Protokoll der Sitzung vom 15.03.2000

Ein halbes Jahr ist seit dem Urteil des Oberlandesgerichts vergangen; richtungweisende Entscheidungen durch die Landesregierung gibt es nicht. Selbst eigene Bewertungen und Vorschläge - ich verweise auf Äußerungen des Ministerpräsidenten und des Regierenden Bürgermeisters, dass nun ein Neuanfang nötig sei - werden nicht ernst genommen. Ein Ende der Belastung für die öffentlichen Haushalte ist nicht absehbar. Neue Entscheidungen für weitere Finanzspritzen an die BBF stehen offensichtlich im Zusammenhan g mit der Entscheidung zum Doppelhaushalt 2000/2001 erneut an.

Der Streit mit den Berlinern. bei dem es darum geht, dass Brandenburg angeblich nicht genug Geld in den Haushaltsentwurf eingestellt hat, ging schon durch die Presse. Schon in diesem Zusammenhang geht der Regierende Bürgermeister wieder eigene Wege, indem er entgegen dem Konsensbeschluss von Diepgen und Stolpe aus dem Jahr 1996 den Zwischenausbau von Tegel und ein längeres Inbetriebhalten von Tempelhof fordert. Man kann die Frage stellen, ob Herrn Diepgen der Glauben an das gemeinsame Vorhaben Großflughafen Berlin Brandenburