Andreas Siegert
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Sehr verehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Ich werde es ganz kurz machen. Sie haben möglicherweise schon gehört, dass wir uns im Vorfeld der Debatte auf ein Verfahren verständigt haben.
Mit der CDU-Fraktion und der PDS-Fraktion haben wir uns darauf verständigt, beide Anträge in die Ausschüsse zu überweisen. Federführend sollte nach unserer Auffassung allerdings der Bildungsausschuss sein, abweichend von Ihrer Meinung, Herr Dr. Sobetzko. Wenn darüber keine Einigung erzielt werden kann, dann müssen wir darüber abstimmen lassen. Im Ausschuss können wir auch über die Details diskutieren.
Unsere Auffassungen liegen in der Sache nicht weit auseinander. Vieles an dem vorliegenden Antrag ist durchaus vernünftig. Einige Verfahrensvorschläge sind aber - auch darauf möchte hinweisen - eher merkwürdig. So ist zum Beispiel die geforderte Einschaltung des Bundesrats seltsam. Meine Fraktion hat deshalb auch vorgeschlagen, auf diese Passagen zu verzichten.
Durch klare Zielstellungen zeichnet sich auch der erste Punkt des Antrags nicht aus. Etwas genauer und konkreter hätte man sich die Formulierung durchaus vorstellen können. Denn warum wird nebulös von zuständigen Einrichtungen gesprochen, wenn diese dann nachstehend konkret benannt werden? Das verwundert dann eher.
Ich denke, wenn man dem Parlament eine solche Liste mit den anzusprechenden Institutionen vorlegt, dann hätte man auch bei einem CDU-Antrag erwarten können, dass die Gewerkschaften eingeladen werden. Schließlich nimmt der DGB eine sehr wichtige Verantwortung in der Berufsausbildung wahr, die auch die CDU anerkennen sollte.
Schließlich - das als letzte Anmerkung - ist es komisch, dass der Regierung Verfahrensvorschläge gegeben werden; denn das ist nicht die Aufgabe des Parlamentes. Hätte es nicht nahe gelegen, erst die Regierung um Verfahrensvorschläge zu bitten? - Wir hätten uns so manches Fragezeichen im Hinblick auf diesen Antrag ersparen können.
Wie gesagt, über diese Details können wir uns in den Ausschüssen verständigen. - Ich danke Ihnen für die Aufmerksamkeit.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Frau Brandt, ich muss mich wirklich wundern, wie ideologisch verbohrt Sie hier vortragen.
Die Zahl der Ausbildungsplätze, die wir anbieten, beweist sehr wohl, wie sich die Landesregierung und wie sich dieses Parlament für die Situation der Auszubildenden interessiert und dafür einsetzt. Es ist absurd, das mit Ergebnissen der DDR-Wahlen zu vergleichen. Wissen Sie, Sie können Äpfel und Birnen vergleichen, Sie dürfen sich aber nicht wundern, wenn Sie zu Pflaumen als Ergebnis kommen. Das ist einfach ärgerlich.
Natürlich hat uns der vorliegende Antrag insofern überrascht, als es im Rahmen des Selbstbefassungsrechts den Ausschüssen zugestanden hätte, sich mit diesem Gutachten zu beschäftigen. Daher ist zwischen 1998 und 2000 eine ganze Menge Zeit verloren gegangen. Gleichwohl hat sich die Landesregierung in den vergangenen Monaten und Jahren sehr intensiv mit diesem Thema beschäftigt, auch im Parlament, auch in den Ausschüssen, zu ganz unterschiedlichen Bereichen, seien es die Sonderprogramme Berufsfachschule in Kooperation mit der Wirtschaft, die Einstellung von Berufsschullehrern, die Stärkung der Selbständigkeit von Berufsschulen.
Nach intensiven Diskussionen hat auch die überaus erfolgreich arbeitende ZAG vor wenigen Tagen beschlossen, die Verbundausbildung zu stärken und auszubauen, die berufliche Qualifizierung zu modularisieren, verstärkt Maßnahmen zur praxisnahen Berufsvorbereitung für Schulabgänger zu initiieren und, wie seinerzeit eben auch im Lutz-Gutachten gefordert, die Förderung von Ausbildungsplätzen zu straffen.
Der vermittelte Eindruck, es sei in den letzten Monaten oder Jahren überhaupt nichts geschehen, ist also schlicht unzutreffend.
