Protokoll der Sitzung vom 15.03.2000

Der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Wirtschaft entnehmen wir, dass der Inhalt unseres Antra ges im Zusammenhang mit der Haushaltsdebatte weiterhin einen Schwerpunkt darstellen wird.

Trotz der zu erwartenden Ablehnung des Antrages durch das Parlament ist zumindest die Diskussion voran getrieben worden. Das wird die zukünftige Arbeit mitbestimmen. Eine Ablehnung des Antrages war unserer Meinung nach nicht notwendig. Meine Fraktion wird weiterhin diese Thematik in die Diskussion einbringen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen ebenfalls. - Das Wort erhält der Abgeordnete Müller von der SPD-Fraktion. Bitte!

Herr Präsident? Meine Damen und Herren! Herr Christoffers,

ich möchte Ihnen verdeutlichen, warum im Ausschuss das Votum so formuliert worden ist, wie es formuliert worden ist, nämlich ablehnend.

Sie haben richti g gesagt. dass wir inhaltlich überhaupt nicht auseinander liegen. Alle Fraktionen des Landtages hatten die Bereitstellung von Risikokapital für außerordentlich wichtig. Das betrifft sowohl öffentliches Risikokapital als auch privates Risikokapital. Es gibt in den letzten Jahren einige Veränderungen, die man durchaus einmal verdeutlichen sollte. Es gibt nämlich im Bereich des privaten Risikokapitals zwischenzeitlich eine andere Situation, als dies vor fünf oder sechs Jahren der Fall gewesen ist. Es gibt heute in Deutschland und somit auch in Brandenburg privates Risikokapital in einer Größenordnun g, die wir uns vor fünf Jahren nicht hätten vorstellen können.

Auch im Bereich des öffentlichen Risikokapitals, mit dem man andere Bereiche fördern kann, haben wir einen vernünftigen Stand. Wir haben zwei Gesellschaften, die das umsetzen. und zwar die Kapitalbeteiligungsgesellschaft des Landes Brandenburg und den Seed-Capita]-Fonds. Beide sind gut am Markt platziert. haben auch die finanziellen Möglichkeiten, die notwendigen Unterstützungsmaßnahmen für die Wirtschaft durchzuführen. Wir sind dabei ein ganzes Stück weiter als vor fünf Jahren.

Warum lehnen wir nun Ihren Antrag ab? Der Grund dafür ist einfach: Es macht keinen Sinn. wenn der Landtag hier den Status quo beschließen will, wenn also der Landtag etwas beschließen will, was bereits heute möglich ist. Genau darin sehen wir das Problem bezüglich Ihres Antrages. Ihr Antrag spricht zwar von verbesserten Voraussetzungen. Wenn man sich aber den Inhalt Ihres Antrages ansieht, stellt man fest, dass alles, was darin steht, bereits heute möglich ist, dass die finanziellen Mittel zur Verfügun g stehen und aus dem Antra gstext keinerlei Verbesserune abzuleiten ist.

Deshalb sind wir zu der Überzeugung gekommen. dass wir diesem Antrag nicht zustimmen sollten, eben weil der Antrag bereits erfüllt ist. Wir sollten uns gar nicht erst angewöhnen, so etwas zu tun, denn wir könnten sehr vieles beschließen, wenn wir altes beschließen wollten, was bereits auf den Weg gebracht worden oder bereits Realität ist.

Insofern sind wir mit Ihnen einer Meinung und betonen, dass das Thema weiterhin von Interesse sein wird. Wir werden dieses Thema weiterhin begleiten und darüber nachdenken müssen, inwieweit die beiden Gesellschaften, die wir von Landesseite aus begleiten. tatsächlich zwei Gesellschaften bleiben müssen. Wir sollten darüber nachdenken, ob man daraus nicht eine Gesellschaft machen kann, die möglicherweise noch schlagkräfti ger ist, als es die heutigen Gesellschaften sind. Das wird in den nächsten Monaten Diskussionsgegenstand sein. Ich denke, dass wir im Ausschuss sehr konstruktive Diskussionen zu führen haben werden.

Ich wiederhole es: Wir lehnen Ihren Antrag ab, weil das Anliegen Ihres Antrages bereits erfüllt wurde. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion, an Herrn Abgeordneten Schuldt.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach wie vor wird die Wirtschaftsstruktur des Landes Brandenburg von Kohlenabbau, Bergbau, der Energiewirtschaft. dem produzierenden Gewerbe und der Land- und Forstwirtschaft geprägt. Untergewichtet sind forschungs- und technologieintensive sowie umweltorientierte Industriezweige. Auch die Unternehmensstruktur ist noch unausgewogen. Erheblicher Nachholbedarf besteht in Brandenburg bezüglich der Schaffung eines leistungsstarken Handwerks und Mittelstandes. Auch zeigen sich regional große Unterschiede hinsichtlich der wirtschaftlichen Entwicklung. Das industrielle Gefälle zwischen Standorten in Peripheriegebieten und solchen im Speckgürtel rund um Berlin ist mancherorts eher größer denn kleiner geworden.

Die Wirtschaftsleistung des Landes Brandenburg ist trotz positivem Wirtschaftswachstum im Vergleich zu den alten Bundesländern weiterhin gering und die Arbeitslosigkeit ist mit 20,6 % - das sind die neuesten Zahlen - unerträgl ich hoch.

In dieser Situation sollte das Land einer Wirtschaftsstrategie mit folgenden Zielen folgen: Existenzgründungen ermöglichen. bestehende Unternehmen in ihrer Existenz sichern. Ansiedlungen fördern.

Doch wie. meine Damen und Herren, sieht die Wirtschaftsförderung im Land Brandenburg in Wahrheit aus? Lassen Sie mich nur einige wenige Beispiel nennen:

Die Zuschüsse für Unternehmenssanierungen im Haushaltsjahr 1999 wurden komplett gestrichen, die Darlehen zur Liquiditätssicherung wurden auf 3,7 Millionen DM zusammengestrichen und die Zuschüsse für den Beteiligungsfonds des Landes Brandenburg, dessen Aufgabe es ist, Unternehmen mit zwar guten Marktchancen, jedoch zeitweiligen Liquiditäts- und Eigenkapitalproblemen Beteiligungskapital zur Verfügung zu stellen. betragen seit Jahr und Ta g. lediglich 15 Millionen DM pro Jahr.

Dies ist angesichts der Liquiditätslage gerade kleiner und mittelständischer technologieorientierter, innovativer Betriebe und angesichts der Tatsache, dass es eine Existenzgründerförderune im Lande Brandenburg in Wirklichkeit bereits seit Jahren nicht mehr gibt, lediglich ein Tropfen auf den heißen Stein.

Wenn also die Mittel aus öffentlichen Zuschüssen und Zuwendungen von Bund, Land bzw. EU für die Schaffung und Erhaltung einer gesunden mittelständischen Struktur innovativer Unternehmen nicht ausreichen bzw. diese Mittel sogar zurückgefahren werden, ist es doch wohl ein Gebot der Stunde. die Lücken durch öffentliches Risikokapital zu schließen und den dafür zuständigen Institutionen wie der Kapitalbeteili gungsgesellschaft des Landes oder dem Seed-Capital-Fonds ausreichend Mittel zur Verfügung zu stellen.

Minister Fümiß sowie der Staatssekretär bestätigten. dass für die wirtschaftspolitischen Ziele gegenwärtig mehr Risikokapital er

forderlich ist. Ins Leere echt allerdin gs der Verweis beider Herren auf privates Risikokapital.

