Antje Feiks

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Auch ich würde gern eine persönliche Erklärung zu meinem Abstimmungsverhalten abgeben.
Ich konnte dem Polizeigesetz nicht zustimmen, weil ich viele der bereits genannten Kritikpunkte teile, aber ganz besonders entsetzt bin, was den § 77 anbelangt. Mit diesem Gesetz werden Journalistinnen und Journalisten zu Berufsgeheimnisträgern zweiter Klasse degradiert. Anders als bei Rechtsanwälten sind sie nicht von polizeilichen Maßnahmen ausgeschlossen, und zwar trotz eines bestehendes Zeugnisverweigerungsrechtes. Das greift meiner Meinung nach in den Schutz von Informantinnen und Informanten und in das Redaktionsgeheimnis der Presse ein.
Die Achtung des Vertrauens zwischen Informanten und Journalisten ist ein Grundpfeiler der Pressefreiheit. Heute wurde mit der Annahme des Polizeigesetzes eine zu starke Einschränkung in das journalistische Zeugnisverweigerungsrecht beschlossen. Im Gesetz gibt es keine Regelung, dass eine unvoreingenommene Prüfung durchgeführt werden muss, bevor die Polizei Zugang zu journalistischen Quellen erhält. Das steht auch in der Stellungnahme des Deutschen Journalistenverbandes Sachsen. Dem kann ich mich nur anschließen.
Ich finde, es ist an dieser Stelle kein Spiel, das wir hier betreiben. Uns sind die Grundrechtseinschränkungen zu stark. Deshalb konnten wir nur mit Nein stimmen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! „Unsere Demokratie braucht starke öffentlich-rechtliche Medien“ – mit dieser Aussage ist ein offener Brief überschrieben, der von 23 Verbänden und Institutionen unterzeichnet wurde, darunter DGB, Zentralrat der Muslime, Bundesverband der Verbraucherzentralen und AWO. Diese Forderung unterstützen wir als LINKE.
Der uns hier vorliegende Telemedienstaatsvertrag versucht zumindest, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk zu stärken und den Weg ins 21. Jahrhundert zu öffnen. So gibt es eine Erweiterung bzw. Flexibilisierung der Verweildauerfristen in den Mediatheken. Das heißt, in der Regel werden Beiträge, Filme, Dokumentationen etc. künftig 30 Tage statt bisher sieben Tage in der Mediathek verbleiben.
Eine weitere Neuregelung ermöglicht es den öffentlichrechtlichen Anstalten, online sogenannte zeit- und kulturgeschichtliche Archive mit informierenden und bildenden Inhalten anzulegen. Diese Angebote sind dann sogar zeitlich unbefristet zugänglich.
Für die Beitragszahlenden heißt das zusammengefasst: Es gibt für den Rundfunkbeitrag mehr Inhalt. Das wiederum erhöht die Akzeptanz der Öffentlich-Rechtlichen und stärkt sie im Wettbewerb gegenüber den Privaten und den Streaming-Diensten.
Aber wo Licht ist, da ist auch Schatten; denn die Verlängerung der Verweildauer hat auch Nachteile. Sie hat Nachteile für Produzentinnen und Produzenten, für Filmschaffende. Denn je länger ihre Dokumentationen und Filme kostenlos in den Mediatheken zur Verfügung
stehen, umso länger haben diese keine Möglichkeiten, ihre Werke zu vermarkten und damit Einnahmen zu erzielen. Der Präsident der Spitzenorganisation der Filmwirtschaft, Alfred Holighaus, formuliert es sehr drastisch, aber auch sehr passend: „Die Ausweitung der Mediatheken verbaut der mittelständischen Filmwirtschaft regelrecht den Zugang zum Online-Markt.“
Auf diese Einnahmen, liebe Kolleginnen und Kollegen, sind die Filmschaffenden und Produzenten angewiesen; denn leider ist es nicht so, dass unsere Rundfunkanstalten 100 % der Produktionskosten übernehmen würden. Eine Studie der AG Dokumentarfilm belegt, dass nicht einmal zwei Drittel der in öffentlich-rechtlichen Programmen laufenden dokumentarischen Filme bei Anwendung der sendereigenen Kriterien als voll finanziert gelten: Bei der ARD sind es 57 %, beim ZDF 34 %, bei den Dritten 49 %, bei Arte 81 % der laufenden Dokumentationen, die nicht voll finanziert sind. Konkret heißt das: Die meisten Produzenten legen erst einmal Eigenmittel obendrauf. Frau Czernik und Herr Fricke haben das als Sachverständige in der Anhörung im Fachausschuss ausführlich dargestellt.
