Michael Siebel
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Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die SPD-Fraktion hat ein Gesetz zur Neuregelung der Beteiligung von Unternehmen im Hessischen Privatrundfunkgesetz vorgelegt. Der Hintergrund ist, dass das Bundesverfassungsgericht in seinem Urteil vom 12. März 2008 festgelegt hat, dass das absolute Verbot für politische Parteien, sich an privaten Rundfunkanstalten zu beteiligen, verfassungswidrig ist.
Im Rahmen eines Normenkontrollverfahrens gegen § 6 Abs. 2 Nr. 4 des Hessischen Privatrundfunkgesetzes, wonach es politischen Parteien und Wählergruppen verwehrt ist, sich direkt oder mittelbar an privaten Rundfunkunternehmen zu beteiligen, hatte dann der 2. Senat des Bundesverfassungsgerichts mit seinem Urteil festgestellt, dass die Regelungen eben dieses § 6 Hessisches Privatrundfunkgesetz sowohl mit Art. 5 als auch mit Art. 21 unseres Grundgesetzes unvereinbar seien.
Das Bundesverfassungsgericht hatte sodann festgestellt, dass es dem Gesetzgeber freisteht, Parteien die unmittelbare oder mittelbare Beteiligung an privaten Rundfunkunternehmen zu untersagen, wenn dadurch eine bestimmte Einflussnahme auf die Programmgestaltung oder die Programminhalte verhindert werden soll. Ein absolutes Verbot für politische Parteien, sich an privaten Rundfunkveranstaltungen zu beteiligen, sei jedoch nicht mit der Verfassung zu vereinbaren.
Darüber hinaus hat das Bundesverfassungsgericht ausgeführt, dass der Grundsatz der Staatsfreiheit des Rundfunks vom Gesetzgeber für Beteiligungen von politischen Parteien an der Veranstaltung und Überwachung von
Rundfunk beachtet werden müsse. Bei der Zulassung von Bewerbern zum Privatrundfunk habe der Gesetzgeber jedoch nicht nur die Meinungsvielfalt und die Staatsfreiheit des Rundfunks zu beachten, sondern müsse auch die Rechte privater Rundfunkbetreiber und die verfassungsrechtlich abgesicherte Position der Parteien berücksichtigen.
Dieser Sachverhalt lasse dem Gesetzgeber, so das Bundesverfassungsgericht, einen weiten Gestaltungsspielraum, der im Jahr 2000 durch die Novelle demnach logischerweise zu Unrecht eingeschränkt wurde. Der Gesetzgeber könne Parteien die Zulassung zu Veranstaltungen von Privatrundfunk verwehren, wenn sie bestimmenden – und das ist das Entscheidende – Einfluss auf Programmgestaltung und Programminhalte nehmen. Entscheidend für die Zulässigkeit der Beteiligung von politischen Parteien ist damit der tatsächliche Einfluss auf die Programmgestaltung oder die Programminhalte, nicht jedoch – und das war der Knackpunkt – der nominale Anteil am Kapital oder Stimmrechten im Sinne von § 17 des Aktiengesetzes.
Ein absolutes Verbot für politische Parteien, sich an privaten Rundfunkveranstaltungen zu beteiligen, hat das Bundesverfassungsgericht als unzulässige gesetzgeberische Ausgestaltung der Rundfunkfreiheit bewertet.
Mit der Novelle des Hessischen Privatrundfunkgesetzes aus dem Jahr 2000, die die Landesregierung zu verantworten hat, hat sie eine Bruchlandung erlitten. Das Bundesverfassungsgericht hat dem Gesetzgeber aufgetragen, den Verfassungsverstoß bis zum 30. Juni 2009 durch eine Neuregelung zu beheben. Die SPD-Fraktion hat, um Sie, Herr Grüttner, etwas zu entlasten,
die Bestimmungen des § 6 HPRG durch den vorliegenden Gesetzentwurf nun so gefasst, dass das Hessische Privatrundfunkgesetz den im März 2008 formulierten Anforderungen des Bundesverfassungsgerichts entspricht. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Zur Aufarbeitung der Geschichte, inwieweit Fraktionen des Hessischen Landtags mit dem Gesetz und der Verordnung über das Verbot zur Zweckentfremdung von Wohnraum verwoben sind und waren, würden fünf Minuten Redezeit nicht reichen. Deshalb will ich mich auf die beiden Kernpunkte beziehen, die mit diesem Gesetzentwurf angesprochen worden sind: der Leerstand von Wohnraum und die Umwandlung von Wohnraum in Büros und gewerblich genutzte Flächen.
Das erste Thema ist immer wieder Stein des öffentlichen Anstoßes. Insofern muss es ernst genommen werden. Wenn der Kollege Leif Blum aus Darmstadt jetzt zuhören würde, dann würde er hören, dass beispielsweise in Darmstadt ein bestimmtes Haus seit über 15 Jahren leer steht. Die Bauverwaltung versucht seit vielen Jahren, dieses Haus Mietzwecken zuzuführen. Auch in der Zeit, als das Wohnraumzweckentfremdungsverbot und die Verordnung hierzu gegolten haben, war an das Objekt nicht heranzukommen, weil die Eigentumsrechte stärker wirken. Einen 15-jährigen Leerstand kennen Kollegen aus Gießen und aus anderen Städten auch.
Das sollten Sie einmal den Leuten im Johannisviertel sagen, Herr Blum, dass Sie es gut finden, dass dieses Haus seit 15 Jahren leer steht.
Das ist dort in der Tat ein Thema.Dem Leerstand war also auch damals, zuzeiten der Geltung des Wohnraumzweckentfremdungsverbotes, nicht beizukommen.
Gleichwohl glaube ich, dass es notwendig ist, zu Mechanismen zu kommen, leer stehenden Wohnraum dem Zweck des Wohnens besser zuführen zu können, als das momentan der Fall ist. Deshalb sollten wir die Regelung, die in § 2 des Gesetzentwurfs zu finden sind, in der Anhörung auf ihre Tauglichkeit im Hinblick auf die Wiederherstellung der Bewohnbarkeit abwägend diskutieren.
Bei dem zweiten Komplex, der Frage der klassischen Wohnraumzweckentfremdung, bin ich etwas kritischer. Dazu muss ich sagen, es hat sich in den letzten Jahren einiges verändert. Das war der Grund für den Paradigmenwechsel im Jahre 2004.Wir haben auf der einen Seite nicht nur in Frankfurt, sondern auch anderswo Leerstände von Büroflächen in erheblichem Umfang, teilweise durchaus auch schon die Tendenz der Umwandlung von Bürokomplexen in Wohnungen; aber es handelt sich – das ist das Problem, das man sehen muss –, meist um große Bürokomplexe, die nur als solche vermietet werden können.
Bemerkenswert ist allerdings, dass der Leerstand bei diesen großen Bürokomplexen nicht dazu führt – das ist wirklich ein Problem, mit dem man sich beschäftigen muss –, dass die Mietpreise in diesem Bereich sinken. Aus Gründen, die Sie offenbar kennen – wie ich Ihrer Mimik entnehmen muss –, halten sie sich aber auf diesem Niveau.
Auf der anderen Seite gibt es den Druck auf bestimmte Wohnviertel, in denen Freiberufler, z. B. Architekten, Drei- bis Vierzimmerwohnungen in Büroraum umwandeln lassen möchten. Es muss abgewogen werden, inwieweit die Regelungen des Baurechts hier ausreichend sind. Ich habe aus unterschiedlichen Bauverwaltungen unterschiedliche Signale wahrgenommen.
Ich möchte an dieser Stelle allerdings sagen, dass wir in der Anhörung sehr genau prüfen müssen, in welchen Kommunen überhaupt ein Bedürfnis besteht, so etwas wie ein Wohnraumzweckentfremdungsgesetz wieder wirken zu lassen. Ich glaube, es ist der richtige Weg, die Kommunen darüber entscheiden zu lassen, ob dort die Notwendigkeit zum Handeln besteht oder nicht. Das ist einer der Punkte, die wir berücksichtigen müssen. Wir sollten keine Lex Frankfurt oder so etwas daraus machen.
Ich will einen weiteren Aspekt ansprechen.In den Städten ist die Zielgruppe derer, die Wohnungen suchen, sehr differenziert. Es sind im Wesentlichen junge Familien, die eine Wohnung suchen. Die Alleinerziehenden bilden eine immer größere Gruppe. In den letzten zehn Jahren hat ihre Zahl zugenommen. Dieser Problematik müssen wir uns stellen.
Dieser Problematik ist aber nicht dadurch beizukommen, dass man über Wohnraumzweckentfremdung und die Rückumwandlung der Wohnungen diskutiert. Vielmehr ist dieser Problematik dadurch beizukommen, dass man wieder in größerem Umfang sozial gebundenen Wohnraum zur Verfügung stellt. In den letzten zehn Jahren ist der Bestand dieser Wohnungen um zwei Drittel dezimiert worden. Das ist das Problem.
Dazu muss ich allerdings sagen, dass die Landesregierung in diesem Sektor zu wenig gemacht hat und dass wir uns zum Rückkauf von Sozialbindungen entschließen sollten. Damit könnten wir dieser Gruppe der Wohnungssuchenden tatsächlich beistehen.
Ich bin ein bisschen traurig darüber, dass aus den Reihen von CDU und FDP ähnliche Zitate gekommen sind, wie ich sie 2004 vom Kollegen Boris Rhein gehört habe, der hier ebenfalls von einem „Griff in die sozialistische Mottenkiste“ gesprochen hat.
Der sieht das jetzt ganz anders. Ja, auch bei Boris Rhein ist es so,dass das Sein das Bewusstsein bestimmt.Ich freue mich immer wieder, wenn ich Boris treffe. In seiner jetzigen Funktion sieht er das völlig anders.
Letzter Satz. – Vor dem Hintergrund der beiden Säulen, die wir zu betrachten haben, und vor dem Hintergrund der Frage, inwieweit die Kommunen dabei ein Wort mitzureden haben, werden wir eine intensive Anhörung durchführen. Ich glaube, das ist der richtige Weg. Das ist ein sach- und fachgerechter Umgang mit diesem Thema. – Herzlichen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Kollege Weinmeister, auch ich will zu dem Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag nichts mehr sagen. Ich möchte nur Bezug nehmen auf das Thema Anhörung. Ich hatte zu dem Thema Zehnter Rundfunkänderungsstaatsvertrag im Ausschuss angeregt, eine Anhörung zu machen. Wir haben uns dann einvernehmlich darauf verständigt, darauf im Kern zu verzichten und die Unterlagen der Staatskanzlei – das waren drei Blätter – zu erhalten. Es gab noch einmal einen Nachtrag, der etwas umfangreicher war. Aber das war nicht so substanziell, dass das hätte notwendig sein können.
Ich will etwas zu dem Thema Finanzierung nicht kommerzieller Lokalradios und – –
Ja, Moment. Nicht so aufgeregt. Ich will dazu etwas sagen. – Herr Weinmeister, Sie tun so, als hätte es zu diesem Thema bei der letzten Kernnovelle des Privatrundfunkgesetzes keine sehr ausführliche Diskussion gegeben. Ich möchte Ihnen da noch einmal ein bisschen nachhelfen, ohne allzu böse zu werden.
Es war relativ offensichtlich, dass es eine sehr unterschiedliche Einschätzung a) seitens der Landesregierung in dieser Frage der Finanzierung gegeben hat und b) seitens der Kolleginnen und Kollegen aus dem ganzen Haus,
auch bei der CDU-Fraktion, die sich doch sehr intensiv mit ihren nicht kommerziellen Lokalradios identifiziert und auseinandergesetzt haben.
Im Kern geht es darum: Wollen wir nicht kommerzielle Lokalradios und die Bürgerradios in einer hinlänglichen finanziellen Ausstattung, oder wollen wir – das war damals das Begehren der Landesregierung – die Mittel der Landesanstalt für privaten Rundfunk unter anderem auch für Dinge verausgaben, die vormals in anderen Teilen des Staatshaushalts veranschlagt waren? Das war der Kern der Auseinandersetzung.
Wir haben jetzt gemeinsam mit der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN einen Änderungsantrag eingebracht, in dem wir die Finanzierungsvoraussetzungen für die Bürgerradios in Hessen wieder auf gute Füße stellen wollen. Wenn Sie Angst davor haben, dass die Landesanstalt möglicherweise irgendwann die Mittel für die NKLs in Gänze – –
Sie schüren hier doch nur Angst.Tun Sie das doch nicht. Sie sind doch die verantwortlichen Vertreter der gesellschaftlichen Gruppen – ich weiß nicht, ob Sie es persönlich sind –, die nach meinem Verständnis sehr genau darauf achten werden, dass die NKLs gut ausgestattet werden. Das ist der Kern dieses Gesetzes.
Wenn der „Omnibus“-Teil zum Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag heute eine Mehrheit findet – ich hoffe, dass er eine findet –, werden sich die NKLs sehr darüber freuen, weil sie eine verlässliche Grundlage haben und weil sie von diesem Hessischen Landtag das Signal bekommen: Ja, ihr Bürgerradios seid willkommen, und wir verstehen euch als einen Teil der offenen Kommunikation hier im Land. – Insofern ist dieses Gesetz auch ein Beitrag zu einer demokratischen Kommunikation in Hessen. Wir wollen diese ausreichend finanziert wissen.
In diesem Sinne bitte ich den Hessischen Landtag um Zustimmung zu dem Gesetz in seiner Gänze. Für meine Fraktion signalisiere ich sowohl Zustimmung zu dem Zehnten Rundfunkänderungsstaatsvertrag – das ist nicht ganz unwesentlich – als auch zu dem Änderungsantrag, den wir als Fraktion in dem Sinn eingebracht haben:Es leben die Bürgerradios, und sie sollen in Hessen gut leben.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die hessische Sozialdemokratie ist mit dem Slogan „Die Zeit ist reif“ in den Wahlkampf gezogen. Heute ist die Zeit reif, in der hessischen Hochschulpolitik einen Irrweg zu beseitigen. Heute hat der Hessische Landtag die Chance, Studiengebühren in zweiter Lesung abzuschaffen.
Das ist nicht nur ein Versprechen der SPD gewesen. Es waren gleichfalls zentrale Wahlkampfaussagen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der LINKEN. Deshalb erwarten wir, dass wir heute mit dieser gestaltenden Mehrheit im Hessischen Landtag die Fehlentwicklung der letzten Jahre beseitigen können.
Herr Boddenberg, ich werde Ihnen nachweisen, dass es um mehr geht. Das ist nicht nur die Umsetzung eines Wahlversprechens; es geht auch darum, in Bezug auf eine zentrale Aussage des Landtags Wort zu halten.
Herr Boddenberg, das kann man von Ihnen nicht immer sagen. Gerade weil Sie der wirtschaftspolitische Sprecher Ihrer Fraktion sind, sage ich Ihnen, dass dies auch ein Gebot der Vernunft ist. Bei der Umsetzung der Einführung der Studiengebühren hat sich eine Reihe von Mängeln er
geben, die Sie, da Sie dazu nicht in der Lage gewesen sind, offenbar nicht wahrgenommen haben.
In Baden-Württemberg hat ein Kontrollbeirat von 17 Vertretern der Hochschulen, der Kirchen sowie der Studentenwerke folgendes Ergebnis zutage gefördert: Zwischen 2004 und 2006 sank die Quote der Nichtakademikerkinder, die sich nach dem Abitur für ein Studium entschieden haben, von 62 auf 50 %. Die Quote der Akademikerkinder blieb stabil. Ein weiteres Ergebnis ist heute in der „Frankfurter Rundschau“ nachzulesen: Es gibt im Musterländle 2,2 % weniger Studenten.In Bayern – es handelt sich um ein Land,das sich besonders damit hervortut,dass es Bildungsselektion betreibt – liegt die Steigerungsrate der Studierenden bei nur 1,7 %.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, d. h. dass die Länder, die Studiengebühren eingeführt haben, was die Anzahl der Studierenden anbelangt, unter ihren Möglichkeiten bleiben.
Herr Boddenberg, das ist das Ergebnis der Studiengebühren. Es ist das, was Sie und die CDU ganz offensichtlich wollen.
Bei der Umsetzung der Studiengebühren kommt es ebenfalls zu Ungereimtheiten. Das ist nicht nur in anderen Ländern der Fall, sondern auch in Hessen. Gelder werden eben nicht zielgenau eingesetzt; und Gelder werden in den Fachbereichen gebunkert. Herr Boddenberg, das ist eine Realität; und Sie sind offenbar nicht mehr in der Lage, diese zur Kenntnis zu nehmen. Daher stelle ich unterm Strich fest: Studiengebühren sind unsozial. Sie sind bildungsökonomisch unvernünftig, und daher werden sie abgeschafft.
Meine Damen und Herren, ich will daran erinnern, dass wir in Bezug auf die Anhörung ein besonderes Verfahren hatten. Ich denke, Frau Kühne-Hörmann kann dies auch bestätigen. Die Antragsteller wollten mit dem Gesetzentwurf eine bestimmte Rahmenbedingung, nämlich die Abschaffung der Studiengebühren.Wir wollten auch ein Anhörungsverfahren, welches ergebnisoffen ist. – Wir haben dieses Anhörungsverfahren bekommen. Lassen Sie mich daher die Änderungen vortragen, die wir eingearbeitet haben.
Erstens. Die Summe der notwendigen Finanzierung konnte noch einmal nach unten korrigiert werden. Diese beträgt jetzt 32 Millionen c.
Zweitens.Wir haben die Regelung zur Vergabe der Mittel verändert. Wir haben dem Wunsch der Hochschulpräsidenten Rechnung getragen, damit sozusagen das gestaltende Element der Präsidien weiter wirken kann.
Drittens. Die Berechnungsgrundlage für die Höhe der Kompensation, die durch den Wegfall der Gebühren Platz greifen muss, wurde so gestaltet, dass es nicht zu Ungerechtigkeiten kommt.
Viertens. Wir haben eine Kommission vorgesehen, in der Studierende und jetzt auch Studiendekane gemeinsam über die Mittelverwendung zu beschließen haben. Ich glaube, das ist eine Maßnahme, die dazu beiträgt, dass es bei der Frage, wie diese Mittel für die Lehre in den Hoch
schulen verausgabt werden, qualifizierter und gerechter zugeht.
