Ingolf Viereck

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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Wenn es noch eines weiteren Arguments für die Notwendigkeit eines Sportberichtes der Niedersächsischen Landesregierung bedurft hätte, dann hätten es die dramatischen Enthüllungen der vergangenen zwei Wochen eindrucksvoll geliefert. Die Dopinggeständnisse von Bert Dietz, Christian Henn, Udo Bölts, Rolf Aldag, Erik Zabel und Bjarne Riis sowie die Suspendierungen von Ärzten und Betreuern haben nicht nur den Radsport in eine schwere Glaubwürdigkeitskrise gestürzt. Der organisierte Sport insgesamt nimmt Schaden von den kriminellen Machenschaften weniger.
Kein anderer gesellschaftlicher Bereich bindet und verbindet in Niedersachsen so viele Menschen wie der Sport. Unter dem Dach des Landessportbundes gibt es rund 9 600 Vereine mit aktuell 2,86 Millionen Mitgliedern. Das sind nach der neuesten Statistik ungefähr 35 % der Bevölkerung. Wir sind stolz und dankbar für diesen starken Partner mit seinen 48 Sportbünden und 58 Landesfachverbänden.
Aber jetzt braucht der Sport unsere ganz besondere Unterstützung im Kampf für einen sauberen Sport. Politik und Sport gemeinsam müssen diesen Kampf mit der klaren Unterstützung dieses Hauses führen.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, es geht um das wichtigste Thema, das den Sport derzeit beschäftigt, nämlich um die Frage des Dopings. Für den deutschen Radsport und seine Fans war es ein Schock, als wenige Tage vor Beginn der letztjährigen Tour de France nicht nur der deutsche Tourfavorit Jan Ullrich, sondern auch weitere Mitfavoriten vom Start ausgeschlossen wurden. Die spanischen Behörden hatten aufgedeckt, dass zahlreiche Fahrer Kontakt zu einem Arzt mit einschlägiger Blutdopingerfahrung hatten. Doch damit nicht genug: Die Überführung des amerikanischen Toursiegers Floyd Landis als Dopingsünder stürzte den Radsport noch tiefer in die Krise, nicht zuletzt weil auch die übertragenden Medien und die Sponsoren zu Recht ins Grübeln gerieten, was sie da unterstützten.
Bereits im März 2004 hatte der Deutsche Sportbund eine Expertenkommission als „Rechtskommission des Sports gegen Doping“ eingesetzt, die in ihrem Abschlussbericht vom Juni 2005 noch als Minderheitenmeinung eine schärfere staatliche Gesetzgebung als letztes Mittel der Dopingbekämpfung einforderte. Der DSB hat sich diese Vorschläge weitgehend zu eigen gemacht und sie als Handlungsempfehlungen an die Politik weitergegeben. Es besteht prinzipiell ein Konsens, dass Sport und Staat gemeinsam Doping bekämpfen müssen.
Aufgrund der jüngsten Vorkommnisse ist Bewegung in eine festgefahrene Diskussion gekommen. So unappetitlich der eigentliche Anlass auch ist: Die Enthüllungen über das kriminelle Dopingnetzwerk haben den langjährigen Forderungen der SPD nach einem Antidopinggesetz neue Argumente geliefert. Der Sport allein war und ist mit der Bekämpfung des Dopings überfordert. Wenn Sport und Staat sich nicht als Konkurrenten, sondern als Partner im Kampf gegen Doping sehen, sollte es möglich sein, zu einer einvernehmlichen gesetzgeberischen Lösung zu kommen.
Zum Schutz des Sports, vor allem aber im Interesse der „sauberen“ Sportlerinnen und Sportler müssen wir uns der Verpflichtung stellen, das krimi
nelle Netzwerk aus Dealern und betrugswilligen Sportlern wirkungsvoller als bisher einzudämmen.
Mit dem „Niedersächsischen Anti-Doping-Aktionsplan für einen sauberen Sport“ hat die SPD-Landtagsfraktion am 11. Oktober 2006 einen eigenständigen Beitrag zu dieser für den Sport wichtigen Thematik geleistet. Wir wollen Niedersachsen wieder zu einem der führenden Länder im Kampf gegen unlautere Praktiken im Leistungs- und Breitensport machen.
