Carola Veit
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Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! In der Tat bietet diese Debatte eine gute Gelegenheit zu einem Rückblick, was Hamburg mit Senator Wersich und der schwarz-grünen Koalition in Sachen Kinderbetreuung erleben musste.
Im Koalitionsvertrag und in der Regierungserklärung in der Bürgerschaft wurde die Einführung eines allgemeinen Rechtsanspruchs für Zweijährige vollmundig versprochen und dann wieder kalt einkassiert. Das beitragsfreie letzte Jahr kam, aber nicht für die Eltern der sogenannten Kann-Kinder mit einer bundesweit einmalig weltfremden und ungerechten Regelung. Mit einer, das war der O-Ton im Koalitionsvertrag, Anpassung der Gebührenstruktur wollte man zusätzliche Eltern für die Kitas begeistern. Aus dieser Anpassung wurde dann eine Erhöhung, die die schlimmsten Erwartungen noch übertroffen hat. Das Essensgeld haben Sie für alle 70 000 Kita-Kinder erhöht, Sie haben die Elternbeiträge darüber hinaus um bis zu 100 Euro pro Monat und Kind erhöht, Sie haben die Gebühren für behinderte Kinder um bis zu 750 Prozent erhöht und Sie haben die Rechtsansprüche auf Hortbetreuung vom 14. auf das 12. Lebensjahr ge
kürzt. Das alles wurde insbesondere von der GAL schöngeredet und verharmlost bis hin zu Vorwürfen an die Eltern, die sich beschwerten, dass sie doch erst einmal nachdenken und etwas solidarischer sein sollten. Und es geschah, wie wir jetzt wissen, unter Vorspiegelung völlig falscher Zahlen. Nach einem Dreivierteljahr musste Senator Wersich nun endlich eingestehen – übrigens nicht freiwillig, sondern weil wir eine Große Anfrage gestellt haben und ihn das dazu zwang –, dass viel mehr Eltern als behauptet erstens von der Gebührenerhöhung betroffen sind und zweitens auch viel mehr, nämlich den Höchstbeitrag, zahlen. Statt 19 000 Kinder sind 26 000 Kinder von der Gebührenerhöhung betroffen und statt der 3 bis 5 Prozent der Kinder, die den Höchstbeitrag zu zahlen haben, so hieß es sogar von der GAL, sind es 18 Prozent der Familien, die von Ihnen als Höchstbeitragszahler eingestuft werden. Sie haben sich komplett verrechnet, Herr Senator Wersich, und Sie haben keine Ahnung von der Situation von Familien in dieser Stadt.
Dieser Senat und dieser CDU-Senator sind in Sachen Kita und Familienpolitik komplett gescheitert.
Deswegen werden wir Bürgermeister Ahlhaus und seine Senatsresterampe in diesem Hause zu gar nichts mehr auffordern und deshalb dem Antrag der LINKEN auch nicht zustimmen.
Interessanterweise hat DIE LINKE nicht nur in ihrer Pressemitteilung schon verkündet, sondern auch Herr Yildiz hat es eben noch einmal hier wiederholt, mit unserer Zustimmung sowieso nicht ernsthaft zu rechnen. Wenn Sie sich die Neufassung des Antrags anschauen, ist das in der Tat komplett als Vorführung enttarnt. Das ist nicht das, was wir uns unter verantwortungsvoller Kita-Politik vorstellen.
Wir Hamburger Sozialdemokraten haben mit unserem Regierungsprogramm am 15. Januar auch für das Feld der frühen Bildung und Kinderbetreuung nicht weniger als einen echten Politikwechsel beschlossen. Wir wollen die Rücknahme der allgemeinen Gebührenerhöhung und der Elternbeiträge um bis zu 100 Euro pro Monat und Kind. Wir wollen die Abschaffung des Essensgeldes.
Wir werden die Gebührenerhöhung für die behinderten Kinder zurücknehmen, wir werden die Kann-Kinder endlich auch beitragsfrei stellen, wir werden die Rechtsansprüche aus dem Kinderbe
treuungsgesetz wiederherstellen und wir nehmen uns vor, die Halbtagsbetreuung für die Drei- bis Sechsjährigen Schritt für Schritt kostenfrei zu stellen.
Aber gerne.
Herr Abgeordneter Harlinghausen, zu gegebener Zeit.
Ich möchte noch eines anfügen, Herr Abgeordneter Harlinghausen, Sie haben gar nicht zu Ende zugehört. Wir wollen auch den Rechtsanspruch für die Zweijährigen vorziehen, und zwar auf das Jahr 2012, weil wir das bildungsintegrationspolitisch für unverzichtbar halten.
Herr Abgeordneter Beuß, das ist hier eine KitaDebatte und keine Hochschuldebatte. Aber melden Sie sich doch gerne und kommen Sie hier nach vorne, Sie haben sicherlich noch Redezeit. Wir greifen das Thema auch gerne noch einmal auf.
Auch hier können wir gerne noch mal einen Rückblick auf die schwarz-grüne Politik und auf Ihre Alleinpolitik der letzten Jahre halten, das ist gar kein Problem.
Frühe Bildung und Betreuung sind kein Luxus, auch wenn sie viel Geld kosten.
Weder Schwarz-Grün noch Schwarz-Verlassen hatten das verstanden und deswegen vertrauen wir diesem Senat auch keine Aufgaben mehr an. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wo steht dieser Senat in Sachen Bildung und Betreuung und Kita?
Das Einzige, das Sie geschafft haben, ist eine saftige Gebührenerhöhung.
Herr Bürgermeister, nahezu alle Ankündigungen dieser Regierung sind hinfällig oder verschoben auf die nächste Legislaturperiode, wenn diese Koalition keine Verantwortung mehr tragen wird.
Und jetzt Ihre Hortreform. Schauen wir genau hin, was Sie aus einer eigentlich guten Idee machen: mit großem Brimborium im Sommer 2009 verkündet, wir haben es eben schon gehört, dann wegen massiver Proteste wieder zurückgenommen und jetzt durch die Hintertür eingeführt. Sie wollen um jeden Preis 10 000 Kinder mehr nachmittags aufbewahren, und zwar haushaltsneutral; 10 000 Kinder mehr, ohne eine einzige Erzieherin einzustellen, ohne die Räume zu haben und ohne einen Blick, was es für die bestehenden guten Angebote und für Eltern und Kinder bedeutet. Das haben sich die Eltern übrigens nicht gewünscht.
Der Senat verweist jetzt auf ganze fünf Pilotstandorte, die inzwischen stolze zehn Wochen Praxiser
fahrung vorweisen können. Wir hören, dass es an allen Ecken hakt. An einem Standort ist Ihnen sogar die pädagogische Leiterin davongelaufen, weil sie die Bedingungen, unter denen die Kinder verwahrt werden sollen, nicht mehr verantworten mochte. Aus dem Landeselternausschuss und dem Hamburger Hortbündnis der Elternkammer sind nichts als Klagen und Beschwerden zu hören und trotzdem machen Sie unbeirrt weiter. Sie sagen, der überstürzte Ausbau sei der großen Nachfrage geschuldet und der Druck der Eltern sei so groß. Manche meinen aber, der Druck laste eher auf Senator Wersich und Senatorin Goetsch, die gegen Ende ihrer Schaffenszeit wenigstens noch etwas Vorzeigbares vorweisen möchten, Herr Bürgermeister.
Die Wahrheit ist, dass CDU und GAL diesen Druck erst erzeugt haben. Sie haben über Jahre den bedarfsgerechten Ausbau der Hortbetreuung verschleppt und dabei übrigens stets behauptet, es gebe gar keine Wartelisten. Und nun haben Sie allein durch Ihre Ankündigung schon dafür gesorgt, dass die Träger ihre Hortkapazitäten eindampfen. Erste Horte haben angekündigt, zum kommenden Schuljahr keine neuen Kinder mehr aufnehmen zu wollen. Das ist das reinste Chaos.
40 Prozent mehr Kinder wollen Sie in Ihrer neuen Nachmittagsaufbewahrung sehen, 10 000 mehr als jetzt – übrigens eben längst nicht alle Hamburger Kinder – und das Ganze kostenneutral wohlgemerkt. Das bedeutet also: viel zu große Gruppen, kaum Personal, Aufbewahrung. Es kann doch wohl nicht sein, dass Sie ohne Erfahrung, ohne ein Raumkonzept, ohne Abstimmung der Rahmenbedingungen, ohne ein erprobtes didaktisches Konzept und ohne jegliche Evaluation jetzt auf einen Streich, wir haben es eben gehört, die Kinder aus 80 Schulen zu Versuchskaninchen machen wollen. Ist es denn nicht so, dass bei den Bedingungen, die Sie für Ihre Nachmittagsbetreuung planen, eigentlich die Heimaufsicht kommen und den Laden dichtmachen müsste, weil sie nämlich weit unter den derzeit geltenden Qualitätskriterien für Hamburger Horte liegen? Frau Senatorin, so ist es doch.
