Gottfried Koehn

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Mit Respekt hat die SPD-Fraktion die Entscheidung des Landesverfassungsgerichtes zum § 6 Abs. 6 a des Kommunalabgabengesetzes des Landes Sachsen-Anhalt zur Kenntnis genommen. Mit noch größerem Respekt habe ich die Rede des Ministers Püchel vernommen, der als „Minister der Bürger“ diese Entscheidung des Landesverfassungsgerichtes verarbeiten muss.
Ein vom Parlament mehrheitlich verabschiedetes Gesetz muss es sich gefallen lassen, von Gerichten überprüft und gegebenenfalls verworfen zu werden. Ein Gesetz, erst recht ein Landesgesetz, sollte die spezifischen Bedingungen des Landes berücksichtigen; deshalb auch die SPD-Initiative zur Novellierung des § 6 Abs. 6 des Kommunalabgabengesetzes.
Viele Bürger unseres Landes haben mit dem Mittel der Rückübertragung von Grundstücken oder dem Bau von zum großen Teil selbst genutzten Häusern die Initiative ergriffen, unsere Städte und Kommunen in einen ansehnlichen Zustand zu bringen. Der finanzielle Rahmen
war oft sehr eng, jetzt mögliche ungeplante zusätzliche Kosten bedeuten für viele Grundstückseigentümer eine nicht zu verkraftende Belastung.
Das Landesverfassungsgericht hat nun in seiner Entscheidung vom 15. Januar 2002 zum Ausdruck gebracht, dass es das Rechtsinstitut der „authentischen Gesetzesinterpretation“ für zulässig erachtet, aber in dem konkreten Fall eine rückwirkende Gesetzesänderung sieht, für die die verfassungsrechtlichen Voraussetzungen nicht gegeben sind. Somit sind wir leider mit unserem Anliegen gescheitert, etwas für die Betroffenen zu tun. Wir werden uns aber auch weiterhin für diese Belange einsetzen und erwarten im Innenausschuss auf der Grundlage der durch den Minister angekündigten Untersuchung über die Folgen der Landesverfassungsgerichtsentscheidung eine produktive, dem Bürger dienliche Diskussion. Es liegt somit momentan nicht mehr in der Hand des Gesetzgebers, hier tätig zu werden.
Als Alternative für die vor Ort Entscheidenden ist auch das Instrument der wiederkehrenden Beiträge zu berücksichtigen, wie dies auch bereits der Minister ausführte. Auch wir halten dies für eine mögliche Lösung. Nach den Rechtsgrundsätzen der Aufsicht gemäß § 133 der Gemeindeordnung Sachsen-Anhalt ist es nach unserer Auffassung nicht Pflicht, die Beiträge zu erheben. „Die Kommunalaufsicht ist nicht verpflichtet, sondern lediglich berechtigt, förmlich tätig zu werden.“ So heißt es in dem Kommentar von Lübking/Beck zur Gemeindeordnung für das Land Sachsen-Anhalt. Es wird also deutlich, dass es im pflichtgemäßen Ermessen der Behörde steht, ob sie tätig wird oder nicht.
Nur noch so viel zu dem Antrag der PDS: Im Antrag der PDS heißt es „Nach diesem Urteil können und müssen Kommunen im Sinne des § 91 Abs. 1 und 2 der Gemeindeordnung Sachsen-Anhalt ihre erforderlichen Einnahmen beschaffen.“ Dies ist natürlich nicht erst nach dem Urteil des Landesverfassungsgerichtes so, sondern die Rechtsnorm hatte immer ihre Gültigkeit.
Frau Präsidentin! Meine Damen und Herren! In Anbetracht der Zeit und der Ausführungen meiner Vorredner werde ich mich bemühen, mein Konzept zu kürzen. Ich hoffe, dass es mir gelingt.
Der Antrag der PDS ist aus unserer Sicht zweiseitig zu bewerten. Auf der einen Seite begrüße ich das Engagement der PDS, sich für eine umweltgerechte
Lösung in der Abfallwirtschaft einzusetzen. Sie befindet sich, wenn ich das anmerken darf, in guter Gesellschaft. Die SPD ist auch schon da. Auf der anderen Seite enthalten die im Antrag formulierten Kriterien wichtige Hinweise bei der Entscheidungsfindung der öffentlichrechtlichen Entsorgungsträger.