Wir hatten in unserer Initiative die Schaffung eines Straftatbestandes „Sportbetrug“ sowie die Strafbarkeit des Besitzes und der Besitzverschaffung von Dopingmitteln gefordert. Dies war leider während der Beratungen nicht konsensfähig und ist daher nicht im einstimmigen Landtagsbeschluss „Gegen Doping und für einen sauberen, gesunden Sport“ vom 8. März dieses Jahres enthalten.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, auf Bundesebene sind wir da mittlerweile weiter. Es wäre gut gewesen, wenn wir - insbesondere die rechte Seite des Hauses - an diesem Punkt mehr Mut gehabt hätten. Dopende Sportler sind keine Opfer, sondern beteiligen sich aktiv an Manipulationen. Sie betrügen damit sich, ihre „sauberen“ sportlichen Gegner, Sponsoren, Fans und Medien. Doping verschafft unzulässige Wettbewerbsvorteile, die sich häufig auch noch finanziell positiv auswirken. Deshalb sind schwere Dopingvergehen auch strafrechtlich zu verfolgen. Sport- und strafrechtliche Verfolgung von Dopingvergehen sind kein Gegensatz. Sie müssen sich ergänzen.
Dies alles sind notwendige Bestandteile eines Sportberichts, den die Landesregierung einmal pro Legislaturperiode dem Landtag vorlegen soll und der dann intensiv in diesem Hause diskutiert werden kann, und zwar, wie unser Antrag aussagt, beginnend im Oktober dieses Jahres.
Wir müssen eindeutige und unmissverständliche Zeichen setzen. Gemeinsam mit dem Sport und allen sportlichen Akteuren müssen wir dem Doping den Kampf ansagen. Damit liegen wir voll auf der Linie der Nulltoleranzposition des organisierten Sports gegenüber Doping, wie sie der LSBPräsident Professor Dr. Umbach vertritt. An dieser Stelle möchte ich einen Leserbrief von Lars Figura, siebenfacher Deutscher Meister der Leichtathletik, vom 3. Juni dieses Jahres zitieren:
„In der sportlichen Öffentlichkeit darf es für Dopingsünder keinen Platz mehr geben. Denn wenn der Dopinghandel sich im Ergebnis - und sei es nur finanziell - lohnt, dann läuft etwas ganz wesentlich falsch. Der saubere Sportler fährt, läuft oder schwimmt hinterher, wird oftmals gar verspottet.“
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren, uns geht es mit dem Niedersächsischen Sportbericht nicht um bedrucktes Papier mit Statistiken, sondern um politische Aussagen der Landesregierung zu einem der zentralen landespolitischen Politikfelder. Auch dabei ist der Landessportbund unser Partner. Er hat umfangreiche Dokumentationen erarbeitet.
Das entbindet aber die Landesregierung nicht von ihrer Pflicht, eigenständige Positionen zu entwickeln und Perspektiven sowie Entwicklungspotenziale aufzuzeigen.
Sport und Bewegung mobilisieren im doppelten Sinne des Wortes in unserem Land die Massen. „Fit statt fett“ ist hier schon lange Programm. Die Anhörung des Direktors des Landessportbundes, Herrn Rawe, hat gezeigt, dass der Sport an ressortübergreifenden Antworten interessiert ist.
Reinhard Rawe sagte während der Anhörung am 18. April 2007 - ich zitiere aus der Niederschrift -:
„Ein Sportbericht werde ganz sicherlich keinen zusätzlichen Gewinn bringen, wenn er nicht mit Handeln verbunden sei, wenn also nicht gleichzeitig erklärt werde, dass mehr für den Sport, die Entwicklung des Sports und für die Sportpolitik getan werden solle.“
Genau dieser Herausforderung wollen wir uns stellen. Sie haben in der Vergangenheit ja massiv beim Sport gekürzt. Wir hingegen werden hier einen Schwerpunkt setzen. Dies sagt unsere Initiative: Bewegung fängt im Kindergarten an und geht über die Kooperationen zwischen Schule und Sportverein - -
- noch ein Satz! -, die originäre Sportförderung und den Sportstättenbau bis hin zu den sportwissenschaftlichen Instituten und der Sportlehrerausbildung.
Seit 1971 gibt es Sportberichte auf Bundesebene. Auch andere Landtage kennen Sportberichte.
Frau Präsidentin, der letzte Satz:
Die Mehrheit dieses Hauses mag heute unseren Antrag ablehnen. Verhindern werden Sie - -
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Niedersachsen ist ein Land des Sports, vor allem des Breiten-, aber auch des Spitzen- und des Leistungssports. Auch wenn der Blick auf die aktuelle Bundesligatabelle etwas traurig stimmt, sind positive Ansätze erkennbar. Insbesondere in Richtung meiner Freundinnen und Freunde aus Hannover sage ich: Es ist wie im richtigen Leben - am Ende gewinnen die Roten.