Wir wissen, wie sehr sich die SPD-Fraktion und insbesondere die Landesregierung in den vergangenen Monaten und Jahren immer für die Berufsausbildung interessiert und eingesetzt haben. Gerade unser Ministerpräsident hat sich dafür außerordentlich engagiert und er wird dies auch in Zukunft tun. Insofern kann ich Ihnen nur sagen: Berufsausbildung ist in der SPD-Fraktion und in dieser Landsregierung gut aufgehoben.
Deshalb hat die Landesregierung, worauf auch Herr Minister Dr. Harms hinwies, zwischenzeitlich eine vertiefte Analyse der betrieblichen Ausbildung in Auftrag gegeben. Dieser Abschlussbericht wird im Juli vorliegen. Wir halten es für sinnvoll, eine Berichterstattung erst nach Vorlage und Auswertung dieses Berichts vorzusehen. Deshalb stimmen wir der Überweisung zu und regen an, eine Berichterstattung im September dieses Jahres vorzunehmen. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Herr Dr. Sobetzko, ich finde es selbstverständlich, dass man zuerst die Ergebnisse ansieht, bevor man entscheidet, ob Änderungen erforderlich sind. Ich halte es einfach für sinnvoll.
In unserer Fraktion wurde das Lutz-Gutachten sehr wohl ausgewertet; in der Landesregierung selbstverständlich auch. In den Ausschüssen wurde jedoch offensichtlich nicht der Bedarf gesehen, darüber zu diskutieren. Das kann man gern nachholen. Wir halten das auch für sinnvoll. Nur dann, denke ich, sollte man schon mit Blick auf die Effizienz überlegen, ob man diesen Bericht nicht gemeinsam mit den neuen Erkenntnissen, die dann vorliegen, erörtert. Dann wird man sehen, ob sie zu Veränderungen geführt haben. Insofern, glaube ich, sollten wir weiterhin zu effizienten Arbeitsverfahren kommen. Vielen Dank.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Meine sehr geehrten Damen und Herren! In außerordentlicher Weise haben sich Landesregierung und SPD-Fraktion in der Vergangenheit der Berufsausbildung gewidmet. Es ist dem besonderen Einsatz unseres Ministerpräsidenten zu verdanken, dass wir auch im letzten Jahr die beste Ausbildungsbilanz aller Bundesländer vorzuweisen hatten.
In den nächsten Jahren wird sich die Schere zwischen Angebot und Nachfrage an Ausbildungsplätzen beständig schließen, was zu einer Entspannung auf dem Ausbildungsmarkt führen wird. Das ist auch ein Verdienst des „Bündnisses für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit“.
Es besteht aber kein Grund, sich zufrieden zurückzulehnen. Im Bereich der beruflichen Ausbildung konzentrieren wir uns mit dem vorliegenden Antrag nun auf die weitere Verbesserung der Rahmenbedingungen an den Berufsschulen. Rascher und umfassender Wandel in einer sich weltweit vernetzenden Wirtschaft stellt neue Anforderungen an die Berufsausbildung. Unter dem Einfluss der Globalisierung geraten die tragenden Pfeiler des dualen Systems immer stärker unter Modernisierungsdruck.
Um das Problem an einem Beispiel zu verdeutlichen: Seit 1996 sind 34 neue Berufe entstanden und über 100 bestehende Berufe wurden modernisiert. Das erfordert eine intensivere und effektivere Abstimmung zwischen denjenigen, die sich in der Berufsausbildung engagieren.
Gerade der Berufsschule als einem Lernort im dualen System wird dabei hohe Flexibilität abverlangt, um mit der Dynamik des Wandels Schritt halten zu können. Die Berufsschulen brauchen mehr Autonomie, dezentralere Entscheidungen, Entscheidungsfreiräume, Wirtschaftsnähe sowie Transparenz und Leistungsorientierung. Dadurch bleibt nicht nur der Lernort Berufsschule entwicklungsfähig, sondern das gesamte duale System.
Ein derartiger Paradigmenwechsel der Politik erfordert neue Wege und Instrumente. Dazu gibt der vorliegende Antrag einen Anstoß.