Wir hatten auch einen Vorschlag unterbreitet, der eine Änderung des § 68 HHG vorgesehen hat.Wir wollten dort implementieren, dass das Prinzip Beratung vor dem Prinzip Zwangsexmatrikulation wirkt. Mit dem Beratungsangebot und mit Zielvereinbarungen wollten wir Studierenden, die während des Studiums irgendwie aus dem Tritt geraten sind, eine Möglichkeit geben, wieder Tritt zu fassen. Im Ausschuss hat es eine Mehrheit von CDU, FDP und der Fraktion DIE LINKE dagegen gegeben – warum auch immer diese Mehrheit zustande gekommen ist. Ich sage noch einmal: Das Prinzip Beratung vor Zwangsexmatrikulation wäre eines, mit dem wir die Studierenden – wir brauchen auch die, die während des Studiums aus irgendeinem Grund aus dem Tritt geraten sind – wieder in einen guten Prozess zurückholen könnten. Das war unser Vorschlag. Das war die Formulierung des Gesetzentwurfes. Wenn das keine Mehrheit findet, so tut es mir sehr leid.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich gehe davon aus, dass das das erste Gesetz ist, das heute voraussichtlich, nach den Ankündigungen der Gestaltungsmehrheit im Hessischen Landtag, eine Mehrheit findet. Ich möchte deshalb die Gelegenheit nutzen, an dieser Stelle ein paar Leuten für die Mitwirkung an dem Prozess Danke schön zu sagen.
Herr Kollege Weinmeister, es wird Sie vielleicht ein bisschen wundern: Ich möchte mich bei zwei Ministerien bedanken, die auch ein bisschen an diesem Gesetzentwurf mitgewirkt haben, erstens bei dem Finanzministerium. Das Finanzministerium hat noch einmal sehr deutlich und sehr klar gesagt, wie sich die Zahlen verändert haben. Das war ein Verfahren, das es in den letzten fünf oder neun Jahren mit dieser Landesregierung nie gegeben hätte.Wir wissen jetzt, dass die Landesregierung irgendwann mit einer Erwartung von 120 Millionen c aus Studiengebühren gestartet ist und bei round about 92 Millionen c gelandet ist. Es war hilfreich für uns, das zu wissen und das auch in das Gesetzgebungsverfahren einbauen zu können.
Dasselbe gilt für das Hessische Ministerium für Wissenschaft und Kunst, das gemeinsam mit dem Justizministerium eine Quasi-Regierungsanhörung durchgeführt hat und insofern dazu beigetragen hat, dass der Gesetzentwurf ein Stückchen besser handhabbar geworden ist.
Ich möchte mich bei all denen bedanken, die im Rahmen des Anhörungsverfahrens daran mitgewirkt haben, dass sich ihre Interessen darin wiederfinden. Es ist aber auch die Aufgabe des Landtags und hier der Gestaltungsmehrheit, Prioritäten zu setzen und zu sagen: Das wollen wir machen, und das wollen wir nicht machen.
Ich möchte mich bei der Fraktion DIE LINKE bedanken. Sie hat signalisiert, dem Gesetzentwurf zustimmen zu wollen. Mit ihrem Verhalten zu § 68 bin ich nicht einverstanden. Darüber haben wir uns ausgetauscht.
Es wäre besser gewesen, wenn Sie einsichtig gewesen wären, diesen Weg zu gehen. Das war nicht der Fall.
Schließlich möchte ich mich bei den Mitarbeitern der Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN, aber auch bei meiner eigenen Fraktion bedanken. Insbesondere will ich
mich bei Sarah Sorge bedanken. Das war eine sehr, sehr schöne Zusammenarbeit.
Es gibt auch Emotionen in diesem Landtag.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in diesem Verfahren konnten wir ein Gefühl dafür entwickeln, wie schwierig und gleichzeitig schön es ist, etwas Gestaltendes für dieses Land durchsetzen zu können.Wir sind getragen vom politischen Argument. Aber wir sind auch getragen von der Mehrheit der Bevölkerung in diesem Land, von der wir über Umfragen, aber auch über das, was an uns herangetragen wird, wissen, dass die Studiengebühren abgeschafft werden sollen.
Wenn der Landtag heute diesem Gesetzentwurf zustimmt, wird Hessen studiengebührenfrei sein, wird der Zugang zu hessischen Hochschulen ohne Barrieren möglich sein, wird wieder Chancengleichheit herrschen. Dafür möchte ich in diesem Hause werben. – Herzlichen Dank.
Erster Vizepräsident Lothar Quanz:
Vielen Dank, Herr Siebel. – Frau Kollegin Kühne-Hörmann, Sie haben das Wort für die CDU-Fraktion. Bitte schön.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was wir von der Hessischen Landesregierung in Sachen Studiengebühren in den letzten Monaten erlebt haben, das kommt in der Tat einem Besuch auf dem Jahrmarkt gleich: Geisterbahnfahrt und Besuch der Achterbahn.
Im letzten Jahr wurde dem Hessischen Landtag ein Gesetz mit dem klangvollen Namen Studienguthabengesetz vorgelegt. Vorausgegangen war eine Begutachtung des
Vorhabens auf seine Verfassungsmäßigkeit durch Prof. Pestalozza. Das Gutachten hätte bei intensiver Lektüre schon damals bei der Hessischen Landesregierung alle Alarmglocken ertönen lassen müssen. Nachdem aber klar war, dass der vorgelegte Gesetzentwurf erstens politisch nicht durchsetzbar und zweitens offensichtlich verfassungswidrig war, besann sich die Landesregierung und nahm im Gesetzgebungsverfahren eine Novellierung des eigenen Gesetzentwurfs durch die CDU-Fraktion vor.
Es wurden zahlreiche Verschlimmbesserungen vorgenommen, insbesondere in Bezug auf die Darlehensregelung. Das gesamte Verfahren wurde von Protesten begleitet, die weit über die Gruppe der Studierenden hinausgingen. SPD und BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN haben daraufhin Verfassungsklage eingereicht und ein Aktionsbündnis der ASten angeregt. Der Deutsche Gewerkschaftsbund sammelte 70.000 Unterschriften, mit denen ebenfalls eine Klage vor dem Staatsgerichtshof angestrengt wurde. Es war offensichtlich: Die Erhebung von Studiengebühren ist ein Angriff auf die soziale Gerechtigkeit in diesem Land. Die Erhebung von Studiengebühren verhindert den Hochschulzugang solcher Talente, deren Eltern nicht begütert sind, und Studiengebühren gefährden den Wissenschaftsstandort Hessen.
