Elke Lindemann

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Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Zwischen 4 und 8 % der über 65-Jährigen sind heute bereits von der häufigsten demenziellen Erkrankung, der Demenz vom Alzheimer-Typ, betroffen. Das Risiko, an dieser Form der Demenz zu erkranken, wird mit zunehmendem Alter größer. Vom 60. bis zum 90. Lebensjahr verdoppelt sich das Risiko der Demenzerkrankung alle fünf Jahre. Ab dem 90. Lebensjahr ist der Anstieg zwar geringer, die Demenzhäufigkeit kann in dieser Altersgruppe aber zwischen 25 und 40 % liegen.
Die meisten Demenzkranken sind zwischen 80 und 90 Jahre alt. Bis zum 80. Lebensjahr beträgt die Wahrscheinlichkeit, an einer Demenz zu erkranken, 12 %. Ab dem 90. Lebensjahr liegt sie bereits bei 55 %.
Jedem im Saal ist die demografische Entwicklung in Deutschland bekannt. Aufgrund dieser Entwicklung und der dargestellten Zunahme von Erkrankungen im fortschreitenden Alter stellen die Demenzerkrankungen eine große gesellschaftliche Herausforderung dar. Schon heute sind deutliche Versorgungsdefizite zu erkennen. Es wird davon ausgegangen, dass heute ca. eine Million Demenzkranke versorgt werden müssen. Für die nächsten 30 Jahre wird ein Anstieg um 40 % prognostiziert.
Dabei stehen immer weniger jüngere Familienmitglieder zur Verfügung, um diesen Personenkreis zu pflegen. Die Angaben im Hinblick auf die Unterbringung in Heimen schwanken heute zwischen 10 und 40 %. Die Gruppe der an Demenz Erkrankten stellt bereits heute mit bis zu 80 % die größte Bewohnergruppe dar. Es ist unübersehbar, dass die Behandlung, die Betreuung und die Hilfe für Demenzkranke verbessert werden müssen.
Das hat der Ausschuss auch so gesehen und die Ihnen vorliegende Empfehlung beschlossen. Ich möchte nicht mehr im Einzelnen auf die angeführten Punkte eingehen. Das hat die Frau Ministerin bereits ausführlich getan.
Betonen möchte ich an dieser Stelle jedoch noch die Notwendigkeit der Erweiterung der Aus- und Weiterbildung der Ärztinnen und Ärzte und - besonders wichtig auch des Pflegepersonals, um diese schwere Krankheit
mit ihrem langen Krankheitsverlauf frühzeitig zu erkennen und dem Patienten rechtzeitig geeignete Hilfe anbieten zu können.
Auch aus diesem Grund hat der Ausschuss in seine Beschlussempfehlung die Einrichtung eines Lehrstuhls für Geriatrie ausdrücklich aufgenommen, wohl wissend, dass dieser Vorgang der Hochschulautonomie unterliegt. Wir halten es als Fachpolitiker aus den dargestellten Gründen aber für geboten, diese Notwendigkeit zu artikulieren.
Ich bitte Sie um Zustimmung zu der Beschlussempfehlung.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sie alle kennen die Diskussion über die immer noch
vorhandenen versorgungsstrukturellen Defizite in der Behindertenhilfe in Sachsen-Anhalt. Wir haben die zweithöchste Zahl der Hilfeempfänger in stationären Einrichtungen. Hinzu kommt, dass diese Plätze ungemein teuer sind.
Es ist unbestreitbar, dass ein viel zu großes Angebot an stationären, also kostenintensiven Plätzen und ein enormes Defizit an ambulanten Betreuungsmöglichkeiten besteht. Das heißt, der Prozess der Enthospitalisierung muss weiter vorangetrieben und begleitet werden. Der Psychiatrieausschuss des Landes beziffert das Enthospitalisierungspotenzial auf mindestens ein Drittel der Heimuntergebrachten.
Wir haben im Land in Bezug auf die Verteilung von stationären hin zu ambulanten Einrichtungen eine Schieflage, und dies in zweifacher Hinsicht. Zum einen widerspricht die Praxis in Sachsen-Anhalt dem sozialhilferechtlichen Grundsatz „ambulant vor stationär“. Die Eingliederungshilfe dient dazu, Behinderten ein ihren Fähigkeiten entsprechendes weitestgehend selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. Selbstbestimmung ist bei einer Heimunterbringung aber oftmals schwer möglich. Zum anderen ist die Heimunterbringung viel zu teuer.
Frau Ministerin Kuppe hatte in Ihrer Rede im Dezember 2000 über die Kosten der Kommunen, also der örtlichen Träger der Sozialhilfe, und des Landes als überörtlichem Träger gesprochen. Diese Zahl unterstützt die Diskussion anschaulich auch unter Kostengesichtspunkten. Die Zahlen sind leider von 1999, dürften heute allerdings ähnlich sein.
Die Kommunen haben für das ambulant betreute Wohnen - ich nenne die D-Mark-Beträge - 1,40 DM pro Jahr und Bürger aufgewendet. Etwa die Hälfte davon wurde bis zum Ende des Jahres 1999 vom Land getragen. Im Endeffekt haben die Kommunen damit pro Jahr und Einwohner lediglich 0,70 DM bezahlt. Für die teilstationäre und die stationäre Unterbringung von Behinderten wendet das Land pro Jahr und Bürger 200 DM auf. Für das Land kommen darüber hinaus investive Kosten hinzu.
Bitte verstehen Sie mich an dieser Stelle nicht falsch: Es geht hierbei nicht um eine Verteilungs- oder Umverteilungsdebatte. In erster Linie geht es um die Belange von Behinderten, um die Verbesserung ihrer Lebensqualität. Die Art und die Form der Maßnahmen der Hilfe haben unter Beachtung der Bedürfnisse behinderter Menschen und ihrer Fähigkeiten zu erfolgen. Das war der Grund, weshalb wir diesen Antrag eingebracht hatten.
