Rudi Czaja

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Um nach der BSE-Krise das Vertrauen der Konsumenten in deutsche Produkte wiederzugewinnen, setzt die grüne Ministerin Künast auf „Klasse statt Masse“. Die Bundesregierung strebe an, den Anteil des ökologischen Landbaus von 2,5 % auf 20 % in zehn Jahren zu er- höhen.
Dazu soll das Prämiensystem für Rinder statt an Produktionszahlen an die Fläche gekoppelt werden. Die Produktion von Ackerfutterpflanzen soll damit bessergestellt werden und zudem eine Grünlandprämie eingeführt werden. Für den Verbraucher, aber auch im ethischen Umgang mit unseren Tieren wäre ein solches Idealbild wünschenswert.
Eine eklatante Mitschuld an der jetzigen BSE-Krise muss auch der deutschen Bundesregierung angelastet werden. Fehlende staatliche Kontrollmechanismen, von der Aufzucht des Tieres bis hin an die Fleischtheke, rächen sich jetzt unbarmherzig an den Menschen und Tieren.
Die Geschäftsführerin der Arbeitsgemeinschaft der Verbraucherverbände Frau Müller sagte in einem Zeitungsinterview ganz eindeutig: „Die BSE-Krise ist wie eine Zeitbombe, die seit langem tickt und nun hochgeht.“
Mit anderen Worten: Der Sprengsatz, hervorgerufen durch eine jahrzehntelange verfehlte Agrarpolitik und Agrarproduktion ist jetzt hochgegangen. Die BSE-Krise in Deutschland hat damit deutlich gezeigt, dass das Vertrauen der Verbraucher an den bestehenden Säulen der hiesigen Agrarpolitik zerbrochen ist. Der Verbraucher verlangt mit Recht eine transparentere Agrarpolitik, zum Schutz vor schweren Krankheiten einerseits und einen radikalen Kurswechsel bei der Massentierhaltung andererseits.
So begrüßen auch wir die Initiativen zur Schaffung einer flächendeckenden Gendatenbank für Rinder in SachsenAnhalt und in ganz Deutschland, mit der ein zweifelsfreier Nachweis über die Herkunft der Tiere jederzeit möglich sein sollte.
Jedoch sollten wir es nicht allein bei kosmetischen Veränderungen belassen. So hat auch der Naturschutzbund Nabu folgerichtig die Landwirte aufgerufen, an der bevorstehenden Umgestaltung der Landwirtschaft mitzuwirken. Natürlich sollen und müssen aus Tierschutz
gründen bestimmte Kriterien, wie beispielsweise eine bestimmte Flächengröße pro Rind, eingehalten werden. Das wollen auch wir so.
Nun möchte aber der EU-Agrarkommissar Fischler zur Verringerung des Rinderbestandes in der EU die Rinderprämien vor allem für Großbetriebe kürzen. Nach seinem Willen sollen künftig nur noch Betriebe mit höchstens 90 Rindern Zuschüsse erhalten. Diese EU-Pläne gefährden aber besonders die Bauern in Mitteldeutschland; denn viele der Rinder züchtenden Betriebe im Land könnten dann nicht überleben. Das wiederum führt unweigerlich zu einem weiteren Verlust von Arbeitsplätzen.
Nach Aussagen von Agrarminister Keller halten allein in Sachsen-Anhalt 850 von etwa 2 000 Rinderzuchtbetrieben mehr als 90 Rinder im Bestand. Zum Vergleich: In den alten Bundesländern hat ein Milchviehbetrieb im Durchschnitt 31 Tiere, in den neuen Ländern beträgt der Durchschnitt über 100 Tiere.
Sollten Fischlers Vorstellungen Wirklichkeit werden, so wären unsere Landwirte in Mitteldeutschland am härtesten betroffen. Zudem belegen die bisherigen BSE-Fälle in Deutschland sehr deutlich, dass BSE in keinem Zusammenhang zur Betriebsgröße steht.
Noch ein paar Worte zum erneuten Ausbruch der Maul- und Klauenseuche. Als besonders dramatisch bezeichnete Bauernpräsident Gerd Sonnleitner die Entwicklung in der deutschen Landwirtschaft. „Die durch Rinderwahn und Maul- und Klauenseuche entstandene Krise stellt zwar noch keinen Todesstoß für die Landwirtschaft dar, doch muss die Bundesregierung nun handeln, anstatt weiter abzuwarten“, so Sonnleitner.
Die Verseuchung von Nachbarregionen Europas, wie beispielsweise von Teilen der Türkei, des Iran und Nordafrikas haben ständig zugenommen. Will man in Zukunft Tierseuchen eindämmen, muss die EU nicht nur das Risikomaterial aus diesen Ländern aus dem Verkehr ziehen, sondern darauf bedacht sein, die regionale Vermarktung stärker als bisher zu fördern. Die Betonung liegt auf „regionale Vermarktung“.
Daraus kausal ergibt sich: Ob sich unsere Landwirtschaft als ein Problem für Umwelt, Natur und Verbraucher darstellt, definiert sich nicht über die Betriebsgröße, sondern über die jeweilige individuelle Arbeitweise der einzelnen Bauern. Und genau hier muss im Interesse der Landwirte, der Verbraucher und der Tiere eine akzeptable Lösung gefunden werden. Gegenseitige Schuldzuweisungen bringen uns hier nicht weiter.
Jetzt, nachdem auch in Frankreich die ersten tödlichen Fälle der Creutzfeldt-Jakob-Krankheit aufgetreten sind, schrillen auch in Deutschland die Alarmglocken.
Neben Tausenden BSE-Fällen in Großbritannien waren auch in anderen europäischen Ländern kranke Rinder aufgefallen, so auch in Deutschland. Die „Mitteldeutsche Zeitung“ titelte am 25. November 2000 so: „Der Wahnsinn holt uns ein - Da debattieren deutsche Politiker über
den Schutz von Verbrauchern, zeigen mit strenger Mine gen England und werden umgehend von der Wirklichkeit eingeholt.“
Obwohl sich nun herausgestellt hat, dass das auf den Azoren an BSE erkrankte Rind nicht aus der Altmark stammt, bleiben trotz alledem berechtigte Zweifel - Zweifel daran, dass die Zuverlässigkeit des Tierkennzeichnungssystems in Europa im Interesse der Endverbraucher wirklich 100-prozentig funktioniert.
Was nützen Vorschriften, wenn diese nicht eingehalten und kontrolliert werden? Etikettenschwindel hin und her, eines wird klar: Der aufgeblähte Apparat der EU funktioniert nicht. Es hat sich wieder einmal die Unfähigkeit der Europäischen Union bestätigt.
Mit Recht haben die Bürger hierzulande das Vertrauen in die Politiker verloren. Jetzt, wo das Kind in den Brunnen gefallen ist, wachen unsere verantwortlichen Politiker auf, leider aber viel zu spät. Ein Verbot der Verfütterung von Tiermehl, die so genannten BSE-Schnelltests sowie entsprechende turnusmäßige Kontrollen, alles kommt reichlich spät. Auch die Verbraucher an den Kosten flächendeckender BSE-Tests zu beteiligen halten wir für widersprüchlich. Jahrelang wurden Entscheidungen zur Eindämmung der BSE-Gefahr in Deutschland verschleppt, das Resultat ist nun bekannt.
Der Präsident des Deutschen Tierschutzbundes Wolfgang Apel brachte es auf den Punkt:
„Es könne nicht länger darum gehen, Billigfleisch zu produzieren, sondern die Tiere müssen EUweit wieder vernünftig gehalten werden. Hier ist eine Fleischmafia mit Milliarden gefüttert worden, wenn man die Subventionen sieht. Kleine Bauern und der Verbraucher seien auf der Strecke geblieben.“
Nach Auffassung anderer Umweltverbände sind die Agrarlobby und die Agrarminister mitverantwortlich für diese Entwicklung.
Die EU wird keine Entschädigung für Bauern zahlen, deren Tiere von der Rinderseuche BSE betroffen sind. Bleibt abzuwarten, wie sich der Bundeslandwirtschaftsminister Funke sowie die Bundesregierung zu der Forderung äußern, unseren deutschen Bauern Ausgleichszahlungen zukommen zu lassen.
Nicht zuletzt ist auch die rot-rote Landesregierung unter der Regie des Ministerpräsidenten Herrn Höppner gefragt, sich für unsere betroffenen Landwirte einzusetzen.
Im Übrigen, Herr Höppner, waren Sie es doch, der im März dieses Jahres im Bundesrat für eine Aufhebung des Importverbotes von britischem Rindfleisch nach Deutschland mitgestimmt hat, obwohl bekannt war, dass nicht alle Zweifel dieser tödlichen BSE-Seuche, besonders durch britisches Rindfleisch, beseitigt waren.
Und es muss auch gefragt werden: Wo war vor Monaten der Aufschrei Ihres Tolerierungspartners, der PDS, zur BSE-Problematik? Jetzt ist das Geschrei groß, aber Populismus hat eben viele Gesichter.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Der beschleunigte Ausbau der Nutzung erneuerbarer Energien sowie der Nutzung nachwachsender Rohstoffe gehört zu den zentralen Elementen einer nachhaltigen Entwicklung. Angesichts zunehmender bedrohlicher Umweltschäden erkennen immer mehr Produktionsfirmen die Chancen umweltverträglicher Produkte. Der Einsatz nachwachsender Rohstoffe und regenerativer Energien ist ein wichtiger Schritt, einer nachhaltigen Entwicklung eine Zukunft zu geben.
Auch wenn nun durch die EU der Hanfanbau hierzulande gefördert werden soll, so müssen unsere hiesigen Hanfanbauer weitere Unterstützung durch die Landesregierung von Sachsen-Anhalt erfahren, um leistungsfähig zu bleiben. Vom Wirtschaftsministerium müssen beispielsweise Mittel bereitgestellt werden, um die Produkt- und Maschinenentwicklung zu erhalten bzw. auf den neuesten Stand zu bringen.
Wolle als nachwachsender Rohstoff hat in SachsenAnhalt aufgrund seiner geografischen Lage ebenfalls eine Bedeutung. In Deutschland werden aber nur noch rund 5 000 Tonnen Wolle geschoren, denn die Vorzüge dieses Materials sind leider in Vergessenheit geraten. Besonders kleinere Schäfereien haben es mit der Vermarktung schwer. Darauf weist der Vorsitzende der Vereinigung deutscher Landschaftszuchtverbände Adolf Mannheim hin.
Wenn wir uns also sämtliche zu nutzenden regenerativen Energien und nachwachsenden Rohstoffe zu eigen machen wollen, um damit unsere Umweltressourcen zu schonen, dann steht diesbezüglich die Landesregierung in der Pflicht. - Vielen Dank.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach Arti- kel 87 e des Grundgesetzes wird die Eisenbahn des Bundes in bundeseigener Verwaltung geführt. Durch Bundesgesetz können jedoch Aufgaben der Eisenbahnverkehrsverwaltung den Ländern als eigene Angelegenheit übertragen werden.
Durch Artikel 87 e Abs. 4 wird deutlich hervorgehoben, dass man dem Wohl der Allgemeinheit, insbesondere den Verkehrsbedürfnissen, Rechnung zu tragen hat. Im Interesse einer gut funktionierenden Infrastruktur kann und darf das Land Sachsen-Anhalt den Bahnverkehr nicht vernachlässigen.
Der ÖPNV muss in der Landespolitik einen höheren Stellenwert erhalten. Im Gegensatz zum Fernverkehr ist das Land Besteller des Personennahverkehrs. Die Deutsche Bahn AG wird hiermit zum Auftragnehmer. Nun will der Vorstand der Bahn AG eine Verquickung zwischen Personennah- und Fernverkehr herstellen und spricht allgemein vom Personenverkehr. Das heißt, vom Land gewährte finanzielle Mittel, die zweckbezogen für den Personennahverkehr ausgereicht werden, könnten unkontrolliert in ein anderes Projekt fließen.
Ebenfalls muss von der Landesregierung erwartet werden, dass eine weitere Ausdünnung, vor allem eine Aufweichung der Interregio-Verbindungen gestoppt wird. Bereits vonseiten der Deutschen Bahn AG getätigte Stornierungen von Interregio-Verbindungen müssen auf Bundesebene im Interesse einer florierenden Wirtschaft im Land Sachsen-Anhalt rückgängig gemacht werden. Diesbezüglich muss sich die Landesregierung gegenüber dem Bund stark machen und darf nicht wie bisher eine abwartende Haltung einnehmen. - Ich danke Ihnen.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Die Fraktion der DVU-FL stellt sich voll hinter die Forderung zur Errichtung eines Zentrums gegen Vertreibung in der Hauptstadt Berlin. 50 Jahre nachdem die Stuttgarter Charta der Heimatvertriebenen verabschiedet wurde, in der unsere vertriebenen Landsleute auf Rache und Vergeltung verzichtet haben, obwohl ihnen viel Leid angetan wurde, sollten sie endlich einmal die Möglichkeit erhalten, sich und das von ihnen erlittene Unrecht gewürdigt zu wissen. Eine Wiedergutmachung ist das längst nicht und kann es auch nicht sein.