Die Landtagswahl brachte das Ergebnis, dass Koch und mit ihm das Studienbeitragsgesetz letztendlich abgewählt wurden.
Nun kam genau dieser Ministerpräsident in der letzten Woche mit einem neuen Vorschlag, nämlich nachlaufenden Studiengebühren nach dem Hamburger Modell – nach all dem, was uns in den letzten 16 Monaten präsentiert worden ist.Das Hamburger Modell hatte Koch zuvor immer abgelehnt. Dieses Modell, das den Hochschulen erst Jahre später,wenn überhaupt,Einnahmen aus den Taschen der ehemaligen Studierenden beschert, soll nun salonfähig gemacht werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, diese neue Einlassung ist politisch nicht ernst zu nehmen. Sie ist ein politischer Taschenspielertrick,wie wir ihn von diesem geschäftsführenden Ministerpräsidenten mittlerweile kennen.
Es ist vielleicht der Versuch, sich bei den GRÜNEN anzubiedern. Tarek Al-Wazir sagte vorhin, dass man sich seine Freunde nicht aussuchen kann, aber auch nicht diejenigen, die einen jeweils umwerben.
An dieser Stelle ist jedoch klar: Das, was in Hamburg als schlechter Kompromiss zwischen Schwarz und Grün formuliert wurde – wenn man eine Koalition eingeht, ist es legitim, auch schlechte Kompromisse zu schließen –, kann nicht gleichzeitig auch für Hessen gut sein.
Gut bleibt aber, dass wir einen Entwurf für ein Gesetz zur Sicherstellung von Chancengleichheit an den hessischen Schulen und Hochschulen im Beratungsgang haben. Es wird dabei bleiben,dass mit diesem Gesetz,so es im Landtag eine Mehrheit findet, die Studiengebühren in Hessen zum Wintersemester 2008/2009 abgeschafft werden.
Ich sage dies auch deshalb, weil nachlaufende Studiengebühren am Ende nicht besser sind als allgemeine Studien
gebühren. Die Bezahlung wird lediglich auf einen zukünftigen Zeitpunkt verschoben. Sie nutzen auch nichts; denn wir wissen, dass in den Familien, um die es eben geht, die Entscheidung „Studium, ja oder nein?“ nach ökonomischen Grenzwertüberlegungen gefällt wird.
Ein weiterer Punkt kommt hinzu. Bei einer Betrachtung all der Länder mit vergleichbaren Modellen,die sozusagen als Referenzländer gelten – unter anderem Australien –,ist deutlich geworden, dass nachlaufende Studiengebühren auf lange Sicht zu einer sozialen Schieflage führen. Die Studiengebühren sind also immer weiter gestiegen. Wer schnell zahlt – das sind in der Regel die Studierenden, die wohlhabende Eltern haben –,bekommt Rabatte;denn der Staat gelangt auf diese Weise schneller an das Geld.In den Referenzländern war ebenfalls festzustellen, dass die Staatsausgaben für die Hochschulen letztendlich gesenkt wurden, weil die Einnahmen dann aus Gebühren erzielt worden sind.
Letzter Satz. – Zugegeben, das Hamburger Modell bedeutet eine Entschärfung der Studiengebühren. Aber das kann für Hessen nicht das Ziel sein.
Im Gegensatz zu dem, wovon der Herr Ministerpräsident fabuliert, bleiben die Abschaffung der Studiengebühren und die Herstellung von Chancengleichheit im Land Hessen unser Ziel.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Dieser Zehnte Rundfunkänderungsstaatsvertrag ist der Erste von dreien, die sich derzeit in der Warteschleife befinden.
Soweit ich es überblicke, hat es Staatsminister Grüttner korrekt dargestellt. Er ist in den wesentlichen Punkten nicht umstritten, sondern er behandelt die regelungsbedürftigen Fragen.
Die wesentlichen hat Herr Grüttner genannt: die Digitalisierung, auch die Organisationsformen in der ZAK, also der Kommission für Zulassung und Aufsicht, der Gremienvorsitzendenkonferenz, der KEK, der Kommission
für den Jugendmedienschutz, derer sich die Landesmedienanstalten bei der Vorbereitung ihrer Entscheidungen bedienen können. Es ist richtig, das zentral zu organisieren.
An der einen oder anderen Stelle könnte man eine andere Auffassung haben, etwa bei der Frage der Zusammensetzung dieser Kommissionen. Aber wir wissen, Rundfunkstaatsverträge sind immer ein Gesamtkunstwerk unterschiedlicher Abwägungen, und deshalb ist das so vertretbar.
Einen Bereich will ich noch nennen,der vielleicht nicht zu den zentralsten gehört, den ich aber durchaus für erwähnenswert halte: den § 8a zur Regelung der Gewinnspiele. Die dort getroffenen Regelungen sind richtig.
Wir wissen, dass es an der einen oder anderen Stelle – ich will es einmal sehr vorsichtig sagen – zu Ungereimtheiten gekommen ist. Da müssen die Landesrundfunkanstalten in die Situation versetzt werden, dass sie, wenn es dort tatsächlich zu Dingen kommt, die mit dem Verbraucherschutz nicht mehr kompatibel sind, entsprechend eingreifen können.
Nun zur vorgeschlagenen Änderung des Hessischen Privatrundfunkgesetzes. Ich begrüße es, dass es jetzt zu einer Regelung gekommen ist, die die Namensnennung nach Beiträgen im offenen Kanal anbelangt. Es ist, so glaube ich, ein Entgegenkommen in Bezug auf das grundgesetzliche Recht auf informelle Selbstbestimmung. Im Falle dessen, dass dort eine oder einer einen Beitrag gemacht hat, wird nur noch der Name genannt, nicht aber die Adresse. Diese kann bei den Landesmedienanstalten jeweils abgefragt werden, sofern seitens des Rezipienten das Bedürfnis besteht, mit denjenigen Kontakt aufzunehmen, die einen Beitrag verfasst haben. Alles andere ist – Sie können dies in der Begründung nachlesen – sehr häufig mit dem Terminus belegt, dass es dabei um „Umsetzungen“ bzw.„Anpassungen“ gehe.Das ist im Kern in vielen Bereichen auch der Fall.