Die Ministerin hat in ihrer Rede dargestellt, dass bereits Maßnahmen zur Durchsetzung des individuellen Anspruchs auf Eingliederungshilfe eingeleitet wurden. Jetzt gilt es insbesondere mit den vorgeschlagenen Modellregionen Übereinkünfte zu erzielen, um die Modelle endlich starten zu können. Ich denke, jede Seite sollte sich auf ihre originäre Aufgabe besinnen und sich in diesem Fall im Sinne der Behinderten endlich zu konstruktiven Lösungen durchringen.
Ich bitte um Ihre Zustimmung zu der Beschlussempfehlung. Wir haben bereits gehört, dass die Fraktionen ihr zustimmen werden.
Herr Präsident, gestatten Sie mir zum Schluss noch ein Wort in eigener Sache. Mit diesem Redebeitrag verabschiede ich mich vom Landtag und werde mich wieder mehr meiner Familie widmen.
Ich bin allerdings davon überzeugt, dass die SPD aus der Wahl wieder als die stärkste Partei hervorgehen wird und die Regierungsverantwortung auch weiterhin übernimmt. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich habe den Eindruck, dass der Antrag der CDU eigentlich nur dazu dienen soll, die Landesregierung zu etwas aufzufordern, was sie bereits seit geraumer Zeit und mit Nachdruck verfolgt. Das ist meiner Meinung nach unseriös und auf keinen Fall ein guter Stil.
Wenn der Antrag dennoch Sinn machen sollte, dann besteht dieser allenfalls darin, dass die Öffentlichkeit und dass die sich streitenden Parteien, die Pflegeverbände und vor allen Dingen wohl auch die Krankenkassen, verspüren, dass wir als Parlament sehr wohl ein waches Auge auf die gesundheitliche Versorgung unserer Bür
ger haben, auch wenn in diesem Fall die administrativen Ebenen von Land und Bund und sogar die Gerichte ganz offensichtlich völlig ohne Einflussmöglichkeiten sind und allein die Selbstverwaltung eine Klärung herbeiführen muss.
Vielleicht ist hier tatsächlich im Hinblick auf ein gesetzlich zwingendes Einsetzen von Schiedsstellen im Bereich des § 132 a SGB V - Häusliche Krankenpflege - und korrespondierend zur Regelung in der sozialen Pflege nach SGB XI auf Bundesebene eine Gesetzeslücke zu schließen.
Die Ministerin hat das Wesentliche zur inhaltlichen Problematik des zu schlichtenden Streites bereits ausgeführt, insbesondere zur Rechtssituation und zur Frage der Kompetenzverteilung zwischen Selbstverwaltung, Leistungserbringern und Politik.
Wir als Landespolitiker haben uns insbesondere im Sozialausschuss wiederholt und intensiv mit der aktuellen Situation beschäftigt und uns nicht zuletzt auf der Grundlage eines umfänglichen Berichtes der Landesregierung zur Frage der Umsetzung der einschlägigen neuen Bundesrichtlinie einerseits und auch einer sehr informativen und aufschlussreichen Anhörung vor erst zehn Tagen andererseits rundum kundig gemacht. Mehr wird die Politik an dieser Stelle nicht leisten können, außer dass wir natürlich wollen, dass sich die streitenden Parteien schnellstens einigen und auf freiwilliger Basis einem Schiedsverfahren unterwerfen.
Für mich bleibt die Argumentation speziell der AOK anlässlich der bereits zitierten Anhörung vor dem Sozialausschuss völlig inakzeptabel, wenn allein die derzeitige Mengenausweitung und, damit verbunden, ein nicht unerheblicher Kostenanstieg im Bereich der häuslichen Krankenpflege als Grund für ein Preisdiktat nach unten herhalten muss.
Haben wir es nicht eigentlich mit einem gewollten, einem Reformeffekt zu tun, wenn insbesondere im Zuge einer sich bereits in breitem Maßstab vollziehenden Absenkung von Krankenhausverweilzeiten und auch im Sinne von real zu praktizierender Krankenhausvermeidung natürlich ambulante Äquivalente, zum Beispiel durch Maßnahmen der häuslichen Versorgung, geschaffen werden müssen? In der Summe wird damit dann offensichtlich auch wieder ein deutlicher Einsparungseffekt verbunden sein.
Hinzu kommen - das sollten die Krankenkassen nicht einfach vom Tisch wischen - die Bedingungen des einsetzenden demografischen Wandels und die ungünstige Morbiditätsstruktur im Osten, insbesondere bei Alterspatienten.
Die Krankenkassen sollten auch aufhören, Löcher zu stopfen, die sie gleichzeitig an anderer Stelle aufreißen. Unser vorrangig akut bzw. kurativ-medizinisch orientiertes Krankenkassenausgabensystem muss dringend zugunsten präventiver und zuallererst rehabilitativer Strategien insbesondere in der Altersmedizin überdacht und verändert werden.
Meine Damen und Herren der CDU, den Mangel Ihres Antrages habe ich bereits eingangs benannt. Um aber kein falsches, kein missverständliches Signal in der Sache selbst nach außen zu geben, lassen wir Ihren Antrag nur dann passieren, wenn Sie, auch lediglich der Realität Rechnung tragend, unserem Änderungsantrag zustimmen, der nichts anderes aussagt, als die Landesregierung zu bitten, ihr bereits unaufgefordert praktizier
tes, lobenswertes Engagement für die freiwillige Einsetzung einer Schiedsstelle zur Schlichtung der Konfliktsituation fortzusetzen.
Genau das sind Tatsachen, denen auch Sie sich beugen müssen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Stange führte schon aus, dass wir am 7. Mai in Wittenberg an einer Veranstaltung des Paritätischen Wohlfahrtsverbandes teilgenommen haben.
- Die Liga, ist recht. Der Paritätische Wohlfahrtsverband war zumindest mit vertreten.
