Karin Strenz
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Frau Präsidentin! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die FDP wünscht sich Kinderbetreuung für die Kinder von Mitarbeitern und Mitgliedern des Landtages von Krippe bis Hort.
Bei Ihrem Antrag fallen einem sogleich die Diskussionen um den Kindergarten des Bundestages in Berlin ein. Selbstverständlich, dieser war Bestandteil der Umzugsplanungen von Regierung und Parlament nach Berlin. Massive Kritik gab es seinerzeit, weil hier ein Vorzeigekindergarten geschaffen wurde, obwohl es im Ostteil Berlins ausreichend Betreuungsmöglichkeiten gegeben hätte. Jetzt schwebt der FDP 19 Jahre nach der Wende oder, sagen wir, nach 19 Jahren Arbeit des Landtags Ähnliches für unsere Stadt Schwerin vor.
Ich will explizit für Herrn Grabow – wo ist er denn? –, für Sie, Herr Grabow, sagen: Ich unterstelle Ihnen nicht, dass Sie eine elitäre Einrichtung für Kinder hier haben wollen. Das nehme ich Ihnen ab.
An der Oberfläche hat Ihr Antrag sogar einen gewissen Charme, aber dennoch ist er einfach abzulehnen, denn er ist überflüssig. Überflüssig ist er, weil kein Bedarf zu erkennen ist.
Sie haben gesagt, Ihr Antrag hätte in der Verwaltung Wellen geschlagen
oder Wallungen, noch besser. Also da war nichts mit Wallungen, das war einfach nur Entrüstung, weil Sie wussten, Sie hätten mit einer kurzen Nachfrage schon Antworten bekommen, oder aber Sie hätten die Möglichkeit genutzt, Bedarf anzumelden. Diese Meldung ist bei der Verwaltung bis heute noch nicht eingegangen.
In meiner Fraktion haben wir sechs junge Mütter und Väter, die ihre insgesamt zehn Kinder gut betreut wissen. Sie bekommen die Betreuung trotz der in der Landtagsfraktion sehr flexiblen Arbeitszeitgestaltung vernünftig geregelt. Dies ist möglich, weil es in der Landeshauptstadt Schwerin in fußläufiger Entfernung zum Landtag qualitativ hochwertige Angebote von öffentlichen und auch von privaten Trägern gibt,
die sich durch flexible Öffnungszeiten auszeichnen.
Insgesamt, Herr Grabow, da möchte ich Sie schon korrigieren, sind es 40 Kindertageseinrichtungen der öffentlichen und freien Jugendpflege und davon, und das würde ich sogar ein bisschen einschränken, in der Tat nur fünf, die sehr nah am Landtag liegen. Aber wer gerne ein bisschen an der frischen Luft zubringt, der geht auch ein paar Schritte mehr, ganz besonders mit seinem Nachwuchs.
Für die Abgeordneten ist Ihr Vorschlag ohnehin völlig untauglich. Die Abgeordneten meiner Fraktion, beispielsweise die, die Kinder haben – irgendjemand brüllte aus Ihren Reihen vorhin, wir würden sie nicht verstehen, weil bei uns keine Kinder wären, da täuschen Sie sich ganz gewaltig und ich belege es nicht persönlich, aber ich rede darüber, wie wir das belegen –,
betreuen diese nämlich in ihren Heimatorten. Ich denke, das liegt auch im Interesse des Kindeswohls.
Denn ich kann mir ganz schlecht vorstellen, dass mein Kollege Vincent Kokert mit seinen vier Kindern nach Schwerin kommt, sie abends im Hotel ins Bett bringt, morgens weckt, in eine Kita bringt und dann nach der Arbeit sie dort wieder abholt, um sie wieder ins Hotel zu schleppen. Ich glaube, das würde die Kinder in der Tat entwurzeln, Freundschaften zerstören und die Entwicklung der Kinder auch zurückwerfen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass das in Ihrem Interesse liegt.
Was Sie ebenfalls wissen müssten, denn Sie sind ja nicht zum ersten Mal im Landtag vertreten, ist: Seit der 1. Wahlperiode 1990 gibt es Diskussionen in den verschiedensten Gremien sowohl in der Landtagsverwaltung als auch im Personalrat, auch im Ältestenrat, wir
könnten die Liste noch erweitern, zu diesem Thema, und zwar geht es um die Bedarfsprüfung. Jeder von Ihnen hätte Bedarf anmelden können, hat es aber nicht getan. Vielleicht ist das ein Kommunikationsproblem, das wir heute auflösen können, aber es bedarf keines Antrages. Das Thema „Betreuung von Kindern und Jugendlichen“ ist permanent auf der Agenda.