Um die Abstimmung zwischen staatlicher Schulaufsicht und berufsbildenden Schulen einerseits sowie Kammern und Verbänden andererseits zu verbessern, hat der Kultusminister zwei regionale Arbeitsgemeinschaften für berufliche Bildung geschaffen. Ihr Einzugsbereich deckt sich mit dem der Kammern. Das ist wichtig, um zum Beispiel Personalmaßnahmen und fachliche Zusammenarbeit besser zu koordinieren oder regionale Fragen sowie Fachprobleme besser diskutieren zu können.
Die bisherige Zersplitterung des Handelns auf sieben staatliche Schulämter - alles kleine Fürstentümer - und 40 Berufsschulen beeinträchtigt die Zusammenarbeit nachhaltig. Ob und wie die Arbeitsgemeinschaften weiter gestärkt werden können, sollten wir im Rahmen der
Berichterstattung prüfen. Wir sollten dabei auch darüber nachdenken, wie zum Beispiel Berufsschulen als die unmittelbaren Kompetenzträger eingebunden werden können.
Solche Arbeitsgemeinschaften schaffen den organisatorischen Rahmen, um eine stärkere Kooperation der Lernorte möglich zu machen. Auf die Notwendigkeit dazu verwies die Kultusministerkonferenz bereits im Jahr 1998.
Berufsschulen erhalten darüber verbesserte Möglichkeiten, den Dialog mit anderen Partnern des dualen Systems zu führen, benötigen allerdings auch einen größeren Organisationsfreiraum, um zum Beispiel dem regionalen Ausbildungsmarkt gerecht zu werden. Es ist verständlich, wenn Unternehmen bei inhaltlichen und planerischen Gestaltungen des Unterrichts schnelle und effektivere Entscheidungen vor Ort von den berufsbildenden Schulen erwarten.
Für zwingend erforderlich halten wir es, dass die Einflussmöglichkeiten der Schulleitungen in der Personalpolitik gestärkt werden. Dagegen kann eingewandt werden, dass damit in einen zentralen Verantwortungs-bereich der Schulaufsichtsämter eingegriffen werde.
Zu bedenken geben wir aber, dass Berufsschulen stärker als jede andere Schulform zu praxisnaher Ausbildung gezwungen werden. Das ist nur durch entsprechend qualifiziertes Personal möglich. Staatliche Schulämter sind oft nur begrenzt in der Lage, den immer noch bestehenden Mangel an Lehrpersonal ausreichend zu differenzieren, um den unterschiedlichen Anforderungen an Berufsfelder und Schulformen gerecht zu werden.
Profilierung einerseits und Personalpolitik andererseits sind aber untrennbar miteinander verbunden. Das kann neue Perspektiven für Berufsschulen schaffen, wie gute Modelle in Dänemark, in der Schweiz oder in den Niederlanden belegen.
Der Einfluss auf Personalentscheidungen in berufsbildenden Schulen ist eng verbunden mit der von uns angestrebten Profilierung und Weiterentwicklung der Berufsschullehrerausbildung. Eine leistungsfähige Universitätsausbildung ermöglicht dringend notwendige und in die Zukunft gerichtete Weiterbildung und Umschulungen und hilft, eigenen Nachwuchs zu qualifizieren.
Selbstverständlich sind damit auch inhaltliche Fragen des Studiums zu klären. Ist es beispielsweise noch zeitgemäß, das Berufsfeld Elektrotechnik zu unterrichten, wenn es schon lange nicht mehr als eigenes Feld existiert? Schließlich haben sich in den letzten 20 Jahren längst eigene fachwissenschaftliche Felder wie Leistungselektronik, elektrische Antriebs- und Messtechnik entwickelt. Nach wie vor werden aber an den Universitäten Berufsschullehrer im Berufsfeld Elektrotechnik ausgebildet.
Die Qualifizierung im Land, zum Beispiel durch Hochschulen, ist übrigens auch zur Behebung des Lehrkräftedefizits an Berufsschulen unabdingbar. Mit dem Handlungskonzept zur Gewinnung von Berufsschullehrern hat der Kultusminister den richtigen Weg beschritten, um Qualität und Quantität des Berufsschulunterrichts zu verbessern. Ein Jahr nach der Vorstellung des Konzepts halten wir es aber für angebracht, uns im Detail anzusehen, welche Maßnahmen erfolgreich waren und wo Anpassungen erforderlich werden.
So ist zu überlegen, wie die Einstellung von Honorarkräften flexibler gehandhabt werden kann, ein Punkt, der
im Übrigen mit der noch zu behandelnden Finanzverantwortung zusammenhängt. In jedem Fall ermöglichen Honorarkräfte eine bedarfsgerechtere Ausbildung, die Überbrückung von Personalengpässen und die pass- genaue Einstellung qualifizierter Lehrkräfte.
Über die Gewinnung von Berufsschullehrern hinaus halten wir auch die kontinuierliche und praxisnahe Fortbildung bereits beschäftigter Lehrkräfte für notwendig. Es sind vor allem Fortbildungen im gewerblich-tech-nischen und EDV-technischen Bereich, die oft nicht den Erfordernissen entsprechen. Von den Universitäten werden leider noch keine berufsbegleitenden Studiengänge angeboten, die sich an den Bedürfnissen der Praxis orientieren. Gerade wegen der ständig kürzer werdenden Halbwertzeiten von Wissen sehen wir hier dringenden Handlungsbedarf, aber auch neue Profilierungsmöglichkeiten unserer Hochschulen.
Neben der Personalqualifikation und wachsender Personalverantwortung ist die Finanzverantwortung ein wichtiger Baustein für eine stärkere Leistungsorientierung der Berufsschulen. Eine Teilnahme an dem zum Beispiel an den Hochschulen des Landes sehr erfolgreich eingeführten Budgetierungsverfahren sollte deshalb auch den Berufsschulen ermöglicht werden. Begründet dürfen wir erwarten, dass die eingesetzten Mittel dann ebenfalls zielgerichteter und effizienter eingesetzt werden. Es ist darüber hinaus ein Schritt zu mehr Autonomie und Verantwortung von Berufsschulen und befreit von unnötigen bürokratischen Fesseln.
Da die berufsbildenden Schulen sich in der Trägerschaft der Landkreise befinden, halten wir es für angeraten, dass sich das Kultusministerium überlegt, wie positive Erfahrungen den Kreisen verfügbar gemacht und dort umgesetzt werden können.
Zur Qualitätssicherung und -steigerung der schulischen Berufsausbildung gehört in Zeiten weltweiter Märkte zwingend die Entwicklung von Sprach- und Kulturkompetenz. Sie verbessert die Aussichten unserer Jugendlichen, auch in anderen Ländern Arbeit zu finden und den eigenen Horizont zu erweitern. Ohne eine intensivere Berufsorientierung und Vorbereitung hin zu auslandsbezogenen Tätigkeiten drohen unsere Versuche, globale Märkte für unsere Wirtschaft zu erschließen, zu scheitern.
Wir sind uns darüber im Klaren, dass auch der bereits thematisierte Rechtsextremismus es uns erschwert, für Standorte im Land zu werben. Auf diesem Gebiet zahlen wir einen hohen Preis für den inhumanen Populismus der DVU und ihrer Nachfolger. Indem sich ihre Redner regelmäßig als verbale Kraftzwerge gebärden, gefährden sie die Ansiedlung ausländischer Unternehmen.
Der Versuch, billig Stimmen zu bekommen, wurde trotz des Risikos, dass Arbeitsplätze nicht entstehen könnten, permanent fortgesetzt. Das ist einfach unverantwortlich.
Aus Gesprächen mit zahlreichen Lehrern wissen wir, dass gerade an Berufsschulen ein großer Bedarf an fächerübergreifenden und fachbezogenen Projekten zur Werteerziehung und Konfliktbewältigung besteht. Aufgrund unterschiedlicher Einflüsse sind Berufsschüler scheinbar besonders empfänglich für rechtsextremistische Propaganda.
Der Grundkonsens der demokratischen Parteien in diesem Landtag beruht auf dem Gedanken, dass wir eine Diskriminierung tatsächlich oder vermeintlich Schwächerer in der Gesellschaft wie Ausländer, sozial Schwache, Behinderte oder Frauen weder jetzt noch in Zukunft zulassen.
- Vermeintlich Schwächere, ja.
Deshalb sehen wir Sozialdemokraten uns in der besonderen Verantwortung, dafür zu sorgen, dass gerade in den berufsbildenden Schulen der Werteerziehung ein besonderes Gewicht zugemessen wird. Wir sind dies den Menschen in unserem Land schuldig.
