Murat Gözay

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Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kollegen! Bevor ich einige Punkte zum Arbeitsprogramm sagen – es wurde von meinen beiden Vorrednern schon einiges erwähnt –, möchte ich die Gelegenheit nutzen, mich bei den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern der Senatskanzlei, aber auch bei den Mitwirkenden und Organisatoren der gerade vergangenen Europawoche zu bedanken, die sich in den Veranstaltungen der letzten Woche engagiert und sich für Europa eingesetzt haben. Unter dem Motto "Mein Europa" hat die Freie und Hansestadt Hamburg ihre traditionelle Europawoche letzten Sonntag offiziell beendet. Es gab spannende Gespräche und es wird wahrscheinlich auch noch viele weitere geben, aber wichtig ist, dass wir über die neuen Aspekte von Europa diskutiert haben.
In diesem Jahr fiel erstmals die Fastenzeit Ramadan mit der Europawoche zusammen, und im Fastenbrechen wurden auch sehr viele europäische Themen diskutiert: mit Christen, mit Juden, mit Moslems, Buddhisten, mit anderen Glaubensrichtungen. Jetzt fragt sich natürlich der eine oder andere: Was hat der Ramadan mit der Europawoche zu tun? Er hat viel damit zu tun, nämlich insoweit, dass in Deutschland, im Zentrum Europas, Religionsfreiheit und Kultur in Frieden, Toleranz, Respekt und im Dialog miteinander ausgelebt werden können. Das ist mein Verständnis von meinem Europa, und darauf bin ich stolz.
Auch die "Lange Nacht der Konsulate", die morgen stattfindet – das wurde hier noch nicht erwähnt –, bietet unseren Hamburgerinnen und Hamburgern die Gelegenheit, mit den Diplomaten in ein offenes Gespräch zu gehen. Ich nenne Polen als Beispiel. Das polnische Generalkonsulat, zu dem viele Menschen gehen werden, bietet die Gelegenheit, kritisch über einige Punkte, die meine Kollegen genannt haben, zu diskutieren. Das sind Themen, die wir in der "Langen Nacht der Konsulate" aufgreifen können; eine Besonderheit in Hamburg.
Kommen wir aber zu der Europawahl und der Bezirkswahl in der nächsten Woche. Ich habe in den vergangenen Jahren noch nie – und ich glaube, das können Sie bestätigen – so viele junge Menschen gesehen, die sich für Europa und für den
Klimaschutz interessieren. Es geht um die Solidarität Europas. Ich glaube, dass diese jungen Menschen mit den Initiativen "Pulse of Europe" und "Fridays for Future" ihre Politikverdrossenheit endlich einmal unter Beweis gestellt haben. Sie zeigen, dass Europa für sie wichtig ist und sie sich für Europa einsetzen können.
Im Arbeitsprogramm der Europäischen Kommission "Versprechen einlösen und unsere Zukunft gestalten" gibt es zahlreiche Themen, die wichtig für Hamburg sind und die wir, so glaube ich, in den kommenden Jahren in den Ausschüssen und in der Bürgerschaft debattiert werden. Die inhaltlichen Schwerpunkte liegen dabei im Bereich der grünen Kompetenz: Nachhaltigkeit, Energie, Klima und Umwelt. Es gibt natürlich weitere Programme, die auch wichtig sind, aber das sind eben die Punkte, die gerade im Mittelpunkt stehen. Und das sind auch die Themen, für die wir GRÜNE uns in den nächsten Jahren hier in Hamburg und in Europa einsetzen wollen.
Was bedeutet das in der Praxis? Für Europa: Wir wollen bis 2050 die erste CO2-neutrale Wirtschaftszone werden. Wir wollen, dass 2050 mehr Fische im Meer schwimmen als Plastik. Wir wollen, dass bis 2050 Klimaneutralität erreicht wird und wir dazu beitragen, die Erderwärmung unter 2 Grad zu halten.
Für Hamburg: Wir möchten ab 2030 keine Kohlewärme mehr in Hamburgs Fernwärmeleitung; Initiative "Tschüss Kohle". Außerdem wollen wir im Containerterminal Altenwerder bis 2020 alle Dieselfahrzeuge mit Batterien und Elektromotoren ausstatten, 18 Stromtankstellen für die Fahrzeuge installieren und Strom aus Sonne und Wind gewinnen. Das bedeutet mehr saubere Luft für die Hamburgerinnen und Hamburger, für die Tiere, aber auch für die Umwelt.
Das sind nur einige Beispiele, die wir für Hamburg und Europa in den nächsten Jahren einlösen werden. In diesem Sinne: Hamburg ist Europa und Europa ist die Zukunft Hamburgs. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich kann meinen beiden Vorrednern, Herrn Ilkhanipour und Herrn Westenberger, nur zustimmen. Ich wundere mich, Herr Wolf, dass Sie als Vorsitzender des Europaausschusses so einen Antrag in die Bürgerschaft einreichen.
Wir haben neun Partnerstädte, von denen zwei Städtepartnerschaften sehr aktiv sind; die anderen wollen wir beleben und weiterhin aktiv betreiben. Das ist unser Ziel. Wir haben in unserem Koaliti
onsvertrag gesagt, dass wir in dieser Legislaturperiode keine weiteren Städtepartnerschaften eingehen wollen.
Ich komme dazu.
