Matthias Manthei
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Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Im vergangenen Monat hat das Meinungsforschungsinstitut forsa erschreckende Zahlen vorgelegt: „59 Prozent“ der Grundschüler „sind keine sicheren Schwimmer“. Die Deutsche LebensRettungs-Gesellschaft stellt fest: „Die Schwimmfähigkeit der Kinder im Grundschulalter ist … ungenügend.“
„Nur 40 Prozent“ der Kinder in dieser Altersgruppe „besitzen … ein Jugendschwimmabzeichen“.
Es ist sicher Konsens, dass möglichst viele Kinder schwimmen lernen sollten. Es geht hierbei, die Kollegin von der CDU, Frau Friemann-Jennert, hat es erläutert, zuallererst darum, ein Ertrinken zu verhindern. Das gilt vor allen Dingen bei uns in Mecklenburg-Vorpommern mit unserem Wasserreichtum. Aber auch sichere Schwimmer können ertrinken. Es ist so, dass das Schwimmenlernen einen viel weitreichenderen Aspekt hat. Jeder Rettungsschwimmer weiß, dass ein Tod im Wasser auf vielerlei Gründen beruhen und auch gute, sichere Schwimmer treffen kann. Ursachen können ein Versinken im Wasser bei plötzlicher Bewusstlosigkeit, etwa nach einem Herzinfarkt oder Schlaganfall, sein. Ich behaupte sogar, dass in der Regel die Personen, die ertrinken, durchaus Schwimmer sind. Das ist jedenfalls meine praktische Erfahrung, da ich seit vielen Jahren selbst aktiver Rettungsschwimmer bin.
Nein, beim Schwimmenkönnen geht es auch darum, Kindern zahlreiche wertvolle Möglichkeiten in ihrem Leben zu eröffnen, sei es beim aktiven Wassersport oder bei sonstigen Freizeitaktivitäten, wie dem Besuch im Schwimmbad oder dem sicheren Aufenthalt am Meer oder am See.
Die Wasserrettungsvereine und alle Schwimmvereine rekrutieren den Rettungsschwimmer- und Übungsleiternachwuchs aus Kindern, die das Schwimmen früh sicher gelernt und dann ausgebaut haben. Wer früh an das Beherrschen der Schwimmfähigkeiten herange
führt wird, mag sich auch später eher für eine Rettungsschwimmer- beziehungsweise Übungsleiterausbildung interessieren.
Kinder lernen von ihren Eltern. Wenn die Eltern aber schon keine sicheren Schwimmfertigkeiten besitzen, werden sie im Zweifel ihren Kindern auch ein ängstliches Gefühl vor dem Wasser vermitteln. Es droht eine Kettenreaktion. Ich werde nachher noch mal darauf eingehen, was die Frau Bildungsministerin Hesse gesagt hat, dass sie da die Verantwortung von ihrem Ministerium abwälzen will,
zum Beispiel in erster Linie auf die Eltern.
Aber es ist ein Problem, dass dann eine gewisse Kettenreaktion droht,
wenn sie generell in der Schule keinen ausreichenden Schwimmunterricht anbieten.
Darauf komme ich gleich noch mal zurück. Das kann ich sagen, ich bin selbst aktiver Rettungsschwimmerausbilder. Das ist meine Erfahrung. Das müssen Sie mir mal so glauben, dass das nicht so einfach geht, dass man sagt, Eltern, macht ihr mal, und wir als Schule, wir bitten und danken mal den Kommunen. Ich komme darauf gleich noch mal zurück.
Letztlich trägt ein frühzeitig verpflichtender Schwimmunterricht zur finanziellen Entlastung der Eltern bei. Nicht alle Eltern können die finanziellen Lasten eines Schwimmkurses tragen. Auch ist zu beachten, dass ein Schwimmkurs mit erheblichen zeitlichen Belastungen für die Eltern verbunden ist und dass es erhebliche Kapazitätsprobleme gibt. Sie bekommen, wenn sie sich für Schwimmkurse anmelden, nicht immer sofort oder in unmittelbarer Zeit einen Platz in dem Schwimmkurs, wo sie es wünschen.
Doch erst einmal zur entscheidenden Frage: Wann schwimmt jemand sicher? Das Wichtigste vorab: Wer die „Seepferdchen“-Prüfung absolviert hat, ist garantiert noch kein sicherer Schwimmer. Nach der forsa-Untersuchung haben 77 Prozent der Grundschüler das „Seepferdchen“ absolviert. Es ist tatsächlich so, dass sie das „Seepferdchen“ von der motorischen Entwicklung der Kinder her problemlos bereits im Kindergartenalter machen sollten. Das hat für die Frage der Grundschüler nicht so viel zu bedeuten. Da sollte es ein anderes Ziel sein. Da sollte es das Ziel sein, die Kinder zu sicheren Schwimmern zu machen. Der „Seepferdchen“-Kurs – das gehört zur Entwicklung der Kinder – sollte im Idealfall regelmäßig schon im Kindergartenalter absolviert werden.
Das „Seepferdchen“-Zeugnis hat die Aufgabe, das Kind zu motivieren, ein sicherer Schwimmer zu werden. Beim „Seepferdchen“ muss das Kind lediglich einmal vom Beckenrand ins Wasser springen und 25 Meter schwim
men. Jeder, der das selbst als Vater erlebt hat, wenn er sein Kind da rüberschwimmen sieht, denkt, na ja, hoffentlich kommt es irgendwie an. Mit Schwimmen hat es relativ wenig zu tun, sage ich mal. Das ist so, dass sie sich eine Weile über Wasser halten und den Beckenrand erreichen. Das „Seepferdchen“ ist eine gewisse Wassergewöhnung, eine Vorbereitung auf einen richtigen Schwimmkurs, mehr ist das nicht. Zusätzlich müssen die Prüflinge einmal einen Tauchring mit den Händen aus schultertiefem Wasser heraufholen, schultertief aus Sicht des Prüflings.
Die Definition für sicheres Schwimmen muss man nicht erfinden. Die gibt es längst von den Fachverbänden wie dem Deutschen Schwimmverband, der DLRG oder der Wasserwacht des Deutschen Roten Kreuzes. Sicher schwimmen kann, wer die Voraussetzungen des deutschen Jugendschwimmabzeichens Bronze, des sogenannten Freischwimmerzeugnisses, erfüllt. Ein Schwimmer muss hierfür insbesondere 200 Meter in höchstens 15 Minuten schwimmen können und einmal einen Tauchring aus etwa zwei Metern Tiefe heraufholen.
Gerade heute früh habe ich eine Antwort auf meine Kleine Anfrage auf den Tisch bekommen, nach der von der Bildungsministerin angekündigt wird, dass, ich zitiere, „in Zukunft“, Zitatende, tatsächlich mal eine Definition für sicheres Schwimmen in den Lehrplan aufgenommen werden soll.
Das ist natürlich sehr schön. Es stellen sich zwei Fragen:
Erstens. Warum ist das nicht längst geschehen,
denn die Definition gibt es seit vielen, vielen Jahren?
Zweitens. Wann soll dieses „zukünftig“ eigentlich sein?
Vielleicht kann die Frau Bildungsministerin dazu heute noch nähere Auskunft geben.
Doch das Bildungsministerium des Landes MecklenburgVorpommern – Frau Hesse hat zutreffend darauf hingewiesen – setzt das sichere Schwimmen derzeit nicht als Lernziel fest. Es ist einfach nur im Rahmenplan enthalten, dass das Schwimmenkönnen,
das Schwimmenkönnen ein Lernziel ist.
Genau, im Rahmenplan ist definiert, dass das Schwimmenkönnen ein Lernziel ist bis zum Ende der vierten Jahrgangsstufe. Aber wann kann jemand schwimmen? Wir haben bei jeder Sportart gewisse Definitionen, gewisse Leistungsanforderungen.
