Turhal Özdal
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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich habe eine ganz kur
ze Frage, Sie haben den Antrag missbraucht, um einen Totalangriff auf die Türkei vorzunehmen, und das verurteile ich auf das Schärfste. Werden Uiguren in der Türkei als Flüchtlinge aufgenommen, ja oder nein?
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Ich schließe mich den Ausführungen meiner Vorredner unmittelbar an.
Ich meine die Ausführungen meines Kollegen Tsartilidis!
Das Land Bremen verfolgt seit über einem Jahrzehnt das Ziel, Bremerhaven zu einem europäischen Zentrum der Offshore-Windenergiewirtschaft auszubauen. Hierzu wurde ein Cluster Windenergie entwickelt. Dieser umfasst sämtliche Stufen der Wertschöpfungskette von der Forschung und Entwicklung über die Fertigung der Komponenten bis hin zu technischen und meteorologischen Servicedienstleistungen. Dieses Clusterprojekt hat über die Jahre inzwischen Früchte getragen. In Bremerhaven haben sich viele und wichtige Unternehmen aus dieser Wertschöpfungskette niedergelassen. Zu nennen sind zum Beispiel Senvion, Adwen, Power Blades, Fraunhofer-Institut und die Windenergieagentur. Dort sind über 1 500 neue Arbeitsplätze geschaffen worden.
Diesem Clusterprojekt muss jetzt eine wettbewerbsfähige Infrastruktur an die Seite gestellt werden. Das ist der nächste notwendige Schritt, der hier gegangen werden muss. Das wollen und werden wir als Regierungskoalition mit dem OTB und den angrenzenden Gewerbeflächen erreichen.
Als unmittelbar angrenzende Warenausgangszone für die Offshore-Windenergiewirtschaft in Bremerhaven ist der OTB eine zentrale und für das Wachstum Bremerhavens eine unbedingt erforderliche Investitionsentscheidung.
Herr Bödeker, jetzt komme ich zu Ihrer spannenden Frage, wie sich die Grünen dazu verhalten. Wir Grüne haben uns für den Bau des OTB ausgesprochen,
weil wir damit vorrangig die urgrünen Ziele zum Klimaschutz und zur Energiewende voranbringen wollen. Genauso wichtig ist es für uns Grüne, den Offshore-Standort Bremerhaven als Wirtschafts- und auch als Wissenschaftsstandort nachhaltig zu stärken und auszubauen und somit für die Entstehung von vielen neuen und nachhaltigen Arbeitsplätzen zu sorgen.
Nach den aktuellen Gutachten sind Zahlen im Raum, wonach realistisch 7 000 bis 12 000 neue Arbeitsplätze zu erwarten sind. Wir hoffen, diese Zahl mittel- bis langfristig erreichen zu können.
Als Grüne müssen wir zugeben, dass das für uns insbesondere unter Berücksichtigung der Umwelt- und Naturschutzaspekte keine leichte Entscheidung war. Wir haben auch im Rahmen der Koalitionsverhandlungen dezidiert darauf gedrungen, dass die Naturschutzaspekte nicht vernachlässigt werden,
dass ausreichend Kompensationsmaßnahmen getroffen werden. Wir haben darauf gedrungen, dass die Bedarfsprüfungen immer wieder aktualisiert und mit fachmännischen Aussagen bekräftigt werden.
Ein schwerlastfähiger wettbewerbsfähiger Warenausgangshafen ist eine existenzielle Voraussetzung für die Ansiedlung weiterer Firmen aus der Offshorebranche in Bremerhaven. Das hat sich aus unserer Sicht mit der Entscheidung von Siemens bestätigt.
Ich persönlich bin der Meinung, dass Siemens nicht in Cuxhaven angesiedelt hätte, wenn wir den OTB in Bremerhaven schon vorher gehabt hätten.
Ich komme nun auf Ihre Große Anfrage und insbesondere auch auf Ihre Presseerklärung vom 30. September zu sprechen, Herr Kollege Janßen. Als Hauptkritikpunkt wird von den OTB-Gegnern immer wieder die Ansiedlung von Siemens in Cuxhaven genannt, aber ich habe bisher noch keinen Vorschlag und auch noch keine Empfehlung gehört, ich habe noch nicht gehört, was denn Ihre Schlussfolgerung, was denn Ihr Resümee daraus ist. Sollen wir jetzt die jahrzehntelange Planung – ganz konkret die Planung seit 2010 – über den Haufen werfen, weil sich Siemens in Cuxhaven angesiedelt hat? Sollen wir die Akte OTB weglegen? Was ist Ihr Vorschlag? Nur um der Kritik willen zu kritisieren, finden wir nicht richtig.