Sie sind der Vorsitzende des Europaausschusses. Wir haben am 9. April einen Antrag der FDP-Fraktion behandelt, Frau Nicolaysen hatte ihn eingebracht, mit den Argumenten des Senats und der einzelnen Abgeordneten, warum wir keine Städtepartnerschaften mehr eingehen wollen. Und ich sage Ihnen auch ganz einfach, warum. Sie schreiben in Ihrem Antrag, Sie möchten gern eine Städtepartnerschaft mit einer israelischen Hafenstadt, und fordern den Senat auf, Sondierungsgespräche zu führen. Sie geben drei Bespiele. Sie machen aber selbst nicht Ihre Hausaufgaben; Sie sagen in unserem Ausschuss nicht, dass Sie die Absicht haben, eine weitere Städtepartnerschaft einzugehen. Es geht um das Verfahren. Dieses Verfahren ist nicht in Ordnung, und es kann nicht richtig sein, dass Sie diesen Antrag hier in die Bürgerschaft einbringen. Denn eine Städtepartnerschaft braucht eine Vorlaufzeit.
Wir haben bereits fünf Städte in Deutschland, die eine Städtepartnerschaft mit Tel Aviv pflegen. Dasselbe gilt für Haifa. Sie hätten, und dahin möchte ich Sie bewegen, vielleicht einmal mit der Botschaft in Berlin Kontakt aufnehmen können. Sie hätten fragen können, ob es überhaupt die Absicht gibt vonseiten einer israelischen Stadt, mit uns eine Partnerschaft einzugehen. Sie haben die Möglichkeit, in den anderen Bundesländern nachzufragen, wie die Kooperation ist. Sie wissen, wir sind ein Teilzeitparlament. Wir haben nicht die Kapazitäten. Der Europaausschuss ist keine Fachbehörde, wir müssen aber auch die finanziellen Mittel eingehen. Sie schreiben, wir sollten bis zum 30. September 2019 einen Bericht des Senats bekommen, ob die drei von Ihnen genannten Städte überhaupt Interesse an einer Städtepartnerschaft haben. Wie wollen Sie das denn erreichen, wenn Sie noch nicht einmal Ihre eigenen Hausaufgaben machen?
Und jetzt kommt der Punkt, an dem wir sagen, so einen Antrag kann man nicht unterstützen, weil eine andere Absicht dahintersteckt. Ihre Absicht ist, mitten in der Europawoche diesen Antrag zu stellen und zu schauen, wie die anderen Fraktionen reagieren. Eine Städtepartnerschaft muss man interfraktionell beantragen. Eine Städtepartnerschaft sollte eine gewisse Vorlaufzeit haben. Ich bin mir nicht sicher, aber ich gehe einmal davon aus, dass Sie das "Hamburg-Haus" in der Negev-Wüste noch nicht besucht haben, das von unserer Bürgerschaft
1994 mit knapp einer Million Euro unterstützt worden ist; das wissen Sie wahrscheinlich nicht.
Ich finde, dieses Thema Städtepartnerschaft muss man sensibel angehen. Wir vergraulen sonst andere Städte, mit denen wir seit langen Jahren gut kooperieren und die vielleicht auch die Absicht haben, mit uns eine Städtepartnerschaft einzugehen.
Ich nenne als Beispiel Dubai. Wir haben dort seit zehn Jahren ein Office. Die Kooperation im Bereich Gesundheit läuft sehr gut, unterstützt von der Handelskammer und auch von der Gesundheitsbehörde. Ich nenne Busan. Wir haben so viele Städte, mit denen wir eine Städtepartnerschaft eingehen könnten. Da frage ich mich, warum Sie dieses Verfahren hier hereinbringen und sagen, wir müssten einfach über diesen Antrag abstimmen – ohne dass es einen Sinn hat. Dann noch vom Senat zu erwarten, in drei Monaten Sondierungsgespräche zu führen, halte ich nicht für richtig.
Ich glaube, der Antrag der CDU-Fraktion geht in die richtige Richtung. Wir wollen die weitere Kooperation mit einer Stadt in Israel aufrechterhalten und wir sind offen dafür – und das ist sehr wichtig –, mit anderen Städten eine strategische Partnerschaft einzugehen. Ziel darf nicht sein, unbedingt eine weitere Städtepartnerschaft eingehen zu müssen, wodurch die anderen Städtepartnerschaften reduziert würden, sondern Ziel muss sein: Kooperationen und strategische Partnerschaften mit allen Städten, die gut zu der Freien und Hansestadt passen und die ihr zugutekommen.
In diesem Sinne sage ich Ihnen jetzt schon einmal: Den Antrag können wir so nicht annehmen. Den CDU-Antrag werden wir an den Europaausschuss überweisen und ich hoffe auf eine rege Diskussion. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Seit 2011
nennt sich unsere Freie und Hansestadt Hamburg bereits Fair Trade Stadt. 2013 konnten wir unseren Anspruch auf diesen wichtigen Titel erneuern. Seitdem hat sich in Hamburg viel getan und der Hamburger Senat hat seinen Teil dazu beigetragen. Wenn man heute in Hamburg einkaufen geht, findet man Produkte für fairen Handel schon lange nicht mehr nur im Stadtzentrum, sondern in den Fachgeschäften vieler Viertel in dieser Stadt. Doch letztlich können wir mit dieser Entwicklung in einigen Vierteln unserer schönen Stadt stehenbleiben. Wenn Hamburg gerecht handeln will, müssen alle die Idee des Fair Trade verstehen und mitdenken.