In der Charta heißt es unter anderem:
„Wir haben unsere Heimat verloren. Heimatlose sind Fremdlinge auf dieser Erde. Gott hat die Menschen in ihre Heimat hineingestellt. Den Menschen mit Zwang von seiner Heimat zu trennen bedeutet, ihn im Geiste zu töten.“
Es wurden viele getötet und nicht nur im Geiste. 18 Millionen Deutsche mussten nach Beendigung des Zweiten Weltkrieges ihre angestammte Heimat verlassen. Wenn sie sich auf dem Gebiet der DDR niederließen, durften sie nicht einmal von Vertreibung sprechen, geschweige denn sich mit den Landsleuten einer Landsmannschaft zu treffen. Das wurde von der damaligen Partei- und Staatsführung der DDR sofort kriminalisiert und als Revanchismus bezeichnet.
Bis heute gelten noch die Dekrete des extremen Nationalisten Benes. Man hat sich nicht einmal im Geiste von ihnen getrennt. Eine Geste, die unsere Heimatvertriebenen sicherlich nicht falsch verstehen würden. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Bisher zahlte der Arbeitnehmer bei einem Monatseinkommen bis höchstens 630 DM weder Steuern noch Sozialabgaben. Auch der Arbeitgeber führte keine Beiträge an die Sozialversicherung ab, lediglich pauschale Steuern von 22,5 %. Beide Seiten, sowohl der geringfügig beschäftigte Arbeiter oder die Arbeiterin - meist waren es Frauen - als auch die Wirtschaft, insbesondere das Hotel- und Gastronomiegewerbe, profitierten davon. Der Wirtschaft ging es besser als heute.
Doch der Staat sah hierin angeblich Steuerschlupflöcher, nein nicht für die Millionäre und Milliardäre, sondern für die Ärmsten dieses Landes; denn es soll vorgekommen sein, so der sozialfeindliche und jämmerliche Rechtfertigungsversuch der Bundesregierung, daß manche gleich zwei solcher Jobs ausführten, sich also wagten, 1 260 DM auf einmal steuerfrei zu verdienen.
Man muß wissen, daß diejenigen, die das taten, arbeitslos, langzeitarbeitslos, sozialhilfeabhängig oder Hungerrentner waren und ohnehin zuwenig Geld zum Leben und zuviel zum Sterben erhielten.
Doch Schluß mit dieser Symbiose aus Wirtschaft und staatlich verursachter Armut, sagte sich die neue Bundesregierung und sorgte dafür, daß das 630-DM-Arbeitsverhältnis auf der Lohnsteuerkarte penibel genau eingetragen werden muß, gegebenenfalls auf mehreren Lohnsteuerkarten, völlig ignorierend, daß die meisten Kleinständler aufgrund ihrer nicht vorhandenen Finanzdecke gar keine Vollbeschäftigten einstellen können, weil sie sie nicht bezahlen können.
Alle Einnahmen aus einer eventuellen haupt- und geringfügigen Nebenbeschäftigung, aber auch das Arbeitslosengeld, Arbeitslosenhilfe und Sozialhilfe werden angerechnet. Schließlich soll es den Ärmsten nicht zu gut gehen in diesem Staat.
Natürlich müssen geringfügig Beschäftigte jetzt auch in die Renten- und Krankenversicherung einzahlen, nennenswerte Rentenansprüche erwerben sie allerdings nicht.
Und auch auf Unternehmerseite boomt die Flaute, kommen die Kosten unter Umständen höher zu liegen.
Diese Regelung der Bundesregierung schreit zum Himmel, da das Billiglohngebiet Mitteldeutschland damit zementiert wird.
Wenn nun die CDU fordert, daß doch wenigstens ehrenamtlich Tätige unterhalb der Geringfügigkeitsgrenze, wie das die bayerische Initiative vorsieht, sozialversicherungsfrei gestellt werden sollen, dann halten wir das erstens für CDU-typische Makulatur an einem rot-grünen Gesetz und zweitens für eine Diskriminierung aller derjenigen Gruppen - und das ist nun mal die Masse -, die nicht ehrenamtlich tätig sein können oder wollen.
Eine Privilegierungsforderung à la CDU für die Gruppe der ehrenamtlich Tätigen, die im Berufsleben stehend schon gut genug verdienen, lehnen wir genauso kategorisch ab wie das 630-DM-Gesetz insgesamt.
Unser Änderungsantrag lautet daher ganz klar auf Wiederabschaffung der Gesetzesänderung zur geringfügigen Beschäftigung.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In der Bundesrepublik Deutschland ist der Anbau von Nutzhanf im Jahre 1996 erstmals wieder erlaubt worden. Fast über Nacht ist der Hanf wieder zur populären Pflanze geworden. Gefördert durch das leicht verruchte Image dieser verbotenen Pflanze als subversives Drogenkraut, interessierte sich plötzlich eine große Öffentlichkeit für die vielen weitergehenden Einsatzmöglichkeiten des Hanfes sowie für die lange Tradition dieser Nutzpflanze. Positiv an dieser Diskussion ist sicherlich, daß das Potential nachwachsender Rohstoffe und insbesondere der Faserpflanzen wieder ins Bewußtsein der Öffentlichkeit gerückt wird.
Im ersten Jahr der Wiederzulassung dieser Faserpflanze wurden insgesamt 1 422 Hektar angebaut. Die damaligen Anbauschwerpunkte lagen in Baden-Württemberg, Niedersachsen und Bayern. Erst im Jahr 1998 hat sich der Anbauschwerpunkt nach Sachsen-Anhalt verlagert. Hierbei belief sich die Anbaufläche von Nutzhanf in Sachsen-Anhalt auf über 800 Hektar. Im nachfolgenden Jahr 1999 erhöhte sich die Anbaufläche bereits auf 1 111 Hektar.
Somit entwickelte sich das Land Sachsen-Anhalt zum Spitzenreiter in der Hanfproduktion aller Bundesländer. Und das ist gut so; denn in einem ansonsten wirtschaftlich stark kriselnden Land wie Sachsen-Anhalt mit einem Negativrekord von zur Zeit 300 000 arbeitslosen Menschen gibt diese Pflanze den im Hanfanbau und in der Hanfverarbeitung arbeitenden Menschen einen berechtigten Hoffnungsschimmer. Dieser wirtschaftliche Aufwärtstrend im Hanfanbau sollte beachtet, weiter ausgebaut und durch die Landesregierung von SachsenAnhalt gefördert werden.
So entwickelt sich der Hanfanbau in der Altmark zu einem wichtigen regionalen Standbein. Immerhin gilt der hanfverarbeitende Betrieb VER-NA-RO in Gardelegen als einer der Hoffnungsträger in Sachsen-Anhalt. Dieser Betrieb mit seinen Beschäftigten hat 60 landwirtschaftliche Unternehmen als Vertragspartner sowie 20 Betriebe im In- und Ausland als Abnehmer des Produktes Hanf verpflichtet.
Das setzt natürlich voraus, daß auch weiterhin ausreichend Hanf als nachwachsender Rohstoff angebaut wird. Bislang bedeckte er in der Altmark eine Fläche von 900 Hektar. So sehen wir die innovative Entwicklung des Standortes Gardelegen durch das Institut für angewandte Forschung der Fachhochschule Reutlingen, welche
vom Bundesernährungsministerium in Auftrag gegeben wurde, als den richtigen Weg an.
Doch bei der Wiederbelebung des Anbaus der alten Nutzpflanze Hanf spielt die Wirtschaftlichkeit eine große Rolle. Ein Anbau macht wenig Sinn, wenn die erzeugten Rohstoffe nicht konkurrenzfähig sind. Vehement muß gegen den Entwurf der Verordnung Nr. 1251/99 der EU-Kommission vorgegangen werden, der vorsieht, die Flächenbeihilfe für Hanf ab dem Jahr 2001 von 1 300 DM bis 1 500 DM je nach Fruchtbarkeit des Bodens auf 690 DM pro Hektar zu senken. Die bisherige Flächenbeihilfe der EU muß jedenfalls so lange bestehen bleiben, bis die Landesregierung ein Konzept zur Förderung des heimischen Hanfanbaus und dessen Verarbeitung als nachwachsender Rohstoff erarbeitet hat.
Rund 8 Millionen DM wurden in die Gardelegener Produktionsstätte investiert. In diesem Betrag sind über 2,4 Millionen DM Landeszuschüsse enthalten. Ich glaube kaum, Herr Höppner und meine Damen und Herren, daß es sich unser Land leisten kann, vor allem im Hinblick auf die höchste Arbeitslosenquote in Deutschland, so mir nichts dir nichts ein Investitionsvolumen von über 2,4 Millionen DM einfach in den Sand zu setzen.
Zum anderen ergeben sich durch nachwachsende Rohstoffe wie den Hanf auch konkrete Umweltvorteile. Aus Pflanzen gewonnen, setzen Produkte aus pflanzlichen Rohstoffen nach Gebrauch bei ihrer Verbrennung oder bei der Kompostierung immer nur die Menge an CO2 frei, die sie während des Wachstums der Atmosphäre entnommen haben. Im Gegensatz zu fossilen Rohstoffen sind sie dadurch weitgehend CO2-neutral, die Stoff- und Energiekreisläufe sind de facto geschlossen. Die Verwendung dieser Pflanze kann somit helfen, den sich verstärkenden Treibhauseffekt abzumildern und globalen Klimaveränderungen entgegenzuwirken.
Schon deshalb tragen nachwachsende Rohstoffe durch ihren Anbau nicht nur optisch zur Landschaftsgestaltung bei, mit ihrem Artenreichtum sorgen die Industriepflanzen auch dafür, die Vielfalt unserer Kulturlandschaft zu erweitern und die teilweise engen landwirtschaftlichen Fruchtfolgen aufzulockern.
Auf rund 740 000 Hektar wuchsen im Jahre 1999 nachwachsende Rohstoffe. Das sind etwa 6 % der Ackerflächen Deutschlands. Aber nicht nur der Anbauumfang wird von Jahr zu Jahr größer, auch das Spektrum der Anwendungsbereiche nachwachsender Rohstoffe weitet sich immer mehr aus. Die Gründe sind sowohl ökonomischer als auch ökologischer Art. Das Stichwort „Nachhaltigkeit“ gibt sie gut wieder. Die nachwachsenden Rohstoffe können ihre fossilen Konkurrenten mittlerweile in vielen Bereichen ersetzen. Tragen Sie dazu bei, deren begrenzte Vorräte für nachfolgende Generationen zu schonen. - Danke.
Die Produktion nachwachsender Rohstoffe gehörte neben der Nahrungsmittelherstellung seit alters her zu den Hauptaufgaben der Landwirtschaft. Die Verdrängung landökonomischer Erzeugnisse, die nicht der Ernährung und Tierfütterung dienen, begann erst mit der industriellen Revolution in der Mitte des vorigen Jahrhunderts.
Nachwachsende Rohstoffe sind also ein alter Hut. Neue Bedeutung erhalten nachwachsende Rohstoffe allerdings durch die zahlreichen Verwendungsmöglichkeiten, die ihnen durch kreative Wissenschaftler und moderne Technologien in der heutigen Zeit erschlossen werden.
Man beachte beispielsweise den Einsatz des Hanfes in der Automobilindustrie, der Bekleidungs- oder Getränkeindustrie und in der Medizin. Nachwachsende Rohstoffe bedeuten somit auch Hightech.
Als Alternative zur Nahrungsmittelerzeugung bietet die Produktion nachwachsender Rohstoffe zuallererst der Landwirtschaft direkte Vorteile. Die Vorteile nachwachsender Rohstoffe können mittel- bis langfristig zur Lösung von wirtschafts-, umwelt- und gesellschaftsrelevanten Problemen beitragen.
Die energetische und stoffliche Nutzung nachwachsender Rohstoffe erlaubt den Einstieg in Kreislaufwirtschaftssysteme und damit die Entwicklung einer nachhaltigen Wirtschaftsform im Sinne der Agenda 21.
Mit der Produktion nachwachsender Rohstoffe erbringt die Landwirtschaft daher eine Dienstleistung für die gesamte Gesellschaft. Der Anbau von Industriepflanzen ermöglicht nicht nur die Nutzung dieser Stillegungsflächen, ohne auf die Zahlungen verzichten zu müssen, sondern stellt generell eine sinnvolle Alternative zur Nahrungsmittelerzeugung dar. Der Landwirt bekommt eine neue Aufgabe: Er wird zum Erzeuger maß- geschneiderter Inhaltsstoffe für die Industrie.
Die Chancen für die Landwirtschaft und die weiterverarbeitende Hanfindustrie in Sachsen-Anhalt stünden günstig, wäre da nicht der vernichtende Entwurf der EUKommission, die Flächenbeihilfe ab dem Jahr 2001 bis zum Jahr 2006 sukzessive auf 690 DM zu senken.
Ebenso hat es die Landesregierung bisher nicht verstanden, ein Konzept zur Förderung des heimischen Hanfanbaus, der Verarbeitung und Nutzung von Hanf als nachwachsendem Rohstoff in Sachsen-Anhalt zu erarbeiten, um unsere Landwirtschaft vom Tropf der EU zu befreien.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Zunächst einmal muß ich feststellen, daß der Antrag der PDSFraktion zu diesem Thema sehr oberflächlich und blauäugig eingebracht wurde. Zu DDR-Zeiten hat sich die damalige SED-Führung kaum Gedanken um behinderte Menschen gemacht. Von den damaligen Pflegeheimen mußte man als „Menschenaufbewahrstationen“ sprechen.
