Christine Baumann

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Herr Präsident, meine Damen und Huren! Die Red;:;kteure von Weinwirtschaft;zeitungen haben e:: meist leichter und
einfacher, Wahrheiten zu schreiben,_ als wir Politiker sie laut au;:sprechen können. Ich möchte ein Zitat von Herrmann Pilz von der ,_Weinwirtschaft" anbringen, der in der vorletzten Ausgabe geschrieben hat:
.,Ich habe eine Vision für den deutsdien Weinbau. Die deut
schen Erzeuger produzieren Weine, die ihnen die Verbrau
cher aus den Händen reißen, und EJzeuger und Vermarkter
-können gleichermaßen gut leben. Wie müs;:en solche Weine
be~chaffensein? Ein bedeutender deuteher Weinimporteur und Verm
sauber undfrisch-~ein, ohne Fehltöm:, gepaart mit einer angenehm belebenden Säure."
Er sagt weiter: "Da tiat der deutehe Weinbau ein Problem. Der Kern des Problems liegt darin begründet, dass zum Teil
-seit hhren am Markt, das heißt an den Wünschen der Ver
braucherinnen und Verbraucher, vorbei produziert wird."
Der Ausweg aus dieser -Krise kann nur eine klare, eindeutige
-Kundenorientierung ~ein; denn ~er Wurm muss dem Fisch
schmecken und nicht dem Angler.
Wichtig dabei ist auch, über den Telh:rrand hinauszuschauen. Was machen die anderen? Was machen die anderen weinbautreibenden Länder anders? Warum sind-wir gut, die anderen aber besser geworden?
E~ hat zum Beispiel in den Überseeländern massive Struktur
veränderungen gegeb§=n. r"1arken zeigen dem Kunden den Weg zum Wein. Qualität hat immer Priorität; Es gibt klare, durchdefinierte Produktionsrichtlinien, Keinei dieser Weine erscheint im unteren Preissegment, und wir brauchen eine Umorientierung in genau diese Richtung.
Die derzeitige Krise _ist besonder~ stark in einzelnen Regionen ausgepragt, und dort insbesondere für das Marktsegment Fasswein. Diese Krise geht nicht einfach vorbei. Die Krisende
stillation ist nicht das Allheilmittel, denn für mich jedenfalls
ist Wein ein genussvolles Getränk und nic_ht etwas, was krisendestilliert werden soll.
- Dadurch wird auch nicht alles wie früher, be_sonders wenn
man die Klagen-der Fas~weinaufkäufer ernst nimmt, die verstärkt darauf hinweisen, es gibt unterdurch:;chnittliche bis mangelhafte Qualitäten aufdem Markt.
Dies alles müssen wir den Winzern offen sagen. Die Wahrheit ist, den Wein, den sie produzieren, müssen sie selbst verkau-
fen. Wir, das heißt die Fraktionen der SPD und der F.D.P., bie
ten mit unseren weinbaupolitischen Forderungen Auswege hin zu mehr Kunden-, Markt- und Qualitätsorientierung, Um mehr auf den Markt und weniger auf den Staat zu setzen; denn letztlich bedeutet mehr Markt ein konsequentes Einge
~en-auf Kundenwünsche. Stattder Produktion steht das Pro
dukt mitseiner Marktgängigkeit im Vordergrund.
Diese Herausforderung werden Betriebe nur meistern, wenn
_sie zu- Kooperationen-bereit und fähig sind, diese einzuge
hen, und V.1enn sie- ganz eng, orientiertam-Kunden, dessen unterschiedliche Qualitätsansprüche erfüllen können.
-Diese Neuorientierung macht Umstrukturierungen notllven
dig, die in der Übergangszeit intensive Beratungen, UnterStützungen und gezielte Förderung~n _erfordern. ln diesem Bereich sehen wir uns, das heißt, die Politik, in der Pflicht. Ich
denke, das macht ünserAntrag seh(deutlich.
Ansonsten aber ist die Zielrichtung klar: Mehr Markt und we
niger Staatliche Interventionen. Die Politik wird den Weinmarkt letztlich nici:Jt5tabilisieren können.·
- BeWirtschaftung im geschlossenen Kreislauf.
Unser Rat an die Weinwirtschaft lautet: Versucht, Profilweine auf dem Markt zu etablieren. Setzt dabei auch auf strenge Qualitätsanforderungen u-nd vertragliche Verpflichtungen der Produzenten; denn nur Mark~nweine werde_n in der Lage sein, ausreichend Kapital zu mobilisieren, um Weine im großen Stil zu vermarkten.
Zum Schluss· möchte ich noch zwei Bemerkungen zu den Anträgen von CDU und BÜNQNIS 90/DIE GRÜNEN machen. Die
CDU, diesich als Hüterinder rheinland-pfälzischen Weinbau-politik sieht, hat kurz vor zwölf einen eigenen Antrag eingereicht.