Wir erkennen, dass gerade Berufsschulen ein Brennpunkt von Problemen des Arbeitsmarktes, des sozialen Umfeldes und persönlicher Schwierigkeiten geworden sind. Dies ist möglicherweise auch deshalb der Fall, weil die hohen Anforderungen eines gestiegenen Qualifikationsprofils in einer weltweiten Wirtschaft die Menschen belasten und ängstigen.
Wir werden die Rahmenbedingungen nur sehr begrenzt beeinflussen können. Aber wir haben die Verantwortung dafür, unseren Jugendlichen Mut zu machen und ihnen das Rüstzeug in Form geeigneter Qualifikationen - dazu gehört auch die Vermittlung von Werten - mit auf den Weg in ihr Berufsleben zu geben. Dieser Verantwortung werden wir gerecht, wenn wir dafür sorgen, dass unsere Kinder und Enkel erkennen können, dass jede Form der Gewalt - ich schließe die geistigen Brandstifter ausdrücklich ein -, die ein Klima der Ausländerfeindlichkeit schürt, abzulehnen ist.
Es steht uns gut an, uns auf die Grundwerte unseres demokratischen Gemeinwesens zu besinnen, die die verfassunggebende Versammlung unter anderem bei der Aufnahme des Asylrechts zugrunde legte. Es war Carlo Schmid, der seinerzeit von der Generosität und der Würde des Aktes sprach. Erst recht hat dies gegenüber denjenigen zu gelten, die aufgrund von Flucht und Vertreibung in unserer Mitte leben.
Sehr geehrte Frau Präsidentin! Sehr geehrte Damen und Herren! Lassen Sie mich kurz zusammenfassen.
Mit diesen Maßnahmen möchten wir den Berufsschulen Freiräume schaffen, die ihnen mehr Autonomie und Profilbildung ermöglichen. Sie werden in die Lage versetzt, den Lernprozess in den Betrieben zu entlasten und qualitativ zu stützen. Darüber hinaus werden sie in ihrem Auftrag unterstützt, an der Mitgestaltung der Arbeitsverhältnisse in sozialer Verantwortung aktiv mitzuwirken.
Das Bündel an Maßnahmen ist nach unserem Dafürhalten geeignet, Berufsschulen für eine Modernisierung und Weiterentwicklung des dualen Systems fit zu machen. Es sind vor allem die Jugendlichen und die Unternehmen in Sachsen-Anhalt, die davon profitieren. - Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich verzichte.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Die heutige Debatte macht deutlich - Frau Ferchland, das sehe ich anders als Sie -, daß der Berufsausbildung Jugendlicher in unserem Land hohe Aufmerksamkeit zukommt. Angesichts der angespannten Lage auf dem Ausbildungsmarkt kann das nicht verwundern. Schließlich hat die Debatte um die bundesweite sogenannte Greencard deutlich gemacht, wie wichtig es ist, rechtzeitig und unter Berücksichtigung des Arbeitsmarktes und der Nachfrage junge Menschen auszubilden. Sie sichern die gesellschaftspolitische und wirtschaftliche Zukunftsfähigkeit unseres Landes.
Unstrittig ist, daß sich die hohe Nachfrage nach Ausbildungsplätzen im wesentlichen aus demographischen Faktoren ergibt. Sie wird dadurch verstärkt, daß sich zu wenige Abiturienten entschließen, eine akademische Ausbildung aufzunehmen. Statt dessen entscheiden sich viele junge Menschen für eine berufliche Ausbildung im dualen System.
Der lebhaften Nachfrage steht aber kein ausreichendes Angebot gegenüber; denn unsere von Strukturumbrüchen gekennzeichnete und von kleinen Betrieben dominierte Wirtschaft ist mit dem Ansturm geburtenstarker Jahrgänge überfordert. Eine Entspannung ist erst in den Jahren 2005 und 2006 zu erwarten.
Bekanntermaßen unternahm die Landesregierung außerordentliche Anstrengungen, um die Lücke im Angebot an Ausbildungsplätzen zu schließen. Es ist ihr Erfolg, daß Sachsen-Anhalt dabei seit Jahren eine Spitzenposition einnimmt.
- Herr Daehre, Sie können nachher gern Fragen stellen. - Gleichwohl müssen wir uns über eines klar sein: In einer sozialen Marktwirtschaft kann der Staat keine umfassende Garantie für ein genau passendes Angebot an Arbeits- und Ausbildungsplätzen abgeben.