Die aus umweltpolitischer Sicht notwendigen Vorgaben in der Abfallwirtschaft ergeben sich im Wesentlichen aus den Rahmenbedingungen der EU und der Bundesgesetzgebung sowie deren Umsetzung auf Landesebene. Die Regelung der Standortfragen für MBA und MVA - ich bleibe bei diesen Abkürzungen, sie wurden bereits erläutert - wäre im planungsrechtlichen Sinne eine Wettbewerbsverzerrung, die weder landes- noch bundespolitisch gewollt ist. Diese Aussage von unserer Seite stellt jedoch keinen Widerspruch zur Landesplanung dar, die einen Wildwuchs nicht zulassen will.
Die vordergründige Aufgabe der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger besteht insofern in erster Linie in der Suche nach ökonomisch und ökologisch sinnvollen Lösungen bei der Umsetzung. Natürlich sind dabei die Planungen in der Zukunft zwangsläufig mit mehreren Unbekannten verbunden. Das betrifft im Abfallbereich insbesondere das zu erwartende Aufkommen, aber auch die Transportkosten.
Da in beiden Fällen eine enge Korrelation zwischen einer ökonomisch sinnvollen Lösung und der Umweltverträglichkeit gegeben ist, habe ich keinen Zweifel daran, dass die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger das traue ich ihnen tatsächlich auch zu - das gebührend berücksichtigen.
Meine Damen und Herren von der CDU, um auf Ihren Änderungsantrag einzugehen, möchte ich nur daran erinnern, dass gerade wegen der Novelle zur TA Siedlungsabfall und der damit verbundenen Abfallablagerungsverordnung zum Beispiel der Abfallwirtschaftsplan des Regierungspräsidiums Halle in Varianten gerechnet wurde, um verschiedene Wege aufzuweisen. Als Information für denjenigen, der es noch nicht weiß: Am 10. Mai - das ist zufällig auch das Datum Ihres Antrages - ging die Stellungnahme der Stadt Halle zum Entwurf des Abfallwirtschaftsplanes des RP Halle ab.
Die Verantwortung für die Beseitigung des Siedlungsabfalls muss aber letztlich bei den öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträgern verbleiben. Von daher ist es nur folgerichtig, dass die Abfallwirtschaftspläne zum Beispiel in der Standortplanung nicht für verbindlich erklärt werden, da nach unserer Auffassung damit am ehesten optimale Lösungen zu erreichen sind.
Ich weiß, meine Herren und Damen von der CDU, dass das bei Ihnen wenig Zustimmung findet. Aber nach unserer Auffassung - ich sagte das einleitend bereits würde eine verbindliche Festlegung der Entsorgungsstandorte die Landkreise in ihrer Verhandlungsposition erheblich schwächen, da die Konkurrenz de facto ausgeschaltet wäre.
Ich komme zu der Argumentation bzw. der Auseinandersetzung hinsichtlich der MVA und MBA. Das oft gehörte Argument, dass die MVA nicht zur Abfallvermeidung führen, halte ich für vorgeschoben, da natürlich jede Anlage, auch die MBA, nur dann wirtschaftlich arbeiten kann, wenn sie ausgelastet ist. Hinsichtlich der Möglichkeit der Auslastung - das wissen Ihre und unsere Fachleute sehr gut - gibt es große Unterschiede zwischen der MBA und der MVA.
Die MVA ist in Verbindung mit einem zielgerichteten Stoffstrommanagement wesentlich flexibler, weil sie künftig jetzt noch nicht identifizierbare Stoffströme behandeln kann und Schadstoffpotenziale zu über 90 % vernichten bzw. stofflich wandeln und dem Ökosystem entziehen kann.
Eine Prüfung, wie Sie sie vorschlagen, - das sagte auch der Vertreter der Regierung, Herr Minister Heyer müsste neben den technischen Aspekten auch die Standortbedingungen konkret berücksichtigen. Ernst zu nehmende Fachleute haben eingeschätzt, dass die Datenerfassung und -bewertung auf jeden Fall sechs Monate und die Auswertung mindestens die gleiche Zeit in Anspruch nehmen würde. Damit tragen wir der Zielsetzung, im Jahr 2005 zu einer Sicherheit zu kommen, nicht unbedingt Rechnung.
Es gibt derzeit nur im Zusammenhang mit technischen und standortbedingten, das heißt auch mit logistischen Aspekten darstellbare Vorzugslösungen aus wirtschaftlicher Sicht. Diese können nur durch marktwirtschaftliche Mechanismen nachgewiesen und erreicht werden. Die vorgeschlagene Prüfung halten wir für untauglich.