Unser Antrag hat sich durch zwei Weinbauseminare, durch Anhörungen und durch Gespräche entwickelt. Der Antrag der CÖU ist selbst gestrickt, schnell gestrickt und hält in gro
ßen Teilen an alten Stru~turen fest, fordert Dinge, die die Landesregierung schon längstumgesetzt hat, und hat~ einen neuen Gedanken,
nämlich das Qualitätsmanagement. Dieses ist in unseren An
trag übernommen.
Herr Minister, sind Sie mit mir der Meinung, dass die Zukunft der Winzer nicht in der Dringlichkeitsdestillation liegt, sondern in einer Kuriden- und Marktorientierung?
Bauckh~ge, Minister für Wirtschaft, Verkehr, Landwirtschaft und Weinbau:
- Wir sind nicht auseinander. Ich bin der Meinung, Wein muss am Markt verkauft werden. Ich meine, dass der Markt es auch regelt. Wir müssen dabei allerdings die Winzer mitnehmen und sie stützen. Frau Baumann, wir machen interessanterweise in Oppenheim ein so genanntes KooperationsmodelL Es
-·gibt viele Mo~elle, die man sich vorstellen kann. Die Winzer müssen dabei nur mitgenommen werden.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Liebe Frau Thomas, in Rage werde ich mich nicht reden. Das werden Sie sicherlich nicht erleben.
Gleich zu Anfang werde ich aber darauf hinweisen, dass die SPD-Fraktion gegen ein Pflichtpfand für \~\!ein in Einwegverpackungen ist.
Nach dieser Verpackungsverordnung ist ein Pfand zu erheben, wenn der Anteil der in Mehrwegverpackungen abgefüll
ten Getränke unter72% fällt. Meine Damen und Herren,_dasklingt kompliziert und ist auch kompliziert. Die Quote von 72% wurde in den Jahren 1997 und 1998 tatsächlich knappunterschritten.
Bei diesen Zahlen setzt jetzt ein Automatismus ein. BundesumweltministerTrittin muss jetzt eine generelle Pfandpflicht einführen. Dieses muss er nach dem bestehenden Recht für Bier, Mineralwasser und Wein einführen. Grundlage für diese
f~r den Wein unzumutbare Regelung ist die Verpackungsverordnung. Diese Verpackungsverordnung stammt aus dem Jahr 1991. Wer war denn im Jahr 1991 Bundesumweltmini
-!iter?- Bundesumweltminister war Klaus Töpfer.
Kurzum: Das, was Herr Trittin heute nach bestehendem Ge
setz umsetzen muss, geht ganz klar auf die Koalition der CDU und der F.D.P. auf Bundesebene zurück.
(Unruhe im Hause} Können Sie vielleicht zuhören? (Zurufe aus dem Hause)
Es war die rheinland-pfälzische Umweltministerin--
(Unruhe im Hause} - Ich habe Zeit. (Glocke des Präsidenten} Präsident Grimm: Das Wort hat die Abgeordnete Frau Baumann, Herr Kollege ltzek. (Beifall der CDU- Dr. Gölter, CDU: Das musste einmal gesagt werden!)
Es war die rheinland-pfälzische Umweltministerin Klaudia Martini, die bereits im Frühjahr dieses Jahres eine Bundesratsinitiative zur Änderung der Verpackungsverordnung startete. Sie hat damals vorgeschlagen, von einer prozentualen Quote auf eine Mengenquote umzusteigen.
(Zuruf des Abg. Lelle, CDU}
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Darüber müssen wir diskutieren. Für die SPD-Fraktion gibt es eine Reihe von Argumenten, die bezüglich des Weins gegen das Pflichtpfand sprechen. Im Vergleich zu den übrigen Getränkemärkten weist der deutsche VIfeinmarkt Besonderheiten auf. Darauf ist Herr Dr. Frey bereits eingegangen. Das meine ich überhaupt nicht protektionistisch. Die Argumente wiederholen sich zwar, aber sie können meine; Erachtens nicht oft genug erwähnt werden.
Über die Hälfte des in der Bundesrepublik Deutschland ge. trunkenen Weins stammt aus dem Ausland. Da diese Länder nicht der Verpackungsverordnung unterliegen, ist der Mehrweganteil gering. Der für die Quote entscheidende Mehrweganteil muss fast ausschließlich von der heimischen Weinwirtschaft erbracht werden. Das ist für mich ein ganz klarer Wetttrewerbsnachteil.
Noch ein Wort zur Größenordnung des Weinmarkts. Die bun
-desdeutsche Getränkemenge in Mehrwegverpackungen liegt
bei ungefähr 20 Milliarden Liter. Der Weinanteil macht rund
400 Millionen Liter aus. Wenn ich richtig gerechnet habe- ich war einmal Lehrerin-,
beträgtdieser Anteil sage Ünd schreibe stolze 2%.
Wir haben eine.Weinwirtschaft, die durch eine Vielzahl mittelständischer Winzerinnen und Winzer geprägt ist. Für diese meist kleinbetriebliche Struktur in Rheinland-Pfalz lässt sich weder unter ökonomischen noch unter ökologischen Gesichtspunkten ein vernünftiges Rückholsystem aufbauen. Nur ein funktionierendes Rückhol- oder iv1ehrwegsystem würde helfen, das Flaschenpfand auf Einwegflaschen zu vermeiden. Allenfalls große Kellereien könnten dies leisten. Für die Selbstvermarkter ist das einfach unzumutbar.
Die Weinwirtschaft, auch die rheinland-pfälzische Weinwirt
schaft, hat Probleme. Die Folgen der Herausforderungen sind Umstrukturierungen und Marktaopassungen und damit Verdrängungen und Marktbereinigungen. ln diesem Umfeld wollen wir kein-e zusätzlichen_ Belastungen für unsere Winzerinnen und Winzer.
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Herr Licht, Sie machen sich das ein bisschen zu einfach, wenn Sie die Schuld bei
der Landesregierung abladen, was -Weinbaupolitik anbelangt. Wenn Sie miterlebt hätten, wie konstruktiv unsere Diskussionen mit Winzerinnen-und Winzern sind, wie innovative Beispiele umgesetzt werden, dann wären Sie vielleicht neidisch. Ich kann hur sagen, das, was Sie mit Ihrem Weinforum abziehen, ist eine Jammerveranstaltung gewesen. Ich sage einen Satz: Wer nicht mittendrin ist, der ist außen vor.
Zur Postkartenaktion: Sie sind nur neidisch, dass Sie nicht auf die Idee gekommen sind.
Ich denke, es geht um nicht mehr und nicht weniger, als die rechtlichen Rahmenbedingungen zu ändern. Vorhin habe ich erwähnt, dass einiges von Rheinland-Pfalz auf den Weg gebracht worden ist.
- Es ist gut, Herr Licht, wir haben die Argumente ausgetauscht.
Ich habe eben davon gesprochen, dass die rechtlichen Rahmenbedingungen zu ändern sind. Ein Weg ist schon beschrit
j:en, nämlich durch die Bundesratsinitiative von RheinlandPfalz.lch habe auch mit ein bisschen Freude vernommen, dass sich bei Bundesumweltminister Trittin auch ein Umdenken vollzogen hat. Er hat einmal g.esagt: _Die deutschen Winzer können ebenso wie alle anderen Wirtschaftsbeteiligten sicher sein, dass nichts Unmögliches von ihneri verlangt wird. Vielleicht kann man insofern ein Stück hoffen.
Wenn ich die heutige Pressemitteilung des BÜNDNIS 90/DIE
GRÜNEN richtig- werte, so hat unsere Postkartenaktion auch bei ihnen etwas bewirkt.
Von nichts kommt nichts.
Auch wir müssen an dieser Stelle zwischen Ökonomie und Ökologie balancieren. Ich denke, grundsätzlich müssen wir die Verpackungsflut eindämmen. Das halte ich für richtig.
Allerdings könnte es sein, dass bei_ einem Pfandsystem auf Weinflaschen der Teufel mit dem Beelzebub ausgetrieben wird.
Herr Schmitt, ich muss einmal auf Ihre letzte_ Äußerung eingehen, bei der Sie sagten, es wurde von der Landesregierungversprochen, dass die Keller leer gemacht werden. Ich sage scherzhaft, vielleicht sollen wir den Keller unter dem Landtag
ausbauen und dort alles hineinlaufen lassen. Das kann nicht ernsthaft damit_geme_int sein.
-Das haben Sie vorhin gesagt. Es gibt sehr gute--
-Ja, aber Sie haben es ernst gemeint, dass man das so tun solle. Darauf habe ich Bezug genommen.
Nein, aber ich bin jetZt in der ernsthaften Diskussion; denn sie wird bei Winzerinnen und Winzern geführt. ln vielen Bereichen - ob das in der Pfalz oder auch an der Mosel ist - hat man sich zusammengesetzt und_ nicht nur Forderungskataloge aufgestellt, sondern sich genau überlegt, wie kc_~nn von der Weinwirtschaft, von den Winzern selbst geholfen werden. Es sind Programme aufgelegt worden:. Sie werden nicht nur diskutiert, sondern sie sind langsam auch in der Umsetzung, ob das nun an der Mosel, in Schweich, oder bei uns in der Südpfalz ist. Es hat sich sehr viel getan, jedenfalls in der Südpfalz.
Ich _muss eines bemängeln. Ich war auf vielen Versammlungen. Auf einer einzigen habe ich eine CDU-Vertreterin gesehen, die aber noch nicht einmal mit diskutiert hat. Das mache ich hier auch einmal zum Vorwurf. Fordern kann man, aber ernsthaft sich mit denen auseinanderzusetzen, die sich auf den Weg machen, das ist meines Erachtens auch notwendig und wichtig.
Ich möchte das ganz einfach einmal sagen, dass sich im Land etwas tut und wir alle, die Verantwortung tragen~ das mit unterstützen sollten.