Hier gilt es in Zukunft, das Bewusstsein unserer zugezogenen Mitbürgerinnen und Mitbürger weiter zu schärfen. Viele unter ihnen kennen Fair Trade lediglich als ein Abstraktum, ein Label, das mit der eigenen Realität wenig zu tun hat. Dabei ist der faire Handel eine Bewegung, die für Migrantinnen und Migranten in doppelter Hinsicht Bedeutung hat: in der Heimatstadt Hamburg und im Herkunftsland. Hier setzen wir an und zeigen, dass seit den Anfängen von Jutebeuteln, Stickarbeiten und Kaffee bereits unzählige Produkte in Qualität und Preis wettbewerbsfähig fair gehandelt werden und täglich neue hinzukommen.
Warum zum Beispiel nicht einmal einen FairTrade-Döner?
Wir müssen das Fair Trade aus Eimsbüttel und Altona, den fairen Handel aus Poppenbüttel und Winterhude zur Lingua franca aus Billstedt oder Wilhelmsburg machen. Hamburg ist Weltstadt und Hauptstadt des globalen Handels in Deutschland. Wenn wir auch Hauptstadt des fairen Handels werden wollen, muss es uns gelingen, alle Bevölkerungsgruppen einzubinden.
Dann erst können wir sagen, dass wir unser Ziel in Hamburg erreicht haben. Als Abgeordneter setze ich mich daher seit geraumer Zeit in Stadtteilen mit hoher Migrantendichte für dieses Ziel ein. Ich darf Ihnen sagen, dass der Weg zu moralischer Fairness über den Geldbeutel der Menschen nicht einfach ist, aber er ist auf jeden Fall wert, beschritten zu werden. Diesen Weg gemeinsam zu beschreiten, bitte ich daher heute auch alle hier Anwesenden ausdrücklich. Dieser Weg ist kein Weg des politischen Statements, er ist ein Zeichen der Fairness in einer globalisierten Welt. – Vielen Dank.
Lieber Sören, auch ich möchte mich für die gute Zusammenarbeit bei dir bedanken und wünsche dir für das neue Ressort alles Gute.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Kinder von heute sind Europas Zukunft. Aus unseren Gesprächen im Rahmen des EU-Projekttages habe ich die Überzeugung gewonnen, dass unsere jungen Mitmenschen Europa gut verstehen, manchmal sogar besser als wir Erwachsenen. Sie wollen Europa kennenlernen und fordern ausdrücklich mehr Europa im Alltag und im Unterricht. Diese Neugier auf Europa und das Verständnis für das komplexe politische Gebilde der EU haben mich begeistert.
Der Europatag hat gezeigt, dass der fachliche Austausch mit Jugendlichen keine Einbahnstraße ist und wir nicht immer die Experten sind. Wenn Schülerinnen und Schüler eine Marine Le Pen geradeheraus als Rechtspopulistin erkennen, wenn sie den europäischen Binnenmarkt als Luxus verstehen und nationale Grenzen als Abschottung begreifen, dann sind sie in ihrem Verständnis von Europa weiter als so mancher hier im Plenarsaal.
Das macht Mut für die Zukunft eines geeinten und starken Europas. In diesem Sinne haben wir gute Arbeit geleistet. Doch wir dürfen jetzt in unseren Bemühungen nicht nachlassen. Wir dürfen der Erklärungen nicht müde werden. Europa bleibt ein komplexes Gebilde, und die Bedrohung seiner Freiheiten kann nur erkennen, wer die Idee Europas versteht und sich selbst als Europäer kennenlernt.
Dieses Bewusstsein, dass es egal ist, ob man Kind waschechter Hamburger oder Kind syrischer Einwanderer ist, dass es egal ist, ob man in Bayern, Katalonien oder in Jütland geboren wurde, dieses Bewusstsein, dass man immer auch Europäer sein wird und sein darf, müssen wir bei unseren Kindern wecken.
Denn aus diesem Selbstverständnis wächst das Verständnis für die Idee Europas. Daher müssen wir die vorhandenen Formate außerhalb unserer Schulen noch stärker nutzen und bei den Jugendlichen bekanntmachen. Bürgerinitiativen wie Pulse of Europe bieten eine optimale Plattform, um Europa jenseits aller bürokratischen Hürden erfahrbar zu machen. Wir müssen mehr Bewusstsein für die Identität als Europäer schaffen, und zwar nicht nur in den Schulen, sondern auch im Alltag unserer Jugend. Hier können und müssen wir mehr tun. Denn letztlich folgen wir damit nur der Aufforderung unserer künftigen Wählerinnen und Wähler, sie heute mit den Informationen zu versorgen, die sie morgen für die Gestaltung eines starken Europas brauchen. Auch wenn ich mich wiederhole: Die Kinder von heute sind Europas Zukunft, wir sollten auf sie hören. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Nächste Woche öffnet Hamburg seine Tore zur Welt für einige der mächtigsten Staatsoberhäupter dieser Erde. Nicht nur die Teilnehmer des Europaausschusses, nein, wir alle hier sind wohl einer Meinung, dass die G20 sich großen und wichtigen Fragen stellen müssen. Wenn sich Trump und Putin in unserer Stadt zum ersten Mal die Hand schütteln, und wir können nur hoffen, dass sie das tun und der Handshake halbwegs normal über die Bühne geht, dann werden die Weichen für unsere gemeinsame Zukunft gestellt. Denn die Probleme drängen, und wir brauchen heute Lösungen und nicht morgen oder übermorgen.
