Andrea Hubrig
Sitzungen
Letzte Beiträge
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Jugendstrafvollzug in freien Formen in Sachsen ist seit vielen Jahren fester Bestandteil unserer Gesetzgebung. Es ist eine Alternative zum herkömmlichen Strafvollzug und ein Angebot an die jungen Straftäter, außerhalb der Justizvollzugsanstalten einen strukturierten Alltag mit familiärer Bindung, klaren Regeln und gegenseitigem Respekt zu erfahren, um sich so schneller wieder in den Alltag ohne Rückfallgefahr eingliedern zu können.
Die Mindestverweildauer beträgt neun Monate. Dazu wird im Vorfeld eine Prüfung auf Eignung des Straftäters durch den Jugendstrafvollzug in Zusammenarbeit zwischen den Abteilungsleitern und der Diagnostik durchgeführt. Es erfolgt eine intensive Vorbereitung auf die Übernahme in das Projekt.
Es handelt sich hierbei nicht um Gewalt- oder Sexualstraftäter, sondern um Jugendstraftäter mit geringen Straftaten, die bereit sind, sich auf dieses Projekt einzulassen und die Regeln der dort vorgegebenen Tagesaufgaben einzuhalten. Diese sind an die normalen Lebensumstände von Familien im Alltag angepasst und umfassen darüber hinaus ein soziales Training und die Auseinandersetzung mit der Straftat sowie den geschädigten Opfern. Die Vermittlung christlicher Werte und Normen ist dabei fester Bestandteil des Konzepts.
Bisher sind 35 junge Männer in das Seehausprojekt eingebunden gewesen. Zwei Drittel davon haben das anspruchsvolle Programm geschafft und konnten es erfolgreich abschließen. Von dem Drittel, die abgebrochen haben, sind einige wegen Regelverstößen oder Fluchtgefahr von Seehaus e. V. zurückgeschickt worden. Andere haben sich selbst entschieden zu gehen, und zwar mit der Begründung, dass sie sich den Anforderungen nicht gewachsen fühlen. Das ist nicht ungewöhnlich, denn die meisten dieser jungen Männer haben bisher noch nie in ihrem Leben etwas zum Abschluss gebracht. Viele davon sind Schulabbrecher, haben Jugendhilfemaßnahmen
verweigert oder sind in ihren Beziehungen gescheitert.
Deshalb ist eine Quote von zwei Dritteln, die das Programm erfolgreich abgeschlossen haben, ein Erfolg.
Dennoch gibt es natürlich immer wieder Bemühungen, auf jeden Einzelnen individuell einzugehen, um einen erfolgreichen Abschluss zu erreichen. Die Vermittlungsquote derer, die das Projekt abschließen, liegt immerhin bei 95 %. Das zeigt, dass eine gute Vorarbeit geleistet wurde.
Ich begleite Seehaus seit seiner Entstehung 2011 hier in Sachsen. Die Vorbehalte, mit denen man in der Öffentlichkeit einer solchen Einrichtung anfangs begegnet ist, waren zum Teil deprimierend. Neben den inhaltlichen Aufgaben mit den Straftätern bekam die erforderliche Öffentlichkeitsarbeit einen großen Stellenwert. Das hat sich nach ausführlicher Informationstätigkeit verbessert, sodass sich der Träger nun nach den abgeschlossenen Baumaßnahmen in der neuen Einrichtung und der damit verbundenen Erweiterung von sieben auf 14 Plätze noch intensiver der inhaltlichen Arbeit widmen kann.
Die Diskussion um die angeblich zu intensive Abstellung auf den christlichen Glauben gegenüber den Jugendlichen, die man dem Bericht entnehmen kann, halten wir für völlig unangemessen. Seehaus e. V. ist Mitglied im Diakonischen Werk und steht damit natürlich auf christlicher Grundlage. Die Bewerber werden hierüber ausführlich vorab informiert.
In den ersten drei Wochen wird mit den jungen Männern in der Bibel gelesen, damit sie die Bibel kennenlernen und für sich entscheiden können, ob sie sich mit dem christlichen Glauben auseinandersetzen wollen oder nicht.