Etwas Konkretes kann man im Lehrplan derzeit nicht finden, wann man sicher schwimmen kann. Das ist nicht nachvollziehbar, dass für das Schwimmenkönnen nicht genauso wie für andere Sportarten konkrete Leistungsvorgaben festgesetzt werden, und auch das Schwimmen
kann dann benotet werden. Aber warum macht das die Bildungsministerin nicht?
In einer Antwort auf eine Kleine Anfrage der Kollegin Oldenburg, die gerade nicht da ist, aus dem Jahr 2014, erklärt die Landesregierung das unter anderem damit, dass der Schwimmunterricht nur eingeschränkt durchgeführt werden könne. Das Land schafft es nicht, einen ausreichenden Schwimmunterricht sicherzustellen, und definiert deshalb keine Leistungsanforderung. Umgekehrt wäre es der richtige Weg. Die Landesregierung muss Leistungsanforderungen definieren und deshalb die Schulträger dabei unterstützen, den notwendigen Schwimmunterricht zu gewährleisten.
Im Moment ist die Situation so, dass jede Schule für sich kämpft. Entweder die Kinder haben Glück oder sie haben Pech. Glück haben sie dann, wenn für die jeweilige Schule die technischen und personellen Voraussetzungen für einen Schwimmunterricht erfüllt sind.
Technisch ist natürlich eine Schwimmhalle in der Nähe erforderlich. Ich sage ausdrücklich „Schwimmhalle“ und nicht „Freibad“,
weil ein Freibad, Frau Hesse, Sie hatten es vorhin auch gesagt, einige Schulen machen in den Ferien irgendwelche Crashkurse. Ich weiß nicht, wie das ablaufen soll.
Ich kann mir das gar nicht vorstellen. Und was machen Sie dann bei schlechtem Wetter?
Es steht in den Prüfungsvorschriften, für das Schwimmen müssen sie eine Mindestwassertemperatur von 18 Grad haben, ansonsten darf der Schwimmkurs gar nicht durchgeführt werden.
Wenn Sie das im Freiwasser machen, dann sind Sie zeitlich natürlich arg eingeschränkt und einem großen Wetterrisiko ausgesetzt.
Aus der Antwort auf die Anfragen, die vorliegen, ergibt sich auch, dass wetterbedingt fünf Schwimmkurse ausgefallen sind. Nein, eine Schwimmhalle ist einfach in unseren Breiten unersetzbar. Schwimmhallen befinden sich aber in unserem Flächenland oft nicht in der Nähe der Schulen. Das wiederum bedeutet einen erheblichen Kosten- und Zeitaufwand. Ich meine – anders als es so ein bisschen bei Frau Hesse vorhin geklungen hat –, dass die Landesregierung die Schulträger, die Schulen hier nicht alleinlassen darf. Es darf doch nicht sein, dass
eine Schule, wie tatsächlich geschehen, aus Kostengründen einen Schwimmunterricht absagen muss, nur weil die Fahrtkosten ständig steigen oder die Miete für teure Schwimmhallenbahnen immer mehr steigt.
Das kann ich konkret berichten. Bei mir in Greifswald ist es so: Wenn Sie eine Umlandgemeinde sind bei Greifswald, müssen Sie einen hohen Preis für die Schwimmhalle in Greifswald bezahlen, wenn Sie da eine Bahn haben wollen. Wenn Sie eine Greifswalder Schule sind, haben Sie einen ermäßigten Preis. Es ist also ein bisschen Zufall, wo man halt gerade,
wo man halt gerade wohnt.
Ich fordere die Bildungsministerin daher auf, sich dafür einzusetzen, dass alle Grundschulen des Landes Zugang zu Schwimmhallen haben.
Doch nicht nur technisch, auch in personeller Hinsicht stehen die Schulen vor Schwierigkeiten.
Sie benötigen für den Schwimmunterricht einen Schwimmlehrer. Aber das ist auch nicht die ganze Wahrheit. Sie benötigen nicht nur einen Schwimmlehrer, sie benötigen in aller Regel auch noch Begleitpersonen,
das heißt, das sind dann Lehrer, die eigentlich andere Fächer unterrichten. Aber wegen der Klassenstärke, wegen der Aufsichtspflicht sind in der Regel zwei Lehrer mindestens notwendig,
und beide, sowohl der Schwimmlehrer als auch die Begleitperson, müssen die Rettungsschwimmerqualifikation haben.
Der Schwimmlehrer und die Begleitperson dürfen die Aufsicht als Lehrer nur machen, wenn sie eine gültige Rettungsschwimmerqualifikation haben. Der Schwimmlehrer muss natürlich methodisch auch für den Schwimmunterricht ausgebildet sein, das ist klar.
Doch zu wenige Lehrer sind Rettungsschwimmer. Hier hakt es schon in der Ausbildung. Als Beispiel kann ich auch hier wieder konkret werden, und zwar Lehramtsausbildung an der Universität Greifswald: Rettungsschwimmerkurse an der Universität? Fehlanzeige. Ob ein Lehramtsstudent Rettungsschwimmer wird, hängt allein von seinem privaten Engagement ab, ob er an einem Kurs der DLRG oder der Wasserwacht teilnimmt. Ich bin selbst Ausbilder für das Rettungsschwimmen und habe es in Greifswald erlebt. Die Studenten müssen eigeninitiativ versuchen, an einem Kurs der Vereine teilzunehmen. Wir haben in Kooperation mit dem Hochschulsport der
Universität Greifswald einige Zeit Kurse angeboten. Wir mussten allerdings 45 Euro für die Schwimmhallenbahn bezahlen, sodass die Kurse am Ende dann zu teuer sind.
Die rote Lampe leuchtet, deshalb ein abschließender Satz: Wir unterstützen den Erhalt und vor allen Dingen den Ausbau des Schwimmunterrichts an den Grundschulen unseres Landes. – Vielen Dank.
Vielen Dank.
Ihr Fraktionsvorsitzender Krüger stellt auch immer die Frage: Haben Sie da ein Konzept? Sie haben gesagt, Sie wollen das verbessern, Sie wollen sich dafür einsetzen, dass noch mehr Schulen Schwimmunterricht anbieten können. Ich nehme an, Sie sind damit auch nicht einverstanden, dass er hier und da ausfällt. Was ist denn oder was haben Sie konkret als Regierungsfraktion geplant oder jetzt zumindest in dieser Legislaturperiode noch geplant?
Vielen Dank, Frau Vizepräsidentin.
Ich möchte einen Geschäftsordnungsantrag stellen. Die Fraktion der AfD beantragt die sofortige Einberufung einer Sondersitzung des Ältestenrates.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Das sogenannte Kirchenasyl scheint in Mecklenburg-Vorpommern gängige Praxis zu werden. Die Kirche versucht alles, um es konspirativ zu halten.
Die Öffentlichkeit soll möglichst nichts erfahren.
Die Landesregierung führt keine Statistiken. Fakten sind nur auf Nachfrage durch Abgeordnete des Landtages herauszubekommen. So können wir nur jeweils stichtagsbezogen feststellen, dass wir am 14. März dieses Jahres 32 Fälle, am 22. Mai 65 Fälle, einen Tag später merkwürdigerweise 43 Fälle und jedenfalls am 20. Juni dann – unsere letzte Abfrage – 55 Fälle hatten.
55 Fälle sogenanntes Kirchenasyl sind 55 Rechtsbrüche,
und zwar nicht primär durch die Kirchen, Gemeinden – sie nutzen den Spielraum des Staates aus, den ihnen der Staat gibt –, sondern hier steht der Innenminister in der Verantwortung. Er bricht das Recht, wenn er es nicht durchsetzt. Er ist verpflichtet, diese rechtswidrigen Zustände zu beenden.