So erklärte der Vorstandssprecher der Kreditanstalt für Wiederaufbau. Hans W. Reich, vor kurzem im „Deutschen Handelsblatt", das Firmenkundenkreditgeschäft verliere nach Einschätzung der KfW erheblich an Bedeutung. Der Strukturwandel im Bankgewerbe schlage sich bereits im mittelständischen Fördergeschäft der KfW nieder, das Gesamtvolumen ihrer Kredite expandiere. doch der Anteil der Großbanken daran habe sich in den 90er Jahren halbiert. Bei den Kleinkrediten bis 100 000 DM sei er sogar auf ein Drittel gesunken. Selbst vor Genossenschaftsbanken und Sparkassen werde diese Entwicklung laut Reich nicht Halt machen. Sie würden sich in Zukunft in ähnlicher Weise wie Großbanken dem Kosten- und Ertragsdruck ausgesetzt sehen.

Für kleine und mittlere Unternehmen, so Reich, die Geld für Innovationen benötigten, ergäben sich daraus zwei Gefahren: Zunächst müsse befürchtet werden, dass ihre Finanzkosten steigen. Ferner könnten sie Schwierigkeiten bekommen, überhaupt ein Kreditinstitut zu finden. Der Mittelstand stünde dann nicht nur vor Nachteilen, sondern vor gravierenden Finanzierungsproblemen. - Dies heißt doch nichts anderes, als dass für kleine und mitteiständische Unternehmen der Weg der privaten Kreditfinanzierung und damit auch des privaten Risikokapitals versperrt ist. Als einziger Ausweg, wenn man den Rückgang der zuschussorientierten Förderprogramme mit in Rechnung stellt, bleibt also die Bereitstellun g. öffentlichen Risikokapitals...

Vizepräsident 1-labermann:

Herr Abgeordneter, bitte kommen Sie zum Schluss Ihrer Rede!

Einen Satz noch bitte, Herr Präsident. - zum Beispiel über die Kapitalbeteiligungsgesellschaften des Landes oder den SeedCapital-Fonds, welche dazu aus Landesmitteln finanziell entsprechend ausgestattet werden müssen.

Ich möchte Sie bitten, dem Antrag der PDS und dem dazugehörigen Änderungsantrag der Fraktion der DVU zuzustimmen. Ich bedanke mich.

Wir sind bei der CDU-Fraktion. Herr Abgeordneter Karney, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Nach zweimaliger intensiver Beratung im Ausschuss für Wirtschaft gelangte die Mehrheit der Ausschussmit glieder zu der Überzeugung, dass der Antrag der PDS abzulehnen ist. Unsere Ablehnung resultiert im Wesentlichen aus zwei Gründen, die ich Ihnen im Folgenden kurz darlegen möchte:

Erstens wird im Antrag der PDS gefordert. eine größere Summe von öffentlichem Risikokapital zur Verfügung zu stellen. Nach im Ausschuss erteilter Auskunft des Wirtschaftsministeriums wurde deutlich, dass durch die Kapitalbeteiligungsgesellschaft

Brandenburg und den Seed-Capital-Fonds Brandenburg in ausreichendem Maße öffentliches Risikokapital bereitgestellt wird. Das heißt. brandenburgische Unternehmen fragen nicht nach mehr öffentlichem Risikokapital, als verfügbar ist.

Zweitens fordert die PDS mit ihrem Antrag, den Einsatz von öffentlichem Risikokapital auf bestimmte Ziele auszudehnen. Diesem Ansinnen könnte man zustimmen, wenn der Einsatz von öffentlichem Risikokapital nicht bereits für die genannten Ziele erfolgte. Das heißt, dass mit dem jetzigen Instrumentarium die im Antrag genannten Einsatzbereiche abgedeckt werden können.

Meine Damen und Herren! Der Antrat! der PDS ist überflüssig, daher lehnen wir ihn ab. Der Anderungsantrag der DVU-Fraktion wird ebenfalls von uns nicht mitgetragen. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei der CDU)

Das Wort geht an die Landesregierung. Herr Minister Fürniß, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Instrumente, um Unternehmen, die sich in diesem Lande ansiedeln wollen, zu unterstützen. und Unternehmen, die unsere Unterstützung brauchen, haben wir genug. Das hat Herr Christoffers auch gesagt. Das ist nicht das Thema. Wir werden dem Parlament vorschlagen, fair die kommenden beiden Jahre eine Kapitalbeteilieunesgesellschaft zusätzlich in den Haushalt einzustellen, die auf der Basis eines revolvierenden Fonds weitere 100 Millionen DM öffentliches Risikokapital im Sinne von Beteiligungen bei interessanten Gesellschaften zur Verfügung stellen kann.