Die GABI, die ganztägige Bildung und Betreuung – manche übersetzen es auch mit ganz billig –, wird angeblich auch gemacht, wie wir eben noch einmal gehört haben, um benachteiligte Kinder zu fördern. Ich glaube nicht, dass das unter diesen Bedingungen gelingen kann. Sie verschlechtern die Förderbedingungen und auch deswegen ist es eine Mogelpackung.
Wir Sozialdemokraten sind für den Ausbau von Ganztagsschulen, aber wir wollen einen echten
Ganztag, mit Verzahnung von Vor- und Nachmittag und einer ordentlichen Portion Jugendhilfe dort, wo sie nötig ist. Das, was Sie machen, ist vormittags Stundentafel und nachmittags Aufbewahrung.
Zu Ihren Träumereien von Jugendmusikschulen, Sportvereinen und Theater am Nachmittag liegt überhaupt nichts Belastbares vor. Sie machen eine im Grunde gute Idee zunichte, weil Sie sie überhastet und dilettantisch umsetzen und weil Sie auch damit wieder gnadenlos überfordert sind.
Sie haben nach Ihrem Gebührendesaster, das Sie hier gemeinsam veranstaltet haben, in diesem Sommer angekündigt, Sie würden auf die Eltern zugehen und zuhören wollen. CDU und GAL zeigen hier einmal mehr, dass sie nichts dazugelernt haben. Sie können nicht zuhören, Sie können auf niemanden zugehen und deswegen wird die Zeit, die Sie hier verantwortlich Politik gestalten dürfen, auch bald zu Ende sein.
Vielen Dank, Herr Präsident! Es ist nett, Herr Senator Wersich, dass Sie uns bescheinigen, dass wir demnächst in diesem Hause einen Koalitionspartner brauchen werden.
Den braucht man doch nur, wenn man regiert, oder?
Niemand hat etwas dagegen, Dinge zu ändern, aber die Frage ist doch, wie und manchmal auch, in welchem Tempo. Vieles von dem, was Sie uns erzählt haben, passt einfach nicht zusammen. Es passt auch nicht zu dem, was wir an den Pilotstandorten erleben, zum Beispiel, wenn Sie uns von der Integration der Jugendhilfe und sonstigen Angeboten erzählen. Das ist doch schlichtweg
Quatsch. Es gibt im Übrigen gute Gründe, warum in den Horten andere gute Personalschlüssel gelten von 1:16 oder 1:17, die Sie jetzt heraufsetzen wollen auf 1:23.
Sie haben noch in keiner Debatte und an keiner Stelle so viel von Hamburgs Eltern gesprochen wie heute, das war wirklich beeindruckend. Die Eltern werden sehr gut vertreten vom Landeselternausschuss, vom Hamburger Hortbündnis und von der Elternkammer. Und sie sind sich unisono einig in ihrer massiven Kritik an Ihren Planungen, die Sie vorlegen. Das denkt sich doch nicht die Opposition aus, es sind doch Hamburgs Eltern, die diese Kritik äußern, Herr Senator Wersich und Frau Senatorin Goetsch.
Sie sagen, es sei der Wunsch der Eltern, aber das ist erstaunlich, denn es gibt bisher überhaupt kein Verfahren, bei dem Eltern diese Wünsche äußern könnten. Bisher haben Sie sich doch immer strikt geweigert, über die bestehenden Wartelisten bei Horten auch nur zu reden, Herr Senator Wersich.
Noch einmal drei Worte zu Ihrem Zeitplan. Bis zum Januar/Anfang Februar sollen sich die 80 Schulen bewerben, die zum nächsten Jahr dazukommen sollen. Im April erst, das haben wir vorhin gehört, werden Sie den Landesrahmenvertrag mit den Kitas auf Augenhöhe ausgehandelt haben. Hier kann man nur fragen, auf welcher Grundlage sich eigentlich Schulen und Träger im Januar beworben haben, wenn Sie erst im April den Vertrag machen? Und im Juni wollen Sie erst den neuen Schulentwicklungsplan vorlegen, wo wir dann die räumlichen Rahmenbedingungen finden werden und erst sehen können, wie viel Platz an den Schulen sein wird. Und im August sollen die Schulen dann schon starten. Das passt doch nicht zusammen, der Zeitplan gehört in Wahrheit andersherum. Man muss erst die Rahmenbedingungen klären und dann die Schulen auffordern, sich zu bewerben und sich Träger zu suchen.
Dann sagte Frau Senatorin Goetsch vorhin, es stünden noch 35 Millionen Euro zur Verfügung. Da haben wir uns wirklich gewundert, denn es handelt sich hier um Konjunkturmittel. Wir bekommen doch sonst immer vorgelegt, wie diese Mittel abfließen und wie sie zur Verfügung stehen. Es gab tatsächlich einmal 35 Millionen Euro für die Gemeinschaftsflächen für die verlässliche Betreuung auch an Primarschulen. Ich kann Ihnen sagen, was mit diesen 35 Millionen Euro passiert ist. 28,5 Millionen Euro sind längst an andere Stellen umgeschichtet, und zwar, Frau Senatorin, zugunsten der Aula der Jugendmusikschule, der Sanierung von Lehrschwimmbecken, des Hauses der Lehrerbildung, des Projekts Schulen als Klimaunternehmer,
Fachräume für Naturwissenschaften, Sportstadt Hamburg, Licht in Schulen, Schulen in freier Trägerschaft, Maßnahmen des HiB (Hauptschüler in den Beruf) und Verbesserungen der Schulinfrastruktur. Das ist alles gut und schön, aber es hat mit Ganztagsbetreuung nur sehr wenig zu tun. Deswegen stehen diese 35 Millionen Euro eben nicht zur Verfügung.
Ein letzter Satz noch
zur heutigen Verkündung, die Kosten für die Eltern würden nun doch nicht so ansteigen, wie es seit einem Jahr in allen Behördenpapieren und in den Konzepten steht. Es war klar, dass dies heute verkündet würde; deshalb bin ich vorhin, Frau Blömeke, nicht darauf eingegangen. Jetzt verkünden Sie heute die soziale Staffelung der Elternbeiträge für die Randzeiten; es soll nicht noch teurer werden. Darauf fällt doch niemand herein, die Kritiker aus dem Hortbündnis haben das seit Mai 2009 angemahnt. Trotzdem sind die Pilotschulen ohne diese Staffelung gestartet. Da gibt es keine soziale Staffelung und dort wird unter dem Strich mehr gezahlt. Und erst jetzt, wo die GABI von allen Seiten ein bisschen Haue bekommt, bewegen Sie sich ein kleines Stück, aber an den grundlegenden Problemen ändert dies überhaupt nichts. – Vielen Dank.
Sind alle wieder wach? Das ist schön. Bleiben Sie im Raum, denn am Ende dieser Debatte wird abgestimmt.
Hauptsache, Sie bleiben uns erhalten, Herr Hamann. Hören Sie gut zu, es wird interessant.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Hamburgs Eltern sind sauer und das zu Recht. Eine der ganz wenigen Sparaktionen dieses schwarz-grünen Senats, die die Hamburgerinnen und Hamburger direkt zu spüren bekommen werden, aber nur eine ausgewählte Bevölkerungsgruppe, ist die Erhöhung der Elternbeiträge in den Kitas. Mindestens 22 Millionen Euro an zusätzlichen Einnahmen werden Sie damit pro Haushalsjahr erzielen, wobei Sie nicht auskunftsfähig sind, wie viel Sie tatsächlich abzocken; es wird wohl weit mehr sein. Dass nämlich nicht nur 3 bis 5 Prozent der Eltern die neuen Höchstsätze werden zahlen müssen,
wie Schwarz-Grün es im April behauptet hat, sondern mehr Eltern mehr zahlen müssen, ist längst klar.
Dabei haben Sie längst noch nicht alle Eltern über Ihre neuen Forderungen aufgeklärt. Nach wie vor warten fast ein Drittel der Kita-Eltern, nämlich rund 18 000, auf ihre Kita-Gutscheine, obwohl sie diese schon vor einem Monat hätten bekommen sollen und obwohl Sie dafür in den Bezirksämtern 15 zusätzliche Stellen geschaffen und Honorarkräfte eingesetzt haben. Im Bezirksamt Harburg beträgt zum Beispiel die maximale Wartezeit auf einen Kita-Gutschein derzeit fünf Monate. Und weil allein dort über 2000 unbeschiedene Anträge herumliegen, schließt die entsprechende Abteilung gleich einmal zwei Wochen, damit nicht noch mehr Eltern kommen. Wohlgemerkt: Auch die Beschäftigten in den Bezirksämtern müssen so Ihre Fehler ausbaden.
Es gab und gibt heftige Proteste gegen die Gebührenerhöhung und eine große öffentliche Solidarität mit den betroffenen Eltern,
seit Sie im Frühjahr Ihre Schandtaten verkündet haben. Sie haben die Kita-Gebühren um bis zu 100 Euro pro Monat und Kind erhöht. Das sollte nur, wie Sie sagten, 19 000 Eltern treffen, aber es werden wohl weit mehr davon betroffen sein. Sie haben für alle 70 000 Hamburger Kita-Kinder das Essensgeld um bis zu 29 Euro pro Monat und Kind erhöht. Sie wollen künftig nur noch Kinder bis zwölf Jahre, nicht mehr bis 14 Jahre, in den Hort lassen – keiner weiß warum. Und Eltern von behinderten Kindern, die bisher aus gutem Grund nur Mindestbeiträge zahlen, bekommen jetzt Erhöhungen von bis zu 700 Prozent. Sie haben den versprochenen Rechtsanspruch für Zweijährige gestrichen, schließen fast 2000 sogenannte Kann-Kinder vom beitragsfreien letzten Kita-Jahr aus und in puncto Qualitätsentwicklung und bei all den anderen hübschen Versprechungen in Ihrem Koalitionsvertrag tut sich sowieso nichts und das alles ist schlecht.
Die Proteste waren und sind heftig. In allerkürzester Zeit sind mehr als dreimal so viele Unterschriften gesammelt worden, als für eine Volkspetition nötig sind. Die Reaktion von Grün bis Schwarz war: Belehrung der Eltern. Diese sollten doch erst einmal nachdenken und immerhin würde man für neue Krippenkinder Plätze schaffen.
Die Position der SPD ist an dieser Stelle klar. Frühkindliche Bildung ist eine gesamtgesellschaftliche Aufgabe, genauso wie es die Schule ist, die auch von der gesamten Gesellschaft finanziert wird. Kein Mensch erwartet, dass dafür nur die Eltern bezahlen.
Deswegen gehört auch die frühe Bildung mittelfristig kostenfrei gestellt. Auch wenn das nicht von heute auf morgen geht, muss doch zumindest die Perspektive klar sein. Man kann auf keinen Fall in die entgegengesetzte Richtung marschieren, wie Sie es tun, und die Gebühren auch noch erhöhen.
Nach Auffassung der CDU leben Hamburgs Eltern ohnehin über ihre Verhältnisse. Herr Ahlhaus knüpft, was Kinder und Familien angeht, nahtlos an die in diesem Punkt völlig empathiefreie Politik von Herrn von Beust an und findet sich dabei in bester Gesellschaft mit den Herren Wersich und Frigge: ein echtes Dreamteam für Hamburgs Familien.
Wir lernen, dass Sie feine Unterschiede machen. Wenn Maurer eine Wand der Elbphilharmonie errichten und diese wieder einreißen und neu ziehen, dann gehören deren Löhne zu den Investitionen und Investitionen sind immer gut. Wenn aber Erzieherinnen und Erzieher in Kinderköpfen das Fundament für Bildung und Fertigkeiten legen, mit denen diese Kinder in 20 Jahren den Fortgang unserer Gesellschaft bestimmen, dann sind das Betriebsausgaben und die sind schlecht. Klar ist, dass die Gebührenerhöhung um mindestens 22 Millionen Euro pro Jahr ziemlich genau dem Betrag entspricht – Peter Tschentscher hat es ausgerechnet –, den Sie an Betriebskosten jährlich in die Zinszahlungen für die Elbphilharmonie stecken müssen, und das nur dafür, dass sie dasteht; da ist dann noch kein Ton zu hören.
Vielleicht sollten Sie einmal Ihren Kompass justieren lassen. Fragen Sie doch zum Beispiel einmal die Frauen – nicht die Kita-Fachfrau bei den Grünen, die ist beim Kürzen ganz vorn mit dabei –, aber die wenigen Damen in der CDU,
zum Beispiel Frau Meyer-Kainer, die tapfere Vorsitzende der Frauen Union. Ich meine das ganz ernst mit dem tapfer. Vorgestern war ein Artikel zur Frauenförderung im "Hamburger Abendblatt" – wahrscheinlich haben ihn nicht so viele gelesen –, in dem Frau Meyer-Kainer etwas Denkwürdiges sagte. Sie hat ein Beispiel genannt, warum Frauen wichtig für die CDU seien – ich zitiere –:
"Wenn wir bei der Kita-Gebührenerhöhung stärker eingebunden wären, wäre das anders gelaufen."
Meine Damen und Herren! An dieser Stelle soll Ihnen Gelegenheit zur Korrektur gegeben werden. Meine Fraktion stellt deswegen einen Antrag auf Rücknahme der Gebührenerhöhungen, für ein frei
es Mittagessen und die Wiederherstellung des Rechtsanspruches auf Hortbetreuung bis zum 14. Lebensjahr, so wie dies einmal von einem erfolgreichen Volksbegehren in Hamburg durchgesetzt worden ist.
Wir stellen diesen Antrag in der Bürgerschaft und fordern Sie ausdrücklich auf, uns auch deshalb zu folgen, um ein gutes Beispiel unserer parlamentarischen Demokratie zu geben. Sie haben eine Volksinitiative an der Backe, weil Sie sich nicht um die Sorgen und Nöte und die lauten Proteste von Hamburgs Eltern geschert haben. Die Regierungserklärung von Herrn Ahlhaus war eine Bankrotterklärung für die Familienpolitik in dieser Stadt
und der berühmte Tropfen, der das Fass zum Überlaufen gebracht hat.
Meine Fraktion ist überzeugt, dass die direkte Demokratie an dieser Stelle nur die zweitbeste Lösung ist. Wir sind dafür da, auf die Sorgen und Nöte der Menschen zu hören und gute Politik zu machen. Deswegen stellen wir diesen Antrag. Wir wollen, dass Hamburgs Eltern möglichst schnell die Hand gereicht wird, wir wollen keine zweijährige Volksinitiative und einen weiteren Bildungskampf, der alle lähmt und erst einmal gar nichts verbessert. Deswegen: Fragen Sie noch einmal die Frauen und geben Sie sich einen Ruck. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident. Ich finde es schade, dass die Debatte jetzt ein bisschen abgeglitten ist,
weil ich glaube, dass das Thema nicht nur wichtig ist für Hamburgs Eltern …
– Das ist sehr nett, Herr Präsident, vielen Dank.
Das Thema ist nicht nur wichtig für Hamburgs Eltern, es hat auch eine hohe Symbolik in der Stadt. Das werden Sie möglicherweise noch an anderer Stelle zu spüren bekommen. Auch deswegen habe
ich vorhin appelliert, gemeinsam den Eltern die Hand zu reichen und ein vernünftiges Konzept auf die Beine zu stellen, das auch eine Finanzierung beinhalten kann. Aber das Thema ist, angeheizt von Frau Blömeke und Herrn Yildiz, zu einer absolut zickigen Debatte geworden.
DIE LINKE bringt Themen ein, die mit der Frage der Gebührenerhöhungen überhaupt nichts zu tun haben, und kommt mit unausgegorenen Vorschlägen, die Ungerechtigkeiten an anderer Stelle schaffen. Die GAL kommt mit der Hortreform an, die momentan gar nicht zur Debatte steht und nichts an den Gebühren ändert. Herr Müller redet über die alte 80-Cent-Debatte und fängt mit dem Märchen der 80 Prozent an, die die Stadt angeblich trage. Das ist aber nur bei einem Teil der Eltern der Fall und diese Quote ist deswegen so hoch, weil es in Hamburg viele arme Familien gibt, die nur die Mindestbeiträge zahlen können.
Die Wahrheit ist, dass Sie inzwischen bei einem Großteil der Eltern 60 bis 80 Prozent der Platzkosten abkassieren. Das beginnt, wie Sie wissen, bei einem Familieneinkommen von 2500 Euro netto bei einer vierköpfigen Familie. Es ist von daher nicht in Ordnung zu behaupten, 80 Prozent würde immer noch die Stadt zahlen.
Nach dem Verlauf dieser Debatte bin ich sehr froh, dass wir demnächst die Volkspetition im Ausschuss haben werden, wo die Petenten noch einmal Gelegenheit haben werden, etwas vorzutragen und sich mit uns und dem Senat auseinanderzusetzen. Vielleicht bringt dies insgesamt ein bisschen Sachlichkeit in die Debatte und trägt dazu bei, dass sich hier alle ernsthaft mit dem Problem auseinandersetzen. – Vielen Dank.
Die brauche ich nicht, Herr Präsident, vielen Dank. Herr Goldberg, es ist nicht in Ordnung, dass Sie als Reaktion auf den Beitrag von Herrn Böwer, der sich insbesondere auf den Sozialbereich und die Hilfen zur Erziehung bezog, hier einfach die Unwahrheit erklären. Ich möchte das gern richtigstellen.