Aber irgendwie bewegt sich die Welt gerade in die falsche Richtung. Man denke nur an die Ankündigung des Ausstiegs aus dem Pariser Klimaabkommen durch Präsident Trump. Da könnte einem Stillstand schon fast wie Fortschritt vorkommen. Es gibt also für die G20-Teilnehmer viel anzupacken und die Ergebnisse, so es denn welche geben wird, sollen Bestand haben. Da kann es nicht zufriedenstellen, dass der G20-Gipfel keinerlei völkerrechtliche Bindung hat und sich sämtliche Beratungen in einem informellen Rahmen bewegen. Langfristig muss die G20 an die Vereinten Nationen heranrücken, um diese Lücke zu schließen.
Aber die Welt kann sich nicht gedulden, bis das geschieht. Dieser Gipfel darf kein Gipfel der Lippenbekenntnisse werden; er muss Fakten liefern. Es liegt auch an uns Hamburgerinnen und Hamburgern, Trump, Putin und Co. ihre Verantwortung bewusst zu machen. Denn bei aller berechtigten Kritik müssen wir G20 nutzen. In diesem Sinne haben wir GRÜNE umfassend an die Bundesregierung appelliert und stehen mit dieser Haltung nicht allein. Viele unserer Forderungen wurden ebenfalls in der Abschlusserklärung des Civil20 Summit so dargelegt. Wir GRÜNE können den Zivilgesellschaften nur beipflichten, wenn sie von der Bundesregierung ebenso wie von Trump, Putin und Co. die Einhaltung der Agenda 2030 fordern. Wir unterstützen die Forderung nach Sicherheit in der Agrarwirtschaft und die Stärkung von Kleinbauern, das Recht auf Wasser und Sanitäreinrichtungen für jeden und den Appell an die G20, sich des Themas der globalen Gesundheit anzunehmen. Wir fordern daher auch in Übereinstimmung mit den Zivilgesellschaften, dass das Thema Nachhaltigkeit endlich ernst genommen und gemeinsam dem Klimawandel Einhalt geboten wird.
Wenn sich über 300 zivile Organisationen aus aller Welt in der HafenCity treffen und in der Lage sind, sich auf sieben Kernforderungen zu einigen, dann darf man ja wohl erwarten, dass ihre Stimmen gehört werden. Und es werden weitere Stimmen hinzukommen. Schließlich geht es während des G20 mit dem Global Solidarity Summit auf Kampnagel weiter. In jedem Fall sind diese Zusammenkünfte als Rahmenereignisse für G20 von unschätzbarem Wert. Damit stellen wir uns nicht nur hinter eine engere Anbindung der Zivilgesellschaften an G20, die auch über den kommenden Gipfel in Argentinien hinaus Bestand haben muss. Viel wichtiger ist, dass wir damit in Hamburg ein Zeichen gegen die Behinderung von Zivilgesellschaften und Presse in vielen Teilen der Welt setzen.
Dass der Senat mit den hiesigen Organisationen der Zivilgesellschaften frühzeitig in Kontakt getreten ist, war daher richtig und wichtig. Die Auseinandersetzung mit ihren Zielen in die Öffentlichkeit zu tragen war und ist noch wichtiger. Schließlich werden die Stimmen der Zivilgesellschaften umso lauter, je besser ihre Ziele bekannt sind. Wir GRÜNE fordern, dass es um die Zivilgesellschaften und ihre Forderungen laut wird. Denn wenn alles vorbei ist, wollen wir doch alle, dass über die Inhalte des Hamburger G20-Gipfels gesprochen wird und nicht darüber, wer wie wessen Hand geschüttelt hat. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Kollege Dolzer, es ist kein Geheimnis, dass wir GRÜNEN CETA auch kritisch gegenüberstehen. Trotzdem können wir Ihrem Antrag nicht zustimmen, denn diesen Antrag anzunehmen bedeutet, CETA in der jetzigen Form zu akzeptieren und die inhaltlichen Gestaltungsräume zu ignorieren, und dazu sind wir nicht bereit.
Zum einem hat das Bundesverfassungsgericht noch nicht über die vorläufige Anwendung von CETA entschieden, zum anderen ist auch ein Neustart von CETA keinesfalls vom Tisch. Angesichts der Tatsache, dass Frankreich mit Emmanuel Macron nun einen neuen Präsidenten hat, der den CETA-kritischen Umweltaktivisten Nicolas Hulot zum Umweltminister ernannt hat, haben wir aus unserer Sicht realistische Bedingungen, einen Neustart der CETA-Verhandlungen durchzusetzen. Erst wenn feststeht, ob das Ausschusswesen in CETA hinreichend demokratisch legitimiert ist, erst wenn feststeht, ob Deutschland bei den Entscheidungen der Ausschüsse ein Vetorecht hat, und
erst wenn feststeht, ob wir gemeinsam mit Frankreich CETA neu verhandeln können oder nicht, erst dann wird es sinnvoll, die Ratifizierung von CETA durch den Bundesrat zu diskutieren.
Die Ratifizierung von CETA mit den Bundestagswahlen in Verbindung zu bringen nutzt nicht der Sache. Es nutzt nur dem Wahlkampf. Da machen wir nicht mit.
Wir GRÜNE werden weiterhin sämtliche Mittel ausschöpfen, um einen gerechten Handel zwischen Europa und Kanada zu etablieren. Es kann und darf aber keine Rolle spielen, ob dieses Ergebnis vor den Bundestagswahlen oder erst danach geht. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Der Erste Bürgermeister und auch mein Fraktionsvorsitzender sowie einige von Ihnen haben doch schon vieles vorweggenommen. Aber eines haben Sie alle nicht so deutlich erwähnt, nämlich, dass es uns sehr nachdenklich machen sollte, dass das Thema der heutigen Aktuellen Stunde, Europa statt Nationalismus, überhaupt Thema ist. Dies in der heutigen Zeit aber immer wieder deutlich zur Sprache zu bringen erscheint mir wichtiger denn je, weil manche Stimmen die EU als Ganzes immer noch infrage stellen. Jedem klar denkenden Demokraten und jedem Menschen, der sich mindestens einmal mit der Geschichte Europas, im Speziellen mit dem Dritten Reich, auseinandergesetzt hat, sollte bewusst sein, dass wir als Europäer zu einem einheitlichen Europa und damit zur Europäischen Union stehen müssen.
Denn es gibt zum einheitlichen Europa keine Alternative. Und würden wir nicht jeden Tag daran arbeiten, dieses Europa zu erhalten, zu erweitern und zu verbessern, würde sich eines Tages der Nationalismus wieder ausbreiten wie ein Krebsgeschwür. Und dieses Daran-Arbeiten bedeutet nicht nur für uns Politiker, sondern bedeutet für jeden Menschen, der verstanden hat, dass Europa nur
als Einheit funktioniert, jeden Tag allen Mitbürgern immer wieder aufzuzeigen, was es bedeuten würde, sich zu separieren. Denn Separatismus bedeutet nichts anderes als Nationalismus, und der Nationalist, darüber müssen wir uns im Klaren sein, ist durch ein Gefühl der Überlegenheit geleitet. Und bei einem Gefühl der Überlegenheit ist die Versuchung groß, den unterlegenen Nachbarn zu kontrollieren. Was das bedeutet, muss ich Ihnen wohl nicht erklären.
Die Europäische Union garantiert im Gegensatz zum Nationalismus die Achtung der Menschenwürde, garantiert die Rechtsstaatlichkeit eines jeden Landes, garantiert das freiheitliche Denken und Handeln, toleriert und respektiert selbstverständliche Grundlagen des Gemeinwesens. Sie ist ein Garant der Freiheit, ein Garant für Grundrechte und damit ein Garant des Friedens.
Dieses Jahr ist ein für die Zukunft Europas entscheidendes Jahr. Europa wählt oder hat schon gewählt. In den Niederlanden haben die Bürgerinnen und Bürger den EU-Gegnern aufgezeigt, dass Rechtspopulismus keine Chance hat. In Frankreich wird es sich im April 2017 zeigen, ob sie den Niederländern folgen werden. Der Trendpfeil zeigt dort eindeutig Richtung pro Europa. Le Pen hat keine Chance, und das ist gut so.
Die Italiener stehen vor Neuwahlen, womöglich auch Spanien. Überall buhlen die Rechten um Aufmerksamkeit, die sich um Konventionen und Gepflogenheiten wenig scheren, die das Nationale wieder en vogue machen wollen. Das aber wird ihnen nicht gelingen, auch nicht in Deutschland und erst recht nicht hier in Hamburg. Denn wir werden uns für ein einheitliches Europa einsetzen. Wir werden die Initiative Pulse of Europe unterstützen, wir werden den Zurückgebliebenen die Augen öffnen.
Ich bin auf jeden Fall dabei, denn ich möchte nicht, um Mahatma Gandhi zu zitieren, dass die Geschichte uns Menschen lehrt, dass die Geschichte die Menschen nichts lehrt. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Die EU-Kommission hat den Text des CETA-Abkommens endgültig als ein gemischtes Abkommen vorgelegt. Das war richtig und wichtig, denn CETA ist ein Abkommen, das weit in die Belange der Mitgliedsstaaten eingreift. Die EU plante, das kanadische Handelsabkommen CETA auf die Schnelle durchzuwinken. Das aber wäre ein Regelbruch gewesen und hätte Kritikern der EU direkt in die Hände gespielt.
Wir GRÜNEN bewerten CETA in vielen Punkten sehr kritisch, weil hauptsächlich große Konzerne von diesem Abkommen profitieren und elementare Bestandteile unserer Bemühungen – Fair Trade steht hierbei weit oben auf der Liste – ad absurdum geführt werden.
Der nächste Schritt wird sein, dass das Abkommen im Europäischen Rat beurteilt wird. Die formale Annahme von CETA im Rat für Auswärtige Angelegenheiten ist für den 18. Oktober vorgesehen. Im Anschluss an die Entscheidung im Rat gibt dieser das CETA-Abkommen zur Abstimmung an das Europäische Parlament, das vermutlich Anfang respektive im Frühjahr 2017 entscheiden wird. Am 17. September wird es eine europaweite Großdemo gegen CETA geben, an der wir GRÜNEN teilnehmen werden. Auch hieran ist erkennbar, dass wir nicht nur reden, sondern auch handeln.