Er kann sich aber darum bemühen, ein positives Umfeld zu schaffen. Klar ist damit auch, daß die Bereitstellung einer ausreichenden Zahl von Ausbildungsplätzen die eigentliche Verantwortung der Unternehmen ist.
Es ist ein Ausdruck ihrer sozialen Verantwortung, daß sie auch in schwierigen Zeiten der Strukturumbrüche bemüht sind, so viele Ausbildungsplätze wie möglich zu schaffen und anzubieten.
Trotzdem werden wir - auch das macht die Debatte klar - mittelfristig auf Bundes- und Landesprogramme in der außerbetrieblichen Berufsausbildung nicht verzichten können. Allerdings müssen wir feststellen, daß vor allem das Kooperationsmodell Schule/Wirtschaft auf Akzeptanzgrenzen stößt. Eine weitgehend gute Ausbildungsqualität, ein im Durchschnitt liegendes Bestehen der Abschlußprüfung und überdurchschnittliche Abbrecherquoten bedürfen allerdings einer differenzierten Betrachtung.
Probleme liegen in der eingeschränkten Akzeptanz bei Jugendlichen und Eltern, der deutlich schlechteren Ausbildungsvergütung, einer geringeren Motivation, auch in der Zielgruppe und in der sehr hohen staatlichen Förderung. Die fehlende Praxis erschwert einer im Regelfall leistungsschwächeren Gruppe den Übergang in das Erwerbsleben. Sie haben häufig nicht den gleichen Erfolg wie Jugendliche, die eine betriebliche Ausbildung durchliefen.
Natürlich sind auch nicht alle Schulabgänger im gleichen Umfang für alle Ausbildungsberufe geeignet. Die Anforderungen in neu geordneten Berufen mit gesteigertem Anforderungsprofil können nicht von allen Jugendlichen erfüllt werden. Dies liegt sowohl an den persönlichen Erwartungen, Fähigkeiten und Möglichkeiten als auch an den Rahmenbedingungen der Programme.
Es darf deshalb nicht überraschen, daß die Quote abgebrochener Ausbildungen im Kooperationsprogramm höher lag als in den Unternehmen.
Wir wünschen uns, daß beide Quoten möglichst gering sind. Allerdings müssen wir anerkennen, daß der Staat nur begrenzte Gestaltungs- und Zugriffsmöglichkeiten hat und haben kann.
Im Hinblick auf mangelnden Schulbesuch müssen wir festhalten, daß die betriebliche Ausbildung in der Regel eine erheblich höhere Motivation bewirkt und das Bestreben stärkt, die Ausbildung erfolgreich abzuschließen. Die Zusammenarbeit zwischen Berufsschule und Ausbildungsbetrieb gestattet es Unternehmen, bei Versäumnissen in der Ausbildung notfalls auf Konsequenzen hinzuweisen und diese auch umzusetzen.
Diese Möglichkeit ist in staatlichen Programmen in dieser Form nicht gegeben. In den außerbetrieblichen Ausbildungen werden als Ursache für Fehlzeiten häufig
Frust, Perspektivlosigkeit, Schulmüdigkeit oder fehlende Erfolgserlebnisse und ähnliches genannt.
Junge Erwachsene müssen aber auch der Eigenverantwortung für die Erreichung ihrer Lebensziele gerecht werden. Das heißt nicht, daß wir angesichts dieser Probleme die Hände in den Schoß legen und zusehen sollten. Nein, wir sollten überlegen, welche Maßnahmen zur Vermeidung bzw. zur Reduzierung von Fehlzeiten in der Schule möglich sind. Vorstellbar ist zum Beispiel, Schulnoten stärker als bisher zu berücksichtigen und andere, stärker praxisorientierte Unterrichts- und Prüfungsformen zuzulassen.
Diesen neuen Überlegungen kommt bei der Sicherung und Erweiterung des dualen Systems - verwiesen sei auf das Satellitenmodell des DIHT oder Überlegungen der Kultusministerkonferenz - eine zentrale Bedeutung zu.
Ferner erscheint uns die Überarbeitung von Berufsbildern und eine Erhöhung des Angebotes an Ausbildungsplätzen insbesondere in neuen Berufen vordringlich. Stärker als bisher sollte dabei der Gesichtspunkt der internationalen Vergleichbarkeit Berücksichtigung finden.