Kein anderer gesellschaftlicher Bereich bindet und verbindet so viele Menschen wie der Sport. Nirgends sind so viele Menschen ehrenamtlich tätig wie in den Sportvereinen. Immer wenn es um Integrationsbemühungen geht, ist der organisierte Sport gefordert und stellt er sich dieser Herausforderung. Damit das auch so bleibt, meine Damen und Herren, brauchen wir aber leistungsfähige und zukunftsfeste Sportstätten.
Im Rahmen der Sportstättenstatistik der Länder zum Stand 1. Juli 2000 wurden für Niedersachsen rund 16 % der Großspielfelder, 21 % der Sporthallen und 15 % der Bäder als sanierungsbedürftig beurteilt. Der Deutsche Olympische Sportbund sieht im weiter steigenden Sanierungsbedarf das größte Problem der Sportstättenentwicklung.
Nach aktuellen Erkenntnissen sind mindestens 40 % der Sportanlagen in den alten Bundesländern sanierungsbedürftig. Die ehemalige SPDLandesregierung hat auf diese Entwicklung reagiert und unter Sportminister Heiner Bartling für die Jahre 2001 bis 2004 das 100-Millionen-DM-Programm zur Sanierung und Förderung von Sportstätten aufgelegt. Meine Damen und Herren, dieses Programm ist eine Erfolgsstory für den Sport in unserem Land.
Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag knüpft die SPD-Landtagsfraktion an diese Erfolge an und fordert ein 100-Millionen-Euro-Sportstättensanierungsprogramm für die Jahre 2007 bis 2016. Das Gute an diesem Programm ist, dass Sie, meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, es nur noch einmal haushaltsmäßig absichern müssen; denn nach dem 27. Januar 2008 wollen wir wieder ein verlässlicher Partner für den Sport in unserem Land sein.
- Sie sehen den Optimismus auf der linken Seite des Hauses; er ist ungebrochen. - Ich erinnere an dieser Stelle an die Worte des heutigen Ministerpräsidenten beim 33. Landessporttag am 30. November 2002 in Braunschweig. Zitat:
„Die gesetzlich verankerten Zuwächse in der Sportförderung muss es geben. Die Gesellschaft kann, etwa in den Bereichen Gesundheit und Soziales, durch den Sport sparen. Sie sollte jedoch nicht am Sport sparen.“
Die Realität sah und sieht jedoch anders aus. Die Bilanz der Regierung Wulff fällt gegenüber ihren vollmundigen Versprechen deutlich ab. Zusammen genommen wurde die Sportförderung im Landeshaushalt, also die Ausweisung an den Landessportbund plus die allgemeine Förderung des außerschulischen Sports, durch die amtierende Lan
desregierung im Vergleich der Jahre 2003 und 2006 von 39,7 auf 24,16 Millionen Euro gekürzt. Das sind die Fakten.
Meine Damen und Herren von der Regierungskoalition, Sie haben hier ein Glaubwürdigkeitsproblem. Dass eine solche Rotstiftpolitik in einem derart gesellschaftlich relevanten Bereich nicht ohne Folgen geblieben ist, liegt auf der Hand. Noch nie war der Sanierungsbedarf so hoch wie heute. Bundesweit besteht nach Berechnungen des Deutschen Olympischen Sportbundes ein Sportstättensanierungsbedarf in Höhe von gigantischen 42 Milliarden Euro. Es ist nach diesen Erkenntnissen davon auszugehen, dass allein in Niedersachsen über 4 Milliarden Euro investiert werden müssten, um die vorhandenen Sportstätten zu sanieren und fit für die Zukunft zu machen.
Apropos Zukunft: Noch aus einem anderen Grund besteht Handlungsbedarf in Sachen Sportstätten. Die demografische Entwicklung bringt es mit sich, dass wir in den Städten und Gemeinden, auf dem Land wie in den Zentren, eine zunehmende Zahl älterer Menschen haben. Mit der veränderten Altersstruktur hat sich auch der Sportstättenbedarf verändert.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, wir wollen an das erfolgreiche Sportstättensanierungsprogramm der SPD-geführten Landesregierung anknüpfen. Ich hoffe, dass es uns gemeinsam gelingt, einen wichtigen Beitrag zur Sanierung und Modernisierung von Sportstätten in Niedersachsen zu leisten.
