Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich eröffne die 70. Sitzung des 6. Sächsischen Landtags. Folgende Abgeordnete haben sich für die heutige Sitzung entschuldigt: Herr Heidan und Frau Lang.
Die Tagesordnung liegt Ihnen vor. Folgende Redezeiten hat das Präsidium für die Tagesordnungspunkte 3 bis 4 und 6 bis 9 festgelegt: CDU 105 Minuten, DIE LINKE
70 Minuten, SPD 56 Minuten, AfD 35 Minuten, GRÜNE 35 Minuten, Fraktionslose je MdL 4,5 Minuten und die Staatsregierung 70 Minuten. Die Redezeiten der Fraktionen und der Staatsregierung können auf diese Tagesordnungspunkte je nach Bedarf verteilt werden.
Ich sehe keine Änderungsvorschläge oder Widerspruch gegen die Tagesordnung. Die Tagesordnung der 70. Sitzung ist damit bestätigt.
Die Verteilung der Gesamtredezeit der Fraktionen hat das Präsidium wie folgt vorgenommen: CDU 33 Minuten, DIE LINKE 20 Minuten, SPD 18 Minuten, AfD 12 Minuten, GRÜNE 17 Minuten, fraktionslose MdL je 1,5 Minu
Als Antragsteller haben zunächst die Fraktionen CDU und SPD das Wort. Die weitere Reihenfolge in der ersten Runde: DIE LINKE, AfD, GRÜNE, Staatsregierung, wenn gewünscht, und die fraktionslose Kollegin Kersten. Ich bitte jetzt die einbringenden Fraktionen. Das Wort für die einbringende CDU-Fraktion ergreift Herr Kollege Lothar Bienst.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der Präsident sagte es gerade: „Gesagt – gefragt! Bildungspakt frühkindliche Bildung jetzt“. Ich könnte auch sagen: So geht sächsisch. Ende Januar ist eine Regierungserklärung durch unseren Ministerpräsidenten erfolgt. In dieser Regierungserklärung sagte der Ministerpräsident zu uns, wir müssen die frühkindliche Bildung stärken. Wir müssen die Qualität anheben. Die Kinder sind unsere Zukunft. Wir müssen neue Wege gehen. Wir müssen mit den Betroffenen mehr
Das ist eine neue Kommunikationskultur in Sachsen: Die Sachsen werden direkt beteiligt, bevor wir hier in diesem Plenarsaal bzw. im Landtag oder auch auf Regierungsseite eine Entscheidung treffen.
In seiner Regierungserklärung Ende Januar ging der Auftrag an das Kultusministerium, diese Beteiligung zu organisieren, eine Umfrage zu erarbeiten. Es hat keine zweieinhalb Monate gedauert, und das Kultusministerium mit seinen Mitarbeitern und Staatsminister Piwarz an der Spitze hat dafür gesorgt, dass es eine schnelle Umsetzung gibt und die wissenschaftliche Begleitung durch die TU erfolgt. Dank auch an das Team von Prof. Hagen.
Ich finde es gut, dass diese Online-Umfrage auf der einen Seite einen öffentlichen Teil, auf der anderen Seite auch einen internen Bereich besitzt. Damit ist eine Differenzierung in der Auswertungsphase besser möglich.
Lassen Sie mich noch einmal über die Notwendigkeit einer solchen Basisbeteiligung sprechen. Neben den sachsenweiten Aktionen wie „Kinder brauchen Zeit“, den Aktionen zur Schlüsselabsenkung, der Aktion „So geht sächsisch nicht“ und den vielen Podiumsdiskussionen sollten wir als Politiker uns die Zeit nehmen, mit den Betroffenen ins Gespräch zu kommen.
Ich habe das im letzten Jahr getan und im August als Praktikant in meinem Wahlkreis einen Tag in einer Kita gearbeitet. Das war ein ganz toller Tag mit den Kindern. Aber auch das Gespräch am Ende des Tages mit der Leiterin war sehr aufschlussreich. Dort spielte neben der Schlüsselabsenkung im Krippenbereich die Notwendigkeit von zusätzlichen Zeiten für mittelbare pädagogische Tätigkeit für alle Erzieherinnen und Erzieher eine große Rolle: die sogenannten Vor- und Nachbereitungszeiten. Beide Maßnahmenvorschläge spielen auch in der OnlineUmfrage eine Rolle. Ich glaube, das, was momentan in Krippe, Kita und Hort geleistet wird, dass die Erzieher neben ihrer Arbeit diese Vor- und Nachbereitung durchführen, gilt es entsprechend zu würdigen. Ich hoffe, dass die Online-Befragung auch in dieser Richtung im Ergebnis auszuwerten ist.