Das Kennenlernen des christlichen Glaubens ist ein Angebot, und jeder trifft am Ende seine eigene Entscheidung, ohne Auswirkungen auf das restliche SeehausProgramm. Die jungen Männer werden in keiner Weise in ihrem Glauben oder Nicht-Glauben eingeschränkt, Gottesdienstbesuche sind immer freiwillig.
Kritisch wurde das Auslegen von Flyern in der Einrichtung angesprochen – sicherlich zu Recht. Diese wurden im Zusammenhang mit einem Treffen der e. V. Allianz – sprich: Freikirche, evangelische Kirche, methodistische Kirche usw. – ausgelegt und sind danach wieder entfernt worden.
Ferner wurden im Bericht angebliche Freiheitseinschränkungen angesprochen. Das entspricht so nicht der Tatsache. Das Gelände wird regelmäßig mit der gesamten
Gruppe verlassen, zum Beispiel zum Frühsport, bei anderen Sportangeboten, Arbeitseinsätzen im Rahmen der Ausbildung oder bei Freizeitveranstaltungen. Ab einer bestimmten Stufe können auch Sportvereine oder dergleichen außerhalb des Geländes besucht werden.
Ich selbst habe einen Besuch im Sächsischen Landtag organisiert und war mit dieser Gruppe von Jugendlichen im Gespräch. Wir halten das Projekt für ein gutes Zukunftsmodell zur Resozialisierung und Wiedereingliederung in ein selbstbestimmtes normales Leben. Wir sollten es weiterhin positiv begleiten, unterstützen und das Gespräch zur Umsetzung der Betreuungsangebote mit dem Träger suchen.
Herzlichen Dank.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Herr Bartl, die heutige Aktuelle Debatte mit den Worten „... Drohenden Kollaps in den Justizvollzugsanstalten abwenden!“ halten wir von der Wortwahl her für sehr unangemessen. Es wird ein wenig der Anschein vermittelt, als ob wir alle überhaupt keinen Überblick mehr hätten, was in unseren Strafvollzugsanstalten geschieht, und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter ihrer Arbeit nicht mehr nachkommen könnten. Ich weiß nicht, ob wir uns mit solchen Formulierungen nach außen wirklich einen Gefallen tun.
Ja, gern.
Ich habe mit meiner Rede gerade erst begonnen.
Das habe ich noch nie gehört, –
– das muss ich jetzt so sagen: dass von einem Kollaps noch nie gesprochen worden ist – von Problemen schon, aber nicht von einem Kollaps. Ich halte die Wortwahl für ungünstig, und ich sage Ihnen auch, warum: Wir hatten in den Strafvollzugsanstalten einen sehr schweren Anfang. Ich denke nur daran, wie
viele Probleme es in Regis gegeben hat. Wir haben über die ganzen Jahre hinweg fraktionsübergreifend – es ist eigentlich selten der Fall, dass man sich zu einem solchen Thema miteinander findet – für Verständnis für die Justizvollzugsanstalten geworben, auch in der Öffentlichkeit. Sie wissen, wie schwer eine Standortsuche ist. Das ist wie mit dem Kindergarten: Alle wollen einen haben, aber bitte nicht vor der eigenen Haustür. Gerade über alles, was Strafgefangene betrifft, gibt es doch in der Öffentlichkeit immer eine Riesendiskussion: dass wir zu viel Soziales anbieten würden, dass wir uns viel zu sehr um die jungen Menschen, überhaupt um Strafgefangene kümmern.
Wir haben gemeinsam versucht zu vermitteln, dass dies eine Notwendigkeit sei und getan werden müsse. Wir haben dafür geworben, Personal für diese schwierigen Aufgaben zu finden. Wer will schon im Vollzug arbeiten, wenn es einen solchen Blick auf Strafvollzugsanstalten gibt? Es ist eine schwere Arbeit, aber wir brauchen dort unbedingt Fachpersonal. Wir haben dafür geworben, ehrenamtliche Kräfte zu finden, denn ohne diese – ich denke dabei an die Diakonie, Straffälligenhilfe usw. – würden wir diese Aufgaben überhaupt nicht mehr leisten können. Dessen müssen wir uns ebenfalls bewusst sein.
