Cornelia Blattner

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Gern. – Sehr geehrter Herr Tagungspräsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Ich spreche jetzt zum „Gesetz zur Änderung des Aufgabenübertragungsgesetzes zum Unterhaltsvorschussgesetz“. Das Unterhaltsvorschussgesetz des Bundes regelt Unterhaltsvorschüsse und Unterhaltsausfallleistungen an alleinstehende Eltern. Wenn der barunterhaltspflichtige Elternteil nicht oder nicht regelmäßig Unterhalt für seine minderjährigen Kinder leisten kann, übernimmt zunächst der Staat diese Leistung. Dies stellt für mich schon eine sehr wichtige sozialpolitische Leistung dar, eine familienpolitische Leistung, die Alleinerziehenden zugutekommt, für deren Kinder kein oder nicht in entsprechender Höhe gesetzlicher Mindestunterhalt durch den Unterhaltsverpflichteten gezahlt wird.
Das Unterhaltsvorschussgesetz des Bundes regelt, wer berechtigt ist, diese Leistung zu beziehen, den Umfang der Unterhaltsleistung, die Ersatz- und Rückzahlungspflicht, Auskunfts- und Anzeigepflichten und die Aufbringung der Mittel.
Zur Historie: Seit 1995 sind die Landkreise und die kreisfreien Städte in Sachsen für die Durchführung des Unterhaltsvorschussgesetzes zuständig. Seit 2004 sind Landkreise und kreisfreie Städte auch für die Führung von Rechtsstreitigkeiten und für die Vollstreckung zuständig. Am 1. Juli 2017 änderte der Bund das Unterhaltsvorschussgesetz. Infolgedessen muss das Sächsische Aufgabenübertragungsgesetz nunmehr angepasst werden.
Dazu gehören zum Beispiel die Ausweitung des bezugsberechtigten Personenkreises unter bestimmten Voraussetzungen und die Normierung der Vollzugserleichterung beim Rückgriff auf den barunterhaltspflichtigen Elternteil. Mit diesem Gesetz wurde der Bundesanteil an der Kostentragung und an Rückgriffseinnahmen von einem Drittel
auf 40 % erhöht. Die im Sächsischen Aufgabenübertragungsgesetz zum Unterhaltsvorschussgesetz geregelte Aufbringung der Mittel und die Beteiligung an den Rückerträgen durch den Freistaat Sachsen, die Landkreise und die kreisfreien Städte ist ab diesem Zeitpunkt anzupassen.
Die geänderte Rechtslage wirkt sich seit dem 1. Juli 2017 zum einen bei den Eltern und zum anderen bei den Kommunen aus. Für die Eltern gilt: Bis zur Vollendung des zwölften Lebensjahrs können Kinder ohne zeitliche Einschränkung Unterhaltsvorschuss erhalten; die bisher gültige Höchstbezugsdauer von 72 Monaten entfällt. Kinder im Alter von zwölf Jahren bis zum vollendeten 18. Lebensjahr können unter bestimmten Voraussetzungen ebenfalls Unterhaltsvorschuss erhalten. Die Höhe des Unterhaltsvorschusses richtet sich jeweils nach dem Alter der Kinder und beträgt für Kinder von null bis fünf Jahren monatlich 154 Euro, für Kinder von sechs bis elf Jahren 205 Euro und für Kinder von zwölf bis 17 Jahren gegenwärtig 273 Euro.
Zum anderen betrachte ich jetzt die Auswirkungen der neuen Rechtslage auf den Freistaat und die Kommunen. Die Mittel für den Unterhalt werden weiterhin vom Bund, vom Land und von den Kommunen getragen. Der Bund, ich sagte es bereits, übernimmt 40 %, der Rest wird von Kommune und Land getragen. In Sachsen ist es so, dass das Land und die Kommunen jeweils 30 % übernehmen. Von den Einnahmen, die durch Rückgriff generiert werden, behalten die Kommunen 60 %, 40 % gehen an den Bund zurück.
Betrachten wir einmal die Fallzahlenentwicklung. Der Bundesgesetzgeber ist bei der Verabschiedung des Gesetzes von einer Steigerung der Fallzahlen um 27 % ausgegangen. Im Rahmen der Anhörung zum Sächsischen Aufgabenübertragungsgesetz wurde beispielsweise für die Stadt Dresden deutlich gemacht, dass sich die Zahl fast verdoppelt hat: von 3 613 im Jahr 2016 auf 6 871 im Juni 2018. Die Ausgaben sind im selben Zeitraum von 6,9 Millionen Euro auf 14,5 Millionen Euro gestiegen, die Einnahmen von 1,16 Millionen Euro auf 1,33 Millionen Euro. Damit geht auch ein entsprechender Personalmehrbedarf einher.
Das Fazit daraus: Erstens ist die Verabschiedung des Sächsischen Aufgabenübertragungsgesetzes notwendig, um das geänderte Bundesrecht auf Landesebene umzuset
zen. Zweitens: Durch die bundespolitische Änderung des Unterhaltsvorschussgesetzes – insbesondere die Erweiterung des berechtigten Personenkreises, die ich grundsätzlich begrüße – sind die Anstrengungen von Bund und Ländern zu erhöhen, um die Rückholquote zu verbessern.