Zu dieser Beratung legten die Mitarbeiterinnen der Insolvenz- und Schuldnerberatungsstellen ihre Meinung dar und nutzten dort auch die Möglichkeit, über die Sicherstellung ihrer Beratungsstellen zu diskutieren. Die Probleme, die von den Mitarbeiterinnen dargelegt wurden so wurde das dort herausgearbeitet -, sollten nicht mit verwaltungstechnischen Spitzfindigkeiten abgetan werden, sondern es sollten Wege gefunden werden, wenigstens Tarifveränderungen und geleistete Mehrarbeitsstunden zu berücksichtigen. Die Mittel dafür sind im Haushalt vorhanden und sollten auch dafür eingesetzt werden.
Ich denke, der Antrag der PDS wird durch unseren Änderungsantrag, der zum Änderungsantrag der CDU gestellt worden ist, konkretisiert. Natürlich müssen wir uns im Ausschuss über die Dinge unterhalten, die bei der Umsetzung des Landtagsbeschlusses offen geblieben sind. Wir sollten dort, in der Anhörung, von der Landesregierung einen Bericht erwarten, und zwar zu unseren Punkten 1 bis 4. Wir werden uns nach dieser Berichterstattung im Ausschuss darüber einigen müssen, wie wir mit den Schuldnerberatungsstellen umgehen.
In der Beratung am 7. Mai wurde auch klar, wie groß der Beratungsstau ist, wie wichtig es ist, die Schuldnerberatung auch in Richtung Verbraucherinsolvenz auszuweiten. Ich kenne Fälle, zum Beispiel Jugendliche, die 12 000 DM Schulden wegen ihres Handys haben, die völlig willkürlich die Handys benutzen. Die kann ich nicht einfach ein halbes Jahr vertrösten, bis eine Beratung stattfinden kann.
Von den Mitarbeiterinnen dort wurde auch eindeutig dargelegt, dass selbst die Mehrarbeitsstunden, die sie aufgrund dessen ableisten müssen, nicht bezahlt werden, dass sie aber trotzdem die Beratung durchführen, um auch den Schuldnern zu helfen.
Ich denke, es ist ein wichtiger Punkt, dass wir die Berichterstattung entgegennehmen. Ich bitte natürlich darum, dass Sie unserem Änderungsantrag zustimmen. - Danke.
Ja.
Ich denke, dass von Ihrer Seite dort eine subjektive Einschätzung mit eingebaut worden ist, die ich bzw. unsere Fraktion so nicht mittragen kann. Da Sie behaupten, der Beschluss wurde unvollständig umgesetzt, wollen wir gerade das von der Landesregierung im Ausschuss hören. Wenn die Umsetzung unvollständig gewesen sein sollte, können wir uns immer noch darüber unterhalten. Aber ich wehre mich dagegen, diese subjektive Einschätzung in den Antrag hineinzunehmen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Frau Liebrecht, so manches von dem, was Sie hier kundgetan haben, können wir von der SPD-Fraktion weiß Gott nicht nachvollziehen. Ich denke, über die Summen, die Sie genannt haben, könnten wir uns vielleicht nachher noch einmal unterhalten. Die Mittel, die die Landesregierung für die Enthospitalisierung eingesetzt hat, sind nicht in der Weise schlechtzureden, wie Sie es getan haben. Wir sind auf einem guten Weg.
Die Perspektiv- und Netzplanung wurde im Jahr 1994 von der Landesregierung vorgelegt. Es sollten damit neue Strukturen der sozialmedizinischen Versorgung geschaffen werden. Für den Behindertenbereich, der in der Großen Anfrage hauptsächlich angesprochen wird, wurden von 1990 an sukzessive Strukturänderungen vorgenommen, angefangen bei den Werkstätten für Behinderte, über diesen Werkstätten angegliederte Wohnheime, die stationären Einrichtungen der Behindertenhilfe und der Altenpflege bis hin zu teilstationären und ambulanten Angeboten für Behinderte.
Die stufenweise Umsetzung musste dem steigenden Bedarf angepasst werden. Gleichzeitig sollten Fehlbelegungen abgebaut und zukünftig vermieden werden. Der planerische Bedarf an stationären Plätzen in der Altenhilfe wurde im Jahr 1994 noch mit 2,5 Plätzen auf 100 Bürger im Alter von 65 Jahren und darüber berechnet. Diese Quote konnte nicht gehalten werden.
Man ging zwar davon aus, dass die Nachfrage nach stationären Plätzen zurückgehen würde, und zwar in dem Maße, wie teilstationäre und ambulante Strukturen aufgebaut werden würden; ganz wie erhofft hat es sich aber nicht entwickelt. Einige Landkreise und kreisfreie Städte benennen höhere Versorgungsgrade als bedarfsdekkend, nämlich 3,5 Plätze auf 100 Bürger im Alter von 65 Jahren und älter.
Sicherlich muss die Netzplanung der demografischen Entwicklung Rechnung tragen. Aber ist diese Quote wirklich berechtigt?
Meiner Meinung nach ist in einem Anpassungsprozess die ständige Überprüfung der vorhandenen Strukturen
im Hinblick auf die Umsetzung des Grundsatzes „ambulant vor teilstationär vor stationär“ ganz entscheidend.
Leider ist es in einigen Kommunen unseres Landes nicht so. Eine bedarfsgerechte Unterbringung ist oft nicht zu erkennen, aber genau das muss die Grundprämisse der Netzplanung sein.
Der Auftrag, die Unterbringung bedarfsgerecht sowie gemeinde- und wohnortnah zu gestalten, wird meiner Meinung nach unzureichend erfüllt. Ich denke, gerade an diesem Punkt muss angesetzt werden. Das geht allerdings nur in einem Miteinander von örtlichem und überörtlichem Träger der Sozialhilfe, und zwar im Interesse von behinderten und alten Menschen. Hierbei ist eine enge Kooperation mit den Kommunen notwendig, die ich leider zurzeit vermisse.
Die Pflichtaufgaben, die die Träger der örtlichen Sozialhilfe hierbei haben, werden unzureichend wahrgenommen und vielfach einfach weitergeschoben. Das zeigt sich leider auch daran, dass - nachdem die jahrelange, übrigens freiwillige Förderung des Landes zum Aufbau ambulanter Plätze weggefallen ist - die Zahl der ambulant betreuten Wohnplätze rückläufig ist. Jetzt sage niemand, es müsse erst wieder Geld folgen. Der kommunale Finanzausgleich bringt nämlich diese Mittel.