Ebenso zu den Hintergründen der Kirchenasylfälle ist nur stichtagsbezogen etwas zu erfahren. Auch hierzu führt die Landesregierung keine Statistik. Die Landesregierung kann etwa keine Auskunft geben über die Art und Weise, wie die Kirchenasylfälle der Vergangenheit endeten: Wie oft reisten die Personen freiwillig aus? Wie oft wurden sie
abgeschoben? Wie oft wurden sie in andere EUMitgliedsstaaten rücküberführt? Wie viele von ihnen haben letztlich eine Aufenthaltserlaubnis als Flüchtling, als Asylberechtigter oder als subsidiär Schutzberechtigter erhalten? Kurzum: Welche aufenthaltsrechtlichen Folgen hat das Kirchenasyl? Oder anders gefragt: Wie erfolgreich setzen die Kirchen ihre Interessen für die von ihnen untergebrachten Personen durch, obwohl oder weil sie sich aktiv gegen geltendes Recht widersetzten?
Was wir wissen, ist lediglich, dass die Landesregierung keine aufenthaltsbeendenden Maßnahmen aus Kirchen und deren Umfeld durchführt. Im Gegenteil: Die Landesregierung hat wiederholt erklärt, dass sie die Tradition des Kirchenasyls respektiere. Sie achtet, so heißt es, die christlich-humanitäre Tradition des Kirchenasyls. Was hier als kulturelle Errungenschaft und Angelegenheit der Kirchen angesehen wird, scheint zunehmend Fahrt aufzunehmen und ist mehr und mehr institutionalisiert.
Es gibt eine Vereinbarung – sie wurde ja heute schon mehrfach angesprochen – zwischen den Kirchen und dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge aus dem Jahr 2015. Man kann also sagen, man versucht das Unrecht auch noch zu regulieren.
Aber – und das wurde heute ja auch zugegeben vom Innenminister, erschreckend genug, über die Landesregierung steht noch in meinem Redeentwurf, sie vermag nicht zu sagen, ob die Vereinbarung eingehalten wird, so hieß es in der Anfrage – jetzt wurde offen gesagt, die Vereinbarung wird nicht eingehalten. So heißt es in einer Antwort auf eine Kleine Anfrage: Die Landesregierung befände sich mit den Kirchen, ich zitiere, „in einem fortlaufenden Dialog, um unter anderem weiterhin auf die Einhaltung der Vorgaben und der vereinbarten Härtefallprüfung, welche im Gespräch zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge (BAMF) und den Kirchen im Februar 2015 vereinbart wurde, hinzuwirken“. Zitatende. Rechtsdurchsetzung hört sich anders an.
Noch einmal in aller Klarheit: Kirchenasyl entbehrt jeder gesetzlichen Grundlage oder, wie es Frau Ministerpräsidentin gesagt hat, keine Religion darf sich über die Normen unseres Grundgesetzes stellen.
Dennoch wird das Kirchenasyl geduldet. Es werden darüber sogar Vereinbarungen getroffen und nun bedarf es weiterhin eines Dialogs, um auf die Einhaltung der Vorgaben hinzuwirken. Der Staat als Bettler an die Kirche: Bitte haltet euch doch an die Vereinbarung!
Die Kirchen müssen laut dieser Vereinbarung Dossiers zur Einzelfallprüfung beim Bundesamt für Migration und Flüchtlinge vorlegen, in denen eine, Zitat, „humanitäre Härte“ dargestellt wird. Herr Caffier hat es ja schon gesagt, diese Vereinbarung wird nicht eingehalten. Die Dossiers werden immer wieder gar nicht vorgelegt. Weil hier das Bundesamt entscheidet, befindet die Landesregierung, sie sei nicht zuständig. Dabei sind diverse Behörden und Einrichtungen des Landes ebenso involviert: die Ausländerbehörden, aber auch andere, zum Beispiel, wenn Kindergartenplätze in Anspruch genommen werden, was übrigens auch Kosten verursacht. Das bleibt dann am Steuerzahler hängen.
Während die Landesregierung dem illegitimen Kirchenasyl freien Lauf lässt, gehen die Kirchen zunehmend strukturiert vor. Es gibt Berater, Vermittler, sogar feste Ansprechpartner bei den Kirchen, die sich um die administrativen Belange kümmern. Sie üben auch politischen Druck aus, und sie stellen den Rechtsstaat infrage, dem sie vorgeblich nur auf die Sprünge helfen wollen. Ich zitiere: „Menschlichkeit vor Gesetz.“ Zitatende. Das ließ kürzlich ein Diakon aus Rostock verlauten. Er hatte syrische Staatsangehörige nach Schweden geschmuggelt und wurde deshalb dort zu einer Geldstrafe verurteilt. Sind denn unsere Gesetze unmenschlich? Der Kirchenvertreter verstieg sich gar zu einem Vergleich – leider ist ja Frau Larisch heute auch noch darauf angesprungen –, dieser Kirchenvertreter verstieg sich zu einem Vergleich mit der nationalsozialistischen und der kommunistischen Diktatur. Ich zitiere aus einem Bericht der „Schweriner Volkszeitung“, Zitat: „Zu DDR-Zeiten jemandem über die Grenze zu helfen oder in der Nazi-Zeit jemanden verstecken – ‚es waren immer Gesetze, die dagegen sprachen‘.“ Zitatende. Wie verwirrt sind solche Kirchenfunktionäre eigentlich, wenn sie unseren freiheitlichdemokratischen Rechtsstaat mit Diktaturen gleichsetzen?
Und solches Gedankengut will die Landesregierung unterstützen?
Zum Abschluss meiner Ausführung das Beispiel aus dem Wahlkreis – Herr Caffier hatte das Beispiel ja auch schon gebracht –: In Anklam befanden sich zwischen November 2016 und Mai 2017 fünf russische Staatsangehörige im sogenannten Kirchenasyl. Die Hintergründe sind mir noch nicht so richtig klar, denn auf die Anfrage hat die Landesregierung geantwortet, dass diese Personen schon 2013 nach Deutschland gelangt sind, und zwar über Polen. Genau dort hätten sie natürlich ihren Asylantrag stellen müssen. Sie sind seit dem 7. Juni 2016 vollziehbar ausreisepflichtig und sind dieser Pflicht zur Ausreise nicht nachgekommen. Sie ließen die Zeit der Duldung verstreichen und begaben sich dann ins Kirchenasyl.
Der „Nordkurier“ vermutet, dass dieses Kirchenasyl aufgrund des Drucks der AfD-Fraktion beendet wurde. Jedenfalls ist das Asyl mittlerweile beendet. Auch hier ging es wie in den meisten Fällen darum, ein Asylverfahren in dem nach geltendem Recht nach dem Dublin-IIIAbkommen zuständigen Staat zu verhindern und in Deutschland zu ermöglichen. Offenbar ist es dazu gekommen. Dazu läuft noch meine Kleine Anfrage. Ich hoffe, Herr Caffier nimmt mir das nicht übel, dass ich noch mal nachfrage,
aber da bin ich recht hartnäckig, Herr Minister, weil mich das schon interessiert, wie es dort eigentlich weitergeht.
Mich hat es jedenfalls sehr gefreut, wenn das wirklich so ist, wie es der „Nordkurier“ vermutet, dass aufgrund des Handelns der stärksten Oppositionsfraktion auch diese fünf Personen wieder in rechtsstaatliche Verfahren gelenkt wurden. Das freut einen natürlich als Opposition, dass man auch einmal Dinge bewirken konnte, und vermutlich ist es hier so gewesen.
Jedenfalls hat das Pastor Winkler aus Anklam so gesagt, dass das Verfahren wohl deshalb jetzt beschleunigt wurde.
Bemerkenswert waren übrigens auch die Gründe für die Anklamer Kirchenasylfälle. Das ist wirklich mal interessant, weil immer von humanitärer Härte die Rede ist und man sich fragt, was ist das eigentlich.
Wir müssen ja bedenken, dass es hier eben keine anerkannten Flüchtlinge oder Asylberechtigten sind, sage ich mal. Was ist eigentlich eine humanitäre Härte?
In diesem Fall war es so, dass die humanitäre Härte darin gesehen wurde, und das war ja die Frage, ob sie jetzt nach Polen müssen, die Untergebrachten. Und wenn sie das machen müssten, würden sie ihr vertrautes Umfeld verlieren, und das sei eine besondere Belastung. Das war die erste Begründung. Die zweite Begründung war, dass ein medizinischer Behandlungsbedarf in Polen nicht gewährleistet war. Die Notwendigkeit, nach Polen umzuziehen, und der damit verbundene Verlust des vertrauten Umfelds ist also schon eine humanitäre Härte? Wie viele humanitäre Härtefälle haben wir denn eigentlich, wenn Bürger dieses Landes ihr vertrautes Umfeld aufgeben müssen, weil sie wirtschaftlich oder durch sonstige Gründe dazu gezwungen sind? Und in Polen gibt es keine ausreichende medizinische Versorgung? Ist Polen denn ein unterentwickeltes Land? Oder ist der Zweck des Aufenthalts, sich hier medizinisch behandeln zu lassen?
Das Beispiel …
Herr Dachner, das ist nicht richtig, ich kenne den Einzelfall.
Das können Sie nachlesen.
Herr Dachner, wenn Sie mich mal ausreden lassen?! Sie können gerne eine Zwischenfrage stellen, dann müssen Sie sich ans Mikrofon stellen.
Auch Sie müssen sich hier an die Regeln halten.
Es war eine Frage und ich will auf die Frage von Herrn Dachner von der SPD eingehen. Herr Dachner hat gerade behauptet – das muss man ja wiederholen, damit auch die Zuhörer das verstehen –,
ich kenne die Einzelfälle nicht. Die können Sie nachlesen, das ist eine Antwort des Innenministeriums. Ich habe nur wiedergegeben, was mir das Innenministerium auf meine Kleine Anfrage geantwortet hat.
Das Beispiel zeigt, dass also alle möglichen Gründe offenbar dazu dienen können, eine humanitäre Härte herzustellen. Man kann auch formulieren, durch die Vereinbarung zwischen dem Bundesamt für Migration und Flüchtlinge und den Kirchen wird Recht gebrochen und Willkür Tür und Tor geöffnet. Die Landesregierung erklärt wiederholt, dass sie an ihrer Einstellung gegenüber dem Kirchenasyl weiterhin festhalten wird, also ihren Toleranzkurs weiterfährt. Es ist Zeit, diese Einstellung zu überdenken.
Zum Abschluss noch kurz Bemerkungen zu meinen Vorrednern: Eine bemerkenswerte Aussage war von Herrn Caffier, vom Innenminister, das Kirchenasyl sei, Zitat, „gültige Realität“, Zitatende. Ich weiß nicht, was eine gültige Realität ist.
Es gibt nur eine Realität oder keine Realität. Eine gültige Realität – bei allem Respekt, Herr Innenminister – gibt es nicht, die muss erst noch erfunden werden.
Interessant ist auch die Aussage des Innenministers, dass er nicht erst seit gestern das Kirchenasyl beobachte. Ich habe aus meinen Kleinen Anfragen leider die Feststellung treffen müssen, dass Fragen, was die Vergangenheit angeht, durchweg nicht beantwortet werden können. Es wird nicht registriert, es wird eben keine Statistik geführt. Daher widerspreche ich den Angaben des Innenministers. Er mag es vielleicht beobachtet haben, aber es sich zumindest nicht aufgeschrieben haben, vielleicht anderweitig beobachtet.
Und noch eine weitere Bemerkung zu der Rede des Innenministers: Gemäß dem Dublin-Abkommen ist der andere Staat nicht, Zitat, „eigentlich“, Zitatende, zuständig, sondern er ist zuständig. Da gibt es kein „eigentlich“. Daran gibt es gar nichts zu deuteln.
Abschließend die Bemerkung: Nun hat der Innenminister die Nordkirche angeschrieben, und ich muss ehrlich sagen, hier drückt sich schon eine gewisse Hilflosigkeit aus, wenn der Innenminister die Nordkirche anschreiben muss, sie möge sich doch mal bitte an die Verträge halten.
Auch Frau Larisch – ich habe es schon gesagt – hat unseren heutigen Staat mit der nationalsozialistischen Diktatur und mit der kommunistischen Diktatur verglichen. Das finde ich reichlich deplatziert.
Dann haben Sie eine weitere interessante Aussage getroffen. Sie haben gesagt, in der DDR hat die Kirche Asyl gewährt. Das ist völliger Unsinn. Ehrlich gesagt, ich bin
selber aktiv, ich bin auch ein religiöser Mensch und war aktiv. Ich habe in der DDR alles durchgemacht: Konfirmation, Junge Gemeinde und so weiter und so fort. Ich weiß, dass wir dort viel über Opposition gesprochen haben und viele Informationen gekriegt haben, aber ein Asylfall in der DDR-Kirche ist mir, ehrlich gesagt, nicht bekannt. Gut, ich lerne auch gerne dazu,
wenn Sie mir das belegen. Ich lerne ja gerne dazu. Wenn Sie da mal eine Information haben, schicken Sie mir die gerne mal zu!
Einen letzten Punkt noch zu Ihnen, Frau Larisch: Da sollten Sie ganz vorsichtig sein, wenn Sie sich auf die Bibel berufen, Sie haben gesagt, man muss ja hier, ich zitiere, „der Bibel folgend handeln.“ Da seien Sie mal ganz vorsichtig! Wenn Sie die Regeln der Bibel anwenden, dann wird es richtig lustig hier. Allein die jüdische Religion hat Gebote und Verbote für jeden Tag des Jahres. Da haben Sie 365 Ge- und Verbote.
Da kommen Sie, wenn Sie die Bibel wirklich lesen würden, da kommen Sie auf Folgen von Vergehen gegen Verbote, das möchten Sie lieber nicht wissen.
Von daher seien Sie bei dem Thema mal ganz vorsichtig!
Sie meint nur das Neue Testament, okay. Sie sagte, die Bibel, und von mir aus …
Abschließend noch zu meiner Vorrednerin Frau von …
Wenn Sie eine Frage haben, am besten ans Mikrofon, sonst verstehe ich Sie nicht.
Okay, kein Problem.
Dann noch abschließend zu Frau von Allwörden: Das ist ja das, was dann immer kommt, das Argument. Dafür bin ich Ihnen dankbar, dass Sie das gebracht haben. Ja, um Himmels willen, der Staat soll doch nicht mit Polizei in die Kirche einmarschieren. Also das ist immer so ein Angstschüren. Das wird definitiv nicht notwendig sein, weil erstens die betroffenen Personen, die hier sind, ich weiß jetzt nicht alle Fälle, aber in aller Regel schlafen sie ja nicht auf der Kirchenbank in einer richtigen Kirche oder so, sondern sie sind schon in irgendwelchen Wohnungen untergebracht. Ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, dass die Kirchenvertreter, wenn der Innenminister klipp und klar sagt, ich dulde das nicht mehr, ich kann mir nicht vorstellen, dass die Kirchen es darauf anlegen werden.
Das glaube ich nicht. Das kann ich mir nicht vorstellen, dass Kirchen hier bewusst staatliche Gewalt provozieren werden.
Das sage ich ja, da bin ich völlig Ihrer Meinung. Ich bin mir aber sehr sicher, dass das gar nicht notwendig sein wird.
Es ist also Zeit, diese Einstellung gegenüber dem sogenannten Kirchenasyl – ich sage immer bewusst „sogenannte“, weil der Begriff sich ein bisschen verselbstständigt hat, aber das gibt es nicht, es gibt kein Kirchenasyl –
zu überdenken. Daher bitte ich Sie um Zustimmung zu unserem Antrag. – Vielen Dank.
Vielen Dank, Frau Präsidentin!