Es handelt sich in der Tat allein um 52 Millionen Euro Nachforderungen im Bereich Hilfen zur Erziehung. Das sind keine krisenbedingten Mehraufwendungen, sondern Aufwendungen, die anfallen, weil bereits der Ansatz von Ihnen viel zu niedrig gewählt wurde. Ich erinnere daran, dass wir das bei der Haushaltseinbringung angesprochen und wiederholt angemahnt haben. Sie haben in diesem Bereich einen Haushaltsansatz von 176 Millionen Euro gewählt, obwohl das Ergebnis im Vorjahr bereits bei 199 Millionen Euro lag, und dies damit begründet, Sie könnten 25 oder 26 Millionen Euro einsparen. Dabei wissen wir, dass es strukturell in allen Vorjahren Nachforderungen in zweistelliger Millionenhöhe gegeben hat. Das ist also völlig hirnrissig
und total abstrus – ein viel zu niedrig gewählter Ansatz.
– Ich nehme das zurück.
Dass wir jetzt eine Nachforderung in Höhe von 52 Millionen Euro haben, ist ein fachpolitisch völlig unbegründeter Ansatz, der durch nichts zu erklären war und der jetzt die gleichen Folgen zeigt wie in den letzten Jahren. 25 Millionen Euro haben Sie zu niedrig angesetzt, weitere 25 Millionen Euro entsprechen dem, was Sie ohnehin jedes Jahr an Nachforderungen haben, weil Sie die Sache nicht in den Griff bekommen, weil Sie, wie der Kollege Böwer dargestellt hat, uns jedes Jahr mit den glei
chen vier Spiegelstrichen kommen, die angeblich irgendetwas ändern sollen. Über die unterhalten wir uns in der Tat im Ausschuss, kommen da aber auch nicht weiter, jedenfalls nicht, was die Ergebnisse betrifft.
Deswegen, Herr Goldberg, ist das zurückzuweisen. Es geht nicht um krisenbedingte Nachforderungen. Es geht um Ihre mangelnde Fähigkeit, in dem Bereich anständig zu planen, und durchaus auch um Haushaltsehrlichkeit dem Parlament gegenüber. Und das muss hier schon noch einmal gesagt werden. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Was Sie hier gleich mit Ihrer parlamentarischen Mehrheit beschließen werden, ist ein eklatanter Wortbruch gegenüber Hamburgs Eltern.
Sie haben schon den versprochenen Rechtsanspruch für die Zweijährigen gestrichen, fast 2000 sogenannte Kann-Kinder vom beitragsfreien letzten Kita-Jahr ausgeschlossen, den Ausbau der Hortbetreuung auf die nächste Legislaturperiode verschoben und werden künftig nur noch Kinder bis zwölf, nicht mehr bis 14 Jahre, in den Hort lassen. Sie erhöhen die Gebühren und für alle Hamburger Kinder das Essensgeld. Eltern behinderter Kinder haben bisher aus gutem Grund nur einen Mindestbeitrag bezahlt und bekommen jetzt Erhöhungen von bis zu 700 Prozent. Die Begründung des Senats: Es werde eine Normalisierung im Umgang mit Menschen mit Behinderungen angestrebt.
Hamburg war bisher schon unter den teuersten Städten, was die Kita-Gebühren anging. Nun setzen Sie sich endgültig an die traurige Spitze. In keiner anderen Stadt werden mehr als 500 Euro pro Monat für einen Kita-Platz verlangt, so wie Sie es tun. Nirgendwo sonst zahlen Eltern bis zu 75 Prozent der Kosten eines Kita-Platzes selbst. Vierköpfige Familien mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2500 Euro gelten bei Ihnen künftig als Besserverdienende und werden kräftig zur Kasse gebeten. Dadurch verbessert sich nichts, sondern dieselbe Kita kostet künftig einfach mehr. Es wird für jeden teurer und es gibt an keiner Stelle Qualitätsverbesserungen.
Natürlich braucht es mehr Geld, wenn mehr Eltern ihre Kinder in die Kindergärten schicken wollen oder auch müssen, weil sie arbeiten. Und da finden Sie, diesen Luxus sollten doch die Eltern bitte schön solidarisch untereinander mitfinanzieren.
Meine Damen und Herren! Hamburg investiert viele Millionen, um das Schulsystem grundlegend zu reformieren. Das ist gut und bringt Hamburg voran; darüber haben wir heute schon in zwei Debatten gesprochen. Es ist aber wirklich hirnrissig, den gleichen Kindern den Zugang zu Bildung vor der Schule durch Gebühren, die sich viele Familien nicht leisten können, abzuschneiden.
Wenn es heute bis in die Gymnasien hinein Kinder mit Sprachförderbedarf gibt, dann liegt das vor allem daran, dass diese Kinder nicht schon in der Kita hinreichend Deutsch gelernt haben, entweder, weil sie nicht da waren, oder weil sie in viel zu großen Gruppen untergebracht wurden. Wir haben
gemeinsam die Klassenfrequenzen der Grundschulen in den benachteiligten Gebieten auf maximal 19 Schülerinnen und Schüler gesenkt, aber in der Kita werden die Drei- bis Sechsjährigen nach wie vor in Gruppen mit 25 oder 26 Kindern gestopft; das sind fast 40 Prozent mehr, als in den ersten Klassen. Das ist Ihrer Standardabsenkung von vor fünf Jahren geschuldet. Während die Lehrerinnen und Lehrer über das ganze Jahr gesehen rund die Hälfte ihrer Arbeitszeit mit Vor- und Nachbereitung des Unterrichts verbringen, was angemessen ist und was ihnen niemand streitig macht, verlangen Sie von den Kita-Erzieherinnen hundertprozentige Präsenz. 38,5 Stunden Arbeitszeit heißt 38,5 Stunden am Kind mit 40 Prozent mehr Kindern in der Gruppe als in der Grundschule. Sie sollten sich nicht wundern, wenn viele Eltern Ihnen nicht mehr abkaufen, dass Sie es gut meinen mit Hamburgs Kindern.
Die Volkspetition gegen Ihre Gebührenerhöhung hat, das können wir gar nicht oft genug betonen, 42 500 Unterschriften erhalten, aber auch das hat Sie leider nicht beeindruckt. In einer Facebook-Gruppe, der inzwischen fast 4000 Mitglieder angehören, tauschen sich Betroffene täglich über die schlimmen Folgen Ihrer Politik aus. Ich will ein Beispiel zitieren.
Frau Mohr schreibt:
"Habe heute den Bescheid für einen Zwei-Stunden-Hortplatz bekommen und ich bin fassungslos."
Frau Scherf fragt:
"Warum?"
Frau Mohr:
"Weil alleine der Grundbeitrag mehr als doppelt so hoch ist, ganz zu schweigen von dem Essensgeld. Im Elementarbereich kosten Frühstück und Mittag zusammen 21 Euro, jetzt zahle ich nur für Mittag 42 Euro. Gleiches Essen, gleicher Ort."
Frau Scherf:
"Lass sie in der Schule essen."
Frau Mohr:
"Ich brauche aber die Ferienbetreuung und auch eine Betreuung vor 8 Uhr. Heul."
So läuft das dort ab.
Diese Koalition öffnet die Bildungsschere. Sie versuchen, sogar Mindestbeitragszahlern künftig 56 Euro mehr im Monat abzuknöpfen, wenn sie zwei Kinder im Hort haben; das sind die Zahlen. Möglicherweise werden Sie diese 56 Euro am Ende gar nicht bekommen, weil die Leute nämlich hingehen und ihre Kinder abmelden werden. Die
ersten erschreckenden Zahlen darüber gibt es schon, nur wollen Sie sie nicht wahrhaben und haben auch im Ausschuss geleugnet, dass es diese Abmeldungen gibt. Wir haben deshalb bei der letzten Sitzung zur ersten Lesung einen Zusatzantrag eingebracht, mit dem wir Sie auffordern wollten, von der Gebührenerhöhung und den Kürzungen der Rechtsansprüche abzusehen. Sie haben diesen Antrag abgelehnt.
Ich möchte kurz auf den Antrag der LINKEN eingehen. Dieser Antrag ist auch für uns nicht annehmbar, weil er erstens, anders, als die Überschrift hoffen lässt, nicht die Rücknahme der aktuellen Gebührenerhöhung fordert, zweitens im Gegensatz zu dem, was wir von der SPD-Fraktion mehrfach gefordert haben, das Essensgeld beibehält, außer bei SGB-II- oder SGB-XII-Bezug, und er drittens neue Ungerechtigkeiten schafft, indem Bezieherinnen und Bezieher von SGB-Leistungen vollständig von den Gebühren freigestellt werden sollen, während diejenigen, deren Einkommen leicht darüber liegt, für Betreuung und Essen sogar erhöhte Gebühren zahlen müssten. Diese Ungerechtigkeit würde zur Besserstellung der Bezieher von SGB-Leistungen führen. Wir können uns dem deshalb so nicht anschließen und lehnen diesen Antrag der LINKEN ab; das nur zur Klarstellung.