Ich will an dieser Stelle nicht weiter ins Detail gehen, zumal diese Problematik auf dieser Landtagssitzung noch einmal angesprochen werden wird. Entscheidend ist, dass die Perspektiv- und Netzplanung nicht zum Selbstzweck betrieben wird, sondern dazu dient, Integrationsmöglichkeiten zu stärken und gerade Menschen mit Behinderungen ein so weit wie möglich selbstbestimmtes Leben zu ermöglichen. - Ich danke Ihnen.
Zufällig stattete gerade gestern der Finanzminister meinem Wahlkreis einen Arbeitsbesuch ab. Er wies anhand des Zahlenmaterials nach, dass genau das, was Sie jetzt vorbringen, nicht stimmt. Ich denke, dem muss man auch so Rechnung tragen. Wenn man sich die Zahlen
genau ansieht, dann stellt man fest, dass das, was Sie behaupten, einfach nicht stimmt.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ich bin sehr froh darüber, dass der Entwurf des Neunten Buches des Sozialgesetzbuches zur Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen jetzt vorliegt. Mit diesem Gesetz wird endlich eine Modifizierung des Behindertenrechts zur Umsetzung des grundsätzlichen Benachteiligungsverbotes und die Zusam
menfassung des Rechts der Rehabilitation in einem Gesetzbuch, dem Sozialgesetzbuch IX, erreicht. Dass das Rehabilitationsrecht zusammengeführt werden soll, ist ein großer Schritt.
Für behinderte Menschen wird es leichter, sich im Rehabilitationsrecht zurechtzufinden, und für die Träger besteht mit diesem Gesetz die Möglichkeit, durch eine stärkere Vernetzung besser zu kooperieren. Dazu werden auch die Träger der Sozialhilfe und der öffentlichen Jugendhilfe in den Kreis der Rehabilitationsträger einbezogen. Gerade Menschen, die Leistungen und Hilfe verschiedener Träger benötigen, profitieren von der Einbeziehung der Sozialhilfeträger in die Verfahrens- und Abstimmungsvorschriften.
Sie wissen, meine Damen und Herren, dass wir in Sachsen-Anhalt über zwei Gesetzentwürfe beraten, weil wir um die Defizite bei der Gleichstellung von Behinderten wissen. Unser wichtigstes Anliegen hierbei ist die Schaffung bestmöglicher Rahmenbedingungen zur Teilhabe Behinderter oder von Behinderung Bedrohter einschließlich chronisch kranker Menschen am gesellschaftlichen Leben.
Auf die einzelnen im PDS-Antrag aufgeführten Punkte will ich nicht weiter eingehen; das hat Frau Ministerin Dr. Kuppe bereits getan.
Weitergehende Punkte, die sich noch aus der Beratung zum SGB IX ergeben werden, können wir dann natürlich im Ausschuss ansprechen. Wir sollten diese Punkte jedoch nicht gesondert beraten, sondern diese im Zusammenhang mit den grundsätzlichen Inhalten des Gesetzesvorhabens diskutieren. Die im Antrag der PDS benannten Einzelaspekte müssen anhand des aktuellen Standes des Gesetzesvorhabens behandelt werden.
Deshalb bitte ich um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag; denn wir sprechen nicht nur über den Stand der Dinge, sondern auch über die Inhalte des Gesetzes. Ich denke, dass wir im Ausschuss ausreichend Zeit haben werden, darüber zu sprechen.
Herr Dr. Eckert, Angst bezüglich der Stabstriche, die Sie im Einzelnen aufgeführt haben, haben wir nicht. Doch ich denke, die Beispiele, die Sie in Ihrem Antrag aufgeführt haben, müssten nicht den Gesamtumfang darstellen. Es kann sich durchaus bei der Beratung im Ausschuss ergeben, dass wir noch weitere Punkte ansprechen müssen. Daher haben wir unseren Antrag so gefasst, dass wir nach allen Seiten hin offen sind und weitere Punkte, die zur Diskussion anstehen könnten, dann natürlich auch im Ausschuss beraten könnten. - Ich danke Ihnen.
Da wir uns alle recht umfassend mit diesem Gesetzentwurf und auch mit den Gesetzentwürfen, die bereits im Ausschuss liegen, beschäftigt haben, wird uns das im Ausschuss nicht daran hindern nachzufragen, welche Meinung die Landesregierung zu den einzelnen Punkten vertritt. Ich hatte es vorhin schon gesagt: Ich habe wie auch bei anderen Gesetzentwürfen Bedenken, dass irgendein Punkt unter den Tisch fällt, wenn man nur mit Beispielen arbeitet. Dann könnte es sein, dass es heißt: Das steht nicht in unserem Antrag, darüber müssen wir nicht beraten.
Mir ist erst einmal eine allgemeine Beantragung für den Ausschuss wichtig. Dann können selbstverständlich alle Punkte besprochen werden. Ich denke, Frau Ministerin wird auf die einzelnen Punkte eingehen, die wir im Ausschuss natürlich hinterfragen können.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren Abgeordneten! Die Rentendiskussion ist in aller Munde, und auch meine Töchter sind verunsichert und fragen mich oft, ob sie als Rentner noch genügend abgesichert sein werden. Reichen in 30 Jahren die Renten aus der gesetzlichen Rentenversicherung aus? Das ist die entscheidende Frage.
Nach den derzeit bestehenden Regelungen wird das Einkommen der künftigen Beitragszahler spätestens ab dem Jahr 2030 mit Beitragszahlungen zur gesetzlichen Rentenversicherung in Höhe von 24 bis 26 % belastet. Wäre das gerecht? - Ich denke, nein. Und genau deshalb erarbeitet die Bundesregierung eine langfristig tragende und zukunftsweisende Reform der Alterssicherung. Eigentlich hätte das bereits früher gemacht werden müssen, aber dazu hat anscheinend der damaligen CDU-FDP-Regierung der Mut gefehlt.