CETA ist nicht, wie viele meinen, durchgehend das gute Abkommen, denn es etabliert Klageprivilegien für Unternehmen, schränkt Möglichkeiten der öffentlichen Daseinsvorsorge ein und schwächt das Vorsorgeprinzip. Dies beinhaltet leider, dass bestehende und künftige Regeln zum Schutz von Menschen und Umwelt infrage gestellt werden. Dadurch wird dieser Schutz immer weiter erschwert werden. Alles Gründe, die nicht einfach vom Tisch gewischt werden können. Doch ein kritisches Hinterfragen und Bewerten von harten Fakten ist eine Sache, sich von Angst und Vorurteilen leiten zu lassen, eine andere.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Herr Gözay, gestatten Sie eine Zwischenfrage des Abgeordneten Kruse von der FDP?
Nein.
Lassen Sie uns also rational bleiben. CETA ist nicht alles, das ist bekannt, aber es ist auch nicht alles schlecht, was CETA betrifft. CETA, TTIP und Co. können grundsätzliche oder sinnvolle Instrumente für effektive und effiziente Märkte sein. Sie müssen nur sinnvoll ausgehandelt werden und dürfen die Bürgerinnen und Bürger nicht benachteiligen sowie Arbeitsplätze nicht gefährden.
Wenn also im Bundestag alle Themen diesbezüglich ausdiskutiert sind und CETA in den Bundesrat eingebracht wird – der Termin steht noch nicht fest –, wird der Hamburger Senat unter Würdigung der Auswirkungen des Abkommens auf alle gesellschaftlichen Bereiche rechtzeitig sein Abstimmungsverhalten festlegen und nicht vorher. Wie Sie jetzt vernommen haben, liebe Kollegen von den LINKEN, sind wir in der Sache nicht weit auseinander.
Erster Vizepräsident Dietrich Wersich (unterbre- chend): Darf der Kollege Deniz Celik eine Frage stellen?
Nein.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Gäste! Um es vorwegzunehmen, die GRÜNE Bürgerschaftsfraktion bedauert es zutiefst, dass sich die Briten durch ein Referendum zum Austritt aus der Europäischen Union entschlossen haben, wir respektieren aber das Ergebnis des Referendums.
Wer in den letzten Tagen die Berichterstattung in Print, Funk und Fernsehen zum Thema Brexit verfolgt hat, dem ist sicher aufgefallen, dass fast ausschließlich über die wirtschaftlichen Folgen des Austritts berichtet wurde. Auch ich hätte in der letzten Bürgerschaftssitzung so argumentiert, wenn
nicht aus zeitlichen Gründen das Thema Brexit gecancelt worden wäre. Dann hätten Sie vernommen, dass mir selten ein Ja zu einem Thema so leichtgefallen wäre wie mein Ja zum Verbleib Großbritanniens in der EU. Sie hätten vernommen, dass meines Ermessens nach ein Austritt Großbritanniens aus der EU wirtschaftlich nicht nur ein Beben auslösen wird, das wir alle bemerken werden, sondern das vor allem Großbritannien in den nächsten Jahren erschüttern wird. Also hätte auch ich, wie die meisten Journalisten aus Print, Funk und Fernsehen und natürlich aus mittlerweile unverzichtbaren World Wide Web, wirtschaftliche Gründe genannt, einfach so, weil es fast alle einfach so sagen oder schreiben. Natürlich ist die Wahrscheinlichkeit groß, dass die Briten wirtschaftlich Schaden nehmen. Gründe dafür könnte ich genug aufzählen. Tatsächlich wissen wir es aber nicht.
Tatsächlich wissen wir nur eines, dass wir und die Belgier, Franzosen, Luxemburger, Italiener und die Niederländer etwas geschaffen haben, das einmalig ist, nämlich, nach dem Zweiten Weltkrieg eine Europäische Union aufzubauen. So einmalig, dass es durch den Austritt eines Mitglieds, eines unserer wichtigsten Handelspartner, nicht in Gefahr geraten darf. Sämtliche verbleibenden Mitgliedstaaten müssen sich künftig doppelt anstrengen, den Grundgedanken der EU hervorheben, endlich zu einer wirklichen Einheit werden und endlich eine Sprache sprechen, nämlich Europäisch.
Wir müssen die jungen Menschen an die Hand nehmen, ihnen nahebringen, dass nur ein einheitliches Europa den Frieden zumindest in Europa sichert. Wir müssen uns stärker für eine reformierte Europäische Union engagieren und wir brauchen Bildung, Aufklärung und Jobs. Denn wenn künftig immer öfter alle Bürgerinnen und Bürger über die fundamentalen Zukunftsfragen abstimmen, müssen sie möglichst alle ausreichend informiert sein, damit sie rational handeln können.
Emotionales Handeln ist selten kluges Handeln, schon gar nicht in der Politik, auch wenn Emotionen in Bezug auf die EU durchaus angebracht sind. Denn nach wie vor ist das Projekt EU ein Experiment, und ein Experiment wird so lange nicht beendet, solange nicht 100 Prozent klar ist, dass es gescheitert ist. Mit anderen Worten, eine Gemeinschaft, die unsere Werte gegenüber autoritären Minderheiten verteidigt, verlässt man nicht, man unterstützt sie.
Hamburg ist das Tor zur Welt, also auch das Tor zu Europa. Aber Hamburg ist auch Heimat vieler berühmter Briten. Ich erinnere nur an die Beatles, die hier ihre Karriere begonnen haben. Für alle Fußballfans erinnere ich an Kevin Keegan, den ge
nialen englischen Fußballer, der in den Siebzigerjahren zum damaligen Erfolg des HSV beigetragen hat.
Da klatschen die Fußballfans.