Schauen wir zusätzlich auf die Produktions- und die damit verbundenen Lizenzkosten im Verhältnis. Für einen „Tatort“ wenden die Anstalten circa 15 000 Euro Produktionskosten pro Minute auf, für Talkshows zwischen 2 000 und 4 000 Euro. Für Kurzfilme wird lediglich zwischen 100 und 450 Euro je Minute bezahlt, inklusive Lizenzkosten für Einstellung in die Mediatheken – im Ergebnis ein zu deutliches Missverhältnis.
Zum anderen ist unklar, welche Mehrkosten bei einer Vergütung der längeren Verweildauern und bei Vollfinanzierung beispielsweise von Dokumentationen auf die Anstalten zukommen werden. Prof. Hain hat das in seiner Stellungnahme deutlich gemacht. Wenn man sich dann die aktuelle Diskussion um den Rundfunkbeitrag anschaut, weiß ich nicht, wie man diesen Spagat zwischen Gebührenstabilität zum einen und angemessener Vergütung zum anderen hinbekommen möchte.
Zusammengefasst heißt das: Die neue Regelung ist für die Zuschauer sinnvoll. Für Filmemacherinnen und Filmemacher kann sie allerdings existenzbedrohend sein. Die zugehörige Protokollerklärung – Frau Fiedler hat sie erwähnt – ist zwar schön: ARD und ZDF werden aufgefordert, eine angemessene Finanzierung der Produktionen zu sichern. Gleichzeitig wurde aber eben auch wieder der Passus einer Vereinbarung von Wirtschaftlichkeit und Sparsamkeit hineingeschrieben.
Es muss zu Neuverhandlungen der Erstvergütung zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Produzenten kommen. Das liegt bei der ARD seit über einem Jahr ergebnislos auf dem Tisch.
Mit der Verabschiedung des Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrags wird sich weiterhin kein Handlungszwang in den Anstalten ergeben. Das Thema bleibt eine Protokollnotiz. Allerdings sollten alle von ihrer Arbeit leben können und nicht draufzahlen müssen. Das
gilt auch für Filmschaffende. Insofern, finde ich, müssen wir als Politiker dranbleiben, damit Regelungen geschaffen werden, die für alle Beteiligten verbindlich sind.
Kommen wir zum nächsten Punkt: dem Versuch, den Streit zwischen Öffentlich-Rechtlichen und Printmedien beizulegen. Auf den ersten Blick ist es eine gute Sache, dass der Schwerpunkt der öffentlich-rechtlichen OnlineAngebote im audiovisuellen Bereich liegen muss. Das heißt, dass ein Textangebot in Grenzen zulässig ist, aber nicht presseähnlich sein darf. In Streitfällen kommt eine paritätisch besetzte Schlichtungsstelle zum Einsatz.
Das Ganze ist aber eben nur auf den ersten Blick eine gute Sache; denn ich glaube kaum, dass wir mit dem Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrag am Ende der Diskussion angekommen sind. Die jetzt getroffene Regelung ist unserer Auffassung nach nicht zukunftsträchtig und schwächt im Kern die ÖffentlichRechtlichen. Wir leben im Zeitalter des Internets, der Medienkonvergenz. Dass man hier zwischen der Art und Weise, wer etwas wie veröffentlicht, trennt, ist überholt.
Wenn die Verleger darauf pochen, dass sonst das eigene Geschäftsmodell gefährdet ist, lässt uns das wirklich aufhorchen. Denn seien wir ehrlich: Haben ARD, ZDF oder die Dritten damals einen Aufschrei veranstaltet, als Zeitungsverlage angefangen haben, eigene Videoformate zu erstellen? – Nein, haben sie nicht.