Neben der sportpolitischen Notwendigkeit gibt es weitere positive Begleiteffekte. Die SPD-Landtagsfraktion ist dem Landessportbund Niedersachsen dankbar für eine Studie des Niedersächsischen Instituts für Wirtschaft. Darin wird eindrucksvoll belegt, welche regionalökonomischen und fiskalischen Effekte sich aus einem Sportstättenförderprogramm ergeben würden, das über einen Zeitraum von zehn Jahren angelegt und insgesamt mit 100 Millionen Euro dotiert ist.
Ein solches Programm hätte einen Haupteffekt: die dringend gebotene Sanierung von Sportanlagen. Es hätte auch zahlreiche Nebeneffekte:
Erstens. Es wäre bei einem Einsatz von 100 Millionen Euro auf zehn Jahre insgesamt mit einem Steuerrückfluss in Höhe von 35 Millionen Euro zu rechnen.
Zweitens. Es ist zu erwarten, dass rund 95 % der vergebenen Aufträge von Auftragnehmern innerhalb Niedersachsens und in aller Regel sogar von Auftragnehmern innerhalb der eigenen Region erledigt würden.
Ausgaben für den Sportstättenbau stoßen demnach in besonderem Maße regionale Kreisläufe an und begünstigen die lokalen kleinen und mittleren Unternehmen. Das sind die Unternehmen, die vor Ort Gewerbesteuer zahlen und Arbeits- und Ausbildungsplätze bieten.
Aber es geht neben diesen wirtschaftlichen Überlegungen natürlich auch um eine soziale Dimension. Wir reden von Arbeitsplätzen, wir reden aber auch von sozialer Gerechtigkeit. Wir wollen keine Kommerzialisierung des Sports. Wir wollen nicht, dass der Sport zwischen privaten Anbietern und Sportvereinen aufgespaltet wird. Wir wollen den Sportverein, der auch in Zukunft für Jung und Alt da ist, mit leistungsfähigen Sportstätten und als klare Alternative zu privaten Anbietern.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, in der Vergangenheit wurde in diesem Haus vieles im Sport auf breiter politischer Basis verabschiedet. Ich erinnere an die Aufnahme des Sports als Staatsziel in die Niedersächsische Verfassung sowie an das Gesetz über das Lotterie- und Wettwesen. Vielleicht gelingt es uns auch in der Frage der notwendigen Sanierung und Modernisierung der Sportstätten, diese Gemeinsamkeit zu finden.
Meine Damen und Herren, gehen Sie davon aus, dass wir im Rahmen der Haushaltsplanberatungen einen überzeugenden Deckungsvorschlag unterbreiten werden. Sie hätten von uns auch nichts anderes erwartet.
Von daher freue ich mich auf eine konstruktive Ausschussberatung und ein hoffentlich einstimmiges Votum für ein 100-Millionen-Euro-Sportstättensanierungsprogramm in Niedersachsen. - Herzlichen Dank.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Mehrheit der Fraktionen der CDU und der FDP hat eine Chance vertan, eine Chance für ein eindrucksvolles Votum für bürgerschaftliches ehrenamtliches Engagement.
Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag „Keine Steuervereinfachung zulasten von Ehrenamt und Vereinen - Die Übungsleiterpauschale erhalten!“ geht es eben nicht um vordergründig parteipolitisches Kapital, sondern um die ausdrückliche Anerkennung millionenfach geleisteten unverzichtbaren Einsatzes zum Wohle unserer Gemeinschaft.
Meine Damen und Herren, um wie viel ärmer wäre unser Land, wenn es dieses vorbildhafte Eintreten im Sport, in der Kultur, bei der Feuerwehr, im Jugend- und Sozialbereich nicht gäbe? - Wir würdigen dieses Wirken unserer Mitmenschen ausdrücklich und sind stolz darauf, dass es diese solidarische Gemeinschaft in unserem Land gibt, dass der Ellenbogen eben nicht das wichtigste Körperteil ist, sondern dass sich mit Herz und unglaublich viel persönlicher Zuneigung um seine Mitmenschen gekümmert wird.
Meine Damen und Herren, in den vergangenen Jahren konnte viel erreicht werden. Ich betone, bei der Förderung des Ehrenamtes gab es im Landtag meistens Einigkeit und gemeinsame Positionen und Beschlüsse. Das ist auch gut so.
Was uns aber jetzt durch das Steuerkonzept von Friedrich Merz und der Union ins Haus kommt, das, meine Damen und Herren, zerstört diese Gemeinsamkeit.
Wer von uns ist gegen eine Vereinfachung des Steuerrechts? - Unter der rot-grünen Bundesregierung hat es die bisher größte Absenkung von Eingangs- und Spitzensteuersatz gegeben.