Ich möchte noch folgende persönliche Erklärung abgeben. Sie betrifft die Äußerung des Innenministers, in der er insbesondere meine Kleinen Anfragen an das Innenministerium hier kritisiert hat. Ich zitiere, er hat insbesondere gesagt, jedes Maß sei verloren, die, Zitat, „sinnfreien Anfragen“ hätten ihn, Zitat, „erschaudern lassen“ und dann, Zitat, „weiß nicht, was Sie mit der Anfrage vorhaben“, Zitatende.
Das war auch der Grund, weshalb ich die Sondersitzung des Ältestenrates beantragt habe. Da muss ich deutlich
sagen: Diese verdeckten Vorwürfe weise ich hier für mich und für meine gesamte Fraktion entschieden zurück.
Das steht schlichtweg der Landesregierung, auch keinem Minister zu, das betrifft auch die anderen Abgeordnetenkollegen.
Ein Minister hat nicht das Recht, …
Herr Dahlemann, beruhigen Sie sich und hören Sie mir jetzt mal zu!
… hat nicht das Recht, die Kleinen Anfragen, das ist das ureigenste parlamentarische Recht jedes Abgeordneten und kein Minister hat das Recht, das inhaltlich oder die Anzahl zu kritisieren. Das steht ihm schlichtweg nicht zu.
Diese Anfragen sind zu beantworten. Das ist unser verfassungsgemäßes Recht.
Und da möchte ich auch die Fraktionskollegen ansprechen, das kann Sie doch genauso mal betreffen – gut, vielleicht nicht die von der Regierung, aber vielleicht die Kollegen auch von der Oppositionsfraktion DIE LINKE –, es kann Sie genauso betreffen. Wir sollten es nicht zulassen, dass hier Druck von der Regierung auf uns ausgeübt wird, dass hier bösartige Unterstellungen, dass die Anfragen kritisiert werden oder die Unterstellungen …
Gut. Ich bin auch fertig.
Auf mich persönlich, genau, da bin ich jetzt, genau bei dem Punkt.
Besonders perfide fand ich die Unterstellung bei der Frage, was ich mit der Kleinen Anfrage vorhabe.
Erstens, Herr Minister, geht Sie das gar nichts an,
und zweitens weise ich diese damit verbundene Unterstellung entschieden zurück. Wir haben überhaupt nichts Unrechtes damit vor. Es ist das Recht der Abgeordneten, Informationen zu erlangen, die wir sonst nicht erlangen. Und diese Unterstellung bitte ich ab sofort zu unterlassen. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD-Fraktion lehnt den Antrag ab. Derzeit werden in der Regel keine Abschiebungen nach Afghanistan vollzogen. Damit wurde auf den letzten großen Anschlag in Kabul reagiert. Die Bundesregierung prüft derzeit die Sicherheitslage in Afghanistan. Bis Ende Juli soll die Neubewertung der Sicherheitslage vorliegen. Der erste Teil des Antrages der LINKEN ist also überflüssig und ich gehe auch davon aus, wie der Herr Innenminister sagte, dass die Fraktion DIE LINKE nicht unbedingt großen Wert darauf legt, dass auch Straftäter hierbleiben sollen.
Es ist auch richtig, was der Innenminister gesagt hat, dass diese Bewertung abgewartet werden soll und bundesweit einheitlich vorgegangen werden soll. Ich hatte es schon in der letzten Rede zu dem ähnlichen Thema – „Abschiebungen nach Afghanistan“ – gesagt, dass wir, bisher jedenfalls, vor diesem Stopp seitens des Bundes, einen Flickenteppich hatten. Einige Länder haben abgeschoben, einige nicht. Das kann ja irgendwie nicht richtig sein. Dass die Bundesregierung die Sicherheitslage in Afghanistan auch selbst prüft, ist zu begrüßen, das nicht nur von Berlin aus, sondern sie verfügt auch vor Ort über die nötige Kompetenz dafür.
Es gibt seit Oktober 2016 ein Abkommen zwischen Europa und Afghanistan. Demnach fließen in diesem Jahr etwa 400 Millionen Euro Finanzhilfen von Deutschland nach Afghanistan. Unter anderem soll dadurch erreicht werden, dass Afghanistan seine Landsleute zurücknimmt.
Man darf auch nicht denken, dass bei einer Abschiebung die Personen, die in einen Flieger gesetzt werden, in Kabul quasi ausgesetzt würden. Afghanische Behörden, Nichtregierungsorganisationen und die Deutsche Botschaft in Kabul unterstützen die rückgeführten Afghanen, sie helfen ihnen beim Neustart in ihrer Heimat. Das läuft unter der Bezeichnung „Reintegrationsmaßnahmen“. Diese Institutionen vor Ort waren bislang offenbar in der Lage, die abgeschobenen Personen in sichere Gebiete Afghanistans zu lenken. Aber wie gesagt, das geschieht derzeit nicht, und dies auch deshalb nicht, weil die deutsche Auslandsvertretung in Kabul beim Anschlag am 31. Mai dieses Jahres beschädigt wurde.
Es ist darauf hinzuweisen, das hatte auch der Herr Innenminister noch mal erwähnt, dass zum Beispiel Alleinerziehende mit minderjährigen Kindern, alleinstehende Frauen, Familien sowieso schon länger nicht abgeschoben werden. Was obgleich der ausgesetzten Abschie
bung derzeit stattfinden kann und auch stattfindet, sind freiwillige Ausreisen. Wir können niemanden daran hindern, in seine Heimat zurückzukehren. Die Rückkehr wird sogar großzügig unterstützt. Weiterhin abgeschoben werden können verurteilte Straftäter, Gefährder und Personen, die ihre Identität nicht offenlegen. Was ich nicht weiß, ist, auf wie viele Afghanen in MecklenburgVorpommern das zutrifft. Da müsste man gegebenenfalls, wenn der Herr Innenminister erlaubt, noch mal eine Kleine Anfrage stellen.
Was jedoch doch noch einmal unterstrichen werden muss, ist, dass die nötigen Abschiebungen nicht vom Himmel fallen. Viele der Asylbewerber haben keinen Erfolg mit ihrem Asylantrag, sie müssen demzufolge ausreisen. Sofern sie dieser Pflicht nicht nachkommen, wird die Abschiebung erforderlich. Eine ganz andere Frage ist die Sache mit den Dublin-Fällen, darauf komme ich gleich noch mal zurück.
Zum 31.12.2016 gab es 5 afghanische Staatsbürger in Mecklenburg-Vorpommern, die als asylberechtigt anerkannt waren. Zum selben Zeitpunkt hielten sich 170 ausreisepflichtige Afghanen in Mecklenburg-Vorpommern auf, wovon 130 eine Duldung besaßen. Theoretisch handelt es sich also um eine überschaubare Anzahl abzuschiebender Personen mit afghanischer Staatsangehörigkeit.
Im Jahr 2016 sind über die Hälfte aller geplanten Abschiebungen aus Mecklenburg-Vorpommern, alle Länder zusammengenommen, gescheitert. Lediglich 835 Personen wurden tatsächlich abgeschoben. Die meisten Personen sind zum Abschiebezeitpunkt abgängig, also verschwunden, untergetaucht. Mein Kollege Christoph Grimm hatte das ja vorhin in seiner Rede auch schon mal vorgetragen.
Im letzten Teil des Antrages erfindet die Fraktion DIE LINKE gleich noch wieder ein neues Wort. Wir hatten heute schon das Thema „Kirchenasyl“, was es gar nicht gibt, jetzt wird das Wort „Kettenabschiebungen“ erfunden. Die Landesregierung möge sogenannte „Kettenabschiebungen über Drittländer“ unterlassen. Anlass ist, das wurde schon gesagt, der Flug nach Norwegen, und dort sollen auch Afghanen im Flugzeug gesessen haben. Fakt ist, dass diese Personen über einen sicheren Drittstaat, nämlich Norwegen, zu uns nach Deutschland eingereist sind, deshalb findet die Dublin-Regelung Anwendung. Laut Medienberichten hätten die abzuschiebenden Personen bereits in Norwegen Schutz beantragt und später ein weiteres Asylverfahren in Deutschland angestrengt.