Diese Zeiten sind Gott sei Dank vorbei. Die PDS-Fraktion will mit ihrem Antrag jedoch Populismus in eigener Sache betreiben, und das auf Kosten behinderter Menschen.
Damit wir uns richtig verstehen: Wir möchten auch, daß sich behinderte Menschen in diesem Land wohlfühlen können und vor allem verstanden wissen. Wir wollen,
daß zwischen behinderten und nichtbehinderten Menschen eine gleichwertige Anerkennung erfolgt. Ebenso sollte das soziale Miteinander gefördert werden.
Wenn man sich mit dieser Thematik beschäftigt, sollte zunächst analysiert werden, wie viele Menschen in Sachsen-Anhalt überhaupt derart in ihrer Mobilität behindert sind, daß sie sich nicht ohne fremde Hilfe fort- bewegen können.
Ich empfehle der PDS-Fraktion deshalb, beim Amt für Versorgung und Soziales in Halle an der Saale nachzufragen, welches prozentuale Verhältnis zwischen zu über 50 % behinderten Menschen und nichtbehinderten Menschen in Sachsen-Anhalt besteht, in welchen Städten, Kommunen oder Landkreisen die Konzentration von behinderten Menschen besonders hoch ist und welche touristischen Bedürfnisse oder Ziele die behinderten Menschen in diesen Regionen haben.
Erst nach dieser Analyse könnten Schlußfolgerungen gezogen werden, um behinderte Menschen in das touristische Leben einzubeziehen.
Nach § 3 Abs. 2 des Schwerbehindertengesetzes ist die Auswirkung der Funktionsbeeinträchtigung als Grad der Behinderung nach Zehnergraden abgestuft von 20 bis 100 festzustellen. Um in den Besitz eines Schwerbehindertenausweises zu gelangen, muß ein Grad der Behinderung ab 50 erreicht sein.
Aber leider werden behinderte Menschen in der Regel noch allzuoft an den sozialen, wirtschaftlichen und kulturellen Rand unserer Gesellschaft gedrückt. Fakt ist, daß Menschen mit starken physischen oder psychischen Behinderungen eine besondere Beachtung und Fürsorge durch den Staat erfahren müssen.
Die im Land Sachsen-Anhalt regierende rot-rote Landesregierung hat die Pflicht, die entsprechenden Rahmenbedingungen für alle behinderten Menschen zu schaffen. Dabei geht es nicht nur um einen barrierefreien Tourismus, sondern auch um die Schaffung adäquater Arbeitsplätze in Sachsen-Anhalt.
Dabei muß sich die gegenwärtige Tolerierungskoalition, bestehend aus SPD und PDS, mit aller Entschiedenheit engagieren und vor allem positionieren; denn eine behindertengerechte Zugänglichkeit der entsprechenden Objekte, wie Gaststätten, Hotels, öffentliche Toilettenanlagen oder touristische Sehenswürdigkeiten, ist nicht zum Nulltarif zu installieren.
Die Inhaber von Hotels, Arztpraxen und Schwimmbädern wären sicherlich sehr dankbar, wenn es durch eine finanzielle Förderung des Landes Sachsen-Anhalt möglich wäre, einen behindertengerechten Umbau vorzunehmen. Auch eine Novellierung der Landesbauordnung kann sehr hilfreich sein.
Da das Bauaufsichtsrecht Länderrecht ist, muß darauf geachtet werden, daß bei künftigen Genehmigungen von Neubauten, zum Beispiel bei Schulen, Gaststätten, Restaurants und anderen öffentlichen Einrichtungen, eine behindertengerechte Bauweise zum Tragen kommt. Dabei kann die rot-rote Landesregierung einmal beweisen, wie ernst sie sich des Problems der behinderten
Menschen annimmt oder ob es nur Lippenbekenntnisse sind. Bei den erwähnten Maßnahmen wäre das Steuergeld im Gegensatz zu den ansonsten gebauten Sandburgen der Landesregierung wenigstens vernünftig angelegt.
Zu dem Thema „barrierefreier Urlaub“ gibt es spezielle Informationen für Rollstuhlfahrer, welche im Ratgeber „Handicap-Reisen Deutschland“ angeboten werden. Trotzdem geht der Tourismus für Menschen mit Behinderungen noch sehr stark auf private Initiativen zurück.
So unterstützt zum Beispiel ein Herr aus Wolfen den Tourismus behinderter Menschen. Er selbst ist Rollstuhlfahrer und gibt seine Reiseerfahrungen an Behinderte weiter. Das sind, wie gesagt, alles private Initia- tiven.
Herr Höppner, ich habe einige Wege aufgezeigt.
Jetzt liegt es an Ihnen, etwas in die richtige Richtung zu tun, damit sich alle behinderten Menschen in diesem Land wohlfühlen können. - Danke.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die soziale Situation der Studierenden ist derzeit bundesweit mehr schlecht als recht. Eine Reform des BAföG zugunsten der Studierenden ist längst überfällig. Studentinnen und Studenten dürfen nicht länger aufgrund ihrer bestehenden familiären und der sich daraus ergebenden finanziellen Situation seziert werden. Eine familien- und partnerunabhängige Ausbildungsförderung mit der Grundlage eines einheitlichen Sockelbetrages ist im Hinblick auf die bestehende soziale Situation der Studierenden erforderlich.
Der Antrag der Fraktion der PDS unter der Überschrift „Reform des BAföG“ entspricht inhaltlich unseren Intentionen zu diesem Thema. Eine gute Ausbildung muß
nach den Fähigkeiten jedes einzelnen möglich sein und nicht nach dem Geldbeutel.
Allerdings sollte sich die Fraktion der PDS, bevor sie einen solchen Antrag stellt, Gedanken über die Deckung der für diesen Antrag erforderlichen finanziellen Mittel machen. Da jedoch weder Bund noch Länder derzeit in finanziellem Reichtum schwelgen und reale Deckungsvorschläge bis dato nicht bekannt sind, lehnen wir diesen Schaufensterantrag ab. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Britisches Rindfleisch darf ungeachtet der ungelösten BSE-Probleme wieder in Deutschland verkauft werden. Der Bundesrat stimmte am 17. März 2000 in Bonn mit einer Mehrheit von 39 gegen 30 Stimmen einer Verordnung des Bundesgesundheitsministeriums zu, das seit vier Jahren bestehende Importverbot aufzuheben.