Aber neben Subventionsabbau brauchen wir auch die Möglichkeit der materiellen Anerkennung von bürgerschaftlichem Engagement. Es ist eine Aner
kennung, mehr als ein Symbol, aber Reichtümer gibt es mit der steuerfreien Übungsleiterpauschale nicht zu verdienen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren von der Union, Sie vollziehen derzeit einen Spagat, weil Sie öffentlich erklären, das Ehrenamt müsse auch zukünftig steuerliche Vergünstigungen erhalten, aber das Merz-Konzept etwas anderes sagt, nämlich die Abschaffung aller steuerlichen Vergünstigungen fordert.
Dies ist nun der Widerspruch zwischen der Einsicht in das praktische Tun und der reinen Lehre in Parteitagsbeschlüssen. Herr Dr. Stumpf, ich glaube Ihnen und auch Ihren Kolleginnen und Kollegen in der Fraktion. Sie alle sind mit Sicherheit von der Notwendigkeit des Erhalts der Übungsleiterpauschale überzeugt. Aus Parteidisziplin können und wollen Sie sich aber nicht in Gegensatz zu Merz und der Bundespartei bringen. Das ist bedauerlich, denn jetzt könnte und müsste ein klares Signal von Niedersachsen ausgehen.
Meine Damen und Herren, Sie verweisen darauf, dass noch nicht klar sei, ob die Streichung der steuerfreien Übungsleiterpauschale überhaupt Anwendung finden wird. Lassen Sie uns gemeinsam dafür kämpfen, dass wir diese Klarheit schaffen! Lassen Sie uns gemeinsam sagen: Finger weg von der Übungsleiterpauschale!
Meine Damen und Herren, die Behauptung, durch ein einfaches Steuersystem einschließlich Abschaffung der steuerfreien Übungsleiterpauschale hätten alle mehr Geld, wie es ja in der ersten Beratung suggeriert wurde, glaubt Ihnen wirklich niemand. Jedenfalls sprechen sich alle Verbände, die uns geschrieben haben, für den Erhalt aus.
Wir brauchen auch diesen Anerkennungsbeitrag des Staates für ehrenamtliches Wirken. Es darf keine steuerliche Gleichbehandlung geben, egal, ob man sich in seiner Freizeit uneigennützig für die Gemeinschaft engagiert oder nicht.
Ich zitiere aus dem Schreiben des Vorsitzenden eines großen Stadtsportbundes:
„Ich bin bestürzt über die Nachricht, dass im Merz-Konzept der CDU die steuerfreie Übungsleiterbezuschussung aufgehoben werden soll. Das bedeutet einen weiteren Abbau sozi
aler Akzeptanz und Kompetenz in unserer Gesellschaft an dem Heer der Ehrenamtlichen. In Zeiten, in denen Begeisterung und Vertrauen als Motoren unserer Gesellschaft gebraucht werden, werden Millionen von Mitmenschen, die sich in ehrenamtliche Betätigung einbringen, wieder enttäuscht.“
Er schließt mit den Worten:
„Politikverdrossenheit, egoistisches Verhalten der Bürger, Leistungsverweigerung werden die Folgen einer solchen Maßnahme sein und die Besetzung der Ehrenämter weiter erheblich erschweren.“
Der Vorsitzende eines Kreissportbundes schreibt uns in einer Stellungnahme:
„Als Vorsitzender des Kreissportbundes begrüße ich die Initiative der SPD-Landtagsfraktion und deren Entschließungsantrag. Ich kann mir jedoch nicht vorstellen, dass das MerzKonzept mit der Streichung der steuerfreien Übungsleiterpauschale selbst bei seinen Parteifreunden wohlwollende Zustimmung findet.“
„Herr Merz wird diesbezüglich schneller zurückrudern müssen als der Deutschland-Achter nach vorne, meine Damen und Herren.“
Meine sehr verehrten Damen und Herren, unseren Entschließungsantrag werden Sie mit Ihrer Mehrheit ablehnen können,
aber das Thema bleibt auf der Tagesordnung. Wir werden Sie bei jeder Gelegenheit fragen, was mit der Streichung aller Subventionen gemeint ist. Vielleicht ist es dann plötzlich ja mal wieder nicht so gemeint, und dafür ist etwas anderes gemeint. Sie können uns das ja sagen.
Die ehrenamtlich tätigen Menschen in unserem Land haben ein Recht auf klare Aussagen der Union zum Erhalt der steuerfreien Übungsleiterpauschale. Die Bereitschaft zu bürgerschaftlichem Engagement muss gestärkt und darf auf keinen Fall geschwächt werden.