Was eine solche Negativdarstellung bringt, haben wir erst vor Kurzem bemerkt. Dazu muss ich einmal Ihre Kollegin Nagel ansprechen – Sie ist gerade nicht hier –, die völlig leichtfertig – sicher aus einem Irrtum heraus oder weil sie etwas verkannt hat – den Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern in Regis-Breitingen unterstellt hat, rechtsextreme Tendenzen aufzuweisen. Es ging um die Postkarte; ich möchte es nicht weiter ausführen. Sie hat sich dafür im Nachhinein entschuldigt. Das ist in Ordnung, aber es hat eine Riesenschlagzeile gegeben. Der Vollzug war wieder negativ im öffentlichen Fokus, und die Entschuldigung war dann ganz klein in der Presse abgedruckt.
Dies hat natürlich zur Folge, dass noch heute viele Bedienstete E-Mails und andere Aussagen bekommen, was dort eigentlich für Zustände herrschen würden. Deshalb sage ich: Wir tun uns mit einer solchen Art und Weise der Diskussion keinen Gefallen.
Ich bin gerade in den letzten Wochen sehr viel in den Vollzugsanstalten unterwegs gewesen, weil mich diese Situation interessiert. Wir waren mit dem Staatsminister in Regis-Breitingen und haben dort eine Suchttherapiestation eröffnet. Dazu möchte ich anmerken, dass dies eigentlich nicht die Aufgabe der Justiz ist; aber das Staatsministerium hat sich dazu entschieden, da dies gerade in Regis für die jungen Menschen wichtig ist. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter dort waren so etwas von motiviert! Sie freuen sich auf diese neue Aufgabe und sagen: Das ist auch mit Blick auf die Zukunft für die
jungen Menschen, wenn sie aus dem Vollzug entlassen werden und drogenfrei sind, eine wirkliche Chance, wieder in der Gesellschaft anzukommen.
Ich war in Zeithain – fast hätte ich gesagt: eine tolle Einrichtung; aber das muss man zu einem Vollzug nicht unbedingt sagen. Aber ich sage einmal: Von der Ausrichtung und der Therapiestation her und was dort mit welcher Motivation geleistet wird, kann ich wirklich nicht feststellen, dass irgendjemand das Gefühl hat, kurz vor einem Kollaps zu stehen.
Meine Redezeit ist jetzt nur noch kurz. Ich würde gern in der zweiten Runde etwas zur Personalsituation sagen.
Ich möchte für die CDUFraktion noch einmal ganz klar sagen: Wir wollen hier überhaupt nichts kleinreden. Wir wissen über die Personalsituation in den Strafvollzugsanstalten sehr genau Bescheid.
Manchmal habe ich den Eindruck, dass man verschiedene Anstalten vielleicht auch einmal einzeln bewerten müsste. Es gibt Vollzugsanstalten, in denen es relativ gut funktioniert, auch mit dem Personalbestand. Es gibt aber auch das, was Sie angesprochen haben – Chemnitz –, wo es zu solchen Situationen kommt, was man natürlich nicht gutheißen kann.
Ja, gern, Herr Präsident.
Das habe ich zur Kenntnis genommen, ich habe meiner Fraktion diesen Vorschlag auch schon gemacht, aber Sie wissen, wie das manchmal so ist mit den Mehrheiten.
Ich kann nur noch einmal dafür werben, dass man das tut, weil die Situationen wirklich sehr unterschiedlich sind. Wir müssen aufpassen, denn wir sind ja in verschiedenen Beiräten, und der eine hat den einen Eindruck und der andere einen anderen. Ich werde es auf jeden Fall noch einmal ansprechen; ich denke, Herr Modschiedler ist offen für ein solches Gespräch. Ich will noch einmal betonen, die Personalsituation ist klar, wir werden daran arbeiten, wir werden wieder in eine Haushaltsdiskussion gehen.
Es ist aber auch nicht so, dass wir gar nichts gemacht hätten. Wir haben in der Haushaltsdiskussion in den letzten Jahren die Aussetzung des Personalabbaus beschlossen – das sind immerhin 370 Stellen zwischen 2016 und 2020. Dass nicht alles sofort wirksam wird, hatten Sie schon erwähnt. Die Staatsregierung hatte damals um 50 Bedienstete erhöht und wir als CDU-Fraktion haben noch 40 draufgesetzt – das sind also auch 90 Bedienstete mehr gewesen. Das sind 90 Stellen im allgemeinen Vollzugsdienst und 15 Projektmittelstellen für Psychologen und Dolmetscher. Dass gar nichts passiert wäre, kann man so nicht sagen. Viele stellen schon eine sichtbare Erleichterung fest, aber wir müssen weiter daran arbeiten.
Ich will noch auf eines hinweisen: Unsere Fraktionen haben vor Kurzem bei der Evangelischen Akademie zusammengesessen – Herr Bartl und Frau Meier beispielsweise waren auch mit dabei – und zu Maßnahmen der Resozialisierung gesprochen. Sie haben zwei Anträge zu diesem wichtigen Thema gestellt – wir werden dazu in die Diskussion kommen und schauen, ob wir neue Lösungen finden können, wie wir im Gespräch sein können. Was es an Veränderungen geben muss, das ist klar, darüber werden wir reden. Ich bin auch überzeugt, dass wir so, wie wir es in den letzten Jahren gemacht haben – und dafür möchte ich an dieser Stelle noch einmal werben –, fraktionsübergreifend gemeinsam Lösungen finden
werden, vielleicht auch zur Zufriedenheit des einen oder anderen.
Danke.
Sehr geehrter Herr Präsident! Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich möchte mich am
Anfang meiner Ausführungen im Namen der CDUFraktion sehr herzlich bei der Staatsregierung für die sehr umfangreiche Beantwortung der Großen Anfrage bedanken.
Sie schließt sich an die Berichte und Anfragen über die Situation im Strafvollzug der letzten Jahre an und ist letztendlich eine Bestandsaufnahme zur Umsetzung unseres Sächsischen Strafvollzugsgesetzes, welches wir 2013 mit breitem Konsens über alle Fraktionen hinweg evaluiert haben. Es wurde nach Einschätzung nicht nur vieler Fachexperten, sondern auch durch die Anstaltsleitungen und die Mitarbeiter als eine der modernsten und anspruchsvollsten Gesetzgebungen im Ländervergleich im Bereich des Vollzugs eingeschätzt.
Die Umsetzung der gesetzlichen Grundlagen kann sich sehen lassen. Die Ausbrecherquote liegt praktisch bei null, das heißt, unsere sächsischen Gefängnisse sind und bleiben sicher. Die Rückfallquote hat sich wesentlich verbessert. Ein Drittel der Entlassenen ist rückfällig; das ist sicherlich noch immer zu viel, aber zwei Drittel schaffen den Absprung, was für eine gute Resozialisierungsarbeit spricht.
Wir verfügen über eine erfolgreiche Sozialtherapie, die wir mit wissenschaftlicher Begleitung weiterführen und ausbauen können. Der Vollzug in freien Formen – Seehaus – hat sich bewährt, und wir werden die Bestrebungen auf Erweiterung der Angebote in dieser Vollzugsform nachhaltig unterstützen.
Aber es gibt nichts, was man nicht noch besser machen könnte – auch mit Blick auf die zukünftige Gestaltung in den nächsten 20 Jahren. Diese wird sich aus neuen Erfahrungswerten der bisherigen Erkenntnisse und einer vielleicht veränderten Entwicklung der Haftzahlen ergeben und dabei auch manche Frage aufwerfen. Zum Beispiel, ob bei bestimmten Delikten eine Verurteilung in einem geschlossenen Vollzug wirklich noch sinnvoll ist. Ich denke dabei an die Ersatzfreiheitsstrafen, die gegenwärtig circa 40 % ausmachen, oder an ausländische Straftäter, die wegen Beförderungserschleichung verurteilt wurden.
Eine Spezialisierung von Haftanstalten auf neue Gefangenengruppen könnte ein weiteres zukünftiges Thema sein. Es ist bereits jetzt absehbar, dass wir mehr ältere Gefangene haben werden, sodass sich Seniorenstationen erforderlich machen, was mit einer entsprechenden medizinischen und sozialen Versorgung einhergeht. Auch mehr ausländische Gefangene, für die wir ausreichend gutes Personal mit sprachlichen und kulturellen Kompetenzen vorhalten müssen, werden zukünftig das Bild in unseren Vollzugsanstalten prägen.
Strafvollzug ist keine Verwahranstalt, aber auch kein Kuschelvollzug, wie es oft öffentlich dargestellt wird, sondern er bedarf einer individuellen Förderung jedes
einzelnen Straftäters zur Befähigung, künftig in sozialer Verantwortung ein straffreies Leben führen zu können.
Mit der Einführung des Diagnoseverfahrens nach dem Aufnahmeverfahren und der Vorbereitung der Vollzugs- und Eingliederungsplanung ist diese individuelle Aufarbeitung möglich geworden und hat positive Wirkungen erzielt. Dabei gilt es auch, den unterschiedlichen Ansprüchen zwischen den verschiedenen Vollzugsformen Rechnung zu tragen.
Während sich im Erwachsenenvollzug die Aufmerksamkeit mehr auf die Einrichtung von Arbeitstherapie und Beschäftigung richtet, bedarf es im Jugendstrafvollzug einer konzentrierten Ausrichtung auf schulische und berufliche Angebote. Dabei kommt der Mitwirkung durch Unternehmen, soziale Verbände, Vereine, der Jugendgerichtshilfe sowie dem bürgerschaftlichen Engagement eine sehr hohe Bedeutung zu.
Besonders hervorzuheben ist die engagierte und erfolgreiche Arbeit vieler Vereine in der Opferarbeit, wie zum Beispiel der Weiße Ring mit seinem Landesvorsitzenden Geert Mackenroth und seinem Team.
Auch im Bereich von Kunst, Kultur, Sport oder Musiktherapie ist die Mitwirkung Außenstehender unverzichtbar. Dieser Mitwirkung oftmals vieler Ehrenamtlicher gilt unsere besondere Anerkennung und unser besonderer Dank.
Dennoch tragen letztendlich die Vollzugsbediensteten vollumfänglich die Verantwortung für die Umsetzung der Maßnahmen und für einen gesicherten Ablauf im Vollzug.
Leider ist die momentane personelle Situation in den JVAs nicht ausreichend. Aus der Erfahrung meiner Arbeit im Anstaltsbeirat der JVA Dresden, Hammerweg, sowie seit vielen Jahren in der Jugendstrafvollzugsanstalt RegisBreitingen kann ich einschätzen, dass sich der in den letzten Jahren vollzogene Personalabbau in vielen Bereichen des Vollzugs kritisch ausgewirkt hat. Trotz einer Anpassung im letzten Landeshaushalt im Personalbestand zu den neuen gesetzlichen Regelungen im Vollzug, besonders im psychologischen und Sozialdienst, stoßen die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter an die Grenzen ihrer Leistungsfähigkeit.
Der Krankenstand im Vollzug ist übermäßig hoch. Die damit angefallenen Fehlschichten müssen von anderen Bediensteten übernommen werden. Damit steigen auch die Überstunden ins kaum noch vertretbare Maß. Eine permanente Unterbesetzung von Personal führt zudem unweigerlich zu Konflikten zwischen Bediensteten und Strafgefangenen. Der gesetzliche Resozialisierungs- bzw. Erziehungsauftrag kann zum Teil nur noch eingeschränkt vollzogen werden. Abstriche bei Aufschlusszeiten, im Freizeitangebot, in der Therapiearbeit oder bei der Betreuung im Besucherbereich sind auf Dauer nicht hinzunehmen und führen oftmals zu Unruhen bis hin zu Übergriffen und gefährden damit auch die Sicherheitslage.