Nicht zu unterschätzen ist die Arbeit in den Schwerpunktkitas oder Sprachkitas, die eine besondere Leistung und eine besondere Aufgabe für unsere pädagogischen Fachkräfte ist. Es gilt, neben den sozial Benachteiligten auch Flüchtlingskinder und andere positiv zu begleiten, zu bilden und auf die Schule vorzubereiten. Dazu benötigen wir zusätzliche Fachkräfte. Das ist auch ein wichtiger Punkt in der Online-Umfrage.
Nicht zuletzt stellt das frei verfügbare Finanzbudget einen wichtigen Punkt dar, um zusätzliche Angebote bei der Förderung in der Kita zu organisieren. Ich vergleiche das immer mit den GTA-Angeboten in der Schule.
Ja, die Profilbildung von Kitas, meine Damen und Herren, ist eine Schwerpunktaufgabe. Es steht die Sport- und Gesundheitserziehung im Vordergrund, es geht um die digitale Medienbildung auch schon bei unseren Kleinsten, es geht um die musische Bildung, um Sprach- und Kulturbildung usw.
Die Betroffenen haben die Chance, das bis zum 01.05. zu bewerten und zu priorisieren. Ich bin auf das Ergebnis gespannt – vielleicht kann unser Staatsminister dann schon etwas dazu sagen.
Wichtig aber ist, neben der Verantwortung der Erzieherinnen und Erzieher in den Kitas auch über die Elternbeteiligung und die Elternverantwortung nachzudenken. Eltern sind die Verantwortlichen im Bildungsprozess, im Erziehungsprozess ihrer Kinder. Sie müssen in der jetzigen Zeit
stärker in die Verantwortung genommen und in diesen Bildungsprozess integriert werden. Dazu gibt es in der Umfrage einen wichtigen Punkt, nämlich, ob die Eltern überhaupt bereit sind, dort mitzutun. Ich glaube, das ist in der Auswertung sehr wichtig, um darüber zu befinden, wie es im frühkindlichen Bereich weitergeht. Welche Rolle die Sachkostenträger, sprich: die kommunale Ebene, einnimmt, wird meine Kollegin Kerstin Nicolaus in der zweiten Runde beschreiben.
Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Der Titel der Aktuellen Debatte „Bildungspakt jetzt“ – ich glaube nicht, dass wir jetzt damit anfangen; denn es ist einfach ein weiterer Schritt. Wir haben mit diesem Bildungspakt – und das darf man nicht unterschätzen – bereits 2014 angefangen, und wir werden am 01.09. dieses Jahres noch einmal einen deutlichen Schritt machen, wenn wir in der Krippe einen Betreuungsschlüssel von 1 : 5 haben. Wir gehen jetzt einen wichtigen nächsten Schritt, aber angefangen haben wir 2014.
Wir haben in den letzten drei Jahren nicht nur positive Resonanz darauf bekommen – das wissen wir alle, wie wir hier sitzen. Die Schritte waren nicht gleich spürbar. Sie waren für viele nicht wahrnehmbar. Das neue Personal war nicht vorhanden. Aber dass wir 2014 mit dem Finanzumfang von – jeder rechnet anders – 576 Millionen Euro angefangen haben, war so wichtig für die Bildungslandschaft im frühkindlichen Bereich. Wenn wir von einem Bildungspakt sprechen, müssen wir sagen, wir gehen jetzt den nächsten Schritt, aber angefangen haben wir 2014, und das war richtig und wichtig.
Wir haben nicht nur den Betreuungsschlüssel abgesenkt, sondern auch andere Wege eingeschlagen. Ich möchte einmal kurz an die Einführung der e-Kids erinnern. Da haben wir ein gutes Modell entwickelt, bei dem wir jetzt auf die Auswertung warten, die für Ende April angekündigt ist. Darauf bin ich ganz gespannt und wir können wichtige und richtige Schlüsse daraus ziehen.