Vielleicht macht Sie ja das Schreiben des Landesfeuerwehrverbandes Niedersachsen nachdenklich. Dort heißt es:
„... sprechen wir uns nach einer kurzfristig vorgenommenen Beratung im Präsidium des Landesfeuerwehrverbandes Niedersachsen als Interessen- und Standesvertretung der Feuerwehren und deren Mitglieder in Niedersachsen gegen derartige mögliche Verschlechterungen mit aller Entschiedenheit aus. Wir würden es sehr begrüßen, wenn es zu einem gemeinsamen Entschließungsantrag aller Landtagsfraktionen kommt.“
Meine Damen und Herren, es wäre gut, wenn wir im Sinne des Ehrenamtes die Kraft zu einer gemeinsamen Beschlussempfehlung finden würden. Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Was ist der soziale Kitt in unserem Land und in unserer Gesellschaft, der die Menschen zusammenhält? Was setzt so unglaublich viel an Kreativität, Einsatzbereitschaft, menschlicher Wärme und Zuwendung frei? - Es ist der ehrenamtliche Einsatz, das freiwillige Engagement von Millionen von Menschen in unserem Land. Dieser beispielhafte Einsatz steht für das soziale Niedersachsen - im Sport, in den sozialen Organisationen, im kirchlichen und kulturellen Bereich, innerhalb und außerhalb von Vereinsstrukturen, in Projekten und Initiativen sowie in der häuslichen Pflege.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf dieses freiwillige und ehrenamtliche Engagement können wir zu Recht stolz sein. Es bildet das feste Fundament für den Zusammenhalt in der Nachbarschaft, im Stadtteil, in der Stadt, im Landkreis sowie in unserem Land. Ich sage für die SPD-Landtagsfraktion ganz deutlich: Angesichts der Finanzsituation auf allen staatlichen Ebenen - in der Kommune, im Land und im Bund - ist die Erledigung dieser Arbeit durch Professionelle nicht denkbar, geschweige denn finanzierbar. Es wäre auch gar nicht wünschenswert, weil auch viel an persönlichem Herzblut, an Freundschaften, aber auch an Einsatz für die Gemeinschaft verloren gehen würde. Hier wird eine unverzichtbare, wertvolle Arbeit für uns alle geleistet. Hier werden gewaltige Integrationsleistungen erbracht - für junge Menschen, für ausländische Mitbürgerinnen und Mitbürger und für sozial Benachteiligte. Kinder und
Jugendliche, die sich im Bereich der Jugendarbeit und von Sportvereinen am gesellschaftlichen Leben beteiligen, sind weniger anfällig für Fehlentwicklungen. Es ist eben so: Der Sportverein macht immun gegen negative Begleiterscheinungen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Fundament dieses sozialen Niedersachsen ist jedoch in Gefahr. Die geplante Streichung der steuerfreien Übungsleiterpauschale im so genannten Steuerkonzept von Friedrich Merz ist ein Schlag ins Gesicht von zehntausenden Übungsleiterinnen und Übungsleitern im Land.
Wir brauchen in Niedersachsen eigenverantwortliche Bürgerinnen und Bürger. Daher ist es nur recht und billig, dass für bestimmte freiwillige Tätigkeiten steuerfreie Aufwandsentschädigungen ausbezahlt werden können. Steuerlich begünstigt ist derzeit die nebenberufliche Tätigkeit als Übungsleiter, Ausbilder, Erzieher, Betreuer, Jugendleiter, Ferienhelfer und die Pflege alter, kranker oder behinderter Menschen. Die Übungsleiterpauschale, meine Damen und Herren, ist eine sozialdemokratische Erfolgsstory. Von Willy Brandt in den 70erJahren mit 100 DM eingeführt, unter Helmut Schmidt auf 200 DM erhöht, wurde sie unter Gerhard Schröder nach 20 Jahren des Stillstands auf 300 DM monatlich angehoben und in einen Steuerfreibetrag umgewandelt. Das heute gültige Gesetz wurde im Bundestag gegen die Stimmen von CDU/CSU und FDP beschlossen und legt einen Betrag von 1 848 Euro fest.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich habe viele Kolleginnen und Kollegen dieses hohen Hauses erlebt, die diese Regelung bei Veranstaltungen gelobt und eine Aufstockung gefordert haben - so auch der heutige Ministerpräsident und stellvertretende Bundesvorsitzende der CDU. Er wird das sicherlich nachlesen. In einem Interview mit dem Niedersächsischen Fußballverband hat Herr Wulff eine Erhöhung der Übungsleiterpauschale auf 2 400 Euro gefordert. Auch im Landeswahlprogramm der CDU werden rosige Zeiten für ehrenamtliches Engagement und die gesellschaftliche Arbeit von Vereinen in Aussicht gestellt. Dass sich davon in der Koalitionsvereinbarung nichts wiederfindet, liegt wohl nur daran, dass es angesichts von klaren Wahlversprechen keines weiteren Wortes mehr bedurfte.
