ansprechpartner der Bürger sein und den Metzgern bis zum 31.12. helfen, damit sie eine Chance haben, ihren Betrieb weiterzuführen.
Wir fordern schließlich, dass die Dokumentation, die auch von kleinen Metzgern verlangt wird, auf das normale Regelmaß minimiert wird. Die kleinen Metzger müssen viel Zeit auf die Dokumentation verwenden, sodass wenig Zeit für die effektive Arbeit bleibt.
Wir wollen, wie wir das in der Ausschusssitzung besprochen haben, einen Bericht im Juni, also noch sechs Monate vor dem 31.12. darüber, wie dann die Situation ist. Momentan sind 12 % zugelassen und zwei Drittel beantragt. Wir wollen wissen, wie es im Juni ausschaut, weil wir sechs Monate vor dem Fristablauf noch die Chance zum Eingreifen haben. Ich bitte, diesen Antrag im Interesse der Metzger abzulehnen, weil es sonst wirklich keine Chance mehr gibt.