Um es gleich ganz klar zu sagen: Der Importstopp für britisches Rindfleisch muß wiederhergestellt werden, solange es in Großbritannien noch BSE-verseuchte Rinder gibt bzw. BSE-Verdacht besteht.
In Deutschland gibt es sonderbare Widersprüche. Zum einen soll möglicherweise BSE-verseuchtes Rindfleisch trotz des Risikos einer Auslösung der gefürchteten Creutzfeld-Jakob-Krankheit beim Menschen wieder nach Deutschland eingeführt werden dürfen. Zum anderen wurde das Arzneimittelgesetz zum 1. Oktober 1999 dahin gehend geändert, daß homöopathisch produzierte Arzneimittel tierischer Herkunft nicht mehr in den Handel gebracht werden dürfen, obwohl nachgewiesen worden ist, daß dies keine Gefahr für den Menschen darstellt. Auch unerwünschte Begleitwirkungen mit Todesfolge wurden ausgeschlossen.
Was für eine Logik, nachgewiesenermaßen schädliche Beefprodukte zuzulassen und sinnvolle homöopathische Mittel tierischer Herkunft vom Markt zu nehmen.
Auch die Landesregierung von Sachsen-Anhalt hat im Bundesrat für eine Aufhebung des Importstopps gestimmt. Neben Nordrhein-Westfalen stimmten die Bundesländer Baden-Württemberg, Bayern, Saarland und Thüringen gegen die Wiedereinfuhr von britischem Rindfleisch.
Die bayerische Gesundheitsministerin Frau Stamm bezeichnete die Aufhebung als völlig voreilig. Unter dem Hinweis auf 2 642 BSE-Fälle in Großbritannien im vergangenen Jahr mit über 50 Toten durch die neue Variante der Creutzfeld-Jakob-Krankheit, die durch BSEverseuchtes Fleisch verursacht wurde, sieht auch die nordrhein-westfälische Ministerin Frau Höhn die Auf- hebung des Embargos als nicht gerechtfertigt an.
Die meisten Bundesländer sind der Auffassung, die bisher vorgesehene Kennzeichnung schütze die Verbraucher nicht vor den Gefahren der Rinderseuche. Nach einer aktuellen Forsa-Umfrage halten zudem rund 70 % der deutschen Bundesbürger die Aufhebung des Einfuhrverbotes für falsch. Gegen die Aufhebung des Importverbotes protestierten auch Verbraucherschützer und Umweltverbände, die vor den ungeklärten Gesundheitsgefahren für die Verbraucher warnten. Aber was zählt schon Volkes Wille in unserem demokratischen Staat?
Die geplante Kennzeichnung mit einem sechseckigen Aufdruck „XEL“ oder die Aufschrift „britisches XEL-Rindfleisch“ kann jedoch keine ausreichende Sicherheit bieten. Die Kennzeichnung ist keinesfalls ausreichend, da sie nicht praktikabel und vor allem nicht kontrollierbar ist. Es ist daher verantwortungslos gegenüber dem Verbraucher, das Einfuhrverbot jetzt aufzuheben. Dieser Schritt ist angesichts neuer BSE-Fälle fast kriminell, vor allem vor dem Hintergrund des Todes eines englischen Teenagers, welcher an der neuen Variante der Creutzfeld-Jakob-Krankheit, spricht BSE-Krankheit, gestorben ist.
Ebenfalls bleibt die Frage offen, wie die Kennzeichnung von britischem Beef beispielsweise in den Speisekarten der Restaurants realisiert werden soll. Aber noch interessanter ist die Frage nach dem ungelösten Problem der Kennzeichnungspflicht bei Döner-KebapImbißbuden. Auch in den Metzgerläden stellt sich für den Endverbraucher nicht zuletzt die Frage: Was ist was? Konsumiert der Verbraucher nun deutsches oder britisches Rindfleisch?
Dem Kunden im Laden nützt es aber auch nichts, auf das Sechseck zu achten; die geplante deutsche Verordnung regelt nämlich nur die Kennzeichnung von Fleisch, das direkt aus Großbritannien nach Deutschland kommt. Sobald der Umweg über ein anderes EU-Land oder einen Drittstaat genommen wird, greift die Verordnung nicht mehr.
Sie sehen, meine Damen und Herren, zu dieser Problematik sind eine Menge Fragen offen, und viele Antworten hierzu durch den Ministerpräsidenten Höppner bleiben aus.
Noch unverfrorener geht die Bundesgesundheitsministerin Fischer vor. Fischer hat die Bundesländer davor gewarnt, die Einfuhr von britischem Rindfleisch weiter zu boykottieren. Sie sagte: Bundesländer, die gegen die Aufhebung des Einfuhrverbots für britisches Rindfleisch stimmen, schaden letztlich dem Verbraucher. Sie setzen damit die Kennzeichnungspflicht leichtfertig aufs Spiel.
Fischer warnte auch die Länder vor den finanziellen Folgen, wenn die EU ein Verfahren wegen Vertragsverletzung gegen Deutschland einleitet. So läßt Fischer zur Zeit prüfen, in welchem Umfang - es sind 1,5 Millionen DM pro Tag - auch die Länder Strafe zahlen müssen.
Das sind Worte aus dem Munde einer Bundesgesundheitsministerin, für die eigentlich die Gesundheit und das Wohlergehen der Bürger oberste Priorität haben sollten.
Der Handel ist sehr zufrieden mit den regionalen Fleischprodukten aus Brandenburg
- ja, ich komme zum Schluß - und dem restlichen Deutschland. So ist vielen geholfen, den Verbrauchern sowie unseren deutschen Landwirten und Bauern. - Vielen Dank.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Bloß gut, daß es in unserem Lande keine gesetzliche Wohnungslosenstatistik gibt. Allein die allmonatliche Veröffentlichung der Arbeitslosenstatistik gleicht einem zyklischen Horrortrip.
Frau Helmecke, die eine Aktuelle Debatte zur Problematik der drastischen Arbeitslosigkeit für angemessen hielt, nahm schon Bezug auf den krisenhaften Zustand der Wirtschaft in unserem Bundesland. Dem habe ich nichts hinzuzufügen. Jedoch scheint es mir angemessen, von der Landesregierung in den Ausschüssen für Arbeit, Gesundheit und Soziales sowie für Wirtschaft, Technologie und Europaangelegenheiten einen Bericht zu fordern, der Auskunft darüber gibt, warum die Arbeitslosigkeit bisher nicht bekämpft werden konnte, ja warum sie sich sogar erhöht hat.
