Hans-Gerhard Jene
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Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Es haben jetzt schon so viele Nachhaltigkeitsfachleute gesprochen, dass ich mich als Neuling im Parlament kurz fassen kann. Nichtsdestotrotz will ich natürlich eine Stellungnahme für die CDU-Fraktion abgeben. Bei uns ist das Thema Nachhaltigkeit keine Angelegenheit des Zeitgeistes, sondern eine zwingende Notwendigkeit, um die Anforderungen einer modernen Gesellschaft in der Zukunft zu meistern. Auch aus diesem Grund benötigen wir keine Nachhilfe vom Kollegen Ulrich. Wir werden mit Sicherheit das Problem von unserer Seite beleuchten und entsprechende Lösungsansätze finden.
Die Nachhaltigkeitsstrategie ist ein Handlungsprinzip zur Ressourcennutzung, bei dem die Bewahrung der wesentlichen Eigenschaften, der Stabilität und der Regenerationsfähigkeit der jeweiligen Systeme beachtet werden muss. Das bedeutet, dass nicht mehr verbraucht werden darf, als jeweils nachwachsen, sich regenerieren und künftig wieder bereitgestellt werden kann. Daran wird deutlich, dass ein allgemeinverbindlicher Konsens nicht einfach herzustellen ist. Deshalb muss die Nachhaltigkeitsstrategie ökologisch, ökonomisch und sozial ausgewogen sein. Sie macht nur Sinn, wenn sich nicht nur Wissenschaft, Politik und Wirtschaft damit befassen, sondern auch der Mehrwert für alle Bürgerinnen und Bürger erkennbar ist.
Deshalb wollen wir eine Nachhaltigkeitsstrategie entwickeln, die von der Mehrheit getragen wird. Dabei gehen Genauigkeit und Verlässlichkeit vor Schnelligkeit; Magnus Jung hat es bereits erwähnt. Wir wollen die Menschen bei diesem Vorhaben mitnehmen, das heißt, auch im Vorfeld mit ihnen zu diskutieren. Wir wollen mit den Menschen um die besten Lösungen ringen. Wir fangen dabei keineswegs bei Null an, es ist schon einiges geleistet worden. Kollege Magnus Jung hat bereits erwähnt, dass ein Maßnahmenkatalog erarbeitet worden ist. Ich möchte noch einige weitere Dinge nennen.
Wir können aufbauen auf der saarländischen Diversitätsstrategie, bei der Vielfalt des Lebens. Hierbei steht die Erhaltung der Arten und ihrer Lebensräume, die im Saarland einzigartig sind, im Vordergrund. Wir können anknüpfen an ein Programm zur nachhaltigen Dorfentwicklung, das Möglichkeiten neuen Lebens auf unseren Dörfern erfahrbar macht. Wir können an die Angebote zur Elektromobilität und die Vernetzung beziehungsweise Optimierung des ÖPNV anknüpfen. Wir kennen moderne Siedlungsentwicklung. Auch die finanzielle Nachhaltigkeit von Investitionen wurde bereits angegangen. Diese Aufzählung ließe sich beliebig fortsetzen.
Meine sehr verehrten Damen und Herren, die Einführung des Nachhaltigkeitsprinzips liegt bereits lange zurück. Diese Idee geht zurück auf die Entwicklung in der Forstwirtschaft vor 200 oder 300 Jahren. Mittlerweile könnte man den Eindruck gewinnen, dass die Wirtschaft diesen Nachhaltigkeitsansatz entwickelt hat, wenn man sich vor Augen hält, wie oft die Begriffe Nachhaltigkeit, Regionalität und Biodiversität von der Wirtschaft verwandt werden, um ihre Produkte zu vermarkten.
Gestatten Sie mir auch einige kritische Bemerkungen; Professor Bierbaum hat ja auch einiges kritisiert. Ich wähle das Beispiel der Forstwirtschaft, weil die Idee von der Forstwirtschaft ausging: Wir berufen uns immer auf Nachhaltigkeit. Wir stellen fest, dass wir in Deutschland eine nachhaltige Forstwirtschaft betreiben, also nur so viel Holz einschlagen, wie wir jedes Jahr an Zuwachs haben. Bei dem enormen Holzbedarf, den wir in Deutschland haben, bedeutet das aber, dass wir große Teile des bei uns verarbeiteten Holzes aus Südamerika, aus Osteuropa und aus Asien einführen müssen. Ob auch dort die Nachhaltigkeit so im Vordergrund steht wie bei uns, das möchte ich einfach einmal im Raum stehen lassen.
Ich will mit diesem Beispiel keineswegs gegen das Prinzip der Nachhaltigkeit argumentieren, das Gegenteil ist der Fall. Ich will sehr wohl aber auf die vorhandenen Schwierigkeiten hinweisen: Echte Nachhaltigkeit verlangt von uns allen, nicht nur bei uns in Deutschland, sondern von uns allen in allen Industrienationen, einen bewussten und sparsamen Umgang mit den endlichen Gütern dieser Welt. Dies kann und muss vielleicht in einigen Fällen auch zu Verzicht führen. „Verzicht“, das ist ja ein böses Wort, das Politiker nicht gerne in den Mund nehmen. Man muss aber darauf aufmerksam machen, denn nur Papiere zu entwickeln, ohne wirkliche Maßnahmen durchzuführen, das ist eigentlich nur heiße Luft. Auf heiße Luft aber können wir in Zeiten der Klimaerwärmung sicherlich verzichten.
Nachhaltigkeit ist daher aus meiner Sicht nicht nur eine saarländische Angelegenheit, auch nicht nur eine nationale Angelegenheit, sondern eine internationale Aufgabe. Insbesondere die Industrienationen müssen sich zu diesem Thema an einen Tisch setzen.
Die Landesregierung wird, das ist heute schon angeklungen, im geplanten Zeitrahmen eine Nachhaltigkeitsstrategie vorlegen. Diese wird unter Federführung des Umweltministeriums erarbeitet; auch das ist bekannt. Nichtsdestotrotz sind alle Ministerien aufgefordert, sich an der Bewältigung dieser Aufgabe zu beteiligen - und das tun sie auch.
Ziel aller Bemühungen ist es, die Lebenschancen künftiger Generationen, auch künftiger Generationen im Saarland, zu erhalten, ohne an anderer Stelle die Entwicklungsfähigkeit zu verringern. Mit einem verstärkten Einsatz aller ist es möglich, die Nachhaltigkeitsstrategie noch in diesem Jahr zu verabschieden und umzusetzen. Dazu sind alle aufgefordert, auch Sie, Herr Ulrich! Der Prozess ist in vollem Gange.
Sie haben wohl nicht aufgepasst? - Deshalb sehen wir zum jetzigen Zeitpunkt den Antrag der GRÜNEN als nachhaltig unsinnig an und werden ihn deshalb ablehnen. - Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.
Danke schön.