Abgesehen davon, dass die Gebührenerhöhung und die Reduzierung von Rechtsansprüchen durch CDU und GAL einen Rückschritt für die frühe Bildung in Hamburg bedeuten, der Chancengerechtigkeit für Hamburgs Kindern schaden, eine erschreckende Unkenntnis des Senats über die Situation von Hamburgs Familien zeigen und gegen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerichtet sind, gibt es einen Punkt, der Eltern noch zusätzlich wütend und fassungslos gemacht hat: Ihre Sprache und Ihre Aussagen, das Leugnen und scheibchenweise Einräumen der Konsequenzen und Ihre Verharmlosungen der Folgen für die Eltern. Ich will das an einigen Beispielen festmachen.
Erstes Beispiel, zur Einschränkung der Hortbetreuung: Sie haben zunächst behauptet, Kinder zwischen zwölf und 14 Jahren seien nur sehr selten im Hort anzutreffen.
Mit der offiziellen Senatsmitteilung musste dann eingeräumt werden, dass davon im Jahr 2010 rund 600 Betreuungsverhältnisse betroffen sind.
Zweites Beispiel, zur Sprache: Es gab die öffentliche Aufforderung, Hamburgs Eltern sollten doch bitte einfach einmal nachdenken. Sie haben außerdem behauptet, die Rechtsansprüche blieben er
halten. Erst spät und per Pressemitteilung kam dann die Korrektur. Nun heißt es, die Rechtsansprüche blieben – Zitat –:
"[…] im Kern erhalten."
Das dritte Beispiel, in jeder Hinsicht der Gipfel, kommt aus dem Hause des Sozialsenators. Unter der Überschrift "Anpassung der Kita-Gebühren" beantwortet die Sozialbehörde in einem Informationspapier sich selbst gestellte Fragen. Es geht auch um die Gebühren für die Eltern behinderter Kinder, die, wie wir wissen, um bis zu 700 Prozent erhöht werden.
Auf die an sich selbst gestellte Frage
"Wird der Kita-Beitrag für alle Eltern erhöht?"
lautet die Antwort der Behörde:
"[…] Für Eltern mit behinderten Kindern gibt es eine neue Staffelung."
Das zeigt uns, dass Sie jede Bodenhaftung verloren haben.
Senator Wersich, Herr von Beust und Sie alle reden im Zusammenhang mit den Kita-Gebühren besonders gern davon, dass es unverantwortlich sei, Schulden auf Kosten der kommenden Generationen zu machen. Das teilt meine Fraktion, vor allem, wenn es um explodierende Baukosten oder um fehlende Wirtschaftlichkeit bei Großprojekten geht; der Rechnungshof hat es Ihnen ja aufgeschrieben. Unsinnige Investitionen, die unsere Kinder oder deren Kinder bezahlen müssen, darf es nicht geben, aber es ist einfach Unfug, wenn da die Kosten für die Kitas mit einbezogen werden, wie Sie es immer tun. Es gibt wohl keinen anderen Bereich, in dem Ausgaben so direkt den kommenden Generationen zugutekommen. Frühe Bildung ist die beste Investition. Herr Senator, kommen Sie bitte zur Vernunft. – Vielen Dank.
Herr Präsident! Frau Blömeke, vielen Dank für die Klarstellung, dass das letzte kostenfreie Kita-Jahr nicht angetastet werden wird. Umso mehr werden sich Hamburgs Eltern die Frage stellen, an welcher Stelle denn dann noch gespart werden soll im Kita-Etat, denn wir hören, dass noch gespart werden wird. Ich hätte mich über eine Klarstellung gefreut, dass Sie im Bereich der Qualität, also der Gruppengrößen und der Erzieher-Kind-Relation, nichts antasten werden. Es wäre schön gewesen, aber wir werden glücklicherweise noch Gelegenheit haben, über dieses Thema zu diskutieren,
und zwar dann, wenn all die Widersprüche eingegangen sind und bearbeitet werden, wenn wir vom Senat Zahlen über die Abmeldungen und Stunden
reduzierungen von Eltern in den Kitas haben und wenn die Volkspetition bei uns im Ausschuss gewesen ist. Dann werden wir das noch einmal hier diskutieren und das wird für Sie noch einmal eine Gelegenheit zum Nachdenken sein. – Vielen Dank.
Vizepräsident Wolfgang Joithe–von Krosigk: Mir liegen keine weiteren Wortmeldungen mehr vor. Wir kommen dann zur Abstimmung. Zunächst zum Antrag der Fraktion DIE LINKE aus der Drucksache 19/6599.
Wer möchte diesen annehmen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist damit mehrheitlich abgelehnt.
Ich komme nun zur Drucksache 19/5901. Das darin enthaltene Gesetz zur Begrenzung des Ausgabenanstiegs und zur Qualitätssicherung in der Kindertagesbetreuung war am 16. Juni 2010 mit den vom Haushaltsausschuss empfohlenen Änderungen aus der Drucksache 19/6442 bereits in erster Lesung angenommen worden. Der Senat hatte einer sofortigen zweiten Lesung zugestimmt. Mindestens ein Fünftel der anwesenden Mitglieder dieses Hauses hatten dagegen Widerspruch erhoben.
Wer möchte nun das am 16. Juni 2010 in erster Lesung beschlossene Gesetz in zweiter Lesung beschließen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist dann mit Mehrheit angenommen. Das Gesetz ist damit auch in zweiter Lesung und somit endgültig beschlossen worden.
Die Ziffer 3 des Petitums aus der vom Senat am 4. Mai 2010 berichtigten Fassung der Drucksache 19/5901 war ebenfalls am 16. Juni 2010 in erster Lesung angenommen worden. Auch hier hatte der Senat einer sofortigen zweiten Lesung zugestimmt. Mindestens ein Fünftel der anwesenden Mitglieder dieses Hauses hatten dagegen Widerspruch erhoben.
Wer möchte nun den am 16. Juni 2010 in erster Lesung gefassten Beschluss zu Ziffer 3 des Petitums aus der Drucksache 19/5901 in zweiter Lesung fassen? – Gegenprobe. – Enthaltungen? – Das ist somit auch in zweiter Lesung endgültig beschlossen worden.
Wir kommen nun zum Tagesordnungspunkt 20, Drucksache 19/6505, Bericht des Schulausschusses: Altenpflegeausbildung in Hamburg fördern – Fachkräftemangel endlich begegnen.
Wer wünscht das Wort? – Herr Kienscherf, Sie haben das Wort.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Sie legen heute einen Prüfantrag vor, in dessen Titel die Rede ist von Vorbilder schaffen und von einem Gewaltpräventionsprojekt gegen Unterdrückung im Namen der Ehre. Wir sagen, der Senat soll das prüfen und sich gerne wieder melden, wenn er etwas vorzuweisen hat. Es liegt nämlich auch noch etwas anderes vor, ein Koalitionsvertrag von CDU und GAL, und da heißt es unter anderem: Gemeinsames Ziel ist es, die Kinder früher zu fördern. Erreicht werden sollen insbesondere auch Kinder mit Migrationshintergrund. Und es heißt, man stimme überein, dass der Präventionsunterricht durch die Polizei das Erlernen gewaltfreier Konfliktlösung zum Ziel haben soll, und es steht auch da, die geschlechtsspezifische Arbeit mit Jungen solle ausgebaut werden und Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter sollen im Bereich interkulturelle Familienkonflikte fortgebildet werden. Da stellen wir fest, dass nicht viel passiert ist, und das ist schlecht.
Sie haben beide zur Begründung Ihres Antrags über den Fall Morsal gesprochen. Es ist ziemlich genau zwei Jahre her, am 15. Mai 2008, dass Morsal von ihrem eigenen Bruder heimtückisch und
aus niederen Beweggründen ermordet wurde. Morsal hat, das wissen wir nach dem Prozess und auch nach unserer Akteneinsicht, schon vor der Tat mehrere Jahre unter dem Druck ihrer Familie gelitten, weil diese ihren westlich orientierten Lebensstil missbilligte. Das Mädchen war mehrfach beim KJND, es war auswärtig untergebracht, die Familie war seit Jahren beim ASD aktenkundig, es gab Anzeigen, die zurückgezogen wurden, und dramatische Szenen in der Familie mit Polizeieinsätzen – ein schrecklicher Fall, den die zuständige Behörde aber letztlich, auch in der Rückschau, nicht als einen Worst Case betrachtet hat.