Zuzugeben ist, dass die Ansiedlung von Siemens in Cuxhaven uns nicht glücklich gemacht hat. Es wäre
besser gewesen, wenn sich Siemens für Bremerhaven entschieden hätte. Die Planung des OTB war aber nie existenziell mit der Frage der Ansiedlung von Siemens in Bremerhaven oder Cuxhaven verbunden. Die richtige Antwort auf die Ansiedlung von Siemens in Cuxhaven ist die zügige Umsetzung des Baus des OTB.
Dies auch im Hinblick auf die in Bremerhaven ansässigen Firmen, denn langfristig wird sich ein Verzicht auf den Bau des OTB als Standortnachteil für die dort ansässigen Firmen erweisen!
Bremerhaven ist derzeit ein Zentrum der OffshoreWindenergie – mein Kollege Tsartilidis hat das ausführlich erläutert – und muss sich im europäischen Vergleich keineswegs verstecken. Im Gegenteil, Bremerhaven hat einen sehr guten Ruf in der OffshoreWindenergiebranche. Diesen Ruf wollen wir mit dem Bau des OTB verteidigen und weiter ausbauen. – Danke schön!
Sehr geehrter Herr Präsident, meine Damen und Herren! Ich versuche, mich jetzt einmal nicht von dieser Hektik anstecken zu lassen.
Auch zu so später Plenarstunde muss ich Ihnen ein paar Zahlen zumuten.
95 Prozent des interkontinentalen, 90 Prozent des europäischen Außenhandels und 60 Prozent des deutschen Exports werden über den Seeweg abgewickelt.
Wie bitte?
Diese Zahlen verdeutlichen unmissverständlich die Bedeutung der maritimen Wirtschaft für Deutschland und selbstverständlich auch für Bremen.
Zur maritimen Wirtschaft zählen wir vor allem den Schiffbau, die Häfen, die maritimen Technologien, die Zulieferindustrie und selbstredend die Seeschifffahrt. In ihrer Bedeutung nicht hoch genug einzuschätzen
ist gleichzeitig die Wissenschaft und Ausbildung auf dem maritimen Sektor, vor allem zur Sicherung des deutschen seemännischen Know-hows und zur Schaffung von Arbeitsplätzen. Hierzu werden aktuell mehrere Studiengänge sowohl in der Hochschule Bremerhaven als auch in der Hochschule Bremen angeboten, in Bremerhaven zum Beispiel der Studiengang Schiffsbetriebstechnik, in Bremen Schiffbau und Meerestechnik sowie der hier relevante Studiengang Internationales Management.
Im Folgenden möchte ich der Reihenfolge nach auf den Antrag der CDU-Fraktion eingehen. Unter Ziffer 1 a des Antrags wird der vollständige Lohnsteuereinbehalt für Seeleute an Bord von deutschflaggigen Handelsschiffen gefordert. Hierzu muss ich leider wieder einige Zahlen nennen.
3 150 Schiffe der deutschen Handelsflotte, Stand Juli 2015, sind derzeit auf den Weltmeeren unterwegs. Seit 2012 ist hierbei ein Rückgang von rund zehn Prozent zu verzeichnen, also innerhalb von drei Jahren. Im Jahr 2010 fuhren noch 566 Handelsschiffe unter deutscher Flagge, im Mai 2015 waren es nur noch 354 Schiffe unter deutscher Flagge. Hinsichtlich des hier relevanten Aspekts des Lohnsteuereinbehalts gab es im dritten Quartal 2013 7 546 sozialversicherungspflichtige deutsche Seeleute, im zweiten Quartal 2015 dagegen nur noch 6 705 sozialversicherungspflichtige Seeleute in ganz Deutschland.
Den Rückgang der genannten Zahlen führen die Bremer Reedereien sowohl auf die seit 2008 andauernde Krise in der Weltschifffahrt und den dadurch noch weiter verschärften weltweiten Wettbewerb als auch auf die vergleichsweise schwereren Bedingungen am Standort Deutschland zurück. Hierzu werden unter anderem genannt: der Verwaltungs- und der damit verbundene sehr hohe Zeitaufwand der Reedereien, teilweise muss man bis zu zwölf Behörden kontaktieren, um eine Genehmigung zu erhalten; weiterhin werden von den Reedereien angegeben die vor allem im Vergleich zum Welt- und europäischen Markt zu hohen Lohn-und Personalkosten und mittlerweile auch die hohen administrativen Kosten.
Nach Auskunft des Bremer Rhedervereins haben Bremens Reeder aktuell 313 Schiffe in Fahrt und beschäftigen dabei rund 700 Mitarbeiter an Land und weitere 8 000 an Bord. Wie viele davon allerdings Sozialversicherungspflichtige aus dem Land Bremen sind, konnte mir der Rhederverein nicht mitteilen. In rechtlicher Hinsicht dürfen derzeit die Reedereien in Deutschland gemäß Paragraf 41 a Einkommensteuergesetz 40 Prozent der einbehaltenen Lohnsteuer für sich behalten und müssen diese nicht an das Finanzamt abführen. Dies stellt eine direkte Subvention dar.