Lassen Sie mich noch zu dem, was in den Beratungen nicht so sehr hervorgehoben wird, eine Bemerkung machen. Das sind die Protokollnotizen. Es gibt derer zwei Gruppen. An der einen Gruppe hat sich auch das Land Hessen beteiligt.Ich halte es für richtig,was das Land zum Thema Fensterprogramme in der Protokollnotiz niedergeschrieben hat.
Die zweite Protokollnotiz bezieht sich auf einige andere Länder, die es offensichtlich als notwendig erachtet haben, als Protokollnotiz zum Zehnten den Gegenstand des Elften aufzurufen – nämlich die Frage, welche Anforderungen sie an eine bestimmte Gebührenstruktur haben.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, dazu will ich nichts sagen,weil in diesem Zusammenhang die Eier noch nicht richtig ausgebrütet worden sind. Ich will aber etwas zum weiteren Verfahren in Bezug auf die Rundfunkänderungsstaatsverträge sagen, insbesondere im Hinblick auf den Zwölften.
Erstens. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich halte es für dringend geboten – gerade in der neuen Konstellation, in der wir im Hessischen Landtag zusammensitzen –, dass wir im Hinblick auf die Staatsverträge und insbesondere auf die Rundfunkstaatsverträge zu einer neuen Verständigung kommen. Ich halte es für dringend geboten,dass der Hessische Landtag regelmäßiger und intensiver über die einzelnen Schritte, die die Hessische
Landesregierung, die Staatskanzlei, in den Verhandlungen geht, informiert wird.
Wir haben dies im Rahmen eines Obleutegesprächs von Herrn Staatsminister Grüttner durchaus zugesichert bekommen. Das halte ich für richtig, weil es letztlich ein hohes Risiko ist, wenn eine Landesregierung einen Rundfunkänderungsstaatsvertrag verhandelt, jedoch das Parlament nicht entsprechend einbindet, sodass sie möglicherweise beispielsweise beim Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag damit konfrontiert wird, dass dieser im Landtag keine Mehrheit findet. Deshalb richte ich an die Landesregierung den Appell, in weiteren Verfahren – insbesondere im Hinblick auf den Zwölften Rundfunkänderungsstaatsvertrag – sehr eng auch mit den Interessensphären dieses Hessischen Landtags und seiner Fraktionen zusammenzuarbeiten.Ich halte das für notwendig,um auch das neue Verhältnis im Hessischen Landtag entsprechend zu berücksichtigen. Das ist meine Bitte an die Landesregierung. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Jetzt fängt die Sacharbeit an. Es ist mir eine große Ehre, den ersten Gesetzentwurf – –
Meine sehr verehrten Damen und Herren, in gewisser Weise geht es so weiter wie beim letzten Mal: Ich versuche, Sacharbeit zu machen, und Herr Hahn redet gleich am Anfang dazwischen. Herzlich willkommen, Herr Hahn, Sie sind auch da.
Es ist mir eine große Ehre, dass ich den ersten Gesetzentwurf der 17. Wahlperiode des Hessischen Landtags einbringen darf.
Mit dem Gesetz zur Sicherstellung von Chancengleichheit an hessischen Hochschulen löst die Fraktion der SPD – mit uns die Fraktion BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN – eines ihrer zentralen Versprechen ein, das sie im Landtagswahlkampf gemacht hat: die Abschaffung der Studiengebühren, der Langzeitstudiengebühren und der Zweitstudiengebühren. Wir lösen damit unser Wahlversprechen ein; gleichzeitig machen wir aber auch deutlich, wohin unserer Ansicht nach die Reise in der Hochschulpolitik in den nächsten Jahren gehen muss.
Wir wollen den Zugang zu unseren Hochschulen so organisieren, dass er möglichst frei von Beschränkungen ist. Wir wollen die Zukunftsperspektiven des Landes Hessen sichern, indem wir auf eine qualifizierte Ausbildung setzen. Das heißt für uns durchaus nicht weniger, sondern mehr Studierende.Wir wollen die Barrieren beiseiteschieben, die es jungen Menschen aus einkommensschwachen Familien erschweren, ein Studium aufzunehmen.
Das sind nicht nur die drei Elemente, die diesen Gesetzentwurf tragen, sondern es sind auch die Bereiche, die unsere Hochschulpolitik in Zukunft durchdringen und in vielen anderen Zusammenhängen ebenso wieder auftauchen werden.
Mit dem Gesetz schaffen wir die Voraussetzung dafür, dass im Wintersemester 2008/2009 an den hessischen Hochschulen wieder ohne Studiengebühren studiert wird und dass gleichzeitig – ich kann das nicht oft genug wiederholen – den Hochschulen 52 Millionen c zur Ver
fügung gestellt werden, um die Qualität der Lehre zu verbessern.
Wir gründen unseren Gesetzentwurf auf die tiefe politische Überzeugung, dass es auch an den Hochschulen gerecht zugehen muss. Wir gründen unseren Gesetzentwurf auch darauf, dass wir uns sicher sind, dass er eine hohe gesellschaftliche Akzeptanz hat. Es waren 70.000 Menschen in diesem Land, die eine Verfassungsklage unterschrieben haben, nicht nur die Fraktionen BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN und der SPD im Hessischen Landtag. Es waren 70.000 Hessinnen und Hessen, die dafür unterschrieben haben, dass sie keine Studiengebühren in diesem Land haben wollen.
Deswegen will ich an der Stelle noch einmal zwei Geschichten erzählen, weil viele denken, dass es nur die Studierenden gewesen sind, die sich artikuliert haben. Nein, meine sehr verehrten Damen und Herren,
Herr Kollege Wintermeyer, ich habe mit Unternehmen, insbesondere in meinem Wahlkreis und im südlichen Hessen, gesprochen.
