Manfred Geis

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Herr Präsident, meine Damen und Herren! Es ist eine sinnliche Lust zu lesen. Ich gehe davon aus, dass viele von Ihnen das bestätigen können. Es ist aber eine Lust, die leider vielen vorenthalten bleibt. In manchen Bereichen muss man den Eindruck haben, dass sich Entwicklungen eher verschlechtern als verbessern. Das betrifft zum Beispiel kleine Kinder, deren Eltern ihnen Bilderbücher vorenthalten. Der Verkauf ist drastisch zurückgegangen.
Als Vorsitzender des Bibliotheksverbandes RheinlandPfalz bin ich froh, dass wir heute Gelegenheit haben, über das rheinland-pfälzische Bibliothekswesen und über die vielfältigen Ideen und Projekte zur Leseförderung zu sprechen.
Ich möchte mich vorab bei den vielen haupt- und ehrenamtlichen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in wissenschaftlichen und öffentlichen Bibliotheken bedanken, seien sie kommunal oder kirchlich.
Es wird hier eine vorbildliche Arbeit geleistet, engagiert, ideenreich und kooperativ. Herzlichen Dank dafür!
Die fachlich ausgebildete Bibliothekarin, deren Liebe zum Buch und die Freude, diese den Menschen zu vermitteln, aber auch spürbar sein muss, ist eine unverzichtbare Mitarbeiterin in einer kommunalen Verwaltung. Die gut ausgestattete benutzerfreundliche Bibliothek ist ein zentraler Ort des sozialen Gemeinschaftslebens, ein wichtiger Indikator für die Qualität kommunaler Arbeit.
Die Antwort des Ministeriums auf die Große Anfrage der FDP-Fraktion ist ein umfassender und aktueller Zustandsbericht der realen Situation des Bibliothekswesens in Rheinland-Pfalz. Die Antwort beschönigt nicht die problematische Finanz- und Personalausstattung vieler kommunaler, öffentlicher und einiger wissenschaftlicher Bibliotheken. Doch sie legt auch dar, welche finanziellen und personellen Anstrengungen das Kulturministerium in den letzten fünf Jahren, teils in enger Zusammenarbeit mit dem Bildungsministerium, unternommen hat, um im Wettbewerb mit anderen Bundesländern zu bestehen.
Es gibt einige bibliothekarische Felder, in denen Rheinland-Pfalz auf die Überholspur gegangen ist und bei bemerkenswerten mehrjährigen Projekten eine Vorreiterfunktion inne hat.
Einer der Förderschwerpunkte der Landesregierung in den letzten drei Jahren ist die aktive Leseförderung von Kindern und Jugendlichen durch die enge Zusammenbindung von öffentlichen Bibliotheken und Schulen am Ort
sowie den Ausbau von Schulbibliotheken und bibliotheksähnlichen Einrichtungen wie Leseecken, zunächst konzentriert auf die über 300 Ganztagsschulen.
Diese unterschiedlichen Maßnahmen und Projekte haben zum Beispiel dazu geführt, dass die Neuanmeldungen von Grundschülern in den kommunalen öffentlichen Bibliotheken überdurchschnittlich angestiegen sind. Schätzungsweise konnten mehr als 10.000 Kinder im Grundschulalter als neue Nutzer von Bibliotheken gewonnen werden.
Diese erfreulich positiven Ergebnisse auf vielen Feldern dürfen nicht darüber hinwegtäuschen, dass aufgrund der knappen Mittel der öffentlichen Träger das öffentliche und wissenschaftliche Bibliothekswesen in Rheinland
Pfalz durchaus auch in seiner Substanz gefährdet ist. Hier wünsche ich mir ein offeneres Ohr mancher Entscheidungsträger in den Kommunen und mehr Bereitschaft, auch die erheblichen Chancen guter Bibliotheksarbeit für Jung und Alt erkennen zu wollen.
Die öffentliche Bibliothek ist überall dort gut aufgestellt – es gibt viele Beispiele dafür in Rheinland-Pfalz –, wo die örtlichen Entscheidungsträger von der wichtigen Rolle der Bibliothek als unverzichtbare Bildungs- und Kultureinrichtung überzeugt sind.
Dort, wo diese Einsicht fehlt, existieren teilweise gar keine Bibliotheken oder sie fristen schlecht untergebracht ein Schattendasein.
Der überdurchschnittlich große, wichtige und lobenswerte Einsatz von hunderten von ehrenamtlichen Kräften in Gemeindebibliotheken ist sicher ein großes Plus für kleinere Bibliotheken im ländlichen Raum. Aber für die größeren Bibliotheken, die inzwischen über eine zufrieden stellende EDV-Ausstattung mit Internetzugang und modernen Medien verfügen, ist aufgrund der wachsenden Informationsanforderungen eine hauptamtliche und fachlich qualifizierte Personalausstattung zwingend notwendig.
Neben den Bibliothekstagen, die alle zwei Jahre mit großem Erfolg stattfinden, könnte ein Landespreis für vorbildliche Bibliotheken ein weiterer Anreiz für kundenfreundliche Arbeit und zur Steigerung des örtlichen Engagements sein. Ich werde mich mit meinem Verband dafür einsetzen.
Aber auch bei den wissenschaftlichen Bibliotheken werden wir uns auf große Ausgaben einstellen müssen. Die Sicherung unseres kulturellen Erbes, das heißt, vor allem sachgerechte Lagerung und Restaurierung, war eine Hauptforderung bei einem Gespräch mit dem Beirat der wissenschaftlichen Bibliotheken, das ich in meiner Funktion als DBV-Vorsitzender vor kurzem führte.
Jürgen Seefeld, der Geschäftsführer unseres Bibliotheksverbandes und Leiter der Büchereistelle Koblenz – –
Noch ein Satz.
hat 2003 eine Geschichte der Bibliotheken in Deutschland mitverfasst und hat diesem Buch den wunderbaren Titel „Portale zu Vergangenheit und Zukunft“ gegeben.
Diese Portale sollten wir nicht nur anschauen, sondern hindurchgehen und viele ermutigen mitzugehen. Wir
sind mit der Leseförderung in Rheinland-Pfalz auf einem guten Weg. Wir werden ihn konsequent und mit Freude weitergehen.
Presseberichten zufolge wird zurzeit darüber diskutiert, die angedachte S-Bahn-Verbindung Rhein-Neckar in Worms oder Osthofen enden und von dort nach Mainz durch den Rhein-Nahe-Verkehrsverbund weiterbetreiben zu lassen. Dies würde bedeuten, dass die Bahnreisenden umsteigen müssten.
Wir fragen die Landesregierung:
1. Wie hat sich die Nachfrage auf der Bahnstrecke Mannheim – Mainz in den einzelnen Jahren seit Einführung des Rheinland-Pfalz-Taktes 1994 entwickelt?
2. Vor welchem Hintergrund beabsichtigt die Landesregierung, eine in der Presse dargestellte weitere Untersuchung der Verkehrsströme auf dieser Bahnstrecke durchzuführen?
3. Wie beurteilt die Landesregierung den Ausbau der Bahnstrecke Mannheim – Worms – Mainz als SBahn-Strecke und in welchem Zeitraum hält sie deren Umsetzung für möglich?
4. Wie beurteilt die Landesregierung das diskutierte Konzept zur Verteilung der S-Bahn-Strecke Mannheim nach Mainz auf zwei Betreiber?
Herr Minister, Sie haben den RegionalExpress als attraktive Alternative dargestellt. Das Problem dabei ist, dass dieser zurzeit in der Regel im Zweistundentakt fährt. Gibt es im Zusammenhang mit diesen Planungen Überlegungen, diesen Takt zu verdichten?
Herr Präsident, meine Damen und Herren! Der verkehrspolitische Experte meiner Fraktion bin ich nicht. Aber wenn es einen Wettbewerb um die meisten Bahnki
lometer gäbe, wäre ich optimistisch. Ich bin seit über 40 Jahren kreuz und quer durch die Kurpfalz zur Schule, zur Universität und zu meinem Arbeitsplatz gefahren, und seit sechs Jahren fahre ich regelmäßig und ausschließlich mit der Bahn mit zweimal Umsteigen aus der Pfalz nach Mainz und zurück. Ich bin sehr zufrieden damit.
Ich möchte gern die Gelegenheit nutzen, der Landesregierung an dieser Stelle ausdrücklich für eine faszinierende Entwicklung im ÖPNV zu danken,
die konzeptionell und damit auch real sehr stark von der Pfalz ausging. Werner Schreiner und anderen sei Dank.
Wir sollten nicht vergessen: Vor 30 Jahren wurde noch ernsthaft über die Stilllegung der Strecke Neustadt – Bad Dürkheim diskutiert. Das ist heute unvorstellbar. Diese Strecke ist inzwischen ein Herzstück der NordSüd-Verbindung. Am Wochenende können die Menschen direkt ohne Umsteigen von Mainz nach Weißenburg fahren.
Ich habe eine Bitte: Wir sollten uns nicht regionalistisch auseinander dividieren lassen. Neid ist kein guter Ratgeber. Wir sollten versuchen, positive Entwicklungen nachzuahmen, und Menschen dafür zu gewinnen, einen attraktiven ÖPNV an möglichst vielen Orten zu nutzen.
Der ÖPNV in Rheinland-Pfalz, der Rheinland-Pfalz-Takt im Speziellen, ist eine Erfolgsgeschichte. Er ist etwas, was man vorzeigen kann, und er ist offenbar auch unumstritten in diesem Hause. Diese Attraktivität muss erhalten bleiben. Die durchgehende Verbindung vom Süden nach Mainz ist mit dem Rheinland-Pfalz-Takt mindestens stündlich eingeführt worden. Dies zu ändern, wäre ein Rückschritt unserer gesamten Schienenverkehrspolitik. Es widerspräche übrigens auch einer sinnvollen Verzahnung der Metropolregionen Rhein-Main und Rhein-Neckar, und: Ich müsste in Zukunft dreimal umsteigen, wenn ich aus Bad Dürkheim nach Mainz fahre.
Das ist nicht zu verantworten.
Die Züge vom Süden des Landes und aus Mannheim nach Mainz sind knüppelvoll. Es ist für mich und viele Nutzerinnen und Nutzer unvorstellbar, dass es sinnvoll sein könnte, die Menschen in Worms oder Osthofen zu einem unnötigen Umstieg zu zwingen. Ich fahre regelmäßig durch Osthofen, und ich bin auch schon des Öfteren dort ausgestiegen. Ich kann mir nicht vorstellen, dass ohne Millionenaufwand der Bahnhof ertüchtigt werden könnte, hunderten von Menschen am Tag eine angemessene Umsteigemöglichkeit anzubieten.
Als Kulturpolitiker könnte ich der Sache noch einen gewissen Charme abgewinnen, weil der große Joseph Beuys gesagt hat: Die Mysterien finden im Hauptbahnhof statt.
Aber tägliche Mysterien auf dem Weg zur Arbeit sind vielleicht auch ein bisschen zu viel.
Zum Fachlichen wird gleich mein Kollege Manfred Nink noch etwas sagen.
Herr Frisch, das war ein schöner Schluss. Ich komme später darauf zurück.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Die Haushaltsberatungen dauern schon lange an. Die Aufmerksamkeit lässt vielleicht ein bisschen nach. Ich will Sie nicht mit weiteren Zahlenjonglagen traktieren, sondern etwas zur Bedeutung des Kulturellen in unserer politischen Arbeit und zu diesem zentralen gesellschaftlichen Bereich überhaupt sagen.
Diese Bedeutung ist nicht primär als prozentualer Anteil an Haushaltsansätzen klassifizierbar. Das ist ein materiell kleiner Bereich im Vergleich zu den anderen Politikfeldern, der aber eine große Bedeutung für den Selbs twert und die Außendarstellung des Landes hat.
Wir brauchen deshalb die Beachtung kultureller Aspekte bei vielen politischen Entscheidungen. Mögen sie nahe liegend sein, wie etwa beim Tourismus, was wir auch lange übersehen haben, oder auf den ersten Blick nicht leicht erkennbar sein, wie bei infrastrukturellen Maßnahmen im Bereich von Wirtschaft und Verkehr.
Dann gibt es gerade in Zeiten knapper Kassen weitere grundsätzliche Entscheidungen im Binnenverhältnis des kulturellen Bereichs zu treffen. Die Wichtigste ist für uns die der Gleichbehandlung und der Nichtaufrechnung von so genannter Breitenkultur und so genannter Hochkultur, wobei – Sie merken das – die Begriffe schon problematisch sind. Hier zeigt sich auch am besten die Redundanz rein rechnerischer Betrachtungsweisen. Es ist fatal, wenn Kulturleute auch unter sich ausrechnen und als Keule benutzen, wie teuer ein Sitzplatz in der Oper oder noch schlimmer beim experimentellen Theater ist und wie viel vermeintlich Sinnvolleres man damit machen könnte.
Wir dürfen die Kultur nicht auseinander dividieren lassen. Wir brauchen beides und müssen beides fördern, die teuren, professionellen Staatstheater und Orchester sowie die vielen kleinen ehrenamtlichen kulturellen Initiativen und Projekte überall im Land gerade auch außerhalb der Metropolen.
Beim Kultursommer Rheinland-Pfalz zum Beispiel gelingt seit vielen Jahren der Versuch, beiden Ansprüchen gerecht zu werden. Das ist ein gewagter Spagat in jedem Jahr. Ich beglückwünsche die engagierten Verantwortlichen für diesen Bereich, die auch schwierige Herausforderungen nicht scheuen, so auch die des kommenden Jahres mit dem Thema „Kultur und Wissenschaft“.
Die enge Beziehung dieser kreativen Zukunftsfelder wird somit wieder einmal besonders augenfällig zum Nutzen beider Bereiche. Es ist gut, dass unser zuständiges Ministerium diesen Zuschnitt hat und bewusst die Verknüpfungen auch sucht.
Wir haben begrenzte finanzielle Möglichkeiten. Das macht es unabdingbar notwendig, zukunftsfähige Strukturen zu schaffen, die zumindest für eine mittelfristige Perspektive tragen. Es täte kulturellen Einrichtungen nicht gut, wenn sie dauernd in der organisationspolitischen Diskussion ständen.
Im Haushalt werden die Einsparungen im Orchesterbereich spürbar. Das tut uns finanziell gut und ist qualitativ tragbar für die Orchester und sichert ihren Erhalt. Das ist eine andere Politik als bei den Nachbarn im Saarland. Dort wird der Etat des Staatstheaters um 25 % gekürzt. Das ist Kahlschlag.
Vielleicht sollte auch der SWR – Herr Frisch hat das schon angesprochen – bei seinen Kooperationsbemühungen ins Land schauen und nicht in das Saarland.
In anderen kulturellen Sparten werden wir um ähnliche Diskussionen nicht herumkommen. Erste Strukturmaßnahmen sind im Bereich der Bibliotheken mit der Einführung des Landesbibliothekzentrums umgesetzt. Herr Frisch, dabei bleiben alle bisherigen Einrichtungen erhalten. An dieser Diskussion war ich als Vorsitzender des Landesbibliothekverbandes ziemlich intensiv beteiligt. Es ist also falsch zu sagen, mit der Schaffung des Zentrums werde an irgendeiner Stelle irgendetwas von der Arbeit weggenommen.
Wir werden bei den Museen überlegen müssen, wie wir die Attraktivität der Einrichtungen so steigern können, dass die Besucherzahlen spürbar besser werden. Positive Beispiele gibt es beim Historischen Museum in Speyer und im Verantwortungsbereich von Burgen, Schlösser, Altertümer.
Herr Frisch, Sie haben sich dankenswerterweise Gedanken über die Förderung der bildenden Kunst in Rheinland-Pfalz gemacht und speziell über die Zukunft des Künstlerhauses Balmoral in Bad Ems. Ich rufe nicht nur die Internetseite auf, sondern ich war vergangene Woche wieder einmal in Bad Ems und habe mir zwei Ausstellungen angesehen. Diese zeigen, dass die jungen Künstlerinnen und Künstler nicht in einem privilegierten Schloss-Elfenbeinturm sitzen, wenn sie in Balmoral gefördert werden, sondern aufmerksam sind für die Geschichte dieser Stadt und der Region und ihre aktuelle Situation.
Rückläufige Zinserträge für die Stiftung „Rheinland-Pfalz für Kultur“, die unsere Künstlerhäuser trägt, zwingen zum Sparen. Ich gestehe aber gern, dass ich es gut fand, dass junge Stipendiatinnen und Stipendiaten aus anderen Bundesländern und aus anderen Nationen im Schloss Balmoral waren.
Ihr Blick von außen, aus Metropolen und auch aus anderen Kulturkreisen war für die Region und das Land anregend.
Jetzt soll die Förderung rheinland-pfälzischer Künstlerinnen und Künstler verbessert werden. Ich kenne viele davon, gerade die, die an der Akademie für Bildende Künste in Mainz studieren. Sie sind gut, ambitioniert und haben eine Förderung verdient. Wir werden diese Neu
regelung genau zu beobachten haben und aus den ersten Ergebnissen unsere Schlüsse ziehen.
Erfreulich ist auf jeden Fall, dass Balmoral erhalten bleibt und es mittelfristig verstärkt Austauschstipendien geben soll. Das ist ein vernünftiger Ansatz, der sich sicher weiter entwickeln lässt.
Ein schönes Projekt will ich noch besonders erwähnen, und zwar auch als Beleg dafür – ich sage das besonders zu meinen Kollegen Pörksen und Schweitzer –, dass Genderaspekte bei der Kulturförderung durchaus beachtet werden.
Genau. Das Projekt „Mentoring für bildende Künstlerinnen“ arbeitet intensiv daran, die Chancen auf dem Kunstmarkt durch anregenden Austausch und Hinweise auf Kommunikationsmöglichkeiten, Ausstellungen, Galerien usw. zu verbessern.
Wenn wir beim Thema „bildende Kunst“ sind, möchte ich noch einen Satz zum geplanten Arp-Museum am Bahnhof Rolandseck sagen. Wir sind auf einem guten Weg. Wir haben den renovierten Bahnhof eingeweiht, und die Region hat ihn fulminant in Besitz genommen. Wir haben den Grundstein für den Neubau von Richard Meier gelegt.
Der Minister ist auf dem Weg, mit dem Arp-Verein zu sinnvollen Regelungen zu gelangen, die den gemeins amen Betrieb eines Museums ermöglichen, das uns tatsächlich im internationalen Wettbewerb zum Mitspieler macht, und zwar zum Nutzen der Region im Norden des Landes und des Landes insgesamt. Ich bleibe dabei: Ich freue mich auf dieses Museum, und ich danke allen, die am Gelingen arbeiten.
Das bringt mich zum Thema „Kultur und Tourismus“. Das Arp-Museum wird nämlich auch eine touristische Top-Attraktion für Rheinland-Pfalz sein. Rheinland-Pfalz hat bei dem kulturell und historisch interessierten Klientel beste Voraussetzungen. Die Städte Mainz, Worms, Speyer und Trier haben sicher einen besseren Klang und sind in vielen Ländern bekannter als moderne Großstädte unserer Republik.
Bernd Kauffmann, ehemaliger Generalbeauftragter der Kulturhauptstadt Weimar, hat in einer Veranstaltung unserer Fraktion zu diesem Thema in diesem Jahr die Merkmale benannt, die Rheinland-Pfalz auszeichnen. Er sagt: Die Gralsregion deutscher Mythen; das Land, in dem sich so nah wie fern der Aufstieg und Untergang des römischen Imperiums samt dem zögerlichen Entstehen eines europäischen Kontinents nachbuchstabieren lässt; das Land, in dem die Buchstaben auf ganz neue und andere Art erstmalig gedruckt wahrnehmbar wurden.
Das sind Einschätzungen von außen, deren Bedeutungskern uns noch nicht genügend bewusst ist.
Ich nenne noch eine Verknüpfung des Kulturbereichs, auf die in Rheinland-Pfalz besonderer Wert gelegt wird, und zwar die Verbindung des Kulturellen mit dem Bildungsbereich. Grundsätzlich fällt mir bei allen bildungspolitischen Diskussionen und Entwürfen – es gibt viele davon – auf, dass die Bedeutung der ästhetischen Bildung immer zu kurz kommt.
Deshalb ist es besonders wichtig, dass es bei uns viele konkrete Möglichkeiten der Verknüpfung gibt, zum Beispiel in der Beteiligung an der bundesweiten Aktion der Kulturstiftung der Länder „Aufbruch zum Olymp“ und in Kooperationsverträgen von Ganztagsschulen mit Musikschulen, dem Landesmusikrat und dem Bibliotheksverband. Ich mache damit seit Monaten bundesweit Reklame. Das wird in vielen Regionen wahrgenommen. So gibt es zum Beispiel auch Angebote an Schriftsteller und bildende Künstler, in Schulen zu arbeiten.
Die SPD-Fraktion ist dankbar dafür, dass nicht nur der Koalitionspartner, sondern alle Fraktionen – das wurde eben schon gesagt – der Aufstockung des Zuschusses an die Musikschulen um jährlich 200.000 Euro zustimmen. Das ist eine erfreuliche Übereinstimmung bei uns allen. Dafür danke ich herzlich.
Ich habe zu Beginn gesagt, Kultur lebt von der professionellen Spitzenqualität und von der Vielfalt und Lebendigkeit in der Breite. Hier hat das Ehrenamt, das in Rheinland-Pfalz insgesamt besondere Förderung erfährt, seine große Bedeutung und verdient unsere großzügige Unterstützung.
Ich möchte einige kleine Beispiel nennen.
Ich bin gleich so weit. Es ist uns gelungen, dass die Musikverbände von Wettspielerlösen profitieren. Wir haben eine eigene Versicherung. Außerdem gibt es viele Ermunterungen für das Ehrenamt.
Ich wollte noch etwas zur Diskussion um Patriotismus und Leitkultur sagen. Ich komme leider nicht mehr dazu. Das ist schade, weil nämlich die Kultur ein Bereich der Offenheit und der Kreativität ist. Ich denke, dass wir uns in unserem politischen Denken nicht abschotten dürfen. Ich kann das leider nicht mehr weiter ausführen.
Lassen Sie mir noch eine Minute für einen überparteilichen Satz zum Schluss. Als Vorsitzender des Ausschusses für Wissenschaft, Weiterbildung, Forschung und Kultur bedanke ich mich bei meinem Stellvertreter für die jahrelange gute und engagierte Zusammenarbeit.
Herr Frisch, Sie haben heute Ihre letzte Haushaltsrede zum Kulturbereich gehalten. Bei aller Unterschiedlichkeit mancher Positionen gibt es etwas, was uns vereint, nämlich die Wertschätzung unseres Verantwortungsbereichs, der Kultur. Für Ihren Einsatz danke ich Ihnen und
wünsche Ihnen viele weitere Jahre der Mitgestaltung und Freude am Kulturellen auf anderer politischer Ebene und im persönlichen Bereich. Bleiben Sie – Sie haben es zitiert – so liebenswert wie möglich, und seien Sie nicht so traurig beim Kulturgenuss, wie Sie manchmal bei der Diskussion über Kultur in diesem Haus erschienen sind.
Danke schön.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Helen Jilavu und Erik Schmelz sind Studierende an der Akademie für Bildende Künste der Universität Mainz. Sie haben in den vergangenen Monaten in Mainz zweimal mit anderen zusammen gezeigt, dass Räume für Kunst in der Stadt vorhanden sind. Sie haben in einem ersten Projekt die alte Moguntia-Gewürzfabrik, die einen trostlosen unbeachteten Dauerschlaf gehalten hat, zum spannenden Ort für zeitgenössische Kunst gemacht. Danach haben sie das gleiche Konzept in einem Ab
bruchhaus in der Südstadt wieder umgesetzt. „Moguntia“ ist eine Idee mit Zukunft geworden.
Andere Studierende der Akademie haben in eigener Initiative Räume unter der Christuskirche, im Gewölbe des Kästrich, im Südbahnhof und im Güterbahnhof in Mainz-Kastel in Besitz genommen und damit Raum für Kunst geschaffen.
Ich erzähle dies, um deutlich zu machen, dass es Möglichkeiten gibt, Kunst zu zeigen. Junge Leute, denen mehr Vorurteile als Unterstützung zuteil werden, sind weit über ihre eigene künstlerische Arbeit hinaus initiativ. Es gibt eine lebendige Szene auf der Höhe der Zeit. Wir müssen sie nur wahrnehmen.
Ich erzähle dies nicht, um zu sagen, dass alles okay ist, staatliche Ausgaben im Kulturbereich können wir uns sparen. Unsere Kreativität, unsere Fantasie, unsere Gestaltungskraft und natürlich unsere finanziellen Mittel müssen hinzukommen, damit Kultur in Mainz und in Rheinland-Pfalz insgesamt leben kann.
Noch ein Aspekt vorab: Die Kultur lebt von der Kommunikation. Sie ist nur Kultur, wenn sie Kommunikation ist. Sie lebt davon, dass Einzelne oder eine Gruppe ein Projekt oder eine Idee im Kopf haben und andere dafür begeistern, einbeziehen und zum Mitmachen gewinnen. Sie lebt zum Beispiel, wenn der bildende Künstler Frank Gabriel seine „Tische unterwegs“ aufbaut und damit für 99 Tage einen Treffpunkt in der Mainzer Neustadt schafft, wenn Stefan Budian am liebsten in der Auseinandersetzung mit Kindern und Jugendlichen seine Bilder malt, wenn die Choreografin Nancy Seitz-McIntyre an den Kammerspielen die sprühendsten internationalen Ballettkompanien mit jungen Leuten aus verschiedenen Ländern zusammenstellt. Sie lebt, wenn die Musiklehrerin Silke Egeler-Wittmann immer wieder Kinder und Jugendliche motiviert, mit den Mitteln der Neuen Musik und des experimentellen Theaters einen künstlerischen Ausdruck der Auseinandersetzung mit der Welt zu finden. Das haben wir im Landtag bereits bei der „Plenarmusik“ erlebt. Der Landtag nutzt diesen Ansatz im April bei einem Weiterbildungsseminar. Ich meine, das ist ein sehr mutiges Experiment. Herzlichen Dank dafür.
Mir sind diese Beispiele wichtig. Ich könnte viele weitere nennen. Nur vom Engagement Einzelner lebt Kultur. Wir Politikerinnen und Politiker sind bestenfalls Helfer, die die Rahmenbedingungen verbessern. In diesem Sinne hat mir der Ansatz der Regierungserklärung gefallen, wie es Herr Frisch bereits geahnt hat. Sie war nicht anmaßend nach dem Motto „Wir schaffen Kultur“, sondern hielt sich an das Motto „Wir tragen die Verantwortung für ihre Ermöglichung“.
Ich teile die Position, dass wir die aktuelle kulturelle Diskussion einordnen müssen in die bestimmenden Fragen von Menschheits- und Technikentwicklung, von
Globalisierung und demographischer und ethnischer Perspektive im Land.
Alle politischen Ebenen tragen Verantwortung und müssen der Kultur einen Stellenwert einräumen, auch einen materiellen. Schauplatz der Kultur sind konkrete Orte in Gemeinden und Städten und in der Region. Dort leben die Menschen, sind die Vereine und die Initiativen. Die kommunale Ebene trägt die politische Hauptverantwortung für die Schaffung von Möglichkeiten für Kultur. Das ist eine wunderbare Aufgabe für Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitiker, deren Stellenwert – ich weiß, wovon ich rede – nicht allen Akteuren bewusst genug ist. Das gilt übrigens für alle Parteien.
Für die Ebene der Landespolitik bleibt noch genügend Direktes und Indirektes zu tun. Es muss immer alles im Zusammenspiel mit öffentlichen und privaten Partnern und mit denen, die Kultur gestalten, geschehen.
Ich bin froh über den Zuschnitt unseres Ministeriums, über die Nähe der Zukunftsfelder Wissenschaft und Kultur. Beide können nicht voneinander unabhängig existieren. Bei der Bewertung von Wissenschaft ist es selbstverständliches Allgemeingut, dass es um Neues, um zu Erforschendes geht. Bei Kultur ist dies genauso. Kultur als Seelentrösterin greift viel zu kurz. Das ist Überforderung, Ablenkung oder Verharmlosung.
Das hat sich jetzt vielleicht ein wenig elitär angehört. Wenn Elite Spitzenleistung in gesellschaftlicher Verantwortung bedeutet, dann ist das auch okay so.
Für einen Sozialdemokraten muss aber immer ein Zweites hinzukommen und erste Bedeutung haben: Das sind die Ziele „Kultur für alle“ und „Kultur von allen“. Das bedeutet, Voraussetzungen und Chancen dafür zu schaffen, dass möglichst Viele Kulturelles gestalten und an kulturellen Ereignissen beteiligt sein können.
Das bedeutet Ehrenamtsförderung und Kultur in der Aus- und Weiterbildung. Meine Kollegin Renate Pepper wird später auf diese Punkte noch konkreter eingehen.
Ich möchte nur ein Beispiel nennen, weil ich hoffe, direkt daran beteiligt zu sein: Ich möchte als Vorsitzender des Bibliotheksverbandes Rheinland-Pfalz in Kürze mit der Bildungsministerin eine Vereinbarung zur Nutzung der Bibliotheken und zur Einbeziehung von Bibliothekarinnen und Bibliothekaren in die Arbeit der Ganztagsschulen abschließen, so wie es diese Vereinbarung erfreulicherweise zum Beispiel schon für Musikschulen gibt.
In diesem Zusammenhang noch ein Satz zu einem Thema, das bisher noch nicht erwähnt worden ist: Kultur muss wie Sport und andere Bereiche von Wettspielerlösen profitieren. Ich weiß, dass es zu dieser Thematik derzeit Überlegungen gibt. Ich wünsche mir, dass es bald konkrete Ergebnisse gibt und eine spürbare Ver
besserung des Anteils für die Kultur zu verzeichnen sein wird.
Breitenkultur und Spitzenkultur sind zwei unverzichtbare Bestandteile einer kulturellen Gesamtausstattung. Beides gehört zusammen; beides bedingt einander; beides brauchen wir; beides darf nicht gegeneinander ausgespielt werden.
Die Spitzenleistung, die professionelle Kunst auf der Höhe der Zeit, kostet viel Geld. Trotzdem dürfen wir in Rheinland-Pfalz keinesfalls darauf verzichten.
Das betrifft zum einen unsere Infrastruktur von Theatern, Orchestern, Museen, Bibliotheken, aber auch die Förderung des künstlerischen Nachwuchses durch Stipendien und Preise. Ich gestehe, ich habe auch Sympathien für Künstlerhäuser als Orte des Gesprächs. Wir müssen darüber diskutieren.
Wir bekennen uns ausdrücklich zum Bau des ArpMuseums Bahnhof Rolandseck für die Präsentation der Werke von Hans Arp und Sophie Taeuber-Arp sowie von Gegenwartskunst höchsten Ranges. Uns ist dieses Projekt teuer.
Und lieb!
Wir wünschen uns, dass die Struktur von Vereinszusammenarbeit, regionaler Zusammenarbeit und Landeszusammenarbeit funktioniert und ein Museum entsteht, das weit über Rheinland-Pfalz hinausragt und im Wettbewerb vergleichbarer Häuser im In- und Ausland mitspielt.
Wie kaum für einen anderen Bereich muss für Theater, Orchester, Museen und Bibliotheken das Motto der Regierungserklärung gelten: „Ohne Veränderung keine Zukunft“. – Wir arbeiten in allen Bereichen daran, dass die Relation zwischen finanziellem Aufwand und kulturellem Erfolg – das ist vor allem der Nutzererfolg – vernünftig ist. Wir arbeiten an Zusammenschlüssen, so zum Beispiel an einem Landesbibliothekszentrum, an Kooperationsmodellen für Theater und Orchester, an Finanzierungskriterien, die bei Museen die Besucherorientierung zur Hauptaufgabe machen. Da ist vieles in Bewegung, und viel Kreativität entsteht, die in der finanziellen Krise vielleicht eher entsteht als sonst. Neue Modelle werden diskutiert und erprobt. Das ist eine spannende Zeit. Wir erfüllen eine unverzichtbare Aufgabe, vor der wir uns nicht drücken können.