Es ist außerdem bekannt, dass im Stadtgebiet Kindereinrichtungen vorhanden sind, die bei Bedarf auch Einzelverträge über verlängerte Betreuungsleistungen abschließen, auch in unmittelbarer Nähe. Außerdem wird durch die Stadtverwaltung ein Projekt initiiert, mit dem Betreuungsleistungen einer Kindertagesstätte in Kombination mit einer Tagespflege zur verlängerten Betreuung angeboten werden sollen. Ich denke, das sind alles Dinge, die man nicht ignorieren darf.
Die Menschen hier in Mecklenburg-Vorpommern dürfen sich angesichts Ihres, und jetzt geben wir es zurück, Schaufensterantrages schon sehr wundern, ob wir nicht wirklich andere Probleme haben, mit denen wir uns ernsthaft zu beschäftigen hätten.
Ich sitze nun jeden Dienstag für die CDU-Fraktion am Sorgentelefon.
Wenn ich angerufen werde, dann geht es um Probleme bei Rentenanträgen, bei der Rechnungslegung von Abwasserzweckverbänden, immer wieder um die Frage der Ausstellung von Parkausweisen für Behinderte, um den Energiepass für Häuser, um steigende Mietnebenkosten und fehlerhafte Betriebskostenrechnungen. Es geht um Schulden, um Probleme bei der Arbeitsagentur, natürlich um unverständliche Hartz-IV-Bescheide, es geht um abgelehnte Anträge auf Familienerholungsmaßnahmen oder es geht darum, dass die Menschen bedrückt sind von diesen viel zu hohen Energiepreisen, Probleme haben mit der ärztlichen Versorgung oder die Preise von Medikamenten nicht zahlen können. Sie sind verunsichert und sie suchen Rat, weil sie mit Bescheiden von Behörden nicht klarkommen. Und sie bekommen Hilfe. Aber eins ist mir bis dato noch nicht untergekommen, dass irgendjemand über ein mangelndes Angebot an Kindertagesstätten geklagt hätte. Ziehen Sie Ihren Schaufensterantrag zurück, nehmen Sie ihn mit nach Hause, gehen Sie zur Verwaltung,
sagen Sie, wo Sie Bedarf haben – Ihnen wird geholfen.
Sehr geehrter Herr Grabow, wie viel Bedarf haben Ihre Fraktion oder die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die für Ihre Fraktion arbeiten, bei der Landtagsverwaltung bis dato angemeldet?
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Das Thema Unternehmensnachfolge nimmt stark an Bedeutung zu und steht deshalb heute völlig zu Recht im Fokus einer Landtagsdebatte. Viele Unternehmen stehen vor dem ungelösten Problem, altersbedingt die Übergabe regeln zu müssen, aber in der Tat keinen geeigneten Nachfolger zu finden. Allein in Mecklenburg-Vorpommern betrifft dies, der Minister sagte es, man weiß es nicht genau, aber etwa 4.000 bis 5.000 Unternehmen.
Und dabei geht es ja nicht immer nur um den Unternehmer selbst, sondern es geht eben um die beachtliche Zahl von Arbeitsplätzen, die dahinterstehen. Aus diesen genannten Gründen steht die Verbesserung der Rahmenbedingungen zur Sicherung des Unternehmensbestandes fest im Fokus der Landespolitik. Eine wichtige Aufgabe kommt dabei der Unterstützung der Unternehmen und natürlich den potenziellen Nachfolgern auf dem Gebiet der Unternehmensnachfolge zu.
Ein wichtiger Schritt in diese Richtung ist das Wirtschaftsministerium gemeinsam mit den Kammern des Landes sowie der Bürgschaftsbank mit dem Projekt „Koordinierungsstelle Unternehmensnachfolge“ gegangen. Diese Stelle ist sowohl Ansprechpartner für Menschen, die ein geeignetes Unternehmen suchen, wie auch für Unternehmen, die sich auf eine Übergabe langfristig vorbereiten. Der Prozess der Begleitung wird nach einheitlichen Qualitätsstandards organisiert und so wird den Unternehmen bei der Realisierung dieses Prozesses der Unternehmensnachfolge die notwendige Unterstützung gegeben. Ein wesentliches Kriterium der Arbeit ist unter anderem die qualifizierte Zusammenarbeit mit den dafür infrage kommenden fachkompetenten Beratern
und Institutionen. Die Landesregierung schaut also nicht tatenlos zu.