Dieser Antrag der CDU-Fraktion und auch eine parallel laufende Bundesratsinitiative aus Hamburg möchte diesen vierzigprozentigen Lohnsteuereinbehalt auf 100 Prozent erhöhen. Der vorliegende An
trag der CDU-Fraktion ist zudem zeitlich unbefristet, die Bundesratsinitiative aus Hamburg mit der 100Prozent-Forderung hingegen ist bis zum Ende des Jahres 2020 befristet, um zu sehen und zu bewerten, wie sich diese Maßnahme ausgewirkt hat oder hätte.
Der Lohnsteuereinbehalt nach Paragraf 41 a Einkommensteuergesetz stellt nach Auffassung der Gegner dieser Regelung eine systemwidrige Subventionierung dar, die Reeder gegenüber anderen Transportunternehmen begünstigt. Daher wird sie zum Teil als verfassungswidrig angesehen. Der Bundesrechnungshof zum Beispiel hatte im Jahr 2007 sogar die Aufhebung dieser Vorschrift gefordert.
Bislang fehlen auf der Seite der Antragsteller auch jegliche Vorschläge für eine Gegenfinanzierung. In einem Haushaltsnotlageland – diesen Begriff muss ich leider noch einmal strapazieren – wie Bremen ist dieser Umstand selbstredend sehr problematisch und muss unbedingt evaluiert werden.
In der Finanzministerkonferenz der Länder haben sich bis auf Schleswig-Holstein und Niedersachsen alle gegen den Vorschlag von Hamburg ausgesprochen. Auch der federführende Finanzausschuss im Bundesrat hat dem Bundesrat empfohlen, den Hamburger Gesetzentwurf hinsichtlich der befristeten Erhöhung des Lohnsteuereinbehalts bis 2020 von derzeit 40 auf 100 Prozent beim Deutschen Bundestag nicht einzubringen.
Ja, ich rede auch vom Finanzausschuss. Es bestehen daher große Zweifel, ob der Hamburger Gesetzentwurf umgesetzt wird. Daher bleibt abzuwarten, wie die Bundesratsinitiative ausgeht.
Der Antrag verlangt in Ziffer 1 b die vollständige Befreiung deutscher Seeleute – gemeint ist hier wohl der Reedereien – auf deutschflaggigen Seeschiffen von den Arbeitgeberbeiträgen zur deutschen Sozialversicherung.
Ich beeile mich! Hier gelten die gerade aufgezählten Bedenken und Argumente von eben und bedürfen keiner Wiederholung.
Ziffer 1 c betrifft die Anpassung der Schiffsbesetzungsverordnung. Hier fehlen seitens der Antragsteller ebenfalls konkrete Vorschläge, ab welcher Bruttoraumzahl, BRZ, wie viele Crewmitglieder Unionsbürger sein sollten. Hier muss man schon konkrete Zahlen nennen beziehungsweise Forderungen aufstellen, zumal damit eine Änderung der Schiffsbesetzungsverordnung einhergehen soll.
Der Antrag zielt auf Paragraf 5 Absatz 2 der bestehenden Schiffsbesetzungsverordnung ab, ist sehr pauschal und wirft viele Fragen auf. Gleichzeitig bringt dieser Antragspunkt auch die Sorge mit sich, dass durch eine Verringerung des fachmännisch ausgebildeten Bordpersonals insgesamt die Gewährleistung des Know-hows darunter leidet. Diese Sorge haben Sie, Herr Kollege Bödeker, gerade bestätigt. Sie haben wörtlich gesagt, die deutsche Besatzung aus Kostengründen einschränken zu wollen, damit wir wettbewerbsfähiger werden.
Das bekräftigt unsere Sorge, dass durch diesen Antrag die deutsche Besatzung und das Know-how verringert werden.
Zudem widerspricht dieser Punkt der Ziffer 2 Ihres Antrags, desselben Antrags,
mit dem vom Senat mehr Werbung für Studienplätze beziehungsweise Ausbildungsplätze für den Fachnachwuchs gefordert wird. Wenn aber gleichzeitig die Zahl der Arbeitsplätze für gerade dieses Fachpersonal auf den Schiffen verringert werden soll, dann ist das ein Widerspruch!
Ich muss ein paar Seiten meines Beitrags überspringen
und komme dazu, dass wir Ihren Antrag ablehnen werden.
Ich möchte aber betonen – letzter Satz –, dass die Fraktion Bündnis 90/Die Grünen sich ernsthaft, auch schon in der letzten Legislaturperiode, durch Fachdiskussionen und Podiumsdiskussionen, mit dem Maritimen Bündnis um den Nachwuchs bemüht hat und dies auch weiterhin tun wird. – Danke schön!