Bis 1994 wurde durch die CDU-Landesregierung und seitdem noch mehr durch die SPD-PDS-Landesregierung eine ganze Palette sogenannter arbeitsmarktpolitischer Maßnahmen ergriffen. Arbeitsbeschaffungsund Strukturanpassungsmaßnahmen, Fortbildung und Umschulung bzw. später Förderung der beruflichen Weiterbildung oder das schleunigst aus dem Westen importierte Dualsystem der Berufsausbildung hießen die Zauberformeln.
Mal sehen, ob es jetzt besser wird.
Das sind die Zauberformeln, die den mitteldeutschen Ausnahmezustand, der im Zusammenhang mit der Zerlegung, der Stillegung oder der Privatisierung der DDRKombinate und dem Ausbleiben neu zu grün-dender Ersatzunternehmen entstand, beseitigen sollten.
Mit großem Aufwand wurden öffentliche Mittel in die Förderung insbesondere des sogenannten zweiten Arbeitsmarktes gepumpt. Millionen von D-Mark erreichten dabei leider nicht ihren Adressaten, der da Arbeiter mit Familie hieß. Aber das ist ein anderes, sozusagen parteiübergreifendes Thema, auf das ich nicht näher eingehen möchte.
Knapp zehn Jahre nach der Wiedervereinigung sind die öffentlichen Fragen an unsere Landesregierung erlaubt: Warum gibt es heute mehr Arbeitslose denn je? Warum gibt es daraus resultierend eine soziale Verelendung in unserem Bundesland? Warum steht unser Bundesland, Herr Dr. Höppner, sehr geehrte Frau Dr. Kuppe, wirtschaftlich am schlechtesten in Deutschland da? Überall sind bescheidene Erfolge erreichbar, auch in mitteldeutschen Bundesländern, wie zum Beispiel in Sachsen und in Thüringen.
Ich will gleich eine Antwort auf die Fragen vorwegnehmen. Bei uns haben sich die Alt- und Neukommunisten eingeschlichen, in schlimmster Weise in das System integriert, das sie zuvor bekämpften. Aber 293 000 Nichtsahnende haben diese Wirtschaftsblockade ja gewählt. Nun stehen sie auf der Straße, sind schwer enttäuscht, bereuen zutiefst. Immerhin hat die mitteldeutsche Bevölkerung erkannt, daß die Grünen in Landesparlamenten nichts verloren haben.
Wie weit man Sachsen-Anhalt ins Abseits manövriert, zeigen bedeutende Wirtschaftsunternehmen, die lieber in Sachsen Fuß fassen und einen weiten Bogen um das Magdeburger Modell machen.
Herr Höppner, bitten Sie doch Ihren Kollegen König Kurt um Amtshilfe. Hören Sie auf, um die halbe Welt zu fliegen, um eine Handvoll Arbeitsplätze mitzubringen, die dann Ihre Reisetätigkeit legitimieren sollen.
Wir empfehlen einen Besuch bei unserem österreichischen Nachbarn. Konsultieren Sie die österreichische Industrie, um Industrieansiedlungen in Sachsen-Anhalt herbeizuführen. Das ist doch naheliegend im doppelten Sinne.
Der Wohnungsleerstand ist die Auswirkung einer Flüchtlingswelle aus dem Soziland. Unsere Partei stellt hier und heute die Förderpolitik dieser Landesregierung in Frage. Vollziehen Sie eine Kehrtwende! Geben Sie Fehler zu! Kommen Sie von einer kurzfristigen Förderpolitik, die keine festen Wirtschaftsstrukturen hervorgebracht hat und bringen wird, hin zu einer primären Verantwortungsverlagerung auf die Privatwirtschaft.
Es nützt nichts, 30 Millionen DM Steuergelder in irgendeine kleine private Bimmelbahn zu investieren, wenn dadurch vielleicht 20 Arbeitsplätze geschaffen werden. Diese Art der Förderung ist unverhältnismäßig und deswegen verantwortungslos.
Die Eigenverantwortung der Wirtschaft muß gestärkt werden. Die arbeitsmarktpolitischen Förderungen können die Ausnahme, jedoch nicht die Regel sein.
Die Wirtschaft ist systematisch drogenabhängig gemacht worden. Diese Droge heißt Geld, Geld, das unter Umständen sozialen Einrichtungen, Familien und deren Kindern gestrichen werden muß, um es den kränkelnden Wirtschaftsunternehmen tröpfchenweise wieder zugute kommen zu lassen.
Die Folgen sind die berühmt-berüchtigten Mitnahmeeffekte, die sich aus dem kurzfristigen Nutzenkalkül der Unternehmer ergeben. Gefordert sind jedoch längerfristig stabile Verhaltensmuster der Unternehmer. Dafür brauchen die Unternehmen natürlich Aufträge, vielleicht gerade öffentliche Aufträge. Immer wieder mißbrauchen Politiker der Altparteien ihren Einfluß, wenn es um die Vergabe öffentlicher Mittel und Aufträge geht.
Wir verlangen von der Landesregierung, insbesondere über die Nachhaltigkeit der wesentlichen arbeitsmarktpolitischen Maßnahmen wie ABM, SAM und FbW für die bis zu 25jährigen, für die 25- bis 45jährigen sowie für die 45- bis 65jährigen zu berichten und Zeugnis abzulegen.
Wo ist das Ergebnis der gigantischen Förderung des öffentlichen Arbeitsmarktes geblieben? Warum tritt kein Effekt ein?
Vor dem Hintergrund dieser extrem hohen Arbeitslosenquote in Sachsen-Anhalt ist die Frage nach der Kompetenz der Regierung zu stellen. Eine Kompetenz, die solche Ergebnisse hervorbringt, ist keine. In Kompetenzfragen also an der eigenen Regierungsnase ziehen, auch wenn es weh tut.
Welchen Sinn machen denn Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen vor dem Hintergrund unzureichender investiver Maßnahmen? Zukunftsorientierte Politik darf nicht darauf abzielen, Menschen in Arbeitslosigkeit zu bringen.
Eine Verteufelung der Arbeitslosen, wie es durch die Arbeitgeberverbände von Zeit zu Zeit passiert, hat zu unterbleiben. Gleichwohl muß die Arbeit natürlich bezahlbar bleiben. Es sei aber auch gesagt, daß wir kein Lohndumping in Mitteldeutschland akzeptieren; denn die Lebenshaltungskosten sind hier genauso hoch oder höher als im Westen Deutschlands.
Doch lassen Sie mich, meine Damen und Herren, wenn ich über die extrem hohe Arbeitslosigkeit in unserem Bundesland spreche, auf die Förderung der beruflichen Erstausbildung zu sprechen kommen.