Die angedachte Schlichtungsstelle ist mit Sicherheit kein Allheilmittel, da dort zum Beispiel eine externe, unabhängige Seite gänzlich fehlt. Mehr noch: Die Privaten haben damit indirekt Einfluss auf die Programmgestaltung des öffentlich-rechtlichen Rundfunks. Das ist auch keine Schiedsstelle, wie der ARD-Vorsitzende Wilhelm immer wieder öffentlich betont. Die Stelle spricht Empfehlungen aus. Ob diese dann den Gang vor das Gericht vermeiden, bleibt fraglich.
Ich denke, wir müssen uns mit diesen Problematiken weiterhin beschäftigen. Der technologische Fortschritt, das Medienkonsumverhalten der Menschen zwingen uns dazu.
Zusammenfassend will ich sagen: Es wurde Zeit, dass der Telemedienauftrag neu definiert wurde. Allerdings weist der uns vorliegende Entwurf des Zweiundzwanzigsten Rundfunkänderungsstaatsvertrags mehrere Schwachstellen auf, die aufzeigen, dass wir noch lange nicht am Ende der Diskussion angekommen sind. Deshalb werden wir uns heute enthalten.
Danke schön.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen! Auch wir haben uns nach der Sinnhaftigkeit der Debatte gefragt. Auch Ihr Redebeitrag hat nicht wirklich zur Erhellung beigetragen, weil die Behandlung des Rundfunkänderungsstaatsvertrages in der nächsten oder übernächsten Plenarsitzung sehr wahrscheinlich ansteht. Deshalb die Frage: Warum jetzt diese Aktuelle Debatte, nur um in ein paar Wochen die gleichen Reden zu halten? Wir nehmen Ihnen auch nicht wirklich ab, dass Sie diskutieren wollen. Das hat man zum Jahresauftakt beim MDR wieder gesehen, als die Intendantin des MDR, Frau Prof. Wille, ihre Planungen für das Jahr vorgestellt hat, die Schwerpunktsetzungen, wo der Schweizer Wissenschaftler Prof. Wyss zur Rolle des öffentlich-rechtlichen Rundfunks referiert hat und die anwesenden Vertreterinnen und Vertreter der AfD in den Saal „Propaganda! Propaganda!“ gerufen haben, um dann sofort zu gehen und eben nicht zu diskutieren. Ihnen geht es nicht um Auseinandersetzung, und Sie wollen nicht diskutieren.
Ja, wir finden auch, dass der Zweiundzwanzigste Rundfunkänderungsstaatsvertrag an Stellen kritikwürdig ist. Aber darüber haben Sie halt nicht geredet – das ist ein Problem. Auch wir sehen das Spannungsfeld, was die längeren Verweildauern angeht, die einerseits die Verwertungsmöglichkeiten für Urheberinnen und Urheber einschränken und andererseits den öffentlich-rechtlichen Rundfunk attraktiver machen. Darüber, wie man aus dem Dilemma, dem Spannungsfeld, das Beste herausholt und
Auflösungsmöglichkeiten findet, hätte man reden können. Wir hätten auch über die Schlichtungsstelle reden können, wo sich im Grunde genommen Kontrahenten gegenübersitzen – wobei diese wenig unabhängig gestaltet ist. Das wäre ein spannender Punkt gewesen. Man kann auch darüber reden, wie tragfähig der Telemedienvertrag in Zeiten von Medienkonvergenz, Digitalisierung und Annäherung der einzelnen Erzeugnisse ist.
Aber das alles wollen Sie überhaupt nicht. Das haben Sie gerade bewiesen. Ihnen geht es nur darum, die übliche Medienschelte zu betreiben, „Lügenpresse“ zu rufen. Heute haben Sie das noch durch die Konsumentenverfolgung durch den öffentlich-rechtlichen Rundfunk ergänzt.
In der Anhörung am 14. Januar im Fachausschuss wurde deutlich, worum es Ihnen geht. Frau Wilke, Ihre Frage zielte wieder darauf ab, den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abzuschaffen. Ich zitiere: „Ist es bei den heutigen technischen Voraussetzungen nicht denkbar, dass wir ein einheitliches Recht für alle Medien schaffen ohne ein gebührenfinanziertes Angebot, das diese ungeheure Privilegierung schafft?“ Später haben Sie Ihre Frage dahin gehend begründet, dass es Ihnen um Freiheit der Medien geht. Das ist wirklich lächerlich. Die Sachverständigen haben aus gutem Grund alle diese Zielsetzungen vehement abgelehnt.