Die sowohl von der PDS als auch von der CDU geforderten Prüfungen - das sagte auch schon der Regierungsvertreter - werden im Antragsverfahren bei der jeweiligen Anlagenerrichtung weitgehend geprüft. Das heißt, die zuständigen Genehmigungsbehörden tun dies.
Meine Damen und Herren! Ich fasse es kürzer. Bauchschmerzen bereitet mir an dem Antrag der CDU - dabei schließe ich die PDS ein - vor allem die Tatsache, dass er die öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger indirekt auffordert, ihre Bemühungen um Vertragsabschlüsse und damit auch um eine Entsorgungssicherheit zunächst auf Eis zu legen. Betont sei an dieser Stelle ebenfalls -
Entschuldigung. Ich bin in zehn Sekunden fertig.
Der letzte Satz: Die SPD-Fraktion wird aus den genannten Gründen den Antrag der PDS und den Änderungsantrag der CDU ablehnen, da sie unzulässigerweise in die Planungshoheit der öffentlich-rechtlichen Entsorgungsträger sowie in marktwirtschaftliche Mechanismen und, was besonders wichtig ist, in den Zeitplan eingreifen. - Danke.
Herr Präsident! Meine verehrten Damen und Herren! Normalerweise zieht man am Ende des Beitrags ein Resümee. Aber ich sage Ihnen, Herr Gürth, daß wir heute ein Kontrastprogramm haben. Ich freue mich auf die Auseinandersetzungen und Diskussionen in den Ausschüssen; denn unsere und meine Meinung sieht etwas anders aus.
Die Zukunft der Kommunalwirtschaft ist gegenwärtig eines der zentralen kommunalpolitischen Themen. Die deregulierten Märkte und sich ändernde Rahmenbedingungen machen Neuorientierungen erforderlich; denn der Liberalisierungsgedanke hat mittlerweile zu weitreichenden Gesetzesänderungen geführt.
Die Öffnung klassischer kommunaler Betätigungsfelder wie der Energieversorgung oder der Entsorgung können als Signal für weitere Änderungen begriffen werden. Für die Städte und Gemeinden sowie deren Betriebe und Einrichtungen brechen damit traditionelle Geschäftsfelder weg. Sie haben es selber auch angesprochen: Dies geschieht vor dem Hintergrund der schwierigen Lage bezüglich der kommunalen Haushalte, die durch kostentreibende Standards und Aufgabenverlagerungen noch zusätzlich belastet werden.
Hinzu tritt - das sollte man immer wieder sagen - die hohe Arbeitslosigkeit, deren finanzielle Folgelasten auch die Städte und Gemeinden treffen. Gleichzeitig bleibt der umfassende Infrastrukturauftrag der Kommunen erhalten. Kommunale Einrichtungen in den Bereichen Erziehung, Kultur, Bildung, Freizeit und Gesundheit schaffen mit ihren Angeboten Lebensqualität. Ich denke, gerade bei uns in den neuen Bundesländern kann man das nicht oft genug betonen. Versorgungs- und Entsorgungs
betriebe sichern mit ihren Leistungen die technische Infrastruktur, und der ÖPNV schafft die Mobilität.
Auf all diesen Feldern erfüllen kommunale Unternehmen Aufgaben der Daseinsvorsorge. Sie tun dies gerade auch in Bereichen, für die eine privatwirtschaftliche Durchführung mangels Renditeaussichten nicht in Frage kommt,
deren Durchführung aber finanziert sein will. Kommunalpolitische Handlungsspielräume sind daher untrennbar mit der Existenz einer starken Kommunalwirtschaft verbunden.
Meine Damen und Herren! Die heute von der Landesregierung als Paket vorgelegten Gesetzentwürfe sind ein richtiger Schritt zur Schaffung fairer Wettbewerbsbedingungen für kostengünstigere kommunale Dienstleistungen in einem sich wandelnden Markt. Insbesondere die Stadtwerke - hier kommt das Stichwort, auf das Sie sicherlich auch schon gewartet haben - müssen sich dem aus der Liberalisierung resultierenden Wettbewerb stellen und sie wollen dies auch tun. Der Wettbewerb darf aber - das sagte bereits die Frau Ministerin - keine Einbahnstraße zu Lasten der Kommunen bzw. der Stadtwerke werden.
Diese Grundintention hat der Gesetzentwurf aufgenommen. Er beinhaltet zum Beispiel die Lockerung des Örtlichkeitsprinzips, das heißt, insbesondere den Stadtwerken wird gestattet - das ist von Ihrer Seite kritisiert worden -, ihren Strom auch außerhalb des Gemeindegebietes zu verkaufen. Hierdurch werden die Chancen der kommunalen Unternehmen im Wettbewerb verbessert.
Sie haben gesagt, daß es das in den Stadtwerken in Sachsen-Anhalt nicht gibt. Diesbezüglich möchte ich Sie korrigieren. Halle hat eine eigene Energieerzeugung, und zwar eine der modernsten, die es gibt.
Des weiteren wird im Interesse der Stärkung der kommunalen Selbstverwaltung von einer Genehmigungspflicht gemeindlicher Entscheidungen zur wirtschaftlichen Betätigung abgesehen. Ausgenommen ist die Aufnahme einer wirtschaftlichen Betätigung im Ausland. Ich denke, der vorgeschlagene Abarbeitungskatalog ist ein profundes Mittel.
Auf der anderen Seite möchte ich daran erinnern: Das Know-how unserer modernen Stadtwerke ist zunehmend im osteuropäischen Raum und auch in den Ländern der Dritten Welt gefragt. Im Zuge der Arbeit der Stadtwerke in diesen Ländern gibt es schon eine ganze Anzahl kleiner und mittlerer Betriebe, die daraus ihren Nutzen ziehen und Arbeitsplätze schaffen können.
Schließlich - ich will diesen Aspekt des Gesetzentwurfs ausdrücklich betonen - wird mit dem Angebot der Anstalt des öffentlichen Rechts den Gemeinden eine neue attraktive Unternehmensform als Instrumentarium für ihre Betätigung außerhalb der öffentlichen Verwaltung zur Verfügung stehen.
Ich betone noch einmal: Der Gesetzentwurf bezweckt aber richtigerweise keine grenzenlose Liberalisierung des Gemeindewirtschaftsrechts. Zum einen geht er ord
nungspolitisch zutreffend von dem Grundsatz des Vorrangs der Privatwirtschaft vor der kommunalen Wirtschaft aus. Dort, wo Private etwas besser erledigen, sollen sie dies auch tun können. Ich kann Sie im Prinzip nur zitieren: Wir wollen nicht die Wiedereinführung von flächendeckenden VEB durch die Hintertür.
Weiterhin schafft der Gesetzentwurf Transparenz sowie eine bessere Kontrolle und Steuerung durch den Gemeinderat, indem zwingende Offenlegungspflichten von Unternehmensdaten und die Einrichtung einer Beteiligungsverwaltung ab einer bestimmten Größe der Beteiligungen vorgeschrieben werden. Die Einwohner sollen berechtigt sein, die Übersicht über die Beteiligungen der Gemeinde einzusehen. Diese Zuwächse an Transparenz stärken die kommunale Selbstverwaltung, meine Damen und Herren.
Die SPD-Fraktion hat natürlich - wie alle anderen Fraktionen auch - das Gespräch mit den betroffenen Interessengruppen gesucht. Teile der Privatwirtschaft - ich sage: nicht alle, aber Teile der Privatwirtschaft - sehen eine Art Konkurrenz zu der kommunalen Wirtschaft und befürworten daher eine möglichst restriktive Gestaltung des Gemeindewirtschaftsrechts. Es werden Auffassungen geäußert wie zum Beispiel, die kommunale Tätigkeit solle sich ausschließlich auf Erziehung, Bildung, Kultur, Sport und Erholung, die Deckung des Eigenbedarfs sowie auf die Sozial- und Jugendhilfe beschränken.
Wir teilen diese Auffassung nicht.
Die Vertreter der kommunalen Wirtschaft - das ist sicherlich auch bei mir deutlich geworden; ich beken- ne mich als Aufsichtsratsmitglied eines großen städtischen Unternehmens dazu - hätten sich eine weitergehende Liberalisierung des Gemeindewirtschaftsrechts gewünscht.
Ich komme zum Schluß. - Wir als SPD-Fraktion stimmen deshalb der Bitte der Ministerin zu und beantragen die Überweisung in den Wirtschaftsausschuß und in den Ausschuß für Inneres. - Danke.