Es obliegt aber keinesfalls der Landesregierung oder der Bundesregierung, sich in die Belange Norwegens einzumischen. Kettenabschiebungen sieht die Rechtsordnung weder national noch international vor. Auch tatsächlich gibt es so etwas nicht. Es handelt sich um eine gesetzmäßige Rückführung in das Hoheitsgebiet eines anderen Staates. Wie das Asylverfahren dort ausgeht, hat dieser Staat zu entscheiden. Will denn die Fraktion DIE LINKE hier allen Ernstes behaupten, die Entscheidungen in den Vertragspartnerstaaten, wie zum Beispiel Norwegen, seien zu kritisieren? Mit welcher Hybris erheben Sie sich über die rechtsstaatlichen Entscheidungen anderer Staaten? Es ist im Grunde wie immer: Deutsche Politiker
halten sich für die Schlausten und wollen andere Staaten belehren. Das haben wir bei der Energiewende gesehen,
bei den Euro-Rettungsversuchen, bei der Masseneinwanderung – immer soll Deutschland einen Sonderweg gehen und droht damit in die Isolierung zu gehen. Nein, meine Damen und Herren, eine Rückführung in einen Staat, der am Dublin-Abkommen teilnimmt, ist nun beim besten Willen nicht zu kritisieren.
Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Vor zwei Wochen, am 29. Juni 2017, veröffentlichte die „Schweriner Volkszeitung“ ein Interview mit der zu dem Zeitpunkt noch designierten Ministerpräsidentin Frau Schwesig. Dort stellte der Journalist fest, ich zitiere: „Die Regierung vermittelte … den Eindruck, an den“ Bürgern „vorbeizuregieren“, Zitatende. Und er fragte Frau Schwesig, ich zitiere weiter, „was setzen Sie dem entgegen?“. Die nunmehrige Ministerpräsidentin antwortete, dass es um das Thema Bürgerbeteiligung gehe, wörtlich, ich zitiere: „Wir wollen die Bürgerinnen und Bürger stärker einbeziehen.“ Zitatende.
Meine Damen und Herren, das will die AfD auch,
aber mit einem gravierenden Unterschied: Was die Koalition möchte, sind Bürgerbefragungen. Bürgerbefragungen sind unverbindliche Aktionen. Man befragt die Bürger und ist daran nicht gebunden. Wofür wir uns einsetzen, sind verbindliche Volksentscheide.
Wir haben einen konkreten Vorschlag. Immer wieder müssen wir uns ja die Vorhaltungen der SPD und CDU anhören, dass wir keine Konzepte haben.
Das ist jetzt mal ein klares Konzept.
Hier haben Sie ein klares Konzept, einen ganz klaren Gesetzentwurf vorliegen.
Den können Sie zumindest zur Beratung erst mal annehmen. Wir haben diesen konkreten Vorschlag ausgearbeitet, wie man die direkte Demokratie im Land stärken kann. Man muss eigentlich nicht sagen „stärken kann“, sondern „überhaupt erst zum Leben erwecken kann“.
Der Gesetzentwurf hat zum Ziel, die Hürden für Volksbegehren und -entscheide in unserem Land zu senken. Dass neben Parlamentsgesetzen auch Volksgesetze verabschiedet werden können, steht in unserer Landesverfassung festgeschrieben, aber derzeit müssen die Bürger ein langwieriges Verfahren durchlaufen und große Hürden überwinden, wenn sie ein Gesetz erlassen wollen.
Die erste große Hürde ist das Volksbegehren. Mindestens 100.000 Wahlberechtigte müssen es durch ihre Unterschrift unterstützen. Das sind etwa 7,5 Prozent der Wahlberechtigten, die ihren Willen aktiv kundtun müssen. Ist das Volksbegehren erfolgreich und wird es vom Landtag abgelehnt, führt das zum Volksentscheid.
Und nun kommt die zweite große Hürde zum Tragen, denn beim Volksentscheid reicht es nicht aus, wenn die Mehrheit der Abstimmenden zustimmt, nein, es muss mindestens ein Viertel aller Wahlberechtigten zustimmen.
Diese Hürden für Volksgesetze sind zu hoch.
Seit Inkrafttreten der Landesverfassung im Jahr 1994 war erst ein einziges Volksbegehren erfolgreich, nämlich im Jahr 2015, das gegen die Gerichtsstrukturreform. Der Landtag lehnte es bekanntlich ab und es kam zum Volksentscheid. Hier sprachen sich 83 Prozent der Abstimmenden für den Volksentscheid aus. Dennoch scheiterte der Volksentscheid, weil die Wahlbeteiligung weniger als ein Viertel betrug. Zum damaligen Zeitpunkt hätte sogar ein Drittel aller Wahlberechtigten zustimmen müssen.
Die Hürden für eine Volksgesetzgebung sind auch nach den Gesetzesänderungen in der vergangenen Wahlperiode zu hoch. Das war ja das Argument der Regierungsparteien, dass sie gesagt haben, wir haben gerade in der letzten Legislaturperiode eine gewisse Senkung der Hürden vorgenommen, und deshalb wolle man da nicht weiter ran.
Welchen Sinn hat es, das notwendige Quorum von einem Drittel auf ein Viertel zu senken? Das Quorum selbst beim Volksentscheid ist überflüssig.
Wir schlagen eine Absenkung der notwendigen Anzahl der Unterschriften für das Volksbegehren und die Abschaffung des Quorums bei Volksentscheiden vor. Für ein Volksbegehren sollen statt derzeit 100.000 nur noch 40.000 Unterstützerunterschriften notwendig sein. Diese Zahl entspricht etwa fünf Prozent der Wählerstimmen der Landtagswahl von 2016. Fünf Prozent der Wählerstimmen benötigt auch eine Partei, um in den Landtag einzuziehen, wo sie dann Gesetzentwürfe einbringen kann. Das Einbringungsquorum von 40.000 Unterschriften erfüllt den Zweck, dass der Landtag sich nur mit Begehren befasst, die einen guten Teil des Volkes mobilisieren. Insofern, glaube ich, besteht ja Einigkeit, dass man nicht von Minderheiten getrieben werden soll, sondern es muss natürlich eine gewisse Hürde bestehen, bevor es zu einem Volksgesetzgebungsverfahren kommen kann. Aber das Zustimmungsquorum beim Volksentscheid erfüllt gar keinen Zweck. Es ist lediglich eine Hürde, eine große dazu. Deshalb wollen wir sie komplett aufheben.
„Alle Staatsgewalt geht vom Volke aus“, heißt es in Artikel 20 Absatz 2 des Grundgesetzes, durch „Wahlen und Abstimmungen“. Die Verfassung des Landes Mecklenburg-Vorpommern sieht Instrumente direkter Demokratie und Bürgerbeteiligung vor, nämlich Volksinitiativen, Volksbegehren und Volksentscheide. Wenn es diese Elemente also laut Verfassung gibt, dann sollten diese auch praktisch vom Volke nutzbar sein. Ich habe es in der Ersten Lesung schon gesagt, die Volksgesetzgebung in Mecklenburg-Vorpommern, die wir nun schon seit über 20 Jahren formal in der Verfassung stehen haben, ist bis heute tot. Es gibt bis heute kein einziges Volksgesetz in Mecklenburg-Vorpommern.
Die Instrumente der direkten Demokratie dürfen auch nicht als Zugeständnis der parlamentarischen Repräsen
tanten an das Volk begriffen werden. Wir hier im Parlament haben die Macht, die Verfassung und das Volksabstimmungsgesetz des Landes dahin gehend anzupassen, dass das Volk von seinem Beteiligungsrecht an der Gesetzgebung auch realistischerweise erfolgreich Gebrauch machen kann. Wir haben es in der Hand, die aktive Beteiligung der Bürger an den demokratischen Prozessen über die Wahlen hinaus zu stärken.