Dennoch haben Ihnen die Koalitionsfraktionen mit dem heutigen Tag einen entsprechenden Antrag vorgelegt. Ziel ist es vor allen Dingen, weitere notwendige Schritte zur Verbesserung dieser Rahmenbedingungen in dem Hohen Hause zu beraten und darüber hinaus natürlich alle landesweiten Förderprogramme, Initiativen und Maßnahmen ressortübergreifend besser zu koordinieren.
Die Landesregierung arbeitet natürlich nicht allein auf weiter Flur, das wissen wir. Ich hatte die Kooperation mit den Kammern erwähnt. Die Industrie- und Handelskammer Schwerin beispielsweise leistet mit ihrem Angebot zum Mentoring für Unternehmensnachfolger ebenfalls einen wichtigen Beitrag. Unternehmen, die ein Unternehmen mit bis zu 50 Mitarbeitern übernommen haben, können sich in der entscheidenden Phase unmittelbar vor und nach der Übernahme des neuen Unternehmens in einem persönlichen Mentoring durch professionelle Berater begleiten lassen. Das kostenfreie Pro gramm ist Teil einer europaweiten, durch die EU geförderten Initiative der Europäischen Kammerorganisation EUROCHAMBRES und wurde erst kürzlich verlängert. In der ersten Phase des Projektes haben zehn Neuunternehmer das Projekt angenommen und wertvolle Erkenntnisse daraus gewonnen.
Eine weitere Initiative ist die sogenannte nexxt-change, eine Gemeinschaftsinitiative des Deutschen Industrie- und Handelskammertages, des Zentralverbands des Deutschen Handwerks und der Kreditanstalt für Wiederaufbau, des Bundesministeriums für Wirtschaft und Technologie, des Bundesverbandes der Deutschen Volksbanken und Raiffeisenbanken und des Deutschen Sparkassen- und Giroverbandes zur Unterstützung des Generationenwechsels in kleinen und mittleren Unternehmen. Die Initiative verknüpft lokale und regionale Vermittlungs- und Informationsangebote zum Thema Unternehmensnachfolge und entwickelt sie weiter. Sie hilft Existenzgründern, ein geeignetes Unternehmen zu finden, Unternehmen, einen geeigneten Nachfolger zu suchen und zu finden, und informiert bei der Vorbereitung und Gestaltung von Unternehmensübergabe und Unternehmensübernahme.
Um die Begleitung und Vermittlung im Bereich der Unternehmensnachfolge weiter zu verbessern, haben Ihnen die Koalitionsfraktionen diesen Antrag hier heute vorgelegt. Auch wenn man das Gefühl haben kann, wir seien hier in Mecklenburg-Vorpommern insgesamt schon auf einem sehr guten Weg, bleibt bei diesem Thema noch sehr viel zu tun. Ich denke, mein Kollege Holter hat es sehr gut gesagt: Lust auf Abgeben ist das eine, aber ich glaube, Lust auf Übernahme ist wesentlich wichtiger, denn viele erleben es im Privaten, dass, wenn sie Kinder haben und sie mit Werten erziehen und auch mit Arbeit groß geworden sind, sie sich doch scheuen, diese Risiken eines Unternehmers einzugehen und zu übernehmen. Ich bitte Sie um Zustimmung zum vorgelegten Antrag. Nicken aus dem Bereich der LINKEN habe ich gerade erfahren. Das freut mich, dass wir wenigstens diese Stimme bekommen. –
Herzlichen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Meine Damen und Herren! Frau Präsidentin! In der Landtagssitzung im April hatten wir den Tätigkeitsbericht des Petitionsausschusses des Jahres 2007 gemäß Paragraf 68 der Geschäftsordnung des Landtages auf der Tagesordnung. Dazu nur eine Zahl: Den Petitionsausschuss erreichten 2007 insgesamt 758 Eingaben und das waren im Vergleich zum Vorjahr immerhin 41 Prozent mehr. Diese Zahlen, sehr geehrte Damen und Herren, verleiten mich nun zu der Annahme, dass wir es hier tatsächlich, wie Frau Peters schon sagte, mit mündigen Bürgern im Land zu tun haben.
Es ist ja oft genug beschworen worden heute, dass wir genau das haben möchten und nicht Bürger, die an die Hand genommen werden müssen.