Die Regierungskoalition hat bereits im vergangenen Jahr einen Antrag in diesem Haus eingebracht. Dabei ging es unter anderem um bundesweit einheitliche Vorgehensweisen und Zusammenarbeit, um denkbare administrative Hilfen des Freistaates für die Kommunen und um eine mögliche stärkere Einbindung der Anwaltschaft im Rahmen der Rechtspflege.
Der heute vorgelegte Entschließungsantrag, auf den meine Kollegin Pfeil-Zabel näher eingehen wird, soll zum einen dazu dienen, die Umsetzung der neuen Rechtslage und deren Auswirkungen insbesondere auf kommunaler Ebene zu begleiten und zu unterstützen.
Zum anderen soll eine Verbesserung der Rückholquote erreicht werden, denn höhere Rückholquoten bedeuten mehr Gerechtigkeit. Sie entlasten die Haushalte von Bund, Land und Kommunen – mithin also auch den Steuerzahler.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Schnelle Orientierung von Anfang an; denn auf den Anfang kommt es an: die Angebote für Erstorientierungskurse in Sachsen weiterentwickeln.
Im Dezember 2015 starteten die ersten Wegweiserkurse für Asylsuchende als Pilotprojekt. In insgesamt
30 Stunden werden in Kursen erste Sprachkenntnisse und kulturelle Erstorientierung vermittelt. Im Weiteren dienen die Kurse dazu, grundlegende Werte und wichtige Informationen zum Leben in Deutschland zu vermitteln. Dabei geht es um Werte, Normen und Gesetze in Deutschland; Mobilität und räumliche Orientierung; das deutsche Bildungssystem, Einkaufen, Erziehung, Gesundheitswesen und Umwelt; das Leben in der Erstaufnahmeeinrichtung und um den Ablauf des Asylverfahrens.
Mithilfe von niedrigschwelligen Angeboten lernen Asylsuchende, sich vor Ort besser zurechtzufinden und den Alltag in Deutschland zu bewältigen. Zum einen tragen die Kurse zur Strukturierung des Tages in den Erstaufnahmeeinrichtungen bei, zum anderen werden die Teilnehmenden an Lernstrategien herangeführt. Ziel der Wegweiserkurse ist es, den Asylsuchenden einen schnellen Zugang zu Verständigungsmöglichkeiten zu verschaffen und insbesondere Ordnungswissen und Rechte und Pflichten zu vermitteln. Dieses Ziel gilt es, weiter zu stärken, um eine Grundlage für ein gelingendes Zusammenleben zu schaffen.
Sachsen war bundesweit Vorreiter in der Erstorientierung für Flüchtlinge. Der Bund hat das Modell der Wegweiserkurse übernommen, jedoch ohne das sächsische Modell der Kulturmittler. Die kulturelle Vermittlung des Lebens in Sachsen durch Muttersprachler trägt zur besseren Verständlichkeit wichtiger und komplexer Informationen bei. Hier denke ich an den Abschluss von Mietvertrag und Telefonvertrag oder die umfangreichen behördlichen Formalitäten.
Bei einem Besuch in der Erstaufnahmeeinrichtung in Leipzig im Mai dieses Jahres erklärte ein Kulturmittler, der Anfang der Achtzigerjahre aus dem Libanon nach Leipzig gekommen war, dass er die Regeln der deutschen Gesellschaft näherbringen könne. Er erhalte einen besse
ren Zugang zu den Flüchtlingen, weil er deren Herkunftskultur kenne. Kulturmittler, die derzeit in Sachsen im Einsatz sind, erhalten nach einem einwöchigen Kurs ein Zertifikat und weitere Schulungen.
Erstorientierungskurse werden aufgrund des Angebots in den Erstaufnahmeeinrichtungen mit dem niedrigschwelligen Format gut angenommen. Dennoch stellt sich die Frage, wie die Motivation zur Kursteilnahme künftig erhöht werden kann. Die Gewährleistung bzw. der Ausbau der Kinderbetreuung während der Kurszeiten müssen den Eltern erleichtert und insbesondere Müttern muss die Teilnahme gesichert werden. Auch spezielle Kursangebote für Frauen können hilfreich sein. Nach den Erfahrungswerten ist davon auszugehen, dass Frauen diese Kurse weniger in Anspruch nehmen. Dazu müssen Maßnahmen ergriffen werden, diese stärker als bisher zu erreichen.
Eine besondere Herausforderung für die Lehrkräfte ist die heterogene und wechselnde Zusammensetzung der Kurse. Dabei ist es nicht einfach, den Lernbedürfnissen von Teilnehmenden mit verschiedenen Alphabetisierungsgraden und Vorkenntnissen gerecht zu werden. Die Trennung von nicht Alphabetisierten und Alphabetisierten kann dabei helfen, die Heterogenität zu reduzieren und einen binnendifferenzierten Unterricht zu erleichtern.
Sachsen verfügt über hervorragende Angebote zur sprachlichen und kulturellen Erstorientierung von Asylsuchenden in den Erstaufnahmeeinrichtungen. Die Inanspruchnahme der Kurse bleibt jedoch weiter hinter den Erwartungen zurück. Daher beschließen wir heute unter anderem, die Maßnahmen und Angebote der Erstorientierung auf den Prüfstand zu stellen und die Zielerreichung und Wirkung zu evaluieren.
Ich möchte darauf hinweisen, dass nicht mehr als 600 000 Euro ausgegeben wurden. Im Übrigen eignet sich der Antrag für eine Kleine Anfrage, aber es geht darüber hinaus um nicht mehr. Meine Fraktion wird dem Antrag nicht zustimmen.