Die Gründe für die Notwendigkeit der Rentenreform sind wohl hinlänglich bekannt. Rückläufige Geburtenzahlen und die stetig wachsende Lebenserwartung machen eine grundlegende Reform notwendig. Im vergangenen Jahrhundert hat sich die durchschnittliche Lebenserwartung verdoppelt. Dem muss Rechnung getragen werden. Für die nächsten 30 Jahre wird ein Anstieg der durchschnittlichen Lebenserwartung um zwei Jahre prognostiziert. Für die Rentenbezugsdauer gegenüber heute bedeutet dies eine Verlängerung um mehr als 10 %.
Das hohe Ziel einer tragenden Reform der Alterssicherung ist die Bezahlbarkeit der gesetzlichen Rente für die jüngere Generation und die Sicherstellung eines angemessenen Lebensstandards im Alter. Eine wesentliche
Voraussetzung dafür ist die Stabilisierung des Beitragssatzes.
Wenn genau dieser Faktor immer wieder in Frage gestellt wird, schafft das nur Unsicherheit. Es reicht nicht aus, den Menschen zu versprechen, dass ihre Renten sicher sind; es muss auch klar und deutlich gesagt werden, dass aufgrund der steigenden Lebenserwartung und des leider seit drei Jahrzehnten anhaltenden Rückgangs der Geburten in Deutschland die Bevölkerungszahl langfristig abnimmt.
Wenn der Beitragssatz in der jetzigen Höhe gehalten werden soll, muss bereits heute umgesteuert werden. Oder möchte hier jemand an der Höhe des Beitragssatzes ansetzen? Das wäre der falsche Weg; denn nur ein stabiler Beitragssatz leistet einen wesentlichen Beitrag zur Begrenzung der Lohnnebenkosten und damit zur Stärkung der wirtschaftlichen Rahmenbedingungen. Eine Anhebung der Versicherungsbeiträge kann nicht im Interesse der Allgemeinheit liegen. Oder sollte an dieser Stelle jemand dieses solidarische Prinzip hinterfragen wollen?
Werfen wir einen kurzen Rückblick auf das 19. Jahrhundert, auf die soziale Frage und auf die sozialen Bewegungen jener Zeit. Deutschland reagierte als erstes Land mit der Einrichtung eines Systems der sozialen Sicherung. Im Jahr 1889 wurde die Alterssicherung geschaffen. Damit konnten die Standardrisiken des modernen Arbeitslebens minimiert werden. Gleichzeitig kamen die Menschen nach und nach zu Wohlstand. Nicht nur deshalb schauten die meisten anderen westeuropäischen Nationen auf Deutschland und reagierten mit eigenen Gesetzgebungen. Diese begründeten ebenfalls die Versicherungspflicht oder sahen eine staatliche Subventionierung freiwilliger Versicherungen vor.
Der entscheidende Punkt hierbei ist die Errichtung einer Solidargemeinschaft. Ich denke - das ist auch an die Adresse der CDU mit dem C wie „christlich“ in ihrem Namen gerichtet -, wir kennen die Maxime „Die Stärkeren stützen die Schwächeren“ auch aus der Bibel. Das ist die Pflicht eines jeden Christen.
Die Ansprüche, die aus der Rentenversicherung erwachsen, ergeben sich aus den eigenen Leistungen. Diejenigen, denen das nicht in ausreichendem Maße gelingt, werden von der Gemeinschaft unterstützt. Hier greift der Gerechtigkeitsgedanke, den Sie, meine Damen und Herren von der CDU, anscheinend anzweifeln.
Bei dem Bemühen um die Herstellung von Gerechtigkeit muss es auch um einen Ausgleich einseitiger Mehrbelastungen gehen. Genau das versucht die Bundesregierung mit dieser Rentenreform.
Die einzelnen Vorhaben hat die Ministerin bereits erläutert.
Wenn Sie von der CDU jetzt eine Aktuelle Debatte über die Rentenpläne der Bundesregierung führen und dabei von Willkür sprechen, dann ist das mehr als heuchlerisch; denn Ihre Partei entzieht sich den Rentengesprächen, die der Minister immer wieder angeboten hat. Bringen Sie sich endlich inhaltlich ein und meinen Sie
nicht die Bevölkerung mit Ihren ständigen Verunsicherungsattacken hinters Licht führen zu können.
Lassen Sie uns aber auch über zum Teil kritisch beurteilte und ausbaufähige Punkte dieses Reformvorschlages diskutieren.
Wir hätten genug Gesprächs- und Diskussionsstoff, also stellen Sie sich nicht immer hin und mäkeln an den Vorschlägen anderer herum.
Kommen Sie endlich zu einer Sachdiskussion um der Sache willen zurück und bringen Sie tragfähige, konstruktive Vorschläge. - Danke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Dr. Eckert, wir sind mit dem derzeitigen Stand der Verhandlungen zur Rahmenvereinbarung auch nicht einverstanden. Uns wäre es lieber, wenn wir schon mit Ergebnissen aufwarten könnten und die Ergebnisse geregelt worden wären.
Wir können dem Antrag in der vorliegenden Form aber nicht zustimmen, weil die Verhandlungen noch im Fluß sind. Ich denke, der Landtag kann und sollte sich im Moment nicht einmischen, um nicht die Einseitigkeit der Verhandlungen zu manifestieren. Frau Ministerin Kuppe hat das bereits ausgeführt. Wir sollten uns im Ausschuß im Rahmen der Berichterstattung die Fragen, die Sie aufgeworfen haben, beantworten lassen. Über das Ergebnis werden wir dann im Ausschuß beraten.
Wir lehnen, wie gesagt, Ihren Antrag ab bzw. bitten um Zustimmung zu unserem Änderungsantrag. Sollte dieser Änderungsantrag keine Mehrheit finden, würden wir Ihren Antrag ablehnen.