Wechselnder Bediensteteneinsatz aus anderen Bereichen führt dazu, dass feste Ansprechpartner für die Gefangenen nicht präsent sind, mühsam aufgebaute Vertrauensverhältnisse sowie wichtige Beziehungsarbeit verloren gehen und die Distanzlosigkeit von Gefangenen gegenüber den Mitarbeitern wächst.
Der Verzicht des geplanten Stellenabbaus im Bereich der Justiz – und damit auch den Justizvollzug betreffend – war daher eine konsequente und nicht aufschiebbare Entscheidung. Die in Zukunft zu besetzenden 50 neuen Stellen werden die Situation deutlich verbessern.
Liebe Kolleginnen und Kollegen, das Bild der Straftäter hat sich in den vergangenen Jahren massiv verändert. Die Gewaltbereitschaft ist größer und die Hemmschwellen sind niedriger geworden. Zunehmend beobachten wir auch im Vollzug einen Anstieg an Drogenabhängigkeit durch neue chemische Substanzen, die schon bei Einnahme von geringen Mengen zu einer irreparablen erheblichen körperlichen Schädigung führen. Dieser Tatsache entgegenzutreten bedarf einer vollumfänglichen Präventionsarbeit, die zusätzlich Kräfte in unserem Vollzugsdienst binden wird.
Es ist aus all den vorgenannten Gründen unausweichlich, die Personalentwicklung in unseren Strafvollzugsanstalten im Blick zu behalten und entsprechend den Altersabgängen und den notwendigen Ausbildungskapazitäten anzupassen.
Trotz dieser schwierigen Situation wird die Arbeit durch die Vollzugsbediensteten in unseren Vollzugsanstalten in hohem Maße engagiert, motiviert und zielführend durchgeführt.
Dafür möchte ich allen Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern im Namen meiner Fraktion den herzlichsten Dank aussprechen.
Die intensive ganzheitliche Betreuung der Straftäter hat nach neuesten kriminologischen Erkenntnissen die Rückfallquote sinken lassen.
Letztlich zeigen die praktischen Beispiele, dass den Mitarbeitern des Strafvollzugs im Rahmen des Übergangsmanagements eine wichtige Rolle in der Begleitung der Gefangenen, aber auch der bereits Entlassenen für eine erfolgreiche Integration in unsere Gesellschaft zukommt.
Dies steht im Gegensatz zu den erst jüngst gemachten Aussagen von Herrn Direktor Galli, der der Auffassung ist, dass alle Gefängnisse abgeschafft werden sollten, weil sie keine erkennbaren Erfolge erzielen würden.
Wichtig wird es sein, unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vollzug für die kommenden Aufgaben weiter nachhaltig zu qualifizieren. Schwerpunkte sehe ich dabei im Umgang mit anderen Kulturkreisen bis hin zu Möglichkeiten, sich in diesen Sprachen zu üben, sowie in der
Vermittlung von Handlungsanweisungen für die Arbeit mit zunehmend psychisch auffälligen Gefangenen.
Positiv ist zu erwähnen, dass die Überprüfung verschiedener sächsischer Anstalten auf menschenwürdige Unterbringung und Behandlung der Straftäter durch die europäische Menschenrechtskommission durchgehend anerkennende Ergebnisse erbracht hat. Im Bereich Suizid liegen wir unter dem Bundesdurchschnitt. Dennoch ist jeder Suizid einer zu viel.
Der gesundheitlichen und seelsorgerischen Betreuung wird große Bedeutung beigemessen. Mit dem Neubau des Haftkrankenhauses in Leipzig werden weitere Voraussetzungen für eine gute medizinische Versorgung geschaffen.
Begrüßenswert ist das uneingeschränkte Bemühen auch vonseiten der Staatsregierung, Arbeitsplätze in den Vollzugsanstalten zu schaffen. Es hat sich gezeigt, dass trotz einer gesetzlich nicht bestehenden Arbeitspflicht die Beschäftigung für die Strafgefangenen eine große Rolle spielt.
Neben der Einsicht, dass die Chance auf Wiedereingliederung in das normale Leben außerhalb des Vollzugs durch die erworbenen Fähigkeiten leichter ist, wird auch das Selbstwertgefühl des Einzelnen dadurch gestärkt, leistungsfähig und finanziell unabhängig zu sein. In diesen Bemühungen sollten wir nicht nachlassen und entsprechend den Möglichkeiten in den Vollzugsanstalten weiter an einer Ausweitung der Arbeitsplatzangebote arbeiten.
Gleiches gilt für Bildungs- und Qualifizierungsangebote. Wir unterstützen die Staatsregierung in ihren Bemühungen, trotz auslaufender Mittel aus dem Europäischen Sozialfonds an den Bildungsangeboten festzuhalten und die bestehenden Kooperationsvereinbarungen mit den Bildungsträgern weiter aufrechtzuerhalten.
Es gilt, jetzt die Weichen zu stellen. Arbeit, Ausbildung, Schule und Behandlung sind dabei als Ganzes zu betrachten.
Feste Behandlungstage, eingebettet in die Bildung und Beschäftigung, und die schrittweise Überleitung von geförderten Maßnahmen in neue Modelle, beispielsweise Produktionsschulen, können ein Weg sein. Unsere Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter im Vollzug sind kreativ und haben dazu schon viele neue Ideen entwickelt.
Auch der Bereich der Familienbetreuung wurde weiter ausgebaut. Der Familienbezug ist eine der wichtigsten Grundlagen und hat in der Gesamtwirkung der Strafzeit eine große Bedeutung für den Strafgefangenen. Die Suche nach Geborgenheit und der Wunsch, nach dem Vollzug wieder ein normales, in die Gesellschaft und in die Familie integriertes Leben führen zu können, ist eine große Motivation, insbesondere im Umgang mit und für die Verarbeitung der eigenen Straftat. Deshalb sollten die
Familienbegegnungen und die kontinuierliche Einbeziehung von Familienmitgliedern in die Prozesse der Strafanstalt weiterhin gefördert und unterstützt werden.
Die Umsetzung dieser vollumfänglichen Aufgaben im Strafvollzug wird durch die Anstaltsbeiräte positiv begleitet. Die Zusammensetzung der Beiräte aus dem politischen, sozialen, wirtschaftlichen, Bildungs- und seelsorgerischen Bereich ist sinnvoll und wichtig, um alle Bereiche absichern zu können.
Die Anstaltsbeiräte sollten sich auch weiterhin als Vermittler zwischen Anstaltsleitungen, Vollzugsbediensteten und Strafgefangenen verstehen.
Verehrte Kolleginnen und Kollegen! Die CDU-Fraktion wird sich auch weiterhin für die Umsetzung der in § 2 des Sächsischen Strafvollzugsgesetzes formulierten Ziele und Aufgaben einsetzen. Darin heißt es – ich zitiere –: „Der Vollzug dient dem Ziel, die Gefangenen zu befähigen, künftig in sozialer Verantwortung ein Leben ohne Straftaten zu führen. Er hat die Aufgabe, die Allgemeinheit vor weiteren Straftaten zu schützen. Dies wird durch eine wirkungsorientierte Vollzugsgestaltung sowie sichere Unterbringung und Beaufsichtigung der Gefangenen gewährleistet.“
Wir werden weiterhin die Opfer im Blick haben und mit rechtsstaatlichen Mitteln eine angemessene, verhältnismäßige und auf dem Boden unserer Werte stehende Arbeit in unseren Vollzugsanstalten durchführen.
Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich nehme die Wahl an und wünsche mir eine gute Zusammenarbeit mit allen Fraktionen.
Ja, mit Gottes Hilfe.