Ganz ehrlich, Frau Wilke: Meinungsfreiheit und informationelle Selbstbestimmung bedeuten nicht, dass Medien das berichten, was Sie gern möchten. Wir brauchen einen öffentlich-rechtlichen Rundfunk und den unabhängigen Journalismus. Wir sind in Deutschland relativ gesegnet, dass wir zwei Säulen haben, nämlich die ÖffentlichRechtlichen und die Privaten. Dass der ÖffentlichRechtliche seine Funktion hat, zeigen die Urteile des Bundesverfassungsgerichtes vom Juli 2018 und des Europäischen Gerichtshofes vom Dezember letzten Jahres zum Thema Rundfunkbeitrag. Ich zitiere: „Außerdem sind die hoheitlichen Vorrechte, die die öffentlichrechtlichen Sender im Bereich der Beitreibung der Rundfunkgebühr genießen, als ihrem öffentlichen Auftrag inhärenten Aspekt anzusehen.“
Abschließend: Ja, man könnte über den Rundfunkstaatsvertrag diskutieren. Das haben wir in der Anhörung gemacht. Man kann auch die Anzahl der Änderungen ins Feld führen, die beim Rundfunkstaatsvertrag vorgenommen werden. Aber – ganz ehrlich – dann geht bei Ihnen das Zeitalter der Digitalisierung anscheinend vollkommen vorbei. Auf Ihre unsachliche und populistische Art kann man in solchen Debatten leider nicht setzen. Im Gegenteil, Sie wollen keine aktuelle Debatte, Sie wollen eine aktuelle Verkündung Ihrer Ideologie. Da machen wir nicht mit.
Noch einmal ganz kurz: Sie wollen offensichtlich keinen öffentlich-rechtlichen Rundfunk.
Sie wollen nicht, dass öffentlich-rechtlicher Rundfunk im Netz präsent ist,
weil das Ihrer Meinung nach den Wettbewerb verschärft. Sie wollen nicht, dass Angebote des öffentlich-rechtlichen Rundfunks im Nachgang auf Onlineplattformen zugänglich sind. Sie bewerten die Inhalte des öffentlichrechtlichen Rundfunks als Mist, als Fake News. Dazu
kann man nur sagen: Gott sei Dank, dass es die Pressefreiheit gibt und dass nicht Sie bewerten, was richtig und falsch ist!
Was mich vorhin wirklich irritiert hat, ist die Auffassung Ihrer Fraktion zur Frage, ob Sie den öffentlich-rechtlichen Rundfunk abschaffen wollen.
Der eine sagt Ja, die andere sagt Nein – vielleicht könnten Sie noch einmal für Erhellung sorgen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Liebe Kolleginnen und Kollegen Abgeordnete! Seit 2016 wurden in Europa Chancen verpasst, vor und nach der Entscheidung zum Brexit, was die demokratische Kultur anbelangt, aber auch, was Teilhabe und Informationen angeht. Deshalb müssten Bürgerinnen und Bürger mit dem neuen Kenntnisstand, den es mittlerweile gibt, in
Großbritannien neu befragt werden; ein zweites Referendum müsste her.
Dafür müssten dann eigentlich auch Expertinnen und Experten heran, die klar und verständlich die Konsequenzen der Entscheidung darlegen, weil wir Folgendes gesehen haben: Beteiligung funktioniert nur, wenn klar ist, worüber man entscheidet. Was ist aber passiert? Vier Jahre lang gab es kaum Einbindung aller Beteiligten, auch nicht im Parlament. Das Ergebnis hat nicht nur die Premierministerin, sondern haben wir alle jetzt zu tragen. Wir kennen das im Grunde genommen auch nur zu gut aus Sachsen: zu wenig Debatten, kaum Einbeziehung gegenteiliger Auffassungen. Dabei ist es doch genau Aufgabe von Politik, dass man um die bestmögliche Idee ringt und das Beste herauszuholen versucht.
Wahrscheinlich ist jetzt ein Austritt Großbritanniens ohne jegliches Abkommen. Das ist eine politische, aber auch ökonomische und vor allem eine soziale Katastrophe für ganz Europa. In Sachsen ist der Schaden noch nicht vorhersehbar. Es wurde vorhin von Herrn Schiemann von „Spuren in der Wirtschaft“ gesprochen.
Schauen wir auf die Handelsbeziehungen. Eigentlich reichen den sächsischen Unternehmen die RusslandSanktionen schon, nun kommt auch noch der Brexit. Großbritannien ist der drittgrößte Handelspartner sächsischer Unternehmen. 350 Unternehmen exportieren ins Vereinigte Königreich; das bedeutet, jeder fünfte Betrieb. Damit bangen schon wieder Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer um ihre Jobs und ihre Zukunft.
Neben dem wirtschaftlichen Schaden ist bei einem kalten Brexit der moralische Schaden immens. Es geht auch schon lange nicht mehr nur um den Brexit; denn das Referendum war für viele Britinnen und Briten eine Chance, ihrem tief verankerten Misstrauen gegenüber dem politischen Establishment Ausdruck zu verleihen. Wir sprechen viel zu wenig über die wahren Gründe, warum auch in Deutschland und in ganz Europa nicht wenige Menschen Nazis und Rassisten wählen oder wie zum Beispiel Donald Trump in den Vereinigten Staaten Präsident werden konnte.
Wo wurde am meisten für den Brexit gestimmt? In den früheren Industriearbeiterbezirken. Wir durchleben eine globale strukturelle Transformation, die unser Wirtschaftssystem stark verändert. Politik weigert sich beharrlich, über die Verteilungswirkungen der Globalisierung und der Automatisierung zu reden. Die Menschen fühlen sich alleingelassen. Aber wir müssten doch als Politikerinnen und Politiker diejenigen sein, die ehrlich sagen, was passiert, vielleicht auch zugeben, dass wir nicht für alles sofort eine Antwort haben. Aber das alles, ohne Angst zu machen – wie Sie da drüben.
Mal ehrlich, wer hat denn hierbei Lösungen und tragfähige Konzepte? Auch hier im Haus reden wir viel lieber über Migration, Identität und wie man das Land am besten verwaltet. Wir müssen aber endlich beginnen,
gemeinsam Visionen zu entwickeln, wie eine Gesellschaft in einem postindustriellen Zeitalter aussehen kann. Das gilt selbstverständlich auch für Sachsen, für die Lausitz genauso wie für Nordsachsen. Dazu gehört, ehrlich zu sagen, dass Jobs nicht zurückkommen, auch wenn wir Handelsbarrieren errichten, Migration einschränken.
Mauern sind keine Lösung, virtuell genauso wenig wie im realen Leben.
Globale Veränderung lässt sich nicht aufhalten, aber wenn wir das gemeinsam wollen, lässt sie sich gestalten. Darüber müssen wir diskutieren. Wir müssen die Vorteile der Globalisierung gerechter verteilen. Wenn wir das nicht hinbekommen, wird die Polarisierung in Politik und Gesellschaft weiter zunehmen.
Die Frage, die wir heute auf allen Ebenen beantworten müssen, ist: Wie kann man Zusammenhalt schaffen, statt der Spaltung weiter Raum zu geben? Hoffnung gibt es meiner Meinung nach trotzdem in dieser verfahrenen Situation.
Erstens ist Fortschritt nicht aufzuhalten – gestalten wir ihn, und zwar sozial.
Zweitens können wir die Chance nutzen. Es wird gerade über den Brexit gesprochen. Sprechen wir über die Vorteile der EU für jeden Einzelnen, statt die EU immer wieder zum Buhmann zu machen, wenn national etwas nicht läuft. Hinterfragen wir die Exportorientierung in Sachsen.
Drittens. Ist es nicht sinnvoller, in Binnenmärkte zu investieren? Stichwort: „Regionale Wirtschaftskreisläufe“.
Viertens. Verteilen wir den Reichtum besser und kümmern uns um die Schwächeren.