Frau Stange, es ist richtig, daß unser Änderungsantrag nicht unbedingt erforderlich gewesen wäre, aber das Thema war uns schon sehr wichtig, so daß wir den Auftrag an die Landesregierung geben wollten, über den jetzigen Stand zu berichten. Ich denke, wir können dem zustimmen, daß wir über das Thema im Ausschuß beraten. - Danke.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Ganz kurz zu Ihnen, Herr Weich. Ich habe das Gefühl, Sie hatten irgendwie eine andere Große Anfrage vor sich und haben die Antworten überhaupt nicht verstanden.
Mit den Leistungen der Pflegeversicherung soll den Pflegebedürftigen geholfen werden, trotz ihres Hilfebedarfs ein möglichst selbständiges und selbstbestimmtes Leben zu führen. Die Hilfen sind darauf auszurichten, die körperlichen, geistigen und seelischen Kräfte der Pflegebedürftigen wiederzugewinnen oder zu erhalten.
Alle Maßnahmen der Prävention und der Rehabilitation sollen eingesetzt werden, um Pflegebedürftigkeit zu vermeiden, zu überwinden oder eine Verschlimmerung zu verhindern. Sie soll bei häuslicher und teilstationärer Pflege die familiäre, nachbarschaftliche und sonstige ehrenamtliche Pflege und Betreuung nur ergänzen und bei vollstationärer Pflege die Pflegebedürftigen von pflegebedingten Aufwendungen entlasten.
Diesen Grundsätzen wird im Ausführungsgesetz zum Pflegeversicherungsgesetz im Land Sachsen-Anhalt Rechnung getragen. Vorrang hat dabei die ambulante vor der stationären Pflege.
Bei den stationären Einrichtungen wurden in den einzelnen Landkreisen unterschiedliche Versorgungsgrade angemeldet. Bei den Kreisen, die bisher mit einem Versorgungsgrad von 2,5 Plätzen auf 100 Bürger im Alter von 65 Jahren und älter die Versorgung mit stationären Pflegeplätzen sicherstellen konnten, muß nunmehr aufgrund der demographischen Entwicklung dieser oben genannte Versorgungsgrad neu überdacht werden.
Positiv ist die Entwicklung zu werten, daß sich die Anzahl der Heime insgesamt in der Zeit von 1992 bis 1998 nur geringfügig erhöht hat. Ein Anstieg im Bereich der Altenpflegeheime ist aufgrund des großen Nachholbedarfes zu verzeichnen. Dieser ist nach meiner Meinung auch legitim. Frau Ministerin Kuppe hat schon ausgeführt, wenn man an die Zustände in den Altenpflegeheimen zu DDR-Zeiten zurückdenkt, ist es nur angemessen, daß sich dort eine Qualitätsverbesserung ergeben hat.
Positiv ist weiterhin zu werten, daß an der Ausweitung der ambulanten Pflege sichtbar wird, daß der Grundsatz „ambulant vor stationär“ auch in unserem Land eingehalten wird.
Entscheidend dafür, daß immer mehr ältere Bürger in den eigenen vier Wänden bleiben möchten und können, ist das Wohnungsbauprogramm des Landes. Altengerechte Wohnungen bzw. betreutes Wohnen garantieren eine Selbständigkeit bis ins hohe Alter. Die in der Beantwortung der Frage 21 dargelegten Summen für diesen Förderbereich sprechen eine eigene Sprache.
Um das Bild der Förderstruktur abzurunden, sei mir der Hinweis auf die Beantwortung der Fragen 10 und 11 erlaubt. Insgesamt wurden 206 Millionen DM Landesmittel, nach Artikel 52 des Pflegeversicherungsgesetzes insgesamt 780,3 Millionen DM bereitgestellt. Ein Dank gilt an dieser Stelle den ICG, die den Trägern von Pflegeeinrichtungen bisher schnell und unbürokratisch den Weg durch den Förderdschungel gewiesen haben und dies weiterhin tun werden.
Daß wir im Lande Sachsen-Anhalt bei einem Fachkräfteanteil von 58,04 % liegen, ist ein positives Signal. Dieser Standard sollte von allen Trägern auch in Zukunft gehalten werden.
Hinsichtlich der in der Antwort auf Frage 14 aufgeführten Einrichtungen mit einer Fachkräftequote von gerade mal 50 % sollte man überlegen, welche Möglichkeiten es gibt, um auch in diesen 21 Einrichtungen einen höheren Fachkräfteanteil zu sichern. Der Fachkräfteanteil könnte durchaus ein Kriterium bei der Ausreichung von Fördermitteln sein.
Bei der Frage 15 nach dem Einsatz von Zivildienstleistenden hätte ich mir zumindest in diesem Bereich
eine Antwort gewünscht. Interessant wäre schon zu erfahren, wie sich die Anzahl in den Jahren verändert hat. Ich gehe davon aus, daß sich der Einsatz der Zivildienstleistenden durch den veränderten Finanzierungsmodus, das heißt eine höhere Eigenbeteiligung durch die Träger, verringert hat.
Auch bei der Beantwortung der Frage 11 auf Seite 22 hätte ich mir eine konkretere Antwort gewünscht, denn in Zusammenarbeit mit der Heimaufsicht wäre bestimmt eine Beantwortung möglich gewesen. Die Formulierung in dieser Antwort, die sich auf irgendeine Form von sozialer Betreuung bezieht, hat für mich so einen negativen Touch. Wer sich damit beschäftigt, sieht auch, wie über verschiedene Maßnahmen gerade der sozial begleitende Dienst eine immer größere Bedeutung gewinnt, sei es auch über den zweiten Arbeitsmarkt. Aber es wird gerade auf diesem Gebiet sehr viel geleistet.
Die Erkenntnis, daß in den Altenpflegeheimen viel Zeit für nichtpflegerische Leistungen verlorengeht, ist für mich ebenfalls nicht befriedigend.
Ich hatte zum Beispiel bei der Anhörung im Ausschuß für Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales auf diesen Zusammenhang hingewiesen und auch auf die Möglichkeit des Einsatzes von medizinischen Dokumentationsassistentinnen.