Das Instrumentarium ist also ausreichend. Wir müssen unsere Instrumente noch einmal überprüfen, müssen schauen, ob wir effizient sind, ob die Abstimmung richtig erfolgt, ob die Koordinierungen richtig laufen. Eine entsprechende Überprüfung haben wir eingeleitet, um die Dinge dann in einer Förderagentur besser konzentrieren zu können.

Ich denke, dass das Anliegen. das aus diesem Antrag spricht, berechtigt ist, und dass es richtig ist, über dieses Thema nachzudenken, aber nicht unter dem Aspekt, die Rolle des Staates bei diesen Unternehmen zu stärken, sondern unter dem Aspekt, den Unternehmen die Brücke zu bauen, die sie brauchen, um sich privat ausreichend finanzieren zu können.

Nicht, weil ich mit Ihnen, Herr Schuldt, eine Auseinandersetzung, führen will, sondern einfach, weil der Eindruck. den Sie erweckt haben. wir würden nicht in der Lage sein, beispielsweise im Konsolidierungs- und im Liquiditätsbereich Hilfe zu geben. nicht stehen bleiben darf, muss ich hier sagen: Ich würde Ihnen gern anbieten. Ihnen das entsprechende Informationsmaterial zu geben, damit Sie solchen Unsinn hier nicht noch einmal wiederholen müssen.

(Schuldt [DVU]: Ich komme darauf zurück! - Vereinzelt Beifall bei der CDU)

Der Konsolidierungsfonds hat derzeit ein Volumen von 27 Millionen DM, der Liquiditätsfonds hat ein Volumen von über 30 Millionen DM, Das Geld ist da. Das ist nicht das Thema.

(Schuldt [DVI.J]: Einsetzen!)

Ein anderes Thema ist, wie wir mit diesem Geld umgehen. Es kann nicht sein, dass jedes Unternehmen, das Probleme hat. zum Staat kommt und sagt: Wir haben schlecht gewirtschaftet, löst bitte unsere Probleme!

(Beifall bei der CDU)

Da müssen wir genauer hinschauen, um die Förderung präzise durchzuführen.

Was das Thema Existenzgründerförderung in diesem Land betrifft: Es ist nicht wahr, dass Existenzgründungsförderung fast aufgehört hat. Es ist im Gegenteil so, dass es mir manchmal schwer fällt zu überblicken, wer alles Existenzgründer in diesem Land fördert. Geld ist genug da und Menschen, die sich bemühen, sind ebenfalls genügend da. Wir müssen die Mittel etwas besser strukturieren und auch besser konzentrieren. Auch das ist nicht das eigentliche Thema.

Letzter Punkt, Thema Banken: Meine Damen und Herren, ich denke nicht, dass die Fragestellung so lauten darf: Da die Banken sich nicht mehr für den Mittelstand engagieren. müssen wir uns an den Staat wenden. Die Frage muss lauten: Sollten nicht die Banken nicht nur an Großfusionen denken, sondern auch darüber nachdenken, wie sie ihre Verantwortung gegenüber dem Mittelstand in diesem Land wahrnehmen können?

(Beifall bei CDU und SPD)

Wir müssen eine Bankendebatte führen. aber mit anderen Überschriften als Sie, Herr Schuldt, dies Betan haben. Auch da wird sich etwas verändern. In Zukunft werden kleine. mittelständische Existenzgründer nicht mehr unbedingt nur zu den Banken gehen, sondern es gibt genügend Risikokapitalfonds, die sich privat organisiert haben und die bereit sind, sich hier zu engagieren. Es gibt genügend Geld in diesem Bereich, wir müssen nur die Kooperationsformen verstärken.