Fish and Chips gehören mittlerweile zu Hamburg wie Currywurst und Döner. Zudem wird hier Polo, Rugby und Cricket gespielt. Dass Englisch Weltsprache ist, muss nicht erwähnt werden. Wir dürfen jetzt nicht einfach sagen, dass dieses Tor für die Briten – und wenn wir genau hinschauen, sind es im Grunde nur die Engländer – ab sofort verschlossen ist. Das wollen wir GRÜNE nicht. Die Briten, auch wenn sie künftig nicht mehr der EU angehören, sind und werden weiter mit Hamburg stark verbunden bleiben. Also lassen Sie uns alle mit Verstand aktiv werden und für ein gemeinsames Europa kämpfen, mit mehr Jobs und mehr Freiheit. – Vielen Dank.
Herr Präsident, meine sehr verehrten Damen und Herren! Schon im Januar 2015, also in der letzten Legislaturperiode, ersuchte die Bürgerschaft den Senat, die Bundesregierung bei ihrer Politik der Reduzierung von Rüstungsexporten in geeigneter Weise zu unterstützen, gespeicherte Daten über die Ausfuhr von unter anderem Rüstungsgütern in das Informationsregister einzuspeisen sowie über die Ergebnisse zu berichten. Dies ist alles nachzulesen in der Drucksache 20/13722.
Im Juli 2015, also in dieser Legislaturperiode, wurde erklärt, dass die Bundesregierung eine zurückhaltende Rüstungsexportpolitik verfolge. Die Exportkontrolle für Rüstungsgüter zielt auf eine sorgfältige Prüfung des Endverbleibs. Der Hamburger Senat aber hat bei den Rüstungsexporten nach dem Kriegswaffenkontrollgesetz und dem Außenwirtschaftsgesetz keine eigenen rechtlichen Einwirkungsmöglichkeiten auf den Export und den Umschlag von Waffen über den Hamburger Hafen. Diese Kompetenz obliegt ausschließlich den Bundesbehörden. Die einzige Kompetenz und Möglichkeit, die wir in diesem Fall haben, ist die fortlaufende Kontrolle und das Veröffentlichen der Ermittlungen.
Ob das nun alle drei Monate sein muss, wie Sie in Ihrer Petition fordern, Herr Dolzer, sei dahingestellt. Aber das wissen Sie alles sehr genau. Daher handelt der Senat auch nicht verantwortungslos, wie Sie es in Ihrer letzten Presseerklärung geäußert haben, sondern so, wie es gesetzlich vorgeschrieben ist.
Fakt ist, dass die Beförderung von gefährlichen Gütern, darunter fallen eben auch Waffen und Munition, den internationalen, nationalen und lokalen Gefahrgutbestimmungen unterliegt. Gemäß diesen Bestimmungen müssen Güter dieser Art, die über den Hamburger Hafen umgeschlagen werden, dem behördlichen Informationssystem GEGIS gemeldet werden. Seit Mai letzten Jahres stellt die Wasserschutzpolizei zudem sämtliche umgeschlagenen Gefahrgüter in das Hamburger Transparenzportal ein.
Im Koalitionsvertrag mit der SPD wurde vereinbart, dass wir uns auf Bundesebene dafür einsetzen, dass deutsche Rüstungsexporte in Krisenregionen verringert werden.
Die Leitlinien dazu lauten unter anderem, dass außen- und sicherheitspolitische Belange klaren Vorrang haben vor rüstungsindustriellen Interessen. Diese Leitlinien werden wir einhalten.
Unser politisches Ziel ist es, Exporte von Rüstungsgütern nicht nur kritisch zu begleiten, sondern diese so weit wie möglich zu reduzieren und vor allem die Ausfuhr solcher Güter in Konfliktgebiete grundsätzlich zu vermeiden.
Ihre Forderung an den Senat, den Umschlag von Waffen jeglicher Gattung über den Hamburger Hafen zu unterbinden, liegt nicht in unserer Macht. Daher lehnen wir Ihren Antrag ab und verweisen auf unseren eigenen Antrag "Rüstungsexporte kontrollieren – Transparenz schaffen", in dem übrigens nicht steht, dass eine Transparenz in Zusammenarbeit mit dem Bund nicht herstellbar sei. – Vielen Dank.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Baumann, ich glaube, die Debatte hatten wir schon am 2. September 2015 in der Bürgerschaft geführt.
Dabei ging es um das Aussetzen des Schengener Grenzregimes der EU. Wir haben Ihnen das versucht zu erläutern. Ich versuche es noch einmal. Also seien Sie mir nicht böse, wenn ich mich wiederhole.
Ich frage Sie, ob Sie …
Ich verstehe Sie schon, aber ich frage Sie trotzdem: Kennen Sie den Artikel 1 des Deutschen Grundgesetzes, auf das wir uns immer berufen? Ist er Ihnen bekannt?
Also nein.
Die Würde des Menschen, eines jeden Menschen, ist unantastbar, Herr Dr. Baumann.
Nein, nein, ich will Sie nicht belehren.
Und wie lautet der Artikel 16 Absatz 2 des Deutschen Grundgesetzes?
Politisch Verfolgte genießen Asylrecht. Diese Lehre resultiert übrigens aus der NS-Zeit, in der viele Deutsche auf Asyl angewiesen waren. Sie erinnern sich noch an Ihren Geschichtsunterricht. Und weiter steht dort geschrieben, jeder politisch Verfolgte habe einen vorbehaltlosen einklagbaren Rechtsanspruch auf Asylgewährung.