Das sind die, die unverdächtig sind, dass sie die flammenden Verfechter gegen Studiengebühren sind. Meine sehr verehrten Damen und Herren, die haben alle gesagt: Wir haben zwar eine Verbandsmeinung, aber wenn wir in unsere Unternehmen hineinschauen, dann stellen wir fest, dass wir an vielen Stellen Fachkräftemangel haben
und dass es deshalb kontraproduktiv ist, wenn durch Studiengebühren eine bestimmte Gruppe ausgeschlossen bleibt, weil sie es sich nicht mehr leisten können.
Deshalb ist es auch ein ökonomisches Gebot, Studiengebühren abzuschaffen, nicht nur eines der sozialen Gerechtigkeit. Aber es ist ein Argument und ein Gesichtspunkt der sozialen Gerechtigkeit.
Ich habe mit vielen alten Menschen gesprochen. Ich erinnere mich an ein Gespräch mit einer Kollegin aus einem großen Sozialverband in Hessen. Sie sagte: Herr Siebel, ich habe mir vorgenommen, meinem Enkel einen Teil des Studiums zu finanzieren.Wir kommen aus armen Verhältnissen. Aber ich habe dafür gespart, dass mein Enkel studieren kann. Wenn ich jetzt aber noch die 500 c dazulegen muss, dann geht das nicht, dann schaffe ich das nicht, dann wird das für mich schwierig. – Meine sehr verehrten Damen und Herren, es waren breite gesellschaftliche Schichten, und es sind breite gesellschaftliche Schichten, die die Abschaffung der Studiengebühren wollen. Das werden wir jetzt in das gesetzliche Verfahren einbringen. Das ist unser Credo dessen, was wir hier einbringen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich will auch nicht verhehlen, dass ich mich sehr darüber gefreut habe, dass wir von den Hochschulleitungen, den Präsidien fast überwiegend Zustimmung zu unserer Position und, wenn
ich das sagen darf, auch zu unserem Gesetzentwurf erhalten haben. Ich habe heute Morgen in hr-info gehört, dass die Präsidenten der Hochschule Wiesbaden und der Hochschule Fulda sich sehr eindeutig dazu geäußert haben. Sie haben gesagt: „Wir haben das schon immer so gesehen.“
Ich komme noch zu den anderen. – Sie haben gesagt, dass sie das schon immer so gesehen haben und dass sie es richtig finden, dass sie jetzt diese Option haben. Es muss aber wichtig sein, dass die Mittel auch erhalten bleiben. Auch dazu werde ich noch etwas sagen.
Fast alle Präsidenten haben sich gegen Studiengebühren ausgesprochen, mit Ausnahme eines Kollegen aus Frankfurt, der sich sozusagen fast im Beraterteam des Ministerpräsidenten befunden hat, zumindest in dieser Angelegenheit. Meine sehr verehrten Damen und Herren, es hat mich gefreut, dass auch dieser Gesetzentwurf in den Hochschulen durchaus, und zwar bei denen, die verantwortlich im Präsidium sind, auf Widerhall stößt. Deshalb werden wir diesen Gesetzentwurf auch in der Anhörung mit den Hochschulen erörtern. Wir sind auch offen – ich sage das noch einmal vor dem Hintergrund, dass wir ein Stück weit für einen anderen und neuen politischen Stil stehen – für Verbesserungen und für Ergänzungen.
Herr Kollege Beuth, eines werden wir aber nicht mitmachen: Das in dem Gesetzentwurf der FDP-Fraktion vorgeschlagene Modell der Beliebigkeit wird es nicht sein.
Die Mitte unserer Gesellschaft will, dass es in unserem Land gerecht zugeht und dass gerade im Bildungsbereich Hürden und Stolpersteine abgebaut werden. Dafür steht dieser Gesetzentwurf.
Bevor ich den Gesetzentwurf im Einzelnen vorstelle, will ich noch einen kurzen Blick auf die Vergangenheit werfen. Es war schon in gewisser Weise beeindruckend: Ich erinnere mich an den Zeitpunkt, als die CDU hier den Gesetzentwurf vorgelegt hat mit dem Ziel, Studiengebühren einführen zu wollen.Man hatte den Eindruck,dass die CDU-Fraktion fast schon von der Idee besessen war, dass Studiengebühren der richtige Weg sind.
Ich erinnere daran, dass in einer sehr umfangreichen Anhörung herausgekommen ist, dass Ihr erster Gesetzentwurf, Herr Wintermeyer, so was von offensichtlich verfassungswidrig war, dass Sie diesen Gesetzentwurf in weiten Teilen einkassieren und in wesentlichen Punkten revidieren mussten. Das ist die Realität des Verfahrens, das wir hinter uns gebracht haben.
Ich habe heute Morgen in einer „dpa“-Meldung von Frau Lautenschläger gelesen, dass sie sagt:Wir müssen uns den Realitäten stellen. Ich sehe das zwar politisch anders. Aber letztendlich wird es so sein, dass, wenn dieser Gesetzentwurf eine Mehrheit findet, wir ihn natürlich auch ordentlich verwaltungsmäßig exekutieren werden.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich finde es ehrenwert, dass Frau Lautenschläger dies gesagt hat.
Es ist verfassungsgemäß. – Ich will auch noch das sagen, was bei der letzten Plenarsitzung Kollege Wagner hervorgehoben hat. Es gab einen Austausch und ein Spitzengespräch – –
Herr Reif, einen Nachteil hat dieser Plenarsaal. Ich gehe eigentlich immer ganz gerne auf Zwischenrufe ein. Bei dieser Akustik höre ich sie aber so schlecht. Herr Reif, vielleicht schreiben Sie es einfach auf. Dann kann ich es lesen.
Besonders schade finde ich, dass ich insbesondere die Zwischenrufe von Herrn Hahn nicht höre. Das vermisse ich schon ein bisschen.
Ja, schreiben Sie es mir bitte auf.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, es gab ein Spitzengespräch auf Anregung des hessischen Finanzministers,Herrn Weimar,in dem wir die Frage der Finanzierung sehr ausführlich erläutert und besprochen haben. Ich finde, es ist ein in der Tat der Verfassung entsprechender Vorgang gewesen, dass wir uns dort auf ein paar Sachen verständigt haben. Ich nehme an, Herr Arnold wird nachher auch aus der Sicht des Finanzministeriums noch einmal dazu beitragen. – Das macht die Ministerin.Aber Sie machen das immer in großem Einvernehmen. Wir haben uns darauf verständigt, dass die Finanzierung und auch der Weg der Finanzierung,den wir gefunden haben – nämlich die Finanzierung aus 20 Millionen c für Zinsen, für Anleihen,Landeszuweisungen und Schuldscheindarlehen anderer Darlehensgeber, also das, was wir auf dem Geldmarkt zu besorgen haben –, eine durchaus machbare und auch solide Finanzierung ist.