Sie haben dann einen Antrag beschlossen – das ist jetzt schon fast zwei Jahre her –, von dem Sie glaubten, damit den Senat zum Handeln in diesem Bereich aufzufordern. Dieser Antrag ist jetzt vor einigen Wochen per Senatsmitteilung beantwortet worden, welche demnächst im Familienausschuss beraten wird. Über Zahlen, geschulte Personen oder die Wirkung von Maßnahmen steht in der Senatsmitteilung nichts. Vielmehr heißt es dort nach fast zwei Jahren: vorgesehen sei und geprüft werde. Das ist zu wenig.
Nun kommt die GAL hier wiederum mit der Aufforderung an den Senat, ein Projekt zu prüfen. Dort sollen jetzt andere das machen, was man seit zwei Jahren selbst nicht hinbekommt. Wir freuen uns, wenn es gelingen sollte, in Hamburg ein solches Projekt hinzubekommen, bei dem Externe finanzieren und es ein freiwilliges Engagement gibt. Das wäre schön, dennoch fällt uns und anderen Folgendes auf.
Erstens: Der Glaube an die Umsetzung der im Koalitionsvertrag versprochenen Maßnahmen offensichtlich schwindet auch bei den Regierungsfraktionen. Das ist verständlich angesichts bisheriger Erfahrungen, nicht allein in der Kita-Politik.
Zweitens: Die Erfahrungen im Fall Morsal haben zwar zu einem Antrag von CDU- und GAL-Fraktion geführt, aber auch dieser Antrag nach fast zwei Jahren nicht zu konkreten oder gar befriedigenden Ergebnissen. Und auch der Fall Fatima ist durchaus mysteriös geblieben.
Drittens: Die aktuelle Senatsmitteilung zum Morsal-Antrag von CDU und GAL ist so unkonkret, dass sich die Regierungsfraktionen zu einem weiteren Prüfauftrag für ein Projekt genötigt sehen.
Viertens: Dies führt zu der Frage, welche Funktion Prüfaufträge zu Projekten für eine Koalition erfüllen, die sich in ihrem politischen Spätherbst befindet.
Fünftens: Solche Projekte entlassen Sie nicht aus der Pflicht, Ihre im Koalitionsvertrag gemachten Versprechungen abzuarbeiten oder hier abgefeierte, zwei Jahre alte Anträge auch endlich umzusetzen. Solche Projekte entlassen Sie auch nicht aus der Pflicht, andere Aufgaben zu erfüllen, zum Beispiel, ich zitiere das jetzt einmal, Regeldienste – wie es ganz richtig im zwei Jahre alten MorsalAntrag heißt – im Umgang mit spezifischen interkulturellen Familienkonflikten weiter auszubauen. Damit wären wir dann zum Beispiel wieder einmal beim ASD, wo wir seit Jahren auf eine Peronalbemessung hinarbeiten, damit er auch in diesem Bereich erfolgreicher arbeiten kann.
Prüfen Sie das Projekt HEROES und prüfen Sie möglichst schneller, als Sie sonst arbeiten. Melden Sie sich gerne wieder, wenn es etwas Konkretes dazu gibt und lassen Sie darunter nicht die Pflichtaufgaben einer Landesregierung leiden. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! "Senat ohne Bodenhaftung: Familienfeindliche Kita-Gebührenerhöhung muss zurückgenommen werden!" ist unsere Forderung und zu Recht auch die der Eltern in dieser Stadt.
Entgegen allen Ankündigungen wird von diesem Senat der Rechtsanspruch auf Kindertagesbetreuung ab zwei Jahren nicht eingeführt. Das letzte Jahr vor der Schule ist beitragsfrei, aber nicht für Kann-Kinder. Den Ausbau der Hortbetreuung haben Sie auf die nächste Legislaturperiode verschoben und nun erhöhen Sie auch noch die Kita-Gebühren und das Essensgeld, und zwar kräftig, und kürzen die Rechtsansprüche der Hamburger Eltern. Das ist wirklich der Gipfel.
Das Behördenraumschiff lässt dieser Tage 70 000 neue Gebührenbescheide an Eltern von Kita-Kindern verschicken,
jeder einzelne ein Beleg Ihrer Unkenntnis, was es heißt, in Hamburg Eltern zu sein.
Sämtliche Einzelheiten dieses sozialpolitischen Amoklaufs sind überall veröffentlicht worden und seit Wochen wächst die Empörung,
denn es wird für jeden teurer und führt an keiner Stelle zur Qualitätsverbesserung. Alle Kitas werden zwar teurer, aber nicht besser. Sie in der Koalition wissen das und ich weiß aus verschiedenen Gesprächen, dass sich manche von Ihnen dafür auch kräftig schämen. Das ist menschlich verständlich, es macht die Sache aber natürlich überhaupt nicht besser. In Ihrer Drucksache schreiben Sie von der Finanzkrise und drastisch reduzierten Steuereinnahmen. Dieser Tage erfahren wir nun, dass Sie nicht einmal Ihre Konjunkturoffensive über die Bühne bringen, aber die Eltern zur Kasse bitten und Bescheide verschicken, das können Sie.
Interessant ist, dass das größte Engagement für die maßlosen Erhöhungen von der GAL kommt. Die Eltern sollten doch erst einmal nachdenken, hören wir von Ihnen. Ich denke, das steht für sich. Es geht hier doch nicht um irgendwelche netten Babysitterleistungen für die Eltern, sondern um die Frage der wirtschaftlichen Existenz von Familien, um Chancengerechtigkeit und um Bildung. Kitas sind frühe Bildung, das haben Sie immer noch nicht verstanden.
Und dann verhöhnen Sie die Menschen auch noch mit Ihren Rechtfertigungsversuchen. Sie haben einen ganz neuen Begriff der Besserverdienenden erfunden. Tatsache ist, dass die Gebührenerhöhungen bei einem Nettoeinkommen von 2500 Euro für eine vierköpfige Familie beginnen. Das sind bei Ihnen die Besserverdienenden. Senator Wersich meint dazu, die Eltern würden ohnehin nur 20 Prozent der tatsächlichen Kosten tragen. Die Kosten für den Kita-Platz seien also fünfmal so hoch wie das, was die Eltern zahlen müssen. Erzählen Sie das einmal jemandem, der künftig 500 Euro für einen stinknormalen Elementarplatz zahlen muss, Herr Senator. So ein Achtstundenplatz kostet in Wahrheit ganze 655 Euro im Monat. Das heißt, die Eltern zahlen 75 Prozent des Platzes selbst und das betrifft nicht nur Eltern in den oberen Einkom
mensbereichen. Das ist das Gegenteil von Weitsicht, das ist Politik gegen Hamburgs Familien.
Die Beiträge für Kinder mit Behinderungen werden nun nicht mehr um bis zu 1400 Prozent erhöht, sondern – dafür lobt sich der Senat selbst – nur noch bis zu 700 Prozent. Senator Wersich hat es als Beitrag zur Integration dargestellt; er strebe eine Normalisierung der Menschen mit Behinderungen an, hat er uns im Fernsehen mitgeteilt. Weil die Eltern also normale Beiträge zahlen, werde die Stigmatisierung ihrer Kinder verhindert, behauptet der Senator. Das ist ungefähr so logisch, als wolle man behaupten, es diene der Integration von Blinden, wenn man endlich diese stigmatisierenden Hunde abschaffen würde.
CDU und moderne Familienpolitik passen einfach nicht zusammen.
Ihre Politik ist gegen die Vereinbarkeit von Familie und Beruf gerichtet, sie ist ungerecht und rückschrittlich. Hören Sie Hamburgs Eltern zu und nehmen Sie die Gebührenerhöhungen zurück. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, liebe Kolleginnen und Kollegen! 3500 Eltern haben sich inzwischen auf Facebook zu einer Protestgruppe zusammengeschlossen gegen diese Gebührenerhöhung.
Ich glaube, so etwas gab es noch nie gegen eine Entscheidung dieses Senats und das sollte uns allen zu denken geben.
Und der Landeselternausschuss sammelt Unterschriften für eine Volkspetition. Wer noch mitmachen möchte, ist herzlich eingeladen, ich habe
noch Unterschriftenzettel dabei, holen Sie sich gern welche ab.
Ich komme kurz zu Ihren Vorhaltungen, wir könnten Investitionskosten und Betriebskosten nicht auseinanderhalten und was der Vergleich mit der Elbphilharmonie solle. Das ist nicht von uns, das hat Senator Wersich aufgebracht. Er hat gesagt, für die Kita-Kosten könne er jedes Jahr eine Elbphilharmonie bauen – ein toller Vergleich.
Allein die Zinsen für die Elbphilharmonie, nur die Kapitalkosten, sind mehr, als die Gebührenerhöhungen für Hamburgs Kitas in die Kassen bringen; das sollte uns wirklich zu denken geben, meine Damen und Herren.