Und all diesen Bürgern in Mecklenburg-Vorpommern haben wir laut Landesverfassung Artikel 35 „Petitionsausschuss“ und Artikel 36 „Bürgerbeauftragter“ umfangreiche Rechte eingeräumt. Sie können dort ihre Beschwerden, Vorschläge und Bitten an das Parlament richten. Und siehe da, sie machen davon regen Gebrauch. Offensichtlich kennen die mündigen Bürger ganz genau ihre Rechte und wissen, an wen sie sich wenden müssen, wenn sie Hilfe benötigen, nämlich an den Petitionsausschuss. Und wir wiederum – und nicht nur Sie, Frau Borchardt – als Petitionsausschuss haben auch Rechte. Sowohl die Landesregierung als auch die unterstehenden Träger öffentlicher Verwaltungen sind nämlich verpflichtet, auf unser Verlangen hin erforderliche Akten zur Klärung des angesprochenen Problems vorzulegen.
Insofern sehen wir in unserer Fraktion überhaupt keine Notwendigkeit, dass sämtliche Schreiben der Bürger, die an die Landesregierung gerichtet sind, noch einmal gesondert aufgeführt werden müssen und das Parlament sich dann mit diesem Sachverhalt noch mal beschäftigen muss.
Selbstverständlich gibt es in Mecklenburg-Vorpommern mündige Bürger, die nicht an den Petitionsausschuss, sondern an den Ministerpräsidenten oder den Innenminister oder an den Sozialminister
oder an irgendein anderes Mitglied der Landesregierung schreiben. Aber ich gehe schon davon aus, dass dieser
Absender ganz genau weiß, warum er welchen Brief an welchem Tag wem schreibt. Und wenn nun mal eben dieser mündige Bürger X
seinen Frust bei Minister Y ablassen will, weil dieser in der letzten Woche bei der Einweihung oder Übergabe von Z merkwürdige Äußerungen getroffen hat, dann darf er das verflixt noch mal auch tun.
Ja, Wasser oder Wein.
Wie gesagt, wir sehen hier überhaupt keine Notwendigkeit. Wir sind auch der Meinung, Vertrauen ist manchmal besser, als nur zu kontrollieren. Es gibt auch so eine Art Verfolgungswahn. Das brauchen wir nicht. – Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren!
Werter Kamerad Müller,
die Zahl der Arbeitslosen ist eine der wichtigsten ökonomischen wie politischen Kennziffern unseres Landes. An ihr wird vielfach Erfolg oder Misserfolg der jeweiligen Regierung gemessen
und werden so nicht zuletzt auch Wahlentscheidungen beeinfl usst. Es ist daher unerlässlich, dass die zentrale Kennzahl die jeweilige Lage auf dem Arbeitsmarkt und das Ausmaß der Unterbeschäftigung in Deutschland so angemessen und exakt wie möglich abbildet. Die konkrete Ausgestaltung der Statistiken war dabei seit jeher meist ein Streitpunkt zwischen Regierung und Opposition. Oppositionen, das kann man sagen, werfen den Regierungen refl exartig vor, das wie auch immer geartete Ausmaß verschleiern zu wollen. Und andersherum, und auch das stimmt, wird immer wieder gebetsmühlenartig darauf hingewiesen, dass alles in bester Ordnung ist. Das allerdings ist die andere Seite.
Es gibt weder, meine Damen und Herren, den Arbeitslosen noch den Erwerbstätigen. Die Erwerbsbiografi en und unterschiedlichen Situationen im Arbeitsleben sind so vielfältig wie das Leben selbst. Denn jedem Arbeitsfähigen stehen sieben unterschiedliche legale Einkommensmöglichkeiten
zumindest theoretisch offen und jeder Einzelne beschreitet unterschiedliche Wege der Aus-, Fort- und Weiterbildung. Von Fall zu Fall kommt auch immer wieder der Staat zum Tragen, der mit Arbeitsmarkt- und/oder sozialpolitischen Instrumenten versucht, für die eine oder andere Gruppe auf dem Arbeitsmarkt eine Hilfestellung zu leisten.
Was ich sagen will, ist, dass es eigentlich unmöglich ist, die Vielschichtigkeit des Arbeitsmarktes in einer für alle Seiten zufriedenstellenden Statistik darzustellen. Und ich unterstelle der NPD, dass sie sich etwas bei der Antragsformulierung gedacht hat.
Aus meiner Sicht sind es folgende Beweggründe, die zu dem, ja, man könnte schon sagen, Maßnahmenkatalog geführt haben.
Meine Damen und Herren, die NPD braucht und sie sucht Feindbilder.
Ein Feindbild ist die in allen Lebenslagen versagende Arbeits- und Wirtschaftspolitik der demokratisch legitimierten Regierung.
Bei einem Blick auf die aktuellen Arbeitsmarktstatistiken entwickelt nun die NPD langsam aber ganz, ganz sicher ein Horrorszenario,
denn man kann es drehen und wenden wie man will, die Zahl der Arbeitslosen in Deutschland und in Mecklenburg-Vorpommern sinkt.
Das allerdings, meine Damen und Herren, ist nicht das Einzige. Das Entscheidende ist, und das ist viel wichtiger, dass die Zahl der sozialversicherungspfl ichtigen Beschäftigungen steigt.
Und die liegt bei uns im Land Gott sei Dank über der wichtigen Marke von 500.000.
Das ist natürlich nun für die Wahlkampfstrategie der NPD ganz übel, Herr Andrejewski.
Und so wird man sich wohl gedacht haben, wenn schon die Realität besser wird, müssen wir zumindest dafür Sorge tragen, dass auf dem Papier an der einen oder anderen Stellschraube noch gedreht wird.
Natürlich kann darüber gestritten werden, ob oder ob nicht eine bestimmte Gruppe in einer bestimmten arbeitsmarktpolitischen Situation vielleicht eher als arbeitslos oder nicht arbeitslos eingestuft werden kann,
doch das scheint nicht die Intention Ihres Antrages zu sein. Sie fordern, und da zitiere ich Ihren Antrag, „dass die von Bundesseite in Umlauf gebrachte Arbeitsmarkt- bzw. Arbeitslosenstatistik künftig auch nachstehende Angaben über diese Personengruppen enthält“, – die Betonung liegt auf „diese Personengruppen“. Und da greife ich jetzt einmal hinein in den Wunschkatalog und
wähle die Personengruppe, die Sie unter Bindestrich 6 angeführt haben, nämlich „nachweislich suchtkranke Langzeiterwerbslose“, oder unter Bindestrich 11, „Personen, die eine Erwerbsminderungsrente beziehen“. Ich glaube, es geht Ihnen offensichtlich darum, Menschen mit Krankheiten und besonderen Vermittlungshemmnissen in irgendeiner Weise zu identifi zieren, zumindest aber zahlenmäßig deutlicher hervorzuheben.
Was Sie, meine Herren von der NPD, mit dieser Statistik anfangen möchten, will ich nicht wissen.
Meine Damen und Herren, ein kleiner Blick zurück in die Geschichte kann einem ein unbehagliches Gefühl verursachen.
Das wollen wir uns nicht weiter …
Meine Damen und Herren, gegen eine transparente Arbeitsmarktstatistik hat hier überhaupt niemand etwas einzuwenden, aber ich bin der Meinung, dass die bestehenden Statistiken zumindest die wichtigsten Kennziffern sehr deutlich wiedergeben.
Genannt sei an dieser Stelle die Zahl der sozialversicherungspfl ichtigen Beschäftigungen sowie die Zahl der Erwerbstätigen insgesamt.
Und allein bei der Zahl der Erwerbstätigen liegt sie in Deutschland zurzeit bei über 40 Millionen. Das bedeutet nicht, dass wir hier die Hände in den Schoß legen können, aber die momentane Bestandsaufnahme, meine Damen und Herren, ist in der langfristigen Betrachtung eben doch ein Rekord. Das heißt, in Deutschland waren noch nie so viele Menschen erwerbstätig wie zurzeit, auch wenn die Anzahl der Erwerbslosen unbefriedigend ist. Und daran kann auch die Arbeitsmarktstatistik Gott sei Dank nichts ändern, egal wie Sie sie hindrehen und umwälzen.
Herr Andrejewski, Sie als NPD-Fraktionskassandra wissen, was wir mit Ihrem Antrag machen.
Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Jugendgewalt in Deutschland ist wohl ein gesellschaftliches Problem, für das es keine Patentlösungen gibt. Was aber ganz sicher nicht hilft, sondern Lösungen behindert, ist eine Politik des Verschweigens, des Verharmlosens und der Tabuisierung,
denn die Lebenswirklichkeit hat sich verändert. Bürger meiden zunehmend öffentliche Verkehrsmittel und bestimmte Gegenden aus Angst vor Jugendgewalt. Und wer das bestreitet, lügt. Das dürfen wir nicht länger hinnehmen, denn rechtsfreie Räume darf es in Deutschland nicht geben. Die Menschen erwarten mit Recht, dass der Staat alles daransetzt, seine Bürger entschlossen und
erfolgreich vor kriminellen Übergriffen zu schützen. Vorrangig müssen alle Maßnahmen den Schutz potenzieller Opfer von Straftaten im Blick haben. Das sind die Fakten.
Die Gewaltkriminalität in Deutschland ist in den letzten 15 Jahren um 15 Prozent gestiegen. Jugendliche und heranwachsende Täter verüben rund 43 Prozent aller Gewaltdelikte und fast die Hälfte der Gewalttäter in Deutschland ist nicht deutscher Herkunft. Gott sei Dank ist in Mecklenburg-Vorpommern dieses Problem nicht annähernd so gravierend wie zum Beispiel in Berlin oder in hessischen Großstädten.