Frau Kollegin Beer, ich weiß zwar nicht genau, was Sie gesagt haben. Ich wies schon auf die Akustik des Saales hin.
Da wir uns schon gestern Abend ein bisschen darüber unterhalten haben, weiß ich, dass Sie jetzt sagen, dass wir von Ihnen auch noch ein finanzpolitisches Proseminar hören werden. Sie können sich dann mit dem Kollegen Arnold auseinandersetzen, wer an dem Punkt richtig liegt. Wenn wir aus dem Finanzministerium diesen Hinweis kriegen, folgen wir dem gerne, insbesondere in der jetzigen Situation.
Der zweite Punkt,aus dem wir es finanzieren werden – die 8,7 Millionen c sächliche Verwaltungsausgaben –, sind im Kern vom Finanzministerium auch so akzeptiert worden. Ich kann verstehen, wenn das Finanzministerium sagt: „Liebe SPD, wir wüssten gerne, wo genau ihr das gekürzt haben wollt.“ Dafür habe ich Verständnis. Ein Finanzminister macht sich nicht gerne bei den eigenen Kollegen die Finger dreckig.Sie wissen,die Summe von 8,7 Millionen c ist eine vergleichsweise kleine Summe gegenüber dem, was Sie mit derselben Methode an anderen Orten zu anderen Zeiten bereits eingestellt haben. Insofern ist das,
was Sie hier zu besorgen haben, eher etwas, was unter leichter Gartenarbeit und nicht unter schwerer Handarbeit einzusortieren ist. Das wird schon so gehen.
Ich will noch ein Weiteres zur Finanzierung sagen. Meine sehr verehrten Damen und Herren, ich höre momentan das Gerücht, dass die Finanzierung angeblich aus LOEWE-Mitteln laufen soll. Ich sage es hier in aller Deutlichkeit – ich erlaube mir diese über den Gesetzentwurf hinausgehende Bemerkung –: Wir halten das Programm, das unter dem Titel LOEWE aufgelegt worden ist, für die hessischen Hochschulen in der Tat für ein positives Programm.
Das wird auch in den Programmrichtlinien in vollem Umfang unter einer möglichen Verantwortung einer Regierung und Koalition, an der die SPD beteiligt ist, weiter erhalten bleiben. Es ist positiv, dass wir dieses Programm aufgelegt haben. Es wird nur wenige Feinkorrekturen geben, die Sie aber auch selber vornehmen. Aber ich will auch schon nachhaltig dagegenhalten, dass wir die Finanzierung auf dem Weg sicherstellen werden, wie das im Gesetzentwurf vorgesehen ist, und auf keinem anderen Weg.
Zweitens.Es ist zu Recht gefragt worden,wie das denn für 2009 aussieht. Das ist eine korrekte und spannende Frage. Weil Sie mir immer ein bisschen mit ein paar Zwischenrufen assistieren, die ich auch hören kann, möchte ich Ihnen vielen Dank dafür sagen.
Wir müssen schon heute in die Diskussion über die Struktur des Haushalts 2009 eintreten. Natürlich ist das notwendig. Wir werden uns schon sehr bald über die Eckdaten für den Haushalt 2009 hier im Parlament darüber zu verständigen haben, wie wir das, was wir mit diesem Gesetzentwurf, von dem wir erwarten, dass er eine parlamentarische Mehrheit findet,auch im Haushalt des Jahres 2009 fest, verlässlich und zuverlässig für die Hochschulen zu verankern haben. Es ist ein wichtiger Schritt, dass wir sehr früh mit den Beratungen über die Eckwerte des Haushalts 2009 beginnen. Dieses Gesetz ist ein großer Brocken. Deshalb muss diese Strukturfrage schon sehr früh angegangen werden.
Ich will aber Folgendes in aller Deutlichkeit sagen:Wir finanzieren diese 52 Millionen c, die pro Semester notwendig sind, aus dem Landeshaushalt. Das bedeutet, dass wir erstmals in der Geschichte des Landes Hessen eine Steigerungsrate für die hessischen Hochschulen aus staatlichen Mitteln für den Bereich der direkten Zuwendungen in einer Höhe von – das variiert ein bisschen zwischen Fachhochschulen und Universitäten – 6 bis 15 % haben. Diese Steigerungsraten aus staatlichen Mitteln hat es in der Geschichte des Landes Hessen für die Hochschulen noch nicht gegeben.
Ich glaube, an dieser Stelle ist es, weil es in der Tat um so viel Geld geht, auch angesagt, dass ich mich auch einmal bei denen bedanke, die dafür gesorgt haben, dass wir das möglich machen konnten. Insbesondere möchte ich mich bei demjenigen bedanken, der auch zuvor die Verhandlungen geführt hat, dem Mitglied unseres Zukunftsteams, Reinhard Kahl, der gemeinsam mit Norbert Schmitt dort in der Tat eine schwierige Aufgabe bewältigt hat. Vielen Dank, lieber Reinhard. Das ist eine große Hilfe für uns und unser gemeinsames Projekt gewesen, das wir zu schultern haben.
Wie die Zeit vergeht.
Dann will ich nur noch zwei Dinge sagen, Herr Präsident. Ich möchte mich darüber hinaus noch bei den Kolleginnen und Kollegen von BÜNDNIS 90/DIE GRÜNEN bedanken, insbesondere bei Sarah Sorge und Frank Kaufmann. Es war ein kollegiales und konstruktives Arbeiten an einem Gesetzentwurf, das mir viel Hoffnung und Mut macht, dass daraus mehr entstehen kann als nur dieser Gesetzentwurf. Ganz, ganz herzlichen Dank dafür. Und wenn mein kleines Ausschweifen an der einen oder anderen Stelle dazu geführt hat, dass du, liebe Sarah, den Gesetzentwurf nachher im Einzelnen vorstellen kannst,dann will ich das dir hiermit ermöglichen. – Vielen Dank.