Es wurden zum Beispiel durch das Arbeitsamt Magdeburg ca. 20 Frauen ausgebildet, die alle händeringend einen Einsatzbetrieb suchen. Die Träger können sie aber nicht einstellen, weil die Pflegekassen der Auffassung sind, die Pflegedokumentation kann und darf nur vom Pflegepersonal geführt werden. Eventuell sollten sich die Landesregierung und die Pflegekassen an einen Tisch setzen und über die Möglichkeit der Finanzierung nachdenken.
Bei der Beantwortung der Frage 9 auf Seite 29 wird bestätigt, daß es regionale Unterschiede in bezug auf die Einstufung von pflegebedürftigen Menschen gibt. Nur die Bestätigung dieses Tatbestandes reicht mir an dieser Stelle nicht aus. Durch den medizinischen Dienst der Krankenkassen hätten durchaus die Ursachen dargelegt werden müssen.
Insgesamt kann ich die völlig negative Einschätzung der Pflegelandschaft im Land Sachsen-Anhalt, wie sie der Abgeordnete Herr Dr. Eckert dargelegt hat, nicht teilen. Es sind doch schon sehr viele positive Signale gesetzt worden. Insgesamt lassen die Antworten auf die Fragen den Schluß zu, daß wir uns im Lande Sachsen-Anhalt auf dem richtigen Weg in eine neue Pflegelandschaft befinden. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Menschen mit Behinderungen, ob Kinder oder
Erwachsene, haben das Recht, gleichberechtigt am gesellschaftlichen Leben teilzunehmen. Wenn Behinderung ganz selbstverständlich in das Alltagsbild einer Gesellschaft gehört, dann ist eine entscheidende Rahmenbedingung gegeben. Die Barrieren im Kopf müssen verschwinden; dann lassen sich andere Voraussetzungen und Bedingungen für die Umsetzung dieses Integrationsgedankens schaffen.
Dazu ist generell ein Umdenken in der Gesellschaft erforderlich. Nur die starke Ausrichtung auf Rehabilitation, deren Ziel es ist, Fehlentwicklungen und Anderssein zu kompensieren und auf eine bestimmte Art und Weise normgerecht zu funktionieren, muß sich wandeln.
Abgesehen davon, daß jeder Mensch jederzeit von Behinderung betroffen sein kann, gehört jede Form und jede Ausprägung von Anderssein in eine Gesellschaft. Das Bedauerliche daran ist jedoch, daß dieser Prozeß der Akzeptanz sehr langsam vor sich geht und daß viele Mitbürger die noch heute alltäglich vorzufindende Diskriminierung von Behinderten nicht wahrhaben wollen.
Wir müssen uns ehrlicherweise eingestehen, daß die kleinen Änderungen, die bisher erreicht wurden, nur auf Drängen der Behinderten selbst in Gang gekommen sind. Die Erkenntnis, daß Behinderte keine Bittsteller sind, sondern Teil der Gesellschaft, wächst nur langsam. Daß die Unterschiede zwischen den Menschen für eine menschliche Gesellschaft von Vorteil sind, wird zuwenig beachtet.
Einschränkungen, denen Behinderte ausgesetzt sind, sind eigentlich nicht an ihre Behinderung gekoppelt, sondern an die Unfähigkeit der Gesellschaft, allen Bürgern Chancengleichheit zu ermöglichen.
Um dieser Forderung Nachdruck zu verleihen, legt die Fraktion der SPD den Entwurf eines Behindertengleichstellungsgesetzes vor. Mit diesem Gesetz sollen die rechtlichen Grundlagen für eine gleichberechtigte Teilhabe der Menschen mit Behinderungen am Leben der Gesellschaft im Land Sachsen-Anhalt verbessert werden.
Mit diesem Gesetz soll Artikel 38 der Landesverfassung konkretisiert werden, wonach ältere Menschen und Menschen mit Behinderungen unter den besonderen Schutz des Landes zu stellen sind und das Land verantwortlich ist, die gleichberechtigte Teilnahme am Leben der Gemeinschaft zu fördern.
§ 1 unseres Gesetzentwurfs konkretisiert das Benachteiligungsverbot des Artikels 3 des Grundgesetzes. Danach sollen Behinderte in die verschiedensten recht-lichen, politischen und gesellschaftlichen Bereiche eingegliedert werden.
In § 2 des Behindertengleichstellungsgesetzes wird der Begriff der Behinderung und des Benachteiligungsverbotes erläutert.
In § 3 wird die gemeinsame Verantwortung für die Gleichstellung und die Eingliederung von Menschen mit Behinderungen als gesamtgesellschaftliche Aufgabe geregelt. Hierbei ist insbesondere die aktive Mitwirkungspflicht von kommunalen Körperschaften sowie deren Behörden und Dienststellen zu nennen.
In § 4 wird gesetzlich festgeschrieben, wie die entsprechend notwendigen Hilfen, Dienste und Einrichtungen für Behinderte bürger- und gemeindenah vorzuhalten sind. Ein besonderer Schwerpunkt sind dabei spezielle
Angebote der Jugendförderung. Dabei ist integrativen Formen Vorrang einzuräumen. Ein sehr wichtiger Punkt in § 4 betrifft die Forderung, bereits in der Vorschulerziehung und bei schulischen Bildungsmaßnahmen dem Abbau von Diskriminierungen einen hohen Stellenwert zu sichern.
In § 5 werden Möglichkeiten der Beratung von Behinderten über entsprechende Hilfepläne festgeschrieben. Die zuständigen Behörden und Dienststellen beraten die Behinderten und ihre Angehörigen über die in Betracht kommenden Hilfen. Die Leistungs- und Kostenträger sind in die Hilfemaßnahmen einzubeziehen.
In den §§ 6 und 7 werden die Mitbestimmungsrechte der Landesbeauftragten und des Behindertenbeirates geregelt.
Für die Sicherung der Mobilität und für die Förderung von Menschen mit Behinderung in besonderen Lebenslagen stehen die §§ 9, 10 und 11. Wichtig dabei ist, daß im Rahmen der Wohnungsbauförderung eine ausreichende Anzahl von barrierefreien Wohnungen bereitgestellt wird.