Nun aber zur Umfrage. Warum ist es jetzt an der richtigen Zeit, den nächsten Schritt zu gehen? Wir sehen, dass die Bündnispartner, sei es das Graswurzelbündnis, seien es die Gewerkschaft oder die Erzieherinnen und Erzieher, die Leitungen, die Kommunen, uns ganz deutlich sagen: Wir brauchen die nächsten deutlich spürbaren Verbesserungen. So ist doch auch ganz klar, dass in die Umfrage vier Punkte gekommen sind, die für uns überschaubar, umsetzbar und – in dem finanziellen Rahmen, der uns mit
Die Forderung nach der Vor- und Nachbereitungszeit – Herr Bienst hat es gerade gesagt – tragen wir sehr gern mit, wenn sie an erster Stelle herauskommt. Das ist doch ganz klar. Sie kam ganz deutlich vom Graswurzelbündnis und auch von den Erziehern selbst: Sie brauchen jetzt die Zeit, um ihre Aufgaben, die sie aus dem Bildungsplan erhalten haben, tatsächlich umsetzen zu können – und eben nicht am Feierabend, nicht am Wochenende, sondern in der Arbeitszeit. Das ist ein ganz wichtiger Punkt in der Umfrage.
Bei der Absenkung des Betreuungsschlüssels sind es Trippelschritte, das wissen wir auch. Es ist richtig und wichtig darzustellen, was man mit einem finanziellen Umfang von 75 Millionen Euro machen kann. Dann sind das Trippelschritte. Das macht auch mal klar, mit welchen Anstrengungen und mit welchen finanziellen Mitteln wir die letzten drei Jahre den Schlüssel abgesenkt haben.
Stichwort Brennpunkt-Kitas. Ich sage ganz ehrlich, das liegt mir am Herzen; denn ich merke ganz deutlich, gerade auch, wenn man sich mit den Trägern der e-Kids unterhält, wie unterschiedlich die Landschaft unserer Kindertagesstätten ist und wie groß der Unterschied ist zwischen einer Kindertageseinrichtung in Triebel, wo die Erzieherin noch jede Mutti, jede Oma und alle persönlich kennt, und einer Einrichtung in Leipzig, wo uns die Eltern und vor allem die Erzieher sagen: Wir haben Probleme. Da ist der Migrationsanteil sehr hoch, da sind Familien verschiedenen Süchten ausgesetzt – Alkohol, Drogen, was auch immer –; wir haben Kriminalitätsprobleme, Arbeitslosigkeit etc. Die Unterschiede in unseren Einrichtungen in Sachsen sind so massiv, dass auch das ein sinnvoller und guter Punkt zur Umsetzung wäre.
Ich möchte damit nur sagen, wir haben in die Umfrage Aspekte aufgenommen, die auch gute und spürbare Schritte nach sich ziehen werden. Aber es liegt auch meiner Fraktion sehr am Herzen, dass es, wenn wir von einem Bildungspakt und von einem nächsten Schritt sprechen, eben nur ein nächster Schritt ist und noch nicht das Ende. Wir sehen sehr wohl, dass wir bei dieser Verbesserung der Qualität andere Bereiche nicht aus dem Blick verlieren dürfen. Wir dürfen die Kommunen nicht aus dem Blick lassen. Die Forderung nach einer steigenden Pauschale ist bei uns allen präsent, vor allem beim Finanzminister in den FAG-Verhandlungen. Wir dürfen die Eltern nicht aus dem Blick lassen. Keiner von uns kam in den letzten Jahren umhin, in den Kommunen über die Steigerung von Elternbeiträgen zu diskutieren. Und wir müssen die Fachlichkeit in den Einrichtungen erhalten. Genau dies treibt mich gerade um. Das macht mir Sorgen. Wenn wir in der Perspektive über weitere Qualitätsverbesserungen sprechen, dann muss auch noch genügend Fachpersonal vorhanden sein.
Die jetzige Umfrage ist ein Stimmungsbarometer. Wir brauchen sie ganz dringend. Ich denke, es ist richtig, die Eltern, Erzieher und Leitungen mit zu beteiligen. Das ist
Mitbestimmung. Man sollte diese Art der Mitbestimmung nicht schlechtreden aus der Angst heraus, dass einem vielleicht die eigenen politischen Felle davonschwimmen.