Natürlich sage ich auch etwas zur Orchesterlandschaft. Mit dem Begriff „Landschaft“ ist schon das Wichtigste charakterisiert. Wir haben eine Gesamtverantwortung und müssen das Gesamtbild erhalten. Das geht in der aktuellen und ich fürchte auch künftigen finanziellen Situation nicht ohne die Veränderung von Strukturen.
Wir bedanken uns beim zuständigen Minister und allen Beteiligten, insbesondere bei den betroffenen Musikerinnen und Musikern, dass sie sich dieser konzeptionellen Aufgabe stellen, dass Unbequemes nicht verdrängt und auf die nächste Generation verschoben wird. Wir bekennen uns zu unseren Orchestern. Wir sind stolz auf ihre Leistungen. Wir möchten die Qualität ihrer Arbeit erhalten und ihnen Zukunftssicherheit geben.
Die internen Kooperationen im Kulturbereich sind unverzichtbar, dies nicht primär aus finanziellen Gründen, sondern weil sie auch eine Bereicherung für die Arbeit der Akteure darstellen. Kooperationen muss es aber auch darüber hinaus geben. Ich möchte mich auf den Bereich Kultur und Tourismus konzentrieren.
Für die SPD-Fraktion haben Kultur und Tourismus im gleichberechtigten Zusammenspiel höchste politische Priorität. Das hängt sicher mit dem Weltkulturerbe Mittelrheintal zusammen, das sich nur angemessen entwickeln kann, wenn wir diesen Zusammenhang im Auge haben. Dieses Beispiel zeigt aber auch, dass wir nicht kleinkariert regionalistisch an diese Aufgabe herangehen dürfen, sondern geographische und inhaltliche Zusammenhänge über den Raum hinaus herstellen müssen. Wir müssen auch hier Kooperationen suchen und uns dem Wettbewerb stellen.
Frau Patt und Frau Käsebier von den Tourismusbüros an Nahe und Mosel haben mich auf der ITB am Wochenende ermahnt, darauf hinzuweisen, dass diese und andere Kulturregionen bei den Bemühungen um die Förderung des Mittelrheintals nicht vergessen werden dürfen. In diesem Zusammenhang dürfen wir übrigens auch nicht das künftige Weltkulturerbe Limes vergessen.
Im Rahmen dieser Aussprache – ich komme zum Schluss – zur grundsätzlichen Ausrichtung unserer Kulturpolitik bleibt leider wenig Zeit, auf konkrete Maßnahmen und kulturelle Sparten einzugehen. Wir werden unsere jeweiligen konkreten Entscheidungen an den heute skizzierten Grundpositionen diskutieren und messen lassen müssen. Politik, gerade Kulturpolitik, braucht Visionen. Politik, auch Kulturpolitik, bedeutet Arbeiten am Kompromiss. Das ist eine Aufgabe, die unsere ganze Kraft, Fantasie und Augenmaß verlangt. Die Kulturschaffenden sind zentrale Gestalter unserer gesellschaftlichen Wirklichkeit. Sie haben unseren Respekt und unsere Nähe verdient.
Frau Präsidentin, meine Damen und Herren! Herr Frisch, es klingt immer so ein bisschen traurig, wenn Sie über
Kultur sprechen. Ich möchte mich nie dafür entschuldigen, dass mir die Beschäftigung mit der Kultur unbändigen Spaß macht.
Wir haben alle bei den grundlegenden Schwierigkeiten, die die Politik zurzeit hat und die sie schon länger sichtbar hätte, wenn wir nicht vieles ausgesessen hätten – nicht in Rheinland-Pfalz, aber an anderer Stelle – eine positive Entwicklung im Kulturbereich in Rheinland-Pfalz. Wir profitieren ausdrücklich davon, dass die Innovationsfelder Wissenschaft und Kultur in einem Ministerium zusammengefasst sind.
Wenn wir die Zukunft vernünftig gestalten wollen, müssen wir über Strukturen nachdenken und Überkommenes verändern. Ich komme darauf zurück in der konkreten Frage der Orchesterreform. Das ist ein zentraler Aspekt.
Wir müssen noch stärker als bisher über Kooperationen und Vernetzungen nachdenken. Das gilt wie bei der Strukturfrage natürlich nicht nur für den Kulturbereich, sondern für alle Politikfelder. Unser Fraktionsvorsitzender Joachim Mertes hat ein schönes Bild gebraucht bezogen auf das Mittelrheintal, aber es gilt grundsätzlich für die Kultur in Rheinland-Pfalz. Er hat gesagt, es gibt viele Perlen, aber es gibt keine Schnur. Genauso ist es. Es gilt für Verknüpfungen innerhalb der kulturellen Szene, aber es gilt auch für Verknüpfungen der Kultur mit anderen Bereichen.
Ich nenne zum Beispiel als Verknüpfungsmöglichkeit – nicht gerade naheliegend auf den ersten Blick – die Städte Remagen und Pirmasens, geographisch in genau entgegengesetzten Ecken in Rheinland-Pfalz gelegen und sicher nicht die Orte, an die man beim Wort „Kultur“ zuerst denkt.
Aber im und am Bahnhof Rolandseck, ganz im Norden, wird mit dem Arp-Museum in absehbarer Zeit ein Kleinod der rheinland-pfälzischen und der bundesrepublikanischen Museumslandschaft entstehen.
Die Hugo-Ball-Stadt Pirmasens im tiefsten Südwesten bemüht sich seit Jahren, das Erbe des Dadaismus lebendig zu erhalten.
In der „Rheinpfalz“ hat vor kurzem Michael Braun zu Hugo Ball geschrieben: „Der wohl bunteste Vogel unter den frei schwebenden Intellektuellen des expressionistischen Jahrzehnts war Hugo Ball.“ Das sagt er über einen, der in Pirmasens geboren ist. Das ist doch schön so. Zum Trost für manche, er wurde später auch ganz schön katholisch.
Arp und Ball gehören zusammen. Da wird an zwei Protagonisten einer Kultur erinnert, die es in und mit Deutschland sicher nicht leicht hatten, und an eine Kultur, die viele Möglichkeiten der lebendigen Auseinandersetzung bietet, die gerade für jüngere Leute besonders spannend sein kann.
In dem Zusammenhang vielleicht auch ein Satz zur Jugend. Man kann das alles nur stichwortartig machen. Hier haben wir, denke ich, eine besondere Verantwortung auch im Kulturbereich. Es gibt viele gute Beispiele in Rheinland-Pfalz dafür, dass wir dieser Verantwortung gerecht werden. Vor kurzem war das in der „Süddeutschen Zeitung“ nachzulesen, zum Beispiel, das historische Museum in Speyer ist mit seinem Kindermuseum besonders erfolgreich und weckt in vorbildlicher Weise „Phantasie, Leidenschaft und Wissbegier“.
Ich komme zurück zum Thema „Verknüpfungen“. Ein ganz naheliegendes Beispiel ist der Rhein selbst. Er ist eine Verknüpfung par excellence in sich, R(h)einkultur – mit „h“ und ohne „h“. Aber nicht nur im Weltkulturerbe Mittelrhein von Bingen bis Koblenz, sondern darüber hinaus wieder im Norden bis zum Bahnhof Rolandseck und nach Süden über Mainz, Worms und die Weingegenden in Rheinhessen und in der Pfalz über die BlochStadt Ludwigshafen bis nach Speyer mit dem Historischen Museum und viele mehr.
Das kann man und das muss man im Norden erweitern, über Rheinland-Pfalz hinaus, zum Zentrum Köln/Bonn, und im Süden muss man die bestehenden Kooperationen nutzen, die es am Oberrhein gibt. Das gilt nicht nur, aber speziell heute an diesem deutsch-französischen Tag.