Uns vorzuhalten, wir würden eine Politik machen, der es egal sei, wer etwas bezahlt, das ist eine Frechheit. Es ist auch eine Frechheit gegenüber Hamburgs Eltern, Vergleiche zu Griechenland zu ziehen und mit Vorhaltungen zu drohen, als ob Hamburgs Eltern damit etwas zu tun hätten. Das geht so nicht und das ist auch keine ernsthafte Auseinandersetzung mit diesem Thema, Herr Senator Wersich.
Herr Kerstan, wollen Sie ernsthaft den Hamburger Haushalt mit den 20 Millionen Euro jährlich sanieren? Das können Sie doch keinem erzählen, das ist doch Tüdelkram.
Dann erzählten Sie uns vorhin, Sie wollten einmal unseren Blick erweitern, man müsse auch einmal in andere Kommunen sehen. Andere Kommunen hatten noch nie so hohe Beiträge wie wir, deswegen mussten sie auch nie so hohe Beiträge abbauen. In der Tat lohnt der Blick in andere Kommunen, der Blick nach Rheinland-Pfalz ist sehr lohnend an dieser Stelle. Die stellen komplett die Kita-Gebühren ab dem zweiten Lebensjahr ein.
Das ist bundesweit vorbildlich, aber was Sie hier machen, ist bundesweit ein reiner Rückschritt. Hier mit hohen Pro-Kopf-Ausgaben zu argumentieren, sagt uns, dass es viele arme Kinder und Familien in der Stadt gibt. Was ist denn das für ein Argument.
(Beifall bei der SPD – Michael Gwosdz GAL: Das ist überhaupt kein Argument! – Jens (Norbert Hackbusch)
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! In den nächsten Monaten werden 70 000 Eltern von Kita-Kindern Post von Ihnen bekommen: Gebührenbescheide, mit denen Sie rund 30 Millionen Euro für Bildung und Betreuung der Kinder einfordern werden und dies nicht etwa für bessere Bildung und Betreuung in den Kitas, nicht etwa für mehr Qualität oder kleinere Gruppen – nein, die gleiche Kita kostet künftig einfach mehr. Ihre Politik ist familienfeindlich und die Stadt schüttelt zu Recht den Kopf darüber.
Sie gehen hin und erhöhen für alle Kinder das Essensgeld, zum Teil um über 200 Prozent. Das trifft diejenigen stärker, die weniger haben. Für ein Drittel der Eltern erhöhen Sie außerdem die Kita-Beiträge, und zwar um bis zu 100 Euro im Monat. Eltern von behinderten Kindern, für die aus guten Gründen bisher immer ein abgesenkter Beitragssatz galt, sollen künftig die vollen Beiträge zahlen – bis zu 1400 Prozent Aufschlag für diese 1800 Familien. Das gehört sich einfach nicht.
Nach dem Willen unseres Bürgermeisters sollen sich die Eliten stärker beteiligen. Schauen wir einmal, wer sich zu diesem Kreis zählen darf und künftig mehr zahlen soll. Das ist die vierköpfige Familie mit einem monatlichen Nettoeinkommen von 2500 Euro, da gehen bei Ihnen die höheren Gebühren los. 2500 Euro netto mögen für einen Single viel Geld sein, für eine vierköpfige Familie, die vom Sportverein über die Musikschule bis zur Brille oder dem neuen Schulranzen eine Menge Kosten hat, ist es das nicht.
Wie sagte Ole von Beust in seiner kurzen Phase als Kapitalismuskritiker?
"Meine Sensibilität für Ungerechtigkeit nimmt zu."
Diese Phase haben Sie offenbar erfolgreich überwunden.
Wofür hat dieser Senat eigentlich Geld und wofür nicht? Ich stelle diese Frage zu einem Zeitpunkt, an dem Sie weitere 36 Millionen Euro für die Elb
philharmonie ausgeben wollen. Der Kostenvergleich Kita/Elbphilharmonie kommt übrigens von Sozialsenator Wersich, der gerne sagt, er könne das komplette Konzerthaus für ein Jahr Kita bauen. Dieser Vergleich ist äußerst schlicht und entlarvend, denn er zeigt, wo Ihre Prioritäten liegen. Andersherum wird ein Schuh daraus, meine Damen und Herren. Die Zinsen, die die Elbphilharmonie Hamburg künftig jährlich kosten wird, sind genau die 30 Millionen Euro, die Sie jetzt von Hamburgs Eltern einsammeln. Das ist doch ungeheuerlich.
Dazu kommt, dass Sie den Rechtsanspruch auf Bildung und Betreuung in den Kitas radikal kürzen wollen. Künftig dürfen Kinder – ohne jede fachliche Begründung – nicht mehr bis zum 14. Lebensjahr in den Hort, sondern nur noch bis zum 12. Lebensjahr. Das ist ein bildungs- und sozialdemokratischer Blindflug.
Ein sozialpolitischer Blindflug.
Die Hortbetreuung bis 14 war Teil des Kita-Volksbegehrens, das Zehntausende von Eltern gegen die CDU durchgesetzt haben, wenn Sie sich erinnern, Herr Bürgermeister, und das kündigen Sie jetzt auf.
Sie sagen 70 000 Familien, glaubt nicht, was wir euch jahrelang im Hinblick auf Kinderbetreuung und Entlastung versprochen haben. So ein Verhalten in einer Situation, in der wir an anderer Stelle gemeinsam für eine wichtige und richtige Schulreform kämpfen, zeugt von einem hohen Maß an Ignoranz in diesem Senat.
So viele Stellschilder kann die SPD gar nicht aufstellen, um diesen Schaden wieder gutzumachen. Wenn wir den Volksentscheid gewinnen wollen, dann müssen Hamburgs Eltern uns vertrauen. Genau dieses Vertrauen verspielen Sie aber mit Ihrer Politik. Fazit: Das ist rückständig, familienfeindlich, zum Schaden Hamburgs. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Herr Präsident! In der Tat, Frau Blömeke, wir reiben uns verwundert die Augen über Ihre neue Beweglichkeit, die Sie auch bei diesem Thema wieder an den Tag legen. Ihnen war doch die Verbindlichkeit von Volksentscheiden immer so wichtig und jetzt stellen Sie sich hier hin und sagen, das sei schon fünf Jahre her und Sie hätten zwar keine Begründung, aber das passe jetzt ganz gut ins Sparkonzept. Das kann es doch wohl nicht sein.
Wenn Sie sagen, wir würden Panikmache betreiben,
wo waren denn Ihre Richtigstellungen in den ganzen letzten Tagen, wenn die Berichterstattung so falsch war? Ich habe da nur Verteidigungen von Herrn Wersich gelesen. Wo war denn die Klarstellung? Wenn das alles ungelegte Eier sind und noch gar nicht spruchreif und man erst einmal anfängt, darüber nachzudenken, dann weiß ich gar nicht, wie die Hamburger Presse dazu kommt, darüber tagelang empört zu berichten.
Im Übrigen meinen Sie, es wäre den Eltern ganz lieb so, lieber vielleicht, als wenn es andere Einschnitte gäbe. Ich will Ihnen einmal sagen, was Hamburgs Eltern lieb wäre. Es wäre ihnen lieb, wenn Sie frühkindliche Bildung und Betreuung endlich einmal ernst nehmen würden
und wenn Sie dafür sorgen würden, dass für gute Qualität mit einem vernünftig bezahlten Personal und kleinen Gruppen eine anständige Förderung in den Kitas betrieben würde, damit die Kinder nicht mit Lernstandsunterschieden von bis zu einem Jahr eingeschult werden. Das wäre Hamburgs Eltern lieb und nicht Gebührenerhöhungen.
Hamburgs Eltern und Familien wäre es lieb, wenn sich das Arbeitengehen dann auch wirklich lohnt und beispielsweise Familien mit einem Einkommen von 3000/3500 Euro netto und zwei bis drei Kindern nicht abends am Küchentisch sitzen und sagen, Schatz, wir müssen noch einmal rechnen, ob
es sich wirklich noch lohnt, dass du bei diesen Kita-Beiträgen arbeiten gehst. Das wollen wir nicht, das ist ein Rückschritt.
Dann hören wir immer die Geschichte, dass die Kosten in den Kitas steigen würden. Die Kosten in den Kitas steigen doch gar nicht. Die Lebensmittelpreise sind ein bisschen teurer geworden und es gibt eine kleine Tariferhöhung, aber das ist doch bei Weitem nicht das, was Sie hier den Eltern für den einzelnen Platz mehr aus der Tasche ziehen. Die Kita-Kosten für den einzelnen Platz steigen nicht und deswegen ist es auch nicht gerechtfertigt, den Eltern für ihren Platz jeweils mehr abzunehmen.