Doch leider, meine Damen und Herren, sieht die Realität anders aus. Im Bundesparteitagsbeschluss der CDU wird die Beseitigung sämtlicher Steuervergünstigungen - also auch der Übungsleiterpauschale - gefordert. Dieser unter Mitwirkung von Herrn Wulff gefasste Beschluss steht in einem eklatanten Widerspruch zur Förderung des Ehrenamtes und des Sports. Die Damen und Herren von CDU und FDP haben bereits mit dem von ihnen zu verantwortenden Landeshaushalt den Verdienstausfall bei der Inanspruchnahme von Arbeitsbefreiung zu Zwecken der Jugendförderung gestrichen und damit ehrenamtlichem Engagement in der Kinder- und Jugendarbeit Schaden zugefügt.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie befinden sich mit diesem Handeln in einer gewissen Kontinuität. Auf dem 33. Landessporttag am 30. November 2002 in Braunschweig hatte der damalige Oppositionsführer versprochen, die von der SPD gesetzlich verankerte Aufstockung der Mittel für die Sportförderung unangetastet zu lassen.
Die Gesellschaft könne durch den Sport sparen, sie solle aber nicht am Sport sparen - so seine damalige Aussage.
Diese hat er in Kenntnis der realen Haushaltssituation des Landes gemacht - oder er hat Herrn Möllring damals nicht zugehört. In einer schriftlichen Stellungnahme an den Landessportbund liest es sich wie folgt:
„Eine CDU-geführte Landesregierung steht deshalb nachdrücklich zur Planungssicherheit in der Sportförderung und damit zu den Verpflichtungen des Lotterie- und Wettwesengesetzes.“
Anstatt die versprochenen Zuwächse zu gewährleisten, hat die schwarz-gelbe Landesregierung die Sportförderung drastisch zusammengestrichen.
Das ist aus Ihren vollmundigen Versprechungen geworden.
Meine Damen und Herren, dass auch der Sport angesichts der Haushaltslage seinen Beitrag trägt, wenn auch mit Schmerzen, zeigt doch nur, dass
Solidarität schon immer ein Prinzip im Sport war und auch in Zukunft bleiben wird.
Aber Ihnen, meine sehr verehrten Damen und Herren von CDU und FDP, können und werden wir unsere Kritik an dem eklatanten Widerspruch zwischen Ihren Wahlversprechen und Ihrer realen Politik nicht ersparen. Was wir jetzt brauchen, meine Damen und Herren, ist nach der Solidarität der Sportverbände im Land die Solidarität mit den Sportvereinen und den ehrenamtlich Tätigen in Niedersachsen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit dem vorliegenden Entschließungsantrag „Keine Steuervereinfachung zulasten von Ehrenamt und Vereinen - Die Übungsleiterpauschale erhalten!“ soll der Niedersächsische Landtag ein Zeichen setzen - ein Zeichen und Bekenntnis für zehntausendfaches freiwilliges soziales Engagement, für Zusammenhalt und Solidarität in unserem Land. Dieses klare Signal aus Niedersachsen lautet: Hände weg von der Übungsleiterpauschale!
Wir verbinden das mit dem Dank und der hohen Anerkennung für ehrenamtlich Tätige.
Meine Damen und Herren, bewährte Strukturen müssen erhalten und ausgebaut werden. Wir brauchen mehr freiwilliges Engagement, mehr ehrenamtlichen Einsatz. Das, meine Damen und Herren, ist der Rückhalt in unserem sozialen Niedersachsen. Es ist zwar richtig, dass dann, wenn jeder an sich denkt, an alle gedacht ist. Aber dieser liberale Grundsatz grenzt die schwachen und hilfsbedürftigen Menschen aus und steht eben nicht für unser Modell von Solidarität und Zusammenhalt in unserer Gesellschaft.