Dafür Konzepte zu entwickeln, ist eine echte Herausforderung für uns alle.
Damit sind wir auch bei der Verknüpfung der Kultur mit anderen Bereichen – hier speziell mit dem Tourismus. Hierzu haben wir Ihnen zusammen mit dem Koalitionspartner einen Antrag vorgelegt, der die Landesregierung auffordert, die Voraussetzungen zu schaffen, damit die positiven Effekte einer Verbindung von Kultur und Tourismus stärker herausgestellt werden können. Dazu müssen die Möglichkeiten verbessert werden, die mittelund langfristigen Planungen kultureller und touristischer Angebote besser aufeinander abstimmen zu können. Der Dialog von Experten und Beteiligten aus beiden Bereichen muss gefördert werden, und überregionale Aktivitäten und Initiativen verdienen bessere Unterstützung.
In nächster Zeit wird die SPD-Landtagsfraktion zu einem Gespräch einladen, bei dem wir mit Expertinnen und Experten von Kultur und Tourismus über Perspektiven und Chancen in Rheinland-Pfalz reden werden.
Ich habe eingangs gesagt: Ich komme zurück auf die Bedeutung einer Diskussion zu Strukturveränderungen. Ich stehe dazu, dass ich die Anregung des Ministers im Orchesterbereich, nicht nach dem Prinzip des Rasenmähers zu sparen, sondern über Fusionen und Kooperationen nachzudenken, für den richtigen Weg halte.
Wir haben dagegen einen breiten Widerstand erlebt, der sich zum Teil – das sage ich durchaus mit Respekt – recht pfiffig äußerte. Wir haben aber auch zum Teil ei
nen Widerstand erlebt, der sich rein regionalistisch gebärdete und wenig Interesse für die Kulturlandschaft insgesamt erkennen lässt.
Aber wir haben auch aus dem Kulturbereich viel Zustimmung beim Versuch gehört, die hohe Qualität, aber auch die Breite des kulturellen Angebots zu erhalten, und – das ist besonders wichtig; da dürfen wir auch keine falschen Versprechungen machen – wir müssen dieses Angebot auch langfristig s ichern.
Zu Beginn dieser Woche hat – das ist eben angesprochen worden – eine Arbeitsgruppe unter maßgeblicher Beteiligung der Betroffenen und ihrer Interessenverbände eine grundlegende Übereinkunft beschlossen. Sicher ist das kein leichtes Unterfangen, keine populäre Aktion, aber ich denke, vorbildlich in seiner Art.
Vergleichen Sie das doch einmal mit anderen Bundesländern. Was glauben Sie denn, warum die Gewerkschaft der Orchester, die Deutsche Orchestervereinigung, zugestimmt hat? Die können doch am besten über den Tellerrand schauen und vergleichen, denke ich, und wissen, dass das der einzig gangbare Weg war.
Auf innere und äußere Kooperation zu setzen, dafür gibt es keine Alternative. Die Kulturjournalisten haben in den Zeitungen am Dienstag das Ergebnis einhellig gewürdigt. Die Lokalberichterstattung gestern sah anders aus. Ich denke, die Blickwinkel sind eben mehr oder weniger weit.
Dass es in dem Bereich noch Gesprächsbedarf gibt, ist unbestritten. Ich denke, die Betroffenen wissen das auch und werden in den dafür vorgesehenen Gremien weiter darüber reden.
Ich berufe mich in meiner Beurteilung auf einen Betroffenen, dessen Kompetenz unumstritten ist und der eine der wichtigsten Persönlichkeiten des Kulturlebens in Rheinland-Pfalz ist: Georges Delnon, der Intendant des Mainzer Staatstheaters. Er hat in der Mittagskultursendung des SWR kurz vor Weihnachten zur Orchesterreform befragt, sinngemäß geantwortet: Ihm seien die Kulturpolitiker lieber, die durch Strukturreformen etwas ändern wollen als die, die nur sagen: Spart einmal schön. – Ich denke, dem ist nichts hinzuzufügen.
Dieses Nachdenken über Strukturen gilt auch für andere Bereiche, was die Zusammenarbeit im Bibliothekswesen – auch vorhin schon angesprochen –, das Bemühen um lebendige, den Gästen nähere Museen, oder attraktive Formen der Nachwuchsförderung in Musik, Bildende Kunst und anderen kulturellen Sparten betrifft.
Ich will kurz ein aktuelles Beispiel für die Schaffung von Strukturen nennen, die die kulturelle Arbeit unterstützen – Herr Frisch hat es auch schon dankenswerterweise gemacht –: die Versicherung für ehrenamtlich Aktive. Initiativen und Vereine haben nun mehr Sicherheit. Die Bitte, ehrenamtlich tätig zu werden, kann man jetzt mit
besserem Gewissen aussprechen. Die Geschäftsstelle Ehrenamt im Innenministerium hilft gern bei allen Fragen, die in dem Bereich auftauchen werden.
Ich will zum Schluss noch zwei Annäherungen an den Stellenwert des Kulturellen versuchen. Eine poetische, vielleicht ganz bewusst zuerst, warum denn auch nicht. Im Dezember letzten Jahres konnte man von einem schönen Projekt eines Kölner Bildhauers lesen, der Lutz Fritsch heißt. Das sind die kleinen Unterschiede.
Er hat rund 1.000 Künstlerinnen und Künstler und Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler um eine Bücherspende für eine Bibliothek im Eis in der Antarktis gebeten. Diese Lieblingsbücher können die Forscherinnen und Forscher in Zukunft in einem eiswüstentauglichen Container auf dem Eis als Lesesaal nutzen, mit Kirschholzregalen und auf einem braunen Ledersofa sitzend.
Das sind Menschen, die normalerweise zehn Meter unter der Erde ohne Tageslicht beklemmend eng sitzen. Bücher, Kultur in eine der lebensfeindlichsten Regionen der Welt zu bringen und nutzbar zu machen, das ist eine wunderbare Idee, denke ich.
Etwas noch zum Schluss, was uns näher ist. In der Zwischenbilanz der Landesregierung war Kultur neben Bildung und Wissenschaft ganz vorn genannt. Das ist gut so. Wir sind aufgefordert, selbstbewusst für den hohen Stellenwert des Kulturellen in der Politik einzutreten. Dabei dürfen wir nicht vom grünen Tisch aus bürokratisch über Kultur reden.
Wichtig ist, dass die, die im Kulturleben engagiert sind, merken, dass wir mit Leidenschaft für ihre Belange eintreten und ihre Aktivitäten respektvoll und mit Sympathie wahrnehmen.
Danke schön.
Herr Präsident, meine Damen und Herren, liebe Kolleginnen, liebe Kollegen! Wir sprechen über ein Thema, bei dem wir uns in der grundsätzlichen Zielsetzung sicher über alle Fraktionen hinweg einig sind. Keiner wird sich trauen zu sagen, Gender Mainstreaming als Strategie zur Verwirklichung von Geschlechterdemokratie sei nichts Erstrebenswertes. Das ist aber gerade ein Beleg dafür, dass die Anstrengungen zur konkreten Umsetzung besonders groß sein müssen; denn die GenderMainstreaming-Definition in ihren beiden Komponenten zu akzeptieren, nämlich – Zitat – „zu erkennen, dass es auf dieser Welt nichts Geschlechtsneutrales gibt, und
ausschließlich auf dieser Grundlage handeln“, wie es Astrid Lipinsky sagt, ist nicht mehr so selbstverständlich.
Es ist viel Fortschrittliches im Bericht der Landesregierung zu lesen. Er zeigt, dass sich die Ministerien mehr oder weniger um die Umsetzung der Gender-Strategie bemühen. Viele Beispiele dokumentieren das. Dabei ist wichtig, dass Gender Mainstreaming als Querschnittsaufgabe gesehen wird, die man nicht an das Frauenministerium delegieren kann, sondern eine Aufgabe für alle Politikbereiche ist.
Geschlechterrollen prägen viele Entscheidungen, und viele Entscheidungen tragen zur Verfestigung von Stereotypen bei. Das sind gesellschaftliche, soziale oder kulturelle Prozesse, die sich entwickelt haben, und die damit auch veränderbar sind. Die Gleichstellung von Frau und Mann bleibt eine der zentralen Herausforderungen und Zukunftsaufgaben der aufgeklärten Gesellschaft.
Die politische Kultur einer Demokratie ist ohne die Gleichstellung unvollkommen. Die Maßnahmen, über die berichtet wird, zeigen, dass der Ansatz von Gender Mainstreaming sehr stark an der Bewusstseinsbildung ansetzt. Er ist eine Strategie von der Spitze her. Dabei darf es aber nicht bleiben. Zur Umsetzung muss eine breite Verankerung bei den Entscheidungsträgern aller Ebenen gelingen. Da bleibt noch vieles zu tun.
Gender Mainstreaming ist Analyse und Strategie und ein Konzept zur Entwicklung der Chancengleichheit. Frauenförderung bleibt der zentrale Weg. Ich sage lieber, um den leicht gönnerhaft wirkenden Ton zu vermeiden, Maßnahmen zur Gleichstellung von Frauen und Männern bleiben der zentrale Weg.
Aus der Gender-Perspektive sind viele politische Einzelfelder neu zu bewerten. Das beginnt zum Beispiel bei den öffentlichen Haushalten, bei denen zu prüfen ist, ob Entscheidungen beiden Geschlechtern gleichermaßen dienen oder ob es Bevorzugungen in die eine oder andere Richtung gibt. Das gilt zum Beispiel für die Gesundheitspolitik, bei der die Erhebung geschlechterspezifischer Daten und die geschlechterdifferenzierte Gesundheitsvorsorge und -versorgung Voraussetzungen für eine zeitgem äße Politik sind.
In der Arbeitsmarkt- und Familienpolitik sind Zeitstrukturen zu untersuchen, die Arbeit und Freizeit konstituieren. Betreuungsangebote, wie wir sie in Rheinland-Pfalz mit der Ganztagsschule vorbildlich in die Wege leiten, befördern nicht zuletzt auch die Geschlechterdemokratie. Hier müssen wir mit den Ganztagsangeboten natürlich schon bei den Krippenplätzen und im Kindergarten anfangen.
Doris Ahnen hat sich heute, am Vortag der Konferenz der Gleichstellungs- und Frauenministerinnen in Mainz, die sich mit dem Thema „Vereinbarkeit von Erwerbstä
tigkeit und Familie“ beschäftigt, erinnert – Zitat – „dass mit der Novellierung des Kindertagesstättengesetzes im letzten Jahr durch zusätzliche Landesförderung deutliche Anreize für die Schaffung von mehr Ganztagsangeboten geschaffen wurden“.
Ich möchte noch einige Sätze schwerpunktmäßig zu Gender Mainstreaming in der Wissenschaft und der Weiterbildung sagen.
Die Jahrestagung der Hochschulrektorenkonferenz im Mai in Dresden hat das Thema „Frauen in der Wissenschaft“ in den Mittelpunkt der Beratungen gestellt. „Die immense Verschwendung von Begabungen und Fähigkeiten“, die Ministerin Bulmahn konstatierte, solange Chancengleichheit in der Wissenschaft nicht hergestellt sei, schadet nicht nur den benachteiligten Frauen.
Wir haben uns Maßnahmen zu überlegen, die das eklatante Mißverhältnis beenden, dass erstmals im Wintersemester 2002/2003 mehr Frauen als Männer studiert haben, jede dritte Dissertation von einer Frau geschrieben wird, aber nur noch jede fünfte Habilitation und nur jede zehnte Professur von einer Frau eingenommen wird. Dafür gibt es viele Gründe. Sicher müssen aber auch Berufungsverfahren beobachtet und Netzwerke gebildet werden, die nicht nur alte graue Männer konstituieren.
Rheinland-Pfalz ist mit seinen Hochschulen Vorreiter bei einer geschlechterbewussten Forschung und Lehre. Es gibt seit Jahren – ich muss es nicht weiter ausführen – das Ada-Lovelace-Mentorinnen-Netzwerk. Es gibt seit dem Wintersemester 2001/2002 an der Universität Trier ein Zertifikat „Interdisziplinäre Geschlechterstudien“. Das ist eine Zusatzqualifikation, die studienbegleitend mit dem ersten Hochschulabschluss erworben werden kann. Es gibt an der Universität in Mainz schon seit 1998 die „Dokumentationsstelle für Geschlechterforschung in Rheinland-Pfalz“, die vom Land gefördert die Leistungen der Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftler sichtbar macht und ihre Arbeiten unterstützt.
Die rheinland-pfälzischen Hochschulen haben eine rotierende Stelle für „Internationale und interdisziplinäre Frauen- und Geschlechterforschung“ eingerichtet, die zurzeit an der Universität Trier die Historikerin Karen Hagemann innehat. Viele weitere gute Beispiele wären zu nennen, auch praktische Hilfen, wie zum Beispiel das Tagesmütternetz an der FH in Mainz.
Auch im Weiterbildungsbereich ist Rheinland-Pfalz gendermäßig Spitze. Das ist besonders wichtig, weil dieser Bereich, wie schon gesagt, vor allem eine Strategie der Bewusstseinsbildung ist.
Zu nennen ist das Modellprojekt „Gender Mainstreaming in der Qualitätsentwicklung für Weiterbildungsorganis ationen“, das der Landesbeirat für Weiterbildung entwickelt hat. Schlüsselqualifikationen dabei sind – Zitat –: „Geschlechtergerechtes Bewusstsein und Arbeiten“, wie es Ulrike Gentner vom Heinrich Pesch-Haus in Ludwigshafen nennt, das heißt, eine Weiterbildung, die Gender Mainstreaming befördert, muss selbst eine Didaktik
haben, die – nochmals Ulrike Gentner – „Frauen und Männer in der Entfaltung ihrer Lebensbedürfnisse gezielt fördert“.
Noch ein interessanter Bezug. Wir haben in diesen Tagen auch den Bericht der Landesregierung zum Agenda21-Programm zugestellt bekommen. Auch hier wird der Gender-Aspekt deutlich angesprochen und plastisch der Zusammenhang von Geschlecht und Betroffenheit von Maßnahmen zur Erzielung einer nachhaltigen Umwelt deutlich. Dieses Bewusstsein muss auch bei politischen Entscheidungen relevant werden. Die enge Verbindung von Agenda 21 und Gender Mainstreaming als ganzheitliche Ansätze lässt hoffen, dass Politik differenziert mit den großen Herausforderungen und Chancen einer globalen und vernetzten Welt umgeht. Nur wenn alle Talente genutzt werden, ist nachhaltige Entwicklung möglich.
Warum sagt das alles ein Mann? Weil Gender Mainstreaming gerade den Männern nutzt!
Viele vermeintliche Werte von Männlichkeit, die in ihrer Entstehung und Auswirkung analysiert werden müssen, sind doch schrecklich unzeitgemäß und spießig geworden.
Mehr Emotionalität, Kooperation, ganzheitliches und nachhaltiges Denken tun uns Männern und der Gesellschaft gut.
Man muss den Eindruck haben, dass Männer so ziemlich auf dem absteigenden Ast sind.
Schon in der Schule sind die Mädchen eindeutig stärker. Das Sozialverhalten junger Männer muss uns darüber nachdenken lassen, ob es nicht noch mehr spezielle Fördermaßnahmen geben müsste, diese Probleme einzudämmen. Männer sterben früher, Männer begehen mehr Selbstmord, Männer haben mehr Unfälle. Mögen manche äußere und innere Unifomiertheiten früheren Frauengenerationen vielleicht imponiert haben – das ist vorbei, und das ist gut so.
Zum Schluss: Meine Frau, als sie gesehen hat, womit ich mich beschäftige, hat gesagt: „Theorie ist, wenn man weiß, wie es geht.“
Ein bisschen mehr Praxis täte uns allen gut.
Da ich noch einen Moment Zeit habe, will ich die Ministerin und ihr Haus loben. Es gibt eine Broschüre zu dem Thema „Gender Mainstreaming“, die lautet: „Eine praktische Einführung“. Sie ist tatsächlich eine praktische
Einführung, die diesen Namen verdient. Man kann sie gut lesen, man kann sie gut verstehen, sie ist flott geschrieben, sie ist pfiffig gestaltet – Kompliment dafür. Alle, die Gender Mainstreaming sprachlich und inhaltlich noch nicht so ganz verstanden haben, können sich diese Broschüre sicher vom Ministerium besorgen.
Danke schön.
Herr Frisch, es ist spät, ich will freundlich bleiben.
Doch. Liebe Kolleginnen und Kollegen von der CDU, Sie haben einen politischen Freund, den ich auch schätze, vor allem wegen seines Witzes. Das ist Theo Magin aus der Vorderpfalz.
Ich war eine Zeit lang mit ihm im pfälzischen Bezirkstag. Wenn wir Anträge behandelt haben, hat er die Diskussion oft mit einer pfälzischen Spruchweisheit eingeleitet: Liewer en Unkel, wu was mitbringt, wie e Tante, wu Klavier spielt. – Ich übersetze das einmal für die anderen Kulturkreise: Es ist besser, einen Onkel zu haben, der einem ein Geschenk mitbringen kann, als eine Tante, die Klavier spielt.
Daran lässt sich soziologisch einiges zum Stellenwert der Kultur in der Gesellschaft ableiten, auch zur Einschätzung der Geschlechter in Bezug auf ihre kulturelle Kompetenz. Ich will das jedoch nicht weiter vertiefen, da wir uns mit dem Haushalt beschäftigen.
Ich hoffe immer noch in vielen Fällen, wir versuchen auch im Landtag aus gemeinsamer guter Überzeugung beides miteinander in Verbindung zu bringen. Wir würdigen zum einen den hohen ideellen Stellenwert des Kulturellen, aber wir wissen auch, dass wir etwas „mitbringen“ müssen.
Unter diesem Aspekt kann ich mein Fazit vorwegnehmen. Wir haben für den Kulturbereich einen absolut positiven Haushaltsansatz zu beschließen.
Dabei möchte ich nicht so sehr einzelne Positionen in den Mittelpunkt meiner Überlegungen stellen, sondern etwas zu unseren Perspektiven und Zielen sagen. Wir haben eine faszinierende Verbindung von zwei Zukunftsbereichen in einem Ministerium. Das ist neu – die Wissenschaft und die Kultur. Beide befruchten sich gegenseitig. Für beide sind diese Herausforderungen anregend.
Die Rationalität schreibt man gemeinhin eher der Wissenschaft zu, wie die Kreativität eher der Kultur. Das muss, wenn es gut sein soll, auch umgekehrt gelten.
Sinn und Sinnlichkeit gehören zusammen.
Dabei gibt es durchaus auch andere Bezüge, für die der Kulturbereich wichtig ist und die umgekehrt positiv auf die Kultur einwirken.
Ich will das an einem Beispiel verdeutlichen – das haben sie nicht mitbekommen –, das mir nahe gegangen ist. Die Schülerinnen und Schüler der Arbeitsgemeinschaft „Neue Musik“ des Leininger-Gymnasiums Grünstadt haben sich an dieser Stelle etwa vor einem Jahr 4 bis 5 Tage im Rahmen von „Plenarmusik“, ein experimentelles Musiktheater, mit uns befasst – mit allen Sinnen, für alle Sinne.
Sie haben, denke ich, in dieser Zeit um ein Vielfaches mehr davon profitiert, als wenn Sie in der gleichen Zeit konventionellen Schulunterricht gehabt hätten. Davon bin ich überzeugt.
Die Kreativität und die Phantasie der Kultur sind unverzichtbar für unsere gesellschaftliche Entwicklung. Man könnte jetzt in diesem Zusammenhang einiges zu PISA sagen. Ich komme später noch einmal darauf zu sprechen, aber wir haben auch schon vorhin darüber geredet.
Diese Bedeutung gilt nicht nur für die Bildungspolitik, sondern auch für die Wirtschaft und gerade in unserem Raum sehr stark für den Tourismus. Es gibt viele Beispiele für eine sinnvolle Vernetzung, die nur bei großer Offenheit und Bereitschaft zum Neuen bei allen Partnerinnen erfolgreich sein können.
Am kommenden Wochenende wird Rheinland-Pfalz bei der Internationalen Tourismusbörse in Berlin ganz stark mit der Rheinromantik werben und damit das Motto des diesjährigen Kultursommers aufnehmen. Das ist gut so.
Wenn wir reisen, andere Städte und andere Länder sehen, ist es meist die Kultur, die uns anregt. Die wollen wir sehen, nicht die Niederlassung irgendeines Großkonzerns.
Kulturförderung steht vor zwei großen Herausforderungen. Zum einen hat sie in die Breite zu wirken. Ich nenne dabei bewusst noch einmal die alten Schlagworte: „Kultur für alle“ und „Kultur von allen“. Das sind Anstrengungen, die heute vor allem mit dem Ehrenamt in Vereinen und Initiativen verknüpft sind.
Viele Beispiele wären zu nennen, gerade auch von jungen Leuten. Ich will mich auf eindrucksvolle Präsentationen beschränken, die wir im Januar in der Staatskanzlei
bei der Preisverleihung „Ehrenamt in der Musikkultur“ auf Initiative des Landesmusikrats erlebt haben.
Genauso wichtig ist es, auf der Höhe der Zeit und der kulturellen und kulturpolitischen Diskussion über das Land hinaus zu wirken und Leistungen hervorzubringen, die auch mit den Metropolen konkurrieren können.
Herr Frisch, ich nenne ganz bewusst den Bahnhof Rolandseck als Beispiel für eine Perspektive, die hoffentlich bald bildende Kunst von Weltrang in einer Weise und in einem Ambiente präsentiert, die den Vergleich zu Häusern in Köln, Düsseldorf oder Frankfurt nicht zu scheuen braucht.
Das sollten wir anstreben, und wenn wir es schaffen, sollten wir stolz darauf sein.
Ich will ein anderes Beispiel aus dem Bereich der bildenden Kunst nennen. Ich habe in letzter Zeit einige Male die leidenschaftliche Arbeits- und Darstellungsfreude der Stipendiatinnen und Stipendiaten erlebt, auch die der Mitarbeiterinnen, die in unserem Künstlerhaus Schloss Balmoral in Bad Ems aktiv sind. Damit können wir international mithalten. Dort wird vorbildliche Arbeit geleistet, und offensichtlich macht es ihnen auch Spaß.
Es wird immer darüber gesprochen, was Kultur kostet. Herr Frisch hat nur darüber gesprochen. Ich finde es viel wichtiger zu würdigen, wie viele Menschen durch ihr persönliches Engagement diese Institutionen mit Leben erfüllen.
Frauen spielen eine Hauptrolle in unseren Kultureinrichtungen. Das ist mir bei Balmoral aufgefallen; das ist so bei den Landesmuseen in Mainz und in Koblenz, am Historischen Museum in Speyer, an der Pfalzgalerie in Kaiserslautern und am Theater in Mainz. Hierbei handelt es sich um eine gute Entwicklung, die wir durchaus noch weiter fördern können und müssen.
Ich will einige Beispiele nennen, mit denen wir uns im Zuge der Haushaltsberatungen mit besonderer Aufmerksamkeit beschäftigt haben. Ich nenne zum Ersten die Gedenkarbeit, zu der gestern schon der Kollege Dieter Burgard gesprochen hat, weshalb ich mich kurz fassen kann.
Ich bedanke mich gern noch einmal ausdrücklich bei allen Fraktionen des Landtags, dass wir in gemeinsamer Verantwortung und in einem gemeinsamen Beschluss Maßnahmen ermöglichen, die einer angemessenen Auseinandersetzung mit der Geschichte des NSTerrorregimes an den Gedenkstätten der Verfolgung in Osthofen und Hinzert dienen. Das nutzt der geschichtli
chen Aufarbeitung ebenso wie der aktuellen Auseinandersetzung mit den Feinden der Demokratie.