Wir alle haben die Aufgabe, in unsere Parteienfamilien hineinzuwirken, damit es vielleicht nicht zum Schlimmsten kommt. Erste Vorschläge wurden bereits gemacht, –
– wie man mit dem Brexit auch hierzulande umgehen kann. – Mein Kollege Enrico Stange wird dann fortsetzen.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Kolleginnen und Kollegen! Digitalisierung, das Schlagwort der heutigen Zeit, findet nicht nur in der Arbeitswelt und in der Technologie statt, sondern auch im Bereich der Medien und des Rundfunks. Es ist richtig, dass wir die Digitalisierung in diesem Bereich politisch aktiv begleiten und an einigen Stellen auch befördern.
Dass die endgültige Umstellung auf die digitale Verbreitung in den letzten Jahren immer wieder verschoben werden musste, hatte seine guten Gründe: Das gilt sowohl für die Betreiberinnen und Betreiber als auch die Nutzerinnen und Nutzer. Das gilt auch für diese vorliegende Änderung des Sächsischen Privatrundfunkgesetzes. Der nochmaligen Verschiebung der vollständigen Umstellung der digitalen Verbreitung in den Kabelnetzen wird meine Fraktion zustimmen. Schließlich soll der Prozess nicht zulasten der kleinen lokalen sächsischen Kabelgesellschaften gehen, die die Vielfältigkeit ausmachen und die teilweise mit der Umstellung zu kämpfen haben, sei es aus wirtschaftlichen Gründen oder aufgrund der topografischen Lage.
Mit der heutigen Gesetzesänderung geben wir diesen Kabelnetzbetreibern noch einmal eine Frist für die Umstellung auf die digitale Verbreitung bis zum Jahr 2025. Es handelt sich um einen kleinen Baustein zur Sicherung der bestehenden Rundfunkvielfalt in Sachsen, er ist aber in unseren Augen dennoch wichtig. Diese Ausnahmeregelung gilt aber nur, wenn die Kabelnetzbetreiber zugleich der Sächsischen Landesmedienanstalt einen Plan vorlegen, wie sie bis zum 31. Dezember 2025 die Umstellung bewerkstelligen wollen. Damit machen wir deutlich, dass wir den Digitalisierungsprozess nicht auf den SanktNimmerleins-Tag verschieben wollen.
Allerdings sind wir nicht ganz ohne Kritik am vorliegenden Gesetzentwurf. Fraglich ist für mich, ob die zusätzlichen Einschränkungen bei der Zahl der Anschlussstellen gerechtfertigt sind. Wenn wir wirklich die kleinen Kabelbetreiber unterstützen wollen, so wie es von den Vorrednern gesagt wurde, ist die festgesetzte Grenze von 1 000 Anschlussstellen etwas willkürlich und bei genauerer Betrachtung zu gering angesetzt.
Alle Fraktionen haben das Schreiben der Kabelgemeinschaft Coschütz-Plauen erhalten, die zu Recht darauf hinweist, dass eine Differenzierung zwischen kleinen regionalen Netzbetreibern und großen Playern am Markt nur dann Sinn macht, wenn deren tatsächliche Größe berücksichtigt wird. Vodafone, Kabel Deutschland, Telekom oder Pyur haben Millionen Kunden, während ein kleiner Kabelbetreiber wie die Kabelgemeinschaft Coschütz-Plauen nur circa 2 200 Anschlussstellen hat. Andere sächsische Betreiber liegen leicht darüber, andere darunter.
Die durch das Gesetz festgelegte Härtefallregelung sollte von der SLM immer zugunsten der hiesigen Kabelnetzbetreiber ausgelegt werden. Ich hoffe, dass die SLM an dieser Stelle nicht als Hardliner auftritt, sondern mit den jeweiligen kleinen Kabelgesellschaften nach Lösungen sucht. Wir werden diesen Prozess auf alle Fälle weiterhin politisch begleiten, damit auch zukünftig die in Sachsen lebenden Menschen technisch guten und vielfältigen Rundfunk beziehen können.
Vielen Dank.
Sehr geehrter Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren! Debatten zu Staatsverträgen sind ja immer so eine Sache. Im Grunde genommen sind sich die Ministerpräsidenten schon einig, und das Parlament soll jetzt irgendwie bestätigen.