Dort beträgt nämlich der Anteil der Gewalttäter mit Migrationshintergrund knapp 80 Prozent der rund 500 gefassten Intensivtäter.
Und es ist keine Straftat, das zu erwähnen, und mein Name ist Strenz und nicht Koch.
Nur mit einem differenzierten Maßnahmenkatalog können wir angemessene und zielgruppenorientierte Lösungen der Jugendgewalt wirklich fi nden. Und damit der Staat seine Bürger selbst vor Jugendgewalt schützen kann, müssen präventive und repressive Maßnahmen ergriffen werden, die sich im Übrigen, meine Damen und Herren von der LINKEN, nicht ausschließen, sondern sehr wohl sinnvoll ergänzen.
Den Blick ausschließlich auf die Prävention zu richten, ist der völlig falsche Weg, weil er nicht ausreichend ist. Es gibt keine Erfolgsgarantie, insbesondere dann nicht, wenn Betroffene und ihre Familien für vorbeugende Maßnahmen nicht mehr zugänglich sind. Klar ist, dass Prävention unverzichtbar ist, und da bin ich mit Ihnen absolut d´accord. Kinder- und Jugendkriminalität hat nicht nur eine, sondern vielfältige Ursachen. Der Verlust von Werteorientierung – viel zu wenig darüber gesprochen, nur lamentiert –, fehlende Zukunftsperspektiven und mangelnde soziale Kompetenzen auch in Familien können ebenso eine Rolle spielen wie eine schlechte Ausbildung, das Wohnumfeld und die Überforderung der Eltern bei der Erziehung ihrer Kinder. Auch Gewaltdarstellungen in den Medien und entsprechende Einfl usswirkungen, Integrationsprobleme, eigene Gewalterfahrungen junger Menschen ebenso wie mangelnde Sprachkompetenzen – im Übrigen bei ausländischen und inländischen Jugendlichen – kommen als Auslöser von kriminellen Verhaltensweisen insbesondere von Gewalthandlungen infrage. Allein schwierige Sozialisation von Tätern darf allerdings nicht als Entschuldigung für ihre Taten herangezogen werden. Nicht die Gesellschaft ist für das Verbrechen an sich und seine Folgen verantwortlich, sondern der Täter selbst.
Integration, meine Damen und Herren, ist keine Einbahnstraße, das ist richtig. Nicht nur staatliche Maßnahmen zur Integration sind nötig, sondern, und das wird regelmäßig übersehen, der Wille der Betroffenen selbst zur Integration, zur Anerkennung und Respektierung unserer freiheitlich-demokratischen Grundordnung und unserer deutschen Kultur sind unverzichtbar. Die wichtigsten Beiträge für eine nachhaltige Gewaltprävention leistet eine auf Wertevermittlung ausgerichtete Erziehung in der
Familie. Es geht hier nicht um die Bildung, sondern um die Erziehung zu Werten. Schule, Kirche und Freizeiteinrichtungen können die Erziehung der Eltern nur unterstützen und darauf aufbauen. Aber wo Defi zite festgestellt werden, bedarf es gezielter Förderung über die unterschiedlichen Entwicklungsphasen junger Menschen hinweg. Der erfolgreichen Verhinderung von Gewaltkriminalität durch eine systematische und umfassende Präventionsarbeit kommt maßgebliche Bedeutung zu. Wir aber müssen Grenzen setzen mit raschen und konsequenten Reaktionen. Wir müssen jugendlichen Tätern klare Grenzen setzen und durch unverzügliches Handeln dem staatlichen Gewaltmonopol auch Geltung verschaffen.
Mit Freude habe ich die Mitteilung unseres Generalstaatsanwalts Herrn Trost in einer Pressemitteilung zur Kenntnis genommen, dass unsere Jugendgerichte besonders schnell reagieren – die Justizministerin hat es ausgeführt – und auch eine überdurchschnittlich hohe Verurteilungsquote von heranwachsenden Tätern haben. Strafe muss spürbar sein. Eine Justiz, die schwere Gewaltdelikte lediglich mit Teilnahme an Trainingskursen, Verwarnungen, Arbeitsleistungen oder auch reine Bewährungsstrafen ohne Zusatzreaktionen wie Arbeitsstunden oder Arrest ahndet, wird von vielen jugendlichen Tätern nicht mehr ernst genommen. Sie erfüllt auch nicht den Strafanspruch unseres Staates.