Richtig ist, dass in der vergangenen Wahlperiode die Anzahl der Unterstützerunterschriften gesenkt wurde. Aber was vergessen wurde in der öffentlichen Diskussion, ist, dass in Wahrheit der Zugang zu einem Volksbegehren erschwert wurde, weil gleichzeitig eine Frist von fünf Monaten neu eingeführt wurde.
Und von daher, wenn ich denke, wie lange wir die Unterschriften für den Volksentscheid gegen die Gerichtsstrukturreform gesammelt haben – das war ungefähr ein Jahr –, wie lange das gedauert hat, mit fünf Monaten wird es noch schwieriger.
Herr Krüger, Ihr Einwand ist nicht ganz unrichtig. Es ist durchaus möglich, Fristen zu machen. Das gibt es in anderen Ländern auch. Aber wenn Sie zum Beispiel mal gucken, wenn Sie sich die bayerische Regelung ansehen, dort ist es so – das ist noch eine viel kürzere Frist, nebenbei bemerkt –, dort liegen die Unterschriftenlisten in den Ämtern aus. In allen Ämtern des Landes liegen Unterschriftenlisten aus. Also da muss nicht der Bürger, wie wir es damals gemacht haben, samstags losgehen in die Fußgängerzone und Unterschriften sammeln. Dort beteiligt sich der Staat aktiv und ermöglicht das Sammeln der Unterschriften.
Die Bürger wählen uns ja nicht, weil sie Entscheidungen über komplexe Themen lieber anderen überlassen. Die AfD geht von mündigen Wählern aus, die in der Lage sind, sich auch zu vermeintlich sehr komplexen Themen eine Meinung zu bilden. Für die Herabsenkung des Einbringungsquorums und die Abschaffung des Zustimmungsquorums zu stimmen, bedeutet, dem Volk in Angelegenheiten, die es selbst als besonders wichtig erachtet, die Möglichkeit zur unmittelbaren Mitwirkung an der Gesetzgebung einzuräumen.
Frau Justizministerin hat in ihrer Stellungnahme in der Ersten Lesung zum Gesetz verfassungsrechtliche Bedenken angemeldet. Sie berief sich auf ein Urteil des Staatsgerichtshofs Bremen aus dem Jahr 2000, das genau den Inhalt unseres Gesetzentwurfs treffen solle. Hierzu stellen sich mehrere Fragen. Die erste: Welche Bindungswirkung hat ein Urteil aus Bremen für Mecklenburg-Vorpommern? Es hat keine Bindungswirkung. Und das Urteil kritisiert auch nur die Kumulation von erheblicher Reduzierung der Unterschriften für das Volksbegehren und den Wegfall des Quorums beim Volksentscheid. Dazwischen gibt es viel Spielraum. Warum nutzen wir den nicht? Warum haben wir Mecklenburger und Vorpommern weniger Rechte als die Schweizer zum Beispiel? Dort gibt es ebenfalls kein Zustimmungsquorum für einen Volksentscheid.
Danke für den Hinweis, Herr Krüger, wie bestellt.
Aber auch in Deutschland gibt es Bundesländer, die das Quorum schon längst abgeschafft haben im Volksentscheid, und das ist kein komplett anderes politisches System.
Wir haben Bayern, Hessen und Sachsen, dort gibt es kein Quorum mehr beim Volksentscheid. Warum haben wir Mecklenburger und Vorpommern weniger Rechte als die Bayern, die Hessen und die Sachsen?
Wie gesagt, man muss aber das Gesamte sehen, man muss auch das Volksbegehren und den Volksentscheid immer gemeinsam beurteilen.
Das sind aber Detailsachen. Dafür sind die Ausschüsse zuständig, in denen das geklärt wird.
Soll es dann nur noch an der Anzahl der Unterstützerunterschriften für das Volksbegehren scheitern? Wenn Sie sagen, 40.000 ist Ihnen zu wenig, warum kann man dann nicht im Ausschuss beraten und sich da auf eine Zahl einigen?
Wieso stimmen SPD und CDU nicht einmal einer Verweisung in die Ausschüsse zu? Ist es nicht das Wesen der Demokratie, dass man Kompromisse finden muss? Und für Detailberatungen sind nun mal die Ausschüsse zuständig.
Tatsache ist nach wie vor, ich sagte es schon, dass die Volksgesetzgebung in Mecklenburg-Vorpommern tot ist. Die Buchstaben unserer Verfassung sind nicht mit Leben erfüllt. Von einer Abwärtsspirale bei den Voraussetzungen der Volksgesetzgebung zu sprechen, halte ich deshalb für fernliegend. Ich bitte daher nochmals die übrigen Landtagsfraktionen, wenigstens zunächst einer Überweisung in den Rechtsausschuss, die ich hiermit beantrage, zuzustimmen. – Vielen Dank.
Es ist offensichtlich ein Kommunikationsfehler. Nachdem wir die Erklärung haben, dass diese Regierungserklärung sowieso kommen sollte, haben wir den Antrag vorhin kurzfristig zurückgenommen.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD-Fraktion wird dem Antrag zustimmen. Die friedliche Revolution von 1989 ist ein einzigartiges historisches Ereignis, an dem auch ich damals als 17-Jähriger teilnehmen durfte. Große Teile der DDR-Bevölkerung setzten sich für Freiheit und Demokratie ein, stürzten gewaltfrei das SEDRegime und erreichten die Wiedervereinigung Deutschlands.
Auch auf dem Gebiet des heutigen Landes MecklenburgVorpommern gab es einen flächendeckenden Aufbruch, einen großen Einsatz für weitreichende gesellschaftliche Veränderungen. Ich erinnere mich an Demonstrationen in
meiner Heimatstadt Anklam, an denen ich teilgenommen hatte, und ich erinnere mich auch daran, wie unsere damalige Klassenleiterin in der Schule – eine überzeugte Kommunistin – unsere Klasse ansprach und davor warnte, zu demonstrieren.
Wir haben uns eingesetzt für Meinungsfreiheit, Reisefreiheit, Demokratie und freie Wahlen. Am 17. Oktober 1989 richteten Mitglieder des Neuen Forums in Güstrow einen Aufruf an die Landsleute in den südlichen DDR-Bezirken, die schon für ihre Montagsdemonstrationen bekannt waren. Ich zitiere: „Ihr sollt wissen, dass der Norden nicht schläft, sondern hellwach und ebenso engagiert teilnimmt am laufenden Geschehen.“ Zitatende. Heute ist diese Botschaft auch hierzulande wieder zu verbreiten, die Mecklenburger und Vorpommern trugen maßgeblich zur Wende bei. Das Vorhaben, eine Einrichtung zu schaffen, die die friedliche Revolution mit regionalem Bezug zu Mecklenburg-Vorpommern darstellt, unterstützt die AfDFraktion.
Die sogenannte Wende kam aber nicht aus heiterem Himmel über uns. Wir DDR-Bürger überwanden damit 40 Jahre Repressionen durch einen Unrechtsstaat.
Ich schließe mich da teilweise meinen Vorrednern an, dass auch dieser Fakt immer wieder betont werden muss, um nicht die Vergangenheit falsch darzustellen. Die DDR war ein Unrechtsstaat. Ich erinnere mich an meine eigene Familie, meine Eltern. Mein Vater, ein Tierarzt, hatte eine dicke Stasiakte. Sozusagen in jedem Stall, in dem er tätig war, war ein Stasispitzel auf ihn angesetzt.