Am 25. Mai 2018, das haben wir heute schon sehr oft gehört, tritt die Datenschutz-Grundverordnung in Kraft. Das heißt, wir brauchen für den formalistischen Bereich Regelungen sowohl für die öffentlich-rechtlichen und privaten Rundfunksender sowie Rundfunk- und Fernsehmacher und -macherinnen als auch für all jene, die journalismusähnlichen Tätigkeiten nachgehen, wie Öffentlichkeitsarbeiter und -arbeiterinnen und Blogger und Bloggerinnen. Es geht um die Gewährleistung journalistischer Arbeit insgesamt. Dass dieser Bereich besondere Freiheiten genießt, dass es das Medienprivileg gibt, sollte unbestritten sein. Es ist integraler Bestandteil einer umfassenden, objektiven Berichterstattung. Ein Nein zu beiden Staatsverträgen, die heute vorliegen, ist demnach überhaupt nicht möglich; aber wir werden uns aus den folgenden Gründen dennoch enthalten:
Die Einwände, beispielsweise von Rechtsanwalt Mönikes aus Berlin aus der Anhörung im Sächsischen Landtag, ob journalismusähnliche Tätigkeiten ausreichend geschützt
sind, stehen immer noch im Raum, auch wenn es, wie zum Beispiel im Gutachten der Uni Leipzig, andere Auffassungen dazu gibt. Es gibt noch Unklarheiten, ob die Betrauungsnorm EU-rechtskonform ist. Der Sächsische Datenschutzbeauftragte Herr Schurig hat insbesondere beim MDR-Datenschutzstaatsvertrag Bedenken, die nicht einfach vom Tisch zu wischen sind. Staatsminister Schenk hat eingeräumt, dass es nicht ganz so unwahrscheinlich sei, dass bei den einzelnen Normen nachgesteuert werden müsse.
Ich möchte aber die heutige Debatte dennoch dazu nutzen, dafür zu werben, dass der leicht antiquiert wirkende MDR-Staatsvertrag generell novelliert, aber auch der Telemedienauftrag endlich zeitgemäß ausgestaltet wird – genau wie der generelle Auftrag der ÖffentlichRechtlichen und der Rundfunkbegriff. Diese müssen modernisiert werden. Dafür hat heute auch wieder Frau Prof. Karola Wille, die Intendantin des MDR, in der großen Runde zur deutschen Medienpolitik bei den Mittelsächsischen Medientagen dringend geworben; und sie war damit nicht allein.
Es geht weiterhin um die Diskussion, welchen Auftrag der öffentlich-rechtliche Rundfunk in der heutigen Zeit hat, um die Anpassung des Auftrages an Möglichkeiten der Digitalisierung und schließlich um die Anpassung zur Einhaltung der nötigen Staatsferne, wie das beim ZDF bereits erfolgt ist. Es geht dabei schlichtweg auch um Transparenz und Glaubwürdigkeit. Wir brauchen gerade in gesellschaftlich bewegten Zeiten, in denen Brüche durch die Gesellschaft gehen, konkurrenzfähige öffentlich-rechtliche Sender.
Die Ministerpräsidenten der Länder haben nach dem Erscheinen des 21. KEF-Berichts nochmals die Öffentlich-Rechtlichen aufgefordert, Einsparpotenziale zu
finden. Wie sollen sie das aber in einer seriösen Art und Weise tun, wenn der Auftrag für die Zukunft derzeit gar nicht so klar ist? Damit muss Schluss sein; denn die vorgeschlagenen Kürzungen dürfen keinen Einfluss auf die Definition des Auftrags haben, sondern die Sender brauchen die Mittel, um ihren Auftrag jetzt und in Zukunft zu erfüllen. Es wird höchste Zeit, dass es in all diesen Bereichen endlich vorwärtsgeht; denn letztlich geht es um die Akzeptanz des öffentlich-rechtlichen Rundfunks, und alle politischen Akteure und Akteurinnen sollten ein vitales Interesse daran haben, dass dieser ausgebaut wird. Nach nunmehr vier Jahren immer wieder aufflammender Debatten und Diskussionen sollten wir nun endlich zu Potte kommen.
Herzlichen Dank.