Herr Bürgermeister, vielleicht mögen Sie Hamburgs Familien noch einmal erklären, wie Sie das eigentlich meinen. Nach unserem Eindruck geht das hier so in Richtung "Hafen finanziert Hafen", aber jetzt probieren Sie einmal die Nummer "Kita finanziert Kita". – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Wir haben gestern schon in der Debatte eindrucksvoll erlebt, dass gute Anträge dann besonders trotzig behandelt werden, wenn man Ihnen erklärt, warum Sie schlechte Politik machen. Gestern fehlte eigentlich nur noch das trotzige Aufstampfen mit dem Fuß.
Herr Müller sagte schon, dass nicht einmal überwiesen, sondern abgelehnt wird. Ich werde mir trotzdem noch einmal die Mühe machen, für unser Anliegen zu werben und das auch sachlich zu tun.
Wir reden über ein geradezu klassisches Beispiel dafür, wie sehr Sonntagsreden und Realität bisweilen auseinanderklaffen können. In den Sonntagsreden werden alle nicht müde zu betonen, wie wichtig die frühkindliche Bildung ist. Montags in der Kita müssen dann die Gruppen vergrößert werden, weil der Senat absichtlich, man könnte auch sagen vorsätzlich, die Hamburger Kitas unterversorgt. Die Sparvorgabe ist klar, sie steht nicht im Haushaltsbeschluss, weil die Haushaltsklausur vom Senat danach war, das steht nicht im Haushaltsplan. Aber 65 Millionen Euro strukturell weniger in den Hamburger Kitas sind gesetzt und darüber wird auch verhandelt zwischen den Kitaanbietern und
dem Senat. Das ist natürlich eine Einsparung, meine Damen und Herren.
Das Prinzip der Kita-Finanzierung ist etwas ungewöhnlich, aber trotzdem recht einfach; ich rücke das einmal etwas gerade. Der Senat schließt mit allen Anbietern im Kita-Gutschein-System einen Rahmenvertrag darüber ab, wie viel Geld die Träger für die Betreuung eines Kindes bekommen. Hier gibt es drei Töpfe: Gebäude, Sachkosten und Personal, das sind pauschalierte Sätze. Mit dem Geld muss der Träger dann auskommen und wirtschaften. So weit, so gut, das haben wir gemeinsam so gewollt. Wenn nun aber die Miete oder die Energiekosten steigen oder der Tarifvertrag der Mitarbeiterinnen geändert wird, dann reicht der einmal kalkulierte Satz nicht mehr aus und die Kita müsste draufzahlen. Das kann sie aber nicht, denn woher sollte das Geld kommen, Herr Müller? Also macht der Träger in der Tat das, was ein Wirtschaftsunternehmen auch täte, sparen und rationalisieren. Nur sind in den Kitas die einzigen Stellschrauben die Gruppengröße und die Erzieher-Kind-Relation.
Miete, Strom und Heizung darf ich nicht sparen, weil zum Glück festgeschrieben ist, wie viele Kinder ich pro Quadratmeter unterbringen darf; also keine Deckungsfähigkeit. Aber ich spare natürlich Löhne und Gehälter, wenn jede Erzieherin mehr Kinder betreut und das auch noch in möglichst großen Gruppen.
Die städtische Vereinigung hat tatsächlich schon im vorauseilenden Gehorsam auf die Umsetzung der Tarifeinigung den Personalschlüssel in ihren Kitas abgesenkt. Im Gegenzug hat dann allerdings der neue Geschäftsführer der Vereinigung, Herr Krämer – das ist der mit der Tantiemenregelung –, sich schon selbst eine neue Sekretariatsstelle genehmigt. Das ist übrigens die Stelle, die sein Vorgänger abgeschafft hatte, als es zuletzt darum ging, finanzielle Einschnitte des Senats abzufedern.
Aber solche Leute stellen Sie und Staatsrätin Kempfert, die leider, genauso wie Herr Wersich, nicht da ist, als Aufsichtsratsvorsitzende ganz bewusst ein. Wo es Ihnen hier noch um die Kinder und die Qualität in den Kitas geht, das bleibt eine offene Frage.
Jedenfalls ist es der falsche Weg, wenn wir auf gute Betreuung oder gar frühkindliche Bildung Wert legen. Wie der Senat hier denkt, hat uns gestern erneut Herr Senator Steffen vorgeführt. Er hat viel gesprochen über Hamburger Kitas, aber immer nur von Quantität und Masse.
Wir müssen nicht ernsthaft darüber reden, ob Erzieherinnengehälter auskömmlich sind. In den öffentlichen Diskussionen, die es seit Monaten darüber gibt, habe ich keine einzige Stimme gehört, die ernsthaft sagt, dass hier angemessen bezahlt wird.
In Hamburg ist die Situation wegen des Gutscheinsystems besonders prekär; das haben wir gestern schon in der Gleichstellungsdebatte besprochen. Vollzeitarbeitsplätze gibt es nicht einmal mehr zu zwei Dritteln in den Hamburger Kitas. Erzieherinnen sind nicht selten Aufstockerinnen und wer mit Mitte 60 in Rente geht, hat häufig noch Anspruch auf Wohngeld, nachdem er ein Berufsleben lang auf Knien durch die Kita gerobbt ist. Das ist doch nicht angemessen für die Menschen, meine Damen und Herren,
denen wir unsere Kinder in ihren wichtigsten Lebensjahren anvertrauen. Deshalb gehört der Tarifabschluss aus dem letzten Sommer refinanziert.
Herr Müller, dazu muss es dann eben eine Anpassung bei den Leistungsentgelten im Landesrahmenvertrag geben, so einfach ist das.
Heute haben sich ver.di und die AWO Hamburg auf einen neuen Tarifvertrag für den AWO-Landesverband Hamburg geeinigt. In der gemeinsamen Pressemitteilung heißt es:
"Deutlich wurde in den Verhandlungen, dass die Refinanzierung sozialer Dienstleistungen – insbesondere in der Kinder- und Jugendarbeit – nicht ausreicht."
Ver.di und AWO appellieren gemeinsam an den Senator, damit ist Herr Wersich gemeint:
"Ein Tariflohn darf kein Konkurrenznachteil sein – gute Arbeit braucht guten Lohn. Beschäftigte, Träger, aber auch die Eltern wollen gute Qualität zu fairen Preisen. Die gibt es aber nicht zum Nulltarif."
Zitatende.
Es ist eine Tatsache, Herr Yildiz hat es angesprochen, dass im Umland der Tarifabschluss umgesetzt worden ist. Die Bedingungen in Pinneberg und Ahrensburg sind attraktiver für Erzieherinnen. Auch dort werden gute Kräfte gesucht und so gibt es bereits die ersten Abwanderungsbewegungen und das ist schlecht.
Herr Müller, meine Damen und Herren! In einem zwar teuren, aber gewiss richtigen Kraftakt haben sich die Fraktionen darauf verständigt, die Situati
on an unseren Schulen künftig noch einmal ein gutes Stück zu verbessern. Angeblich kostet das 25 Millionen Euro im Jahr, nur für die Verbesserung zusätzlich zu dem, was Frau Senatorin Goetsch für kleinere Klassen in Primarschulen ohnehin schon vorgesehen hatte.
Dass den Lehrerinnen und Lehrern nach jeder Tarifverhandlung die Bezüge angepasst werden, hat auch noch nie jemand infrage gestellt. Bei den Kita-Beschäftigten wollen Sie aber genau das tun. Sie stellen die Kita-Träger letztlich vor die Alternative, ihre Beschäftigten unter Tarif zu bezahlen oder die Personalwochenstunden zu kürzen und damit die Qualität zu verschlechtern. Das ist eine grobe Missachtung der Interessen unserer Kinder.
Wir können überall im Leben beobachten, dass es günstiger ist, früh einzugreifen. Wenn eine Straße Risse hat, repariert man sie besser gleich, statt auf gefährliche Schlaglöcher und eine vielfach teurere Reparatur zu warten. Bei einer Krankheit, Herr Müller, geht man besser gleich zum Arzt und wartet nicht, bis sie chronisch wird. Und bei Kindern, Jugendlichen und Heranwachsenden kümmert man sich besser auch so früh wie möglich; das wissen eigentlich auch alle Jugendpolitiker hier im Hause. Ich sage es aber noch einmal ganz platt auch für die Finanzleute: Wer in der Kita richtig sprechen lernt, braucht keine teure Sprachförderung in der Schule. Was man an preiswerten Erzieherstunden in den Kitas investiert, um unsere Kinder individuell zu fördern, und zwar alle Kinder und nicht nur die von Berufstätigen, braucht man später nicht für weitaus teurere Lehrerstunden an den Schulen auszugeben. Sie tun doch immer so, als verstünden Sie viel von Wirtschaft, dann handeln Sie doch auch so.