Das Konzept für einen Gedächtnisort darf diesen Fakt nicht ausblenden, sondern muss die Ereignisse von 1989 in ihren historischen Kontext einbetten, das heißt, die Vorgeschichte nachzeichnen und ebenso die Prozesse der Demokratisierung in der Zeit nach dem Mauerfall behandeln. Dieser Ansatz wird besonders den Menschen, die die DDR kaum oder gar nicht erlebt haben, Zugang zu den Ereignissen von 1989 und 1990 ermöglichen. Studien zeigen immer wieder das erheblich lückenhafte Wissen der Schüler über die DDR-Diktatur. Der Forschungsverbund SED-Staat an der Freien Universität Berlin veröffentlichte 2012 eine Studie, die belegte, dass jeder dritte teilnehmende Schüler glaubte, die Regierung der DDR sei durch demokratische Wahlen legitimiert gewesen. Die Folge ist nicht selten die Verklärung der DDR-Vergangenheit, die sogenannte Ostalgie. Wichtig für ein besseres Geschichtsverständnis ist es, Zusammenhänge zu vermitteln.
Besonders effektiv können historische Vorgänge außerdem verinnerlicht werden, wenn ein regionaler oder lokaler Bezug hergestellt wird, wie die anberaumte Einrichtung es vorsieht. Was wir brauchen, ist also ein Dokumentations- und Informationszentrum, das landesweit wirkt. Nicht ein singulärer Ort sollte herausgehoben werden, sondern die gesellschaftliche Leistung einer gewaltfreien Revolution im ganzen Land muss im Mittelpunkt stehen.
Dieser Ansatz bietet einen positiven Anknüpfungspunkt in der Geschichte, der das Potenzial hat, das kollektive
Gedächtnis zu prägen. Auf diese Weise kann die Einrichtung sogar zu einem Gedächtnisort werden. Ein Gedächtnisort kann nämlich nicht von heute auf morgen geschaffen, quasi erbaut werden, er entsteht vielmehr über einen längeren Prozess der Identifikation der Menschen mit seinen Inhalten. Da der Ort an sich nicht die wichtigste Rolle spielen sollte, ist dennoch ein zentraler Standort anzustreben. Der Fokus ist aber auf die inhaltliche Arbeit zu richten. Ein Dokumentations- und Informationszentrum, wie wir es für erstrebenswert halten, forscht über die Eröffnung hinaus, arbeitet die Geschichte auf und macht sie der Öffentlichkeit zugänglich. Längerfristig kann beispielsweise mit Wanderausstellungen ein größeres Publikum erreicht werden.
Was die inhaltliche Gestaltung angeht, sieht der Antrag eine Zusammenarbeit von Landesregierung, Landeszentrale für politische Bildung und der Landesbeauftragten für Mecklenburg-Vorpommern für die Unterlagen des Staatssicherheitsdienstes der DDR vor. Die beiden letztgenannten Einrichtungen haben im Bereich der Aufarbeitung der DDR-Geschichte bereits einiges geleistet. Auf diese Arbeit kann zurückgegriffen werden. Bereits existierende Forschungsergebnisse zur friedlichen Revolution sollten nun einem breiten Publikum zugänglich gemacht werden. Einerseits sollen also vorhandene Erkenntnisse gebündelt werden, weshalb auf eine schnelle Erarbeitung der Ausstellungskonzeption gehofft werden kann, andererseits soll mit der Eröffnung nicht Schluss sein, sondern das Zentrum soll kontinuierlich weiterarbeiten.
Was den Zeitrahmen angeht, sollte der im Antrag genannte 31. Mai 2018, bis zu dem Standortvorschläge unterbreitet werden können, nur als letztmöglicher Zeitpunkt in Betracht kommen. Die Landesregierung sollte bemüht sein, einen Vorschlag zu einem erheblich früheren Zeitpunkt zu unterbreiten. Im darauffolgenden Jahr soll die Ausstellung bereits umgesetzt sein. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Ich war auch etwas überrascht wie mein Vorredner Herr Kokert, dass das hier doch etwas emotional geworden ist.
Ich wollte noch mal zu Frau von Allwörden kommen. Frau von Allwörden, ich kann mich meinem Fraktionskollegen Herrn Borschke nur anschließen: Ihr Statement war gänzlich deplatziert.
Also da würde ich auch mal bitten, Herr Fraktionsvorsitzender, hier diese persönlichen Angriffe zu unterlassen.
Wir haben in der AfD-Fraktion mehrere DDR-Bürger, die erwachsen waren zur Wendezeit und die Opfer der DDRDiktatur waren. Ich habe das schon angedeutet, meine eigene Familie war betroffen. Unsere ganze Familie wurde bespitzelt vom MfS. Meine Familie war in der Kirche, war aktiv in der Kirche und hatte dadurch erhebliche Nachteile. Das konnten Sie nicht wissen. Ich habe gerade mal nachgesehen, Sie waren elf Jahre alt 1989 und kommen aus dem Westen. Ich muss wirklich sagen – ich mache das eigentlich nicht, aber in Ihrem Fall sage ich, Sie haben es provoziert, es tut mir leid –, Ihre Äußerungen waren völlig deplatziert. Etwas mehr Demut und Zurückhaltung gegenüber uns DDR-Bürgern!
Schämen Sie sich für Ihren Wortbeitrag! Ich finde es völlig deplatziert, es ist unangemessen gewesen, solch ein Ton!
Vor allen Dingen haben wir doch Ihrem Antrag zugestimmt. Es ist doch weitgehender Konsens. Dass die LINKEN ein bisschen Probleme damit haben, war ja absehbar, das ist ja verständlich.
„Ein bisschen“ habe ich gesagt, „ein bisschen“ habe ich gesagt.
Sie haben einen Änderungsantrag gestellt.
Sie haben einen Änderungsantrag gestellt. Sie wollen zustimmen, habe ich verstanden, das nehme ich zurück,
aber Sie haben einen Änderungsantrag gestellt, den wir auch ablehnen werden, weil das natürlich wieder ein bisschen verwässern und ablenken soll.
Den Änderungsantrag werden wir auch ablehnen.
Ja, bleiben Sie …
Ich wollte doch nur …
Ich wollte nur sagen, es war doch weitgehender Konsens für den Antrag, und mir ging es nur darum, dass ich es unangemessen fand, dass sozusagen Opfer der DDR-Diktatur sich hier angreifen lassen müssen von einem Mitglied der CDU-Fraktion. Ich würde mir wünschen, dass das in Zukunft nicht mehr vorkommt. – Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Die AfD-Fraktion wird dem Antrag zustimmen.
Im Antrag soll festgestellt werden, dass die Gerichtsstrukturreform keine Verbesserung für die Bürger gebracht hat. Das ist richtig. Denn was ist für den rechtsuchenden Bürger wichtig? Das sind zwei Dinge:
Erstens. Er will eine richtige Entscheidung.
Zweitens. Er will eine schnelle Entscheidung.
Doch damit hat die Reform nichts zu tun, ganz im Gegenteil. Es gibt keinen Grund anzunehmen, dass sich durch
das reihenweise Schließen von Gerichten irgendetwas verbessern sollte. Die Entscheidungen der Gerichte erhöhen sich dadurch in der Qualität nicht, denn die gleiche Arbeit ist durch das gleiche Personal wie vor der Reform zu erledigen. Die Arbeit wird nun lediglich an einem anderen Ort verrichtet. Viele Mitarbeiter müssen dafür einen erheblich längeren Weg zur Arbeit fahren.
Und weil eben die Arbeitsbelastung jedes Mitarbeiters gleich bleibt, ist auch kein Grund ersichtlich, weshalb er nun seine Arbeit schneller erledigen können soll. Der Bürger hat also durch die Reform weder eine bessere noch eine schnellere Arbeit der Gerichte zu erwarten.
Soweit CDU und SPD wie auch gerade mein Vorredner immer wieder auf ein, Zitat, „Zukunftsfähigkeit“, Zitatende, der Justiz hinweist, ist das mit Verlaub hohles Politikergerede.
Kollege Friedriszik, Sie haben gerade Belege gefordert von der Fraktion DIE LINKE. Sie haben Belege gefordert und da möchte ich Sie mal dran erinnern und fragen: Welche Belege hatten Sie denn für die Reform?
Sie hatten gar keine Belege. Ich komme darauf gleich noch mal zurück.