Wir erwarten von der Niedersächsischen Landesregierung und vom stellvertretenden CDU-Bundesvorsitzenden und Ministerpräsidenten Christian Wulff ein klares Bekenntnis zum ehrenamtlichen Engagement und zum Erhalt der Übungsleiterpauschale. Aus diesem Grunde hoffe ich auf eine einstimmige Beschlussempfehlung im Sinne der Betroffenen in unserem Land. - Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der innenpolitische Sprecher der CDU-Fraktion hat laut Braunschweiger Zeitung vom 12. Januar zu den Bemühungen, über 6 000 Stellen in der Landesverwaltung entbehrlich zu machen, wörtlich Folgendes geäußert: „Wir können die Beamten nicht entlassen. Wir müssen sie umsetzen. Bei manchen ist eher Umbettung nötig.“ - Teilt die Landesregierung meine Meinung, dass diese Äußerungen geradezu beleidigenden Charakter haben und der Arbeit der Landesbeamten in gar keiner Weise gerecht werden?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Wir haben die einmalige Chance, heute im Landtag ein breites Votum zur Realisierung der so genannten H-Lösung zu erreichen. Dabei geht es um die Umsetzung der Vereinbarung vom Juni letzten Jahres zwischen dem Bundesverkehrsminister und den beteiligten Ländern Sachsen, Sachsen-Anhalt, Mecklenburg-Vorpommern und Niedersachsen zur Fortführung der A 14 von Magdeburg nach Schwerin, der A 39 von Wolfsburg nach Lüneburg und zum Ausbau einer vierspurigen Bundesstraße in der Höhe von Stendal. Dieses Konzept muss bei der Fortschreibung des Bundesverkehrswegeplans komplett in den vordringlichen Bedarf aufgenommen werden. Das ist das Ziel des Antrages der SPD-Landtagsfraktion.
Im Ausschuss für Wirtschaft, Arbeit und Verkehr am 24. April, also vor knapp drei Wochen, hatte die CDU-Fraktion keine eigene Position. Jetzt wird in letzter Minute ein Änderungsantrag präsentiert.
- Das ist ja das Gute: Man muss nicht überall dabei sein. Man kann auch die Protokolle nachlesen, Herr Eppers, und auch sehen, wie Ihre Änderungsanträge datiert sind.
Erneut wird in Ihrem Änderungsantrag die X-Lösung ins Gespräch gebracht. Es war und es
bleibt ein Fehler, mit der Diskussion über die X-Lösung von niedersächsischer Seite erneut den gefundenen Kompromiss infrage zu stellen. Das schadet den niedersächsischen Interessen und ist ohne jegliches Gespür für das Machbare. Der Bund und die anderen Länder haben sich nach langen, intensiven Gesprächen auf eine Lösung geeinigt. Nachdem der Herr Ministerpräsident die X-Variante erneut in die Debatte eingeführt hat, gab es entsprechende Äußerungen von Repräsentanten aus Sachsen-Anhalt.
Jetzt gilt es, geschlossen und entschlossen die Position unseres Landes gegenüber dem Bund zu vertreten. Dies sehen im Übrigen auch die Industrie- und Handelskammern von Braunschweig und Lüneburg-Wolfsburg genau so wie die betroffenen Gebietskörperschaften wie z. B. der Rat der Stadt Wolfsburg. Es gibt einstimmige bzw. einmütige Beschlüsse und Resolutionen zur Umsetzung der H-Variante.
Es geht um die verkehrliche Erschließung des größten autobahnfreien Raums in Deutschland. Es geht um die Anbindung des Industriedreiecks Braunschweig-Salzgitter-Wolfsburg in Richtung Nord- und Ostsee. Dieses Verkehrsprojekt ist von zentraler Bedeutung für die Zukunftsfähigkeit des industriellen Herzens unseres Landes.
Weil es Handlungsbedarf gibt, haben wir diese Entschließung in der Hoffnung und mit dem Wunsch eingebracht, ein gemeinsames Votum dieses hohen Hauses zu erzielen. Die SPDLandtagsfraktion steht an der Seite der Landesregierung, wenn es um die Aufnahme der kompletten H-Lösung in den vordringlichen Bedarf geht. Mit dem Änderungsantrag von CDU und FDP ist leider ein breiter Konsens nicht mehr möglich. Er liest sich vielmehr wie ein Wunschzettel ohne Wahrnehmung der finanziellen und faktischen Realitäten. Wir bedauern dies, setzen aber weiterhin auf unsere gute Überzeugungsarbeit und die der örtlichen Bundestagsabgeordneten, und hoffen auf ein gutes Ende im Sinne der kompletten H-Lösung im vordringlichen Bedarf. - Vielen Dank.