Ich frage Sie: Wer soll an den Grenzen entscheiden, ob jemand politisch verfolgt ist oder nicht, ob er Kriegsflüchtling ist oder nicht, ob er Wirtschaftsflüchtling ist oder nicht, oder ob jemand ein Krimineller oder ein Terrorist ist? Ich möchte das nicht entscheiden, weil ich alle Menschen, egal woher sie kommen, erst einmal würdige.
Sie wollen, dass wir uns mit Ihrem Petitum über europäische Gesetze hinwegsetzen. Sie wollen, dass wir genauso reagieren wie die Schweden, die Dänen oder die Briten.
Sie wollen damit die europäische Gemeinschaft zerstören, am besten mit einem Zaun aus Stacheldraht oder einer Mauer. Sagen Sie jetzt bitte nicht, es habe keiner von Ihnen vor, eine Mauer hochzuziehen. Das haben wir schon einmal gehört.
Aber, Herr Dr. Baumann, zum Glück ist dies heute nicht mehr so einfach wie vor 55 Jahren, denn heute haben wir das Schengener Abkommen, und das ist gut so.
Was war eigentlich das Ziel des Schengener Abkommens? Ich sage es Ihnen: Das Ziel war die Schaffung eines einheitlichen Raums in Europa durch schrittweise Abschaffung von Binnengrenzkontrollen, und zwar auch mit dem Ziel, die individuellen Freiheiten der Bürger zu erhöhen.
Und jetzt wollen Sie die Grenzen wieder schließen. Glauben Sie ernsthaft, dass der Flüchtlingsstrom dadurch abreißt? Glauben Sie das wirklich? Glauben Sie, die Vorteile der globalen Märkte abschöpfen zu können, ohne unerwünschte Nebenwirkungen zu erzeugen? Egal, ob wir die von Ihnen am liebsten gesehenen Zäune in Höhe von fünf, zehn oder hundert Metern bauen, wir werden die Flüchtlinge nicht aufhalten. Sie kommen – diesen Fakt müssen wir anerkennen.
Ich möchte zum Ende kommen, aber eines möchte ich noch erwähnen. Die Aussage von Bundeskanzlerin Angela Merkel, wir schafften das, war vielleicht etwas optimistisch gewesen. Mit Gegenwind aus Ihrer Richtung hatte sie sicher auch etwas gerechnet, aber wohl nicht mit Gegenwind aus ihren eigenen Reihen. War das jetzt naiv von Frau Merkel? Nein, sie hat ihr Herz ohne politisches Kalkül sprechen lassen – davon bin ich überzeugt.
Vielleicht hätte sie aber sagen sollen, dass es schwer wird, wir es aber schaffen können, wenn alle mitmachen. Aber wenn ständige Querschläger dazu führen, dass wir uns nicht auf das Wesentliche konzentrieren können, wird es schwer werden, noch schwerer, als es jetzt schon ist. Aber das scheint von Ihnen auch gewollt zu sein.
Damit eines klar ist, Herr Dr. Baumann: Wir werden alle Punkte ablehnen. Das tut mir leid.
Frau Präsidentin, meine sehr verehrten Damen und Herren, liebe Kolleginnen und Kollegen! Um es vorwegzunehmen, Herr Kollege Dolzer, wir sehen CETA auch kritisch. Aber wir sind heute nicht hier, um über CETA mit Ihrem vorliegenden Antrag zu diskutieren. Wir können Ihren hauptsächlich im Konjunktiv – das hat unsere SPD-Kollegin bereits gesagt – gehaltenen Antrag in der Form nicht abstimmen. Es geht doch um den Antrag.
Sie erwähnen, dass das Handelsabkommen der EU mit Kanada schon seit September 2014 vorliegt. Sie schreiben in Ihrem Antrag von Wahrscheinlichkeiten. Wahrscheinlichkeiten sind aber keine Gewissheiten, denn die Fragen der Zuständigkeiten sind noch nicht abschließend geklärt. Gewiss dagegen ist, dass die Bundesregierung und die EU-Kommission entgegengesetzte Positionen vertreten. Der Senat der Freien und Hansestadt Hamburg sagt bei seiner Antwort auf die Frage, ob er die Ansicht der Bundesregierung hinsichtlich einer Mitwirkung des Bundesrats bei CETA teile, es werde sich – ich zitiere –:
"[…] voraussichtlich um gemischte Abkommen handeln."
Gewiss ist auch, dass sich das Europäische Parlament mittlerweile für ein demokratisches, transparentes System ausgesprochen hat. Mit anderen Worten, Herr Dolzer, die privaten Schiedsstellen werden beerdigt. Aus Schiedsstellen, die zum Missbrauch einladen, werden unabhängige Gerichte gemacht. Das können Sie nachlesen.
Wenn Sie also einen Antrag zu CETA – ich komme zum Inhalt Ihres Antrags – formulieren, hätte er sich vielleicht auf das Unumkehrbare, das heißt die Unkündbarkeit, beziehen müssen. Das haben Sie nicht erwähnt. Darüber wurde noch nicht allzu oft debattiert. Doch unabhängig von diesen Gedanken ist eine Debatte über eine mögliche Haltung im Bundesrat genauso wenig zielführend wie der Versuch zur Überzeugung der Bundestagsabgeordneten. Deshalb können wir diesem Antrag in dieser Form nicht zustimmen.