Natürlich müssen mögliche Maßnahmen auch den Bereich der Berufsschulen beachten. Auch dort bedarf es der Anpassung. Der Minister hat vorhin bereits darauf hingewiesen. In der Vergangenheit hat auch die SPDFraktion darauf hingewirkt, daß die 1:4-Regelung bei den Berufsschulen nicht gilt, um das Angebot an Lehrkräften zu verbessern.
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich zusammenfassend folgendes festhalten:
Erstens. Es besteht vor allem erheblicher bundespolitischer Handlungsbedarf. Wir sind deshalb froh, eine auch in diesem Politikfeld so aktive Bundesregierung zu haben.
Das Land kann und wird seine Vorstellungen auf bundespolitischer Ebene einbringen. Dafür ist ein besonnener Umgang mit den skizzierten Problemen unter Berücksichtigung der Interessen beteiligter Verhandlungspartner erforderlich. Aktionismus halten wir also nicht für angebracht.
Zweitens. Auch in Zukunft müssen die Sonderprogramme von Bund und Land sorgfältig im Hinblick auf ihren Erfolg betrachtet werden. Wo immer es möglich und nötig ist, sollte eine permanente Weiterentwicklung und Feinsteuerung der Programme unverzüglich vorgenommen werden.
Gerne.
Herr Dr. Daehre, das Thema hätte ich von Ihnen erwarten müssen. - Wir sind uns doch sicherlich darin einig, daß das Land und daß der Bund alles unternehmen müssen, um eine Weiterentwicklung des dualen Systems voranzubringen. Das heißt zunächst einmal, daß man schauen muß: Wo waren die bisherigen Erfolge? Wo gab es Schwächen? Wo bedarf es aufgrund geänderter Rahmenbedingungen der Anpassung?
Wir sind uns einig darin - darauf hat Frau Ferchland hingewiesen -, daß wir keine Verstaatlichung der Aus- bildung wollen.
- Ich gehe davon aus, Herr Dr. Daehre, daß auch Sie keine Verstaatlichung der beruflichen Ausbildung möchten. Insofern finde ich durchaus interessante Parallelen. Das müßte man diskutieren.
Natürlich müssen wir dabei auch berücksichtigen, daß das Angebot auf eine ausreichende Qualität und auf eine ausreichende Anzahl von Ausbildungsplätzen ausgerichtet wird. Das sollten wir durchaus auch im Ausschuß noch einmal thematisieren.
- Sie wissen, Herr Dr. Daehre, daß komplexe Sachverhalte häufig nicht auf Ja oder Nein zu verkürzen sind. Wir müssen vielmehr eine dem Problem angemessene Lösung finden.
Selbstverständlich.
Sehr geehrte Frau Stolfa, die Frage lautet ja: Nach welchen Kriterien bestimmen Sie, wer ausbilden kann oder nicht? Das ist die eine Frage, die sich mir stellt. Die zweite Frage, die sich mir stellt, lautet: Wer soll denn überhaupt darüber entscheiden?
Ich will damit nur deutlich machen: Es gibt eine ganze Anzahl von Fragen, die in diesem Zusammenhang zu klären sind. Das geht durchaus auch in die Richtung, die Herr Dr. Daehre deutlich gemacht hat. Ich glaube, daß wir das nicht verkürzen können. Ich will mich ausdrücklich nicht auf die Beschlußlage der SPD zurückziehen, weil ich glaube, daß wir Dinge weiterentwickeln und begleiten müssen und auch inhaltlich darüber diskutieren müssen.
- Nicht ewig, aber wir werden darüber immer wieder neu diskutieren müssen, weil sich die Rahmenbedingungen ändern.
Wichtig ist nach meinem Dafürhalten, daß wir dafür sorgen, daß das duale System weiterentwickelt und erhalten wird. Das bedeutet, daß wir keine staatliche Berufsausbildung wollen. Darüber sind wir uns in diesem Saal sicherlich einig.
Frau Ferchland, als mögliches Kriterium für eine Ausbildungsumlage haben Sie den Umsatz eines Unternehmens genannt. Ihnen ist sicherlich bekannt, daß beispielsweise die Großhandelsbereiche Tabakwaren, Spirituosen, Brennstoffe sehr hoch mit Steuern belastet sind. Das hat zur Folge, daß die Umsätze enorm hoch sind. Halten Sie das wirklich für ein angemessenes Kriterium für die Bemessung der Ausbildungsumlage?
Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Alle wichtigen Fraktionen des Landtages - und da kann ich die DVU gerade nach diesem Beitrag wirklich nur ausnehmen - sind sich - zumindest ist das mein Eindruck - in der Bewertung zentraler Punkte einig: Es ist gut und es ist richtig, daß die Landesregierung erhebliche Anstrengungen unternimmt, um möglichst vielen Jugendlichen im Land eine beruf- liche Perspektive zu geben.
Das Engagement aller Partner im Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit wird anerkannt und gewürdigt. Alle Beteiligten werden ihrer sozialen Verantwortung mehr als gerecht, und ihnen ist im Namen der Jugendlichen zu danken.
Selbstverständlich ist das von der Landesregierung initiierte Bündnis für Arbeit, Ausbildung und Wettbewerbsfähigkeit nichts Statisches. Vielmehr ist es von entscheidender Bedeutung, daß ein solcher Prozeß und die ihn beeinflussenden Rahmenbedingungen, seien es volks- oder betriebswirtschaftliche Faktoren, veränderte Rahmenrichtlinien, Fördertatbestände oder politische Entscheidungen, beobachtet und berücksichtigt werden. Bislang ist das erfolgreich gelungen, und wir gehen davon aus, daß dieser Erfolg auch in Zukunft gewährleistet sein wird.
Aus unserer Sicht bedarf es zur Sicherung des Erfolgs einer ständigen Weiterentwicklung des dualen Ausbildungssystems, denn schneller als in der Vergangenheit müssen veränderte Rahmenbedingungen der Berufsausbildung berücksichtigt werden. Bereits in meinem vorherigen Beitrag habe ich aufgezeigt, wo wir Handlungsmöglichkeiten sehen.
Wir müssen aber auch feststellen, daß das sogenannte Lutz-Gutachten uns - mit durchaus nachvollziehbaren Begründungen - eine Konzentration der Ausbildungsförderung auf wenige Fördertatbestände und ausgewählte Zielgruppen nahelegt.
Damit den beteiligten Bündnispartnern eine ausreichende Planungssicherheit verbleibt, kann dies nur schrittweise vonstatten gehen. Über die dabei zugrunde zu legenden Kriterien sollten wir uns im Bildungsausschuß verständigen.
Die Benennung der Fördertatbestände hinsichtlich ausgewählter Berufe bzw. Auslandspraktika geschieht, weil unsere Unternehmen immer noch viel zu stark regional orientiert sind und wir einen eklatanten Mangel an Fachkräften in IuK-Berufen zu beklagen haben. Hier besteht Nachholbedarf.
Neue Berufe mit starker Orientierung auf Informationstechnologien bieten gerade dann Chancen für SachsenAnhalt, wenn auch entsprechende Sprach- und Kulturkompetenzen bei qualifizierten Mitarbeitern vorhanden sind.
Hochqualifiziertes Personal bringt die Standortunabhängigkeit dieser Technologien zur Geltung. Das bietet Chancen, auch hier sehr qualifizierte Arbeits- und Ausbildungsplätze zu schaffen. Gerade weil in den erwähnten Bereiche kleine und mittelständische Betriebe häufig nicht in der Lage sind, ausreichend Technik, Wissen und Erfahrung für alle Ausbildungsabschnitte anzubieten, empfiehlt sich darüber hinaus auch die Förderung von Ausbildungsverbünden.
Sehr geehrte Damen und Herren! Viele Aspekte wurden in der Debatte schon genannt. Ich glaube auch, daß es angesichts der grundlegenden Übereinstimmung zwischen SPD, CDU und PDS nicht der Wiederholung bedarf; denn nicht die Wiederholung der Argumente, sondern deren Gewicht sollte überzeugen.
Wir sollten uns deshalb auch darauf konzentrieren, nach der Berichterstattung des Kultusministeriums zu überlegen, wie wir die Ausbildungsförderung effizienter gestalten können und unter Umständen sogar mehr Ausbildungsplätze in relevanten Bereichen fördern bzw. anbieten.
Für die Annahme unseres Antrages bitte ich um Ihre Zustimmung. Ich danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.