Mit dem Gesetz über die Gleichstellung von Menschen mit und ohne Behinderungen wird den Behinderten, deren Angehörigen sowie den kommunalen Gebietskörperschaften ein Handlungskonzept in die Hand gegeben, mit dem eine Gleichstellung schrittweise erreicht werden kann. Wir beantragen die Überweisung in alle Ausschüsse, außer den Petitionsausschuß. - Danke.
Nur noch einige Erwiderungen auf die Redebeiträge. Frau Liebrecht, wir haben uns fast an die Order von Herrn Dr. Bergner gehalten, keine Leistungsgesetze einzubringen, die viel Geld kosten. Darum haben wir sicherlich bei dem Thema ÖPNV etwas nachgedacht und haben das erst einmal herausgelassen. Aber wir können es natürlich im Ausschuß, wenn Sie sagen, woher wir das Geld nehmen sollen, mit hineinnehmen. Also, Sie sehen, wir sind da schon am Nachdenken.
Zu der Kritik, daß wir zur Zeit nicht sagen können, ob Kosten entstehen oder nicht: § 14 besagt, daß die Landesregierung aufgefordert wird, nach drei Jahren vor allem über die Folgen und Auswirkungen zu berichten.
- § 11, ja. Ich habe das Gesetz nicht mit nach vorn genommen. - Das ist ein Punkt, zu dem wir sagen: Dazu sind wir ehrlicherweise bereit, und das müssen wir auch machen.
Herr Dr. Eckert, zu Ihrem Beispiel bezüglich der Pflegestufe III: Ich kenne in meinem Altenpflegeheim durchaus auch Beispiele, bei denen wir durch die aktivierende Pflege von der Pflegestufe III auf Null gegangen sind.
Das Problem können wir dann im Ausschuß diskutieren. Ich freue mich genauso wie Sie auf die Ausschußdiskussion. Ich denke, zum Schluß werden wir gemeinsam ein Gesetz erarbeiten, bei dem vielleicht noch einige Änderungen möglich sind, so daß wir zu einem
Ergebnis kommen, das dem Benachteiligungsverbot gerecht wird. - Danke.
Nein, wir sind davon überzeugt, daß es kein Leistungsgesetz ist. Um den gesetzlichen Bedingungen entgegenzukommen, haben wir gesagt, daß wir das Gesetz nach drei Jahren prüfen. Aber ich denke, nach drei Jahren werden wir auch feststellen, daß es keine Folgekosten gibt.
Darin kann ich Ihnen noch nicht ganz zustimmen.
Ja, sicher. Aber wir werden im Ausschuß auf jeden Fall auf die Anhörung zurückkommen, die Sie vorhin angesprochen haben. Wir werden in der Anhörung auch die Probleme dargelegt bekommen.
Frau Präsidentin! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Mit der Aufnahme des Satzes „Niemand darf wegen seiner Behinderung benachteiligt werden“ in den Artikel 3 des Grundgesetzes im Jahre 1994 wurde der Schutz Behinderter vor Benachteiligungen erstmals als Verfassungsrecht verankert. Der Grundsatz der Gleichberechtigung von Menschen mit und ohne Behinderung beinhaltet nicht nur den Aspekt, Behinderte nicht zu benachteiligen; er ist gleichzeitig als Aufgabe zu verstehen, Menschen mit Behinderungen in die Gesellschaft zu integrieren und sie bei der Ausübung ihrer Teilhabe am gesellschaftlichen Leben zu unterstützen.
Jede und jeder von uns weiß um die Notwendigkeit weiterer Anstrengungen zur Umsetzung des Grundrechtes der Nichtbenachteiligung. Rechtliche Regelungen auf Landesebene werden gebraucht, um die im alltäglichen Leben nach wie vor bestehenden Hindernisse für Menschen mit Behinderungen zu beseitigen. Noch immer ist der Blick in die verschiedensten Lebensbereiche nicht so geschärft, daß die Gesellschaft von sich aus Hürden beseitigt oder gar nicht erst entstehen läßt. Schon diese Art von Barrieren erschwert eine wirkliche Integration von Behinderten ungemein. Auch die ideellen Barrieren sind meiner Meinung nach noch längst nicht überwunden.
Behindertenpolitik muß die Möglichkeiten zu Eigenständigkeit und Selbstbestimmung schaffen. Die Anfänge sind gemacht. Das soll nicht in Abrede gestellt werden. Doch für eine wirkliche und vor allem aktive Integration von behinderten Menschen in die verschiedenen Lebensbereiche ist es erforderlich, mittels einer Landesgesetzgebung dem Grundgedanken der Gleichberechtigung mehr Nachdruck zu verleihen.
Der von der PDS eingebrachte Gesetzentwurf findet von seiner Intention her unsere Unterstützung. Über die rechtliche Ausgestaltung im einzelnen wird im Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales diskutiert werden. Die Forderung nach Integration und Gleichstellung von Menschen mit Behinderungen, das heißt der grundgesetzliche Gleichstellungsauftrag soll konkretisiert und festgeschrieben werden. Wie und in welcher Form dieser Forderung Rechnung getragen werden kann, wird aus verschiedenen Blickwinkeln zu betrachten sein.
Da behinderte Menschen ganz selbstverständlich und als gleichberechtigte Teilhaber in unserer gesamten Gesellschaft ankommen sollen, sind auch bei der ge
setzlichen Gestaltung der Rechtsgrundlagen alle Politikbereiche angesprochen.
Wir halten es daher für sinnvoll, ein Gesetz für die Chancengleichheit und gegen Diskriminierung behinderter Menschen in Sachsen-Anhalt im Ausschuß für Arbeit, Gesundheit und Soziales und in den Ausschüssen für Gleichstellung, Kinder, Jugend und Sport, für Recht und Verfassung, für Finanzen, für Bildung und Wissenschaft, für Wohnungswesen, Städtebau und Verkehr sowie im Innenausschuß zu beraten. - Ich danke Ihnen.