Die Demographen lesen auch nur im Kaffeesatz. Herrscht im Jahr 2010 ein dramatischer Nachwuchsmangel oder nicht? - Besser, man geht davon aus, daß im nächsten Jahrzehnt eine Fortdauer der hohen Nachfrage nach Lehrstellen bleibt. Mit einer Erhöhung der Ausbildungsbereitschaft der Wirtschaft wird nicht zu rechnen sein, schätzten Profis wie Professor Burkhard Lutz ein. Insgesamt deuten die Empfehlungen und Hinweise von Lutz auf deutliche Mängel in der bisherigen Förderpolitik der Landesregierung hin, obwohl die Landesregierung den Auftrag zur Herstellung des Gutach
tens zur Beurteilung ihrer eigenen Förderpolitik in bezug auf die berufliche Erstausbildung auslöste.
Aber interessant ist auch, welche immensen Almosen die EU auf uns herabregnen läßt. In den nächsten sechs Jahren soll unser wirtschaftlich verarmtes Bundesland ganze 1,4 Milliarden DM aus dem Euro-päischen Sozialfonds für eine gezielte und aktive Arbeitsmarktpolitik erhalten.
Dabei hat Deutschland im vergangenen Jahr sage und schreibe über 43 Milliarden DM in den europäischen Haushalt eingezahlt. Davon fließen in sieben Jahren ganze 1,4 Milliarden DM - das sind durchschnittlich 200 Millionen DM pro Jahr - zur Bekämpfung der Arbeitslosigkeit nach Sachsen-Anhalt zurück. Knapp 43,1 Milliarden DM gehen weg, und 200 Millionen DM das sind 0,46 % - rollen dann unter großer Dankbarkeit zurück nach Sachsen-Anhalt.
Unsere Aufforderung an die Landesregierung zur öffentlichen Darlegung der Nachhaltigkeit ihrer arbeitsmarktpolitischen Fördermaßnahmen erhalten wir aufrecht, da wir aufgrund der aktuellen Arbeitsmarktsituation den berechtigten Verdacht haben, daß die Landesregierung in den letzten sechs Jahren Milliarden D-Mark ohne Nachhaltigkeit und mit fehlender wirtschaftlicher Kompetenz verbraten hat. Das heißt, die Steuergelder, natürlich auch die EU-Pfennige, wären als knallharte Wirtschaftsinvestitionen für die Zukunft unseres regionalen Standortes sinnvoller angelegt. Das ist unsere Forderung für die Zukunft. Ihrer Unterstützung gilt der Dank der Arbeitslosen. - Danke.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! Nach dem Wassergesetz für das Land Sachsen-Anhalt in der Fassung vom 21. April 1998 soll der § 157 ausgehebelt und durch Einfügen des § 157 a und des § 157 b verändert werden. Laut Kapitel III des Wassergesetzes für das Land Sachsen-Anhalt in der Fassung vom 21. April 1998 sollen sich die Gemeinden zur Erfüllung ihrer Trinkwasserversorgungspflicht zusammenschließen, wenn die Aufgabenerfüllung erst dadurch zu vertretbaren Bedingungen möglich wird. Mit anderen Worten: Wirtschaftlichkeit des Verbandes sowie - das ist ganz wichtig - vertretbare Wasserpreise gegenüber unseren Bürgerinnen und Bürgern.
Nun soll das Wassergesetz im Land Sachsen-Anhalt nach dem Willen der SPD geändert werden. So heißt es im § 157 Abs. 6 in der Fassung des Gesetzentwurfs der SPD-Fraktion:
„Erledigt ein nach den Absätzen 1 oder 3 gebildeter Abwasserzweckverband die Abwasserbeseitigung nicht ordnungsgemäß im Sinne von Absatz 3, so kann die obere Wasserbehörde mit Zustimmung der oberen Kommunalaufsichtsbehörde die Abwasserbeseitigungspflicht befristet auf den zuständigen Landkreis übertragen.“
Mit der Verabschiedung des Haushalts für das Jahr 2000 wurden für zahlreiche Abwasserzweckverbände die finanziellen Voraussetzungen für eine Teilentschuldung geschaffen, obwohl das, wie wir meinen, ein Faß ohne Boden bedeutet.
Nun ist die Landesregierung von Sachsen-Anhalt bereit, für die Verbindlichkeiten von sogenannten notleidenden Verbänden in einer Größenordnung von mehreren hundert Millionen D-Mark aufzukommen, um die wirtschaftliche Situation der Verbände zu sichern.
Mit einem neuen Wassergesetz will das Land bei den Abwasserverbänden hart durchgreifen. Künftig sollen Zwangsfusionen möglich sein. Ob es hierbei auch zu sozialverträglichen Gebühren gegenüber den Bürgern kommt, ist sehr fraglich.
In der Begründung zu dem Gesetzentwurf heißt es:
„Die Teilentschuldungshilfe des Landes SachsenAnhalt kann nur an leistungsfähige Aufgabenträger gewährt werden. Leistungsschwache Aufgabenträger können eine sinnvolle Verwendung der Teilentschuldungshilfe nicht sicherstellen.“
Weiter heißt es:
„Die Verbände sollen sich zu organisatorischen Einheiten zusammenschließen, die regelmäßig 40 000 Einwohner umfassen. Bei Verbänden, welche unter 40 000 Abnehmer versorgen, soll eine Teilentschuldungshilfe wegfallen.“
Nach Meinung von Sachsen-Anhalts Umweltministerin Häußler soll diese geplante Teilentschuldung der Abwasserverbände zu mehr Gerechtigkeit bei den Beiträgen führen.
Nun, man muß sich fragen: Welchen Nutzen bringt dieser SPD-Entwurf unseren Bürgern? - Mit Sicherheit keinen. Im Gegenteil, die Endverbraucher, also die Bürgerinnen und Bürger des Landes Sachsen-Anhalt, werden, wenn es nach dem Willen der SPD geht, noch tiefer als bisher in die Tasche greifen müssen, falls es überhaupt noch etwas zu greifen gibt.
Dieser SPD-Entwurf ist so unsozial wie unausgewogen und verdeutlicht wieder einmal die Unfähigkeit der SPDgeführten Landesregierung, sich auf die besondere Situation der Bevölkerung Sachsen-Anhalts einzustellen.
Folgerichtig wurde der von der SPD eingefügte § 172 a Widerspruchsverfahren - im Innenausschuß weggestimmt. Dieser von der Ministerin Häußler vorgeschlagene Paragraph sah vor, daß bei einem Widerspruchsverfahren gegen Gebührenbescheide durch den Bürger bis zu 1 000 DM zu entrichten sind, frei nach dem Motto: Wer aufmuckt, muß blechen.
Wenn die Landesregierung ihre Aufgaben in der Vergangenheit effizient gelöst hätte, so wäre dieses Problem längst vom Tisch. Zudem wäre dem ohnehin finanziell gebeutelten Bürger eine Menge Ärger erspart geblieben. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.