Jugendliche Straftäter müssen frühzeitig und nicht erst nach einer langen kriminellen Karriere etwa in Erziehungscamps, Erziehungsinternaten oder ähnlichen Einrichtungen mit therapeutischem Gesamtkonzept, und das ist meines Erachtens ausschlaggebend für den Erfolg, ein Leben mit festen Strukturen und Respekt vor dem anderen lernen. Auch als Alternative oder Ergänzung zur Haftstrafe kommt eine Unterbringung in einem, wenn nötig, geschlossenen Erziehungsheim oder in einem Präventionsprojekt in Betracht. Warum nicht? Dabei geht es doch um die konsequente Umsetzung des Erziehungsgedankens unter intensiver Betreuung, Erziehung zu einer eigenständigen Organisation des Privatlebens mit geregeltem Tagesablauf, das konsequente Anstreben eines Schulabschlusses.
Im Übrigen – Frau Borchardt, Sie müssten sich erinnern –, als wir in Bützow waren, haben wir festgestellt, dass Mehrfachschulabbrecher oder die, die eine Lehre abgebrochen haben, dort endlich begriffen haben, dass es Sinn macht, einen Abschluss zu haben, und es auch durchziehen.
Das Erlernen eines sozial verantwortlichen Verhaltens in einer Sozialgemeinschaft sowie die Konfl iktlösung ohne Gewalt heißt, Diskurs zu führen, zu streiten, ohne zu brüllen, den anderen anzuhören, um überhaupt etwas mitzubekommen. Für delinquente Kinder, die noch nicht strafmündig sind, bei denen die kriminelle Karriere aber bereits vorgezeichnet ist, kommt als Ultima Ratio ebenfalls eine Unterbringung in einer besonderen, dafür zu schaffenden Einrichtung in Betracht, um sie aus dem gewaltgeprägten familiären Umfeld, so denn vorhanden, herauszulösen.
Mit unserem Generalstaatsanwalt begrüße ich daher die Einführung eines sogenannten Warnschussarrests.
Ständiges Fehlen beispielsweise im Schulunterricht, meine Damen und Herren, muss doch durch konsequentes Anzeigen bei Eltern und Behörden auch sanktioniert werden. Eltern müssen gegebenenfalls durch Bußgelder dazu angehalten werden, ihrem Erziehungsauftrag zur Bildung ihrer Kinder gerecht zu werden.
Frau Müller, mit Verlaub, Kinder haben ein Recht darauf, erzogen zu werden.
Niemand in dieser Welt wünscht sich, kriminell zu werden. Sie sind auch Opfer ihrer eigenen Erziehung oder der Defi zite, die Eltern haben. Da kann man nicht die Augen verschließen. Das ist nun einmal so. Man kann nur dagegenreden, wenn man nichts davon versteht.
Auch Gesetzesverschärfungen sind im Jugendstrafrecht notwendig. Der Staat kann doch nur dann von …
Der Staat, meine Damen und Herren, kann doch nur dann von den eigenen Bürgern Zivilcourage und Einsatz fordern, wenn er selbst entschlossen genug mit jungen Straftätern umgeht.
Gesetzesverschärfungen im Jugendstrafrecht sind hierfür notwendig.
Wie oft begegnet man jemandem, der auf der Straße entlanggeht und sieht, wie geprügelt wird, und wegguckt, weil er sich nicht traut dazwischenzugehen?
Jugendliche und heranwachsende Straftäter spüren häufi g nämlich erst nach einer Vielzahl von Bewährungsstrafen die Härte des Gesetzes. Bei Serien- und Intensivtätern verfehlen dann jedoch Erziehungsmaßnahmen in Jugendstrafen ihre Wirkung gänzlich. Das derzeitige Instrumentarium des Jugendstrafrechts muss zum Schutz der Bürger ergänzt werden. Die CDU fordert daher bei straffälligen Heranwachsenden im Alter von 18 bis 21, dass die Anwendung des Erwachsenenstrafrechts wieder zum Regelfall wird. Dies muss im Jugendgerichtsgesetz auch klar geregelt werden.
Neben einer zur Bewährung ausgesetzten Jugendstrafe soll es möglich sein, auch einen Jugendarrest als Warnschussarrest zu verhängen, um dem Täter deutlicher als bisher die Konsequenzen seines Tuns vor Augen zu führen.
Das jugendstrafrechtliche Instrumentarium sollte ausgeweitet beziehungsweise erweitert werden. Ein Fahrverbot oder die Verhinderung des Erwerbs des Führerscheins beispielsweise sollte als eigenständige Sanktion auch für Straftaten außerhalb des Straßenverkehrs strafrechtlich verankert werden. Warum nicht?
Wir müssen im Bereich der Jugendkriminalität sowohl konsequent Grenzen setzen als auch wirksam vorbeugen.
Der Antrag der LINKEN enthält hier einige – angesichts Ihres Verhaltens fällt es mir schwer, aber ich bin mit der Zeit etwas gelassener geworden – durchaus vernünftige Ansätze. Man muss sich nicht als weltfremd beschimpfen lassen, wenn man ausspricht, was Fakt ist: Prävention geht vor. Und ich denke, Marianne Linke hat es hier ganz wunderbar dargestellt, ein Wunsch wäre es, wir kämen ausschließlich mit Prävention zu dem Punkt, dass wir überhaupt niemanden mehr inhaftieren oder mit Arrestwarnschüssen zur Ordnung rufen müssten. Aber so weit sind wir leider noch nicht. Wir sollten uns alle – und wenn wir von Gesellschaft sprechen, ist das nicht nur die Politik, es ist die Schule, es ist die Kirche, es sind die Eltern vor allen Dingen, die hilfl os sind – darauf besinnen, welche Verantwortung wir erziehend haben.
Meine Damen und Herren, Streitkultur ist etwas ganz Besonderes. Was Jugendliche und Kinder insbesondere brauchen, sind glaubwürdige Vorbilder, und manchmal sieht man sie nicht mehr. – Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren!
Frau Borchardt, ich hätte mir gewünscht, Sie hätten es gelassen. Aber Sie hatten ja einen Redebeitrag, den Sie noch anbringen mussten, und bei der Gelegenheit haben Sie dann gleich versucht, mich zu diskriminieren. Das weise ich zurück. Ich mache Sie darauf aufmerksam, dass ich das Recht habe, auszusprechen, wovon ich überzeugt bin.
Ja. Und ich bin auch so unglaublich glücklich darüber, dass man das hier kann, ohne hinterher Repressalien zu erleiden.
Und, Frau Borchardt, es ist mir als Allerletzte zu unterstellen, dass ich die Jugendlichen in Mecklenburg-Vorpommern kriminalisieren wollte. Im Übrigen, bei Jugendlichen, wenn sie so im Alter von 15, 16 Jahren sind, denken wir nun mal: Menschenskinder, wie ticken die eigentlich? Die sind heute nicht schlimmer, als sie es vor hundert Jahren waren. Aber die Jugendlichen denken mittlerweile heute, dass wir nicht ganz richtig ticken. Das ist das Problem. Und ich glaube, wir sollten ihnen eine Chance geben, sich vernünftig zu entwickeln.
Dazu benötigen wir – und das habe ich im Vorfeld deutlich ausgeführt – sehr, sehr viele Mittel, Wege und Möglichkeiten, damit es eingegrenzt wird, überhaupt Jugendliche auf den kriminellen Wegen zu erwischen und sie am Ende verurteilen zu müssen. Da es aber leider Gottes schon so viele Biografi en gibt, die nicht mehr einzufangen sind, muss man sie auch irgendwo mal in Regress nehmen.
Jetzt habe ich eine letzte Frage und ich hoffe, Sie beantworten sie mir nicht, denn ich möchte mir es eigentlich ersparen. Ich stelle sie aber. Im Antrag der Fraktion DIE LINKE heißt es unter Punkt I.1.: „Gewalt in unserem Land muss – überall wo sie auftritt – konsequent bekämpft werden. Dies gilt unabhängig davon, ob sie von Rechtsextremisten, von Erwachsenen oder Jugendlichen, von Deutschen oder Nichtdeutschen ausgeht.“ Frau Borchardt, wo sind die Linksextremisten?
Meine Damen und Herren, ich will Ihnen etwas sagen. Ich weiß nicht, ob Sie in Neubrandenburg vielleicht sogar persönliche Verbindungen haben, ob dort jemand ist, den Sie kennen. Meine Damen und Herren, es ist belächelt worden und so manch einer hat seine Witze gerissen.
Ich sitze zum vierten Mal am Sorgentelefon der CDULandtagsfraktion, Herr Ritter, und da rufen Leute an, die Sorgen haben. Denen kann ich das Heizöl nicht bezahlen, das sie brauchen, das geht nicht. Mich erreichen aber auch Anrufe aus Neubrandenburg, bei denen die Namen nicht genannt werden wollen. Sie sagen, wir haben Angst, denn wenn wir sagen, wer wir sind und wo wir wohnen, und man kriegt es raus, machen wir uns allergrößte Sorgen. Machen Sie sich mal Gedanken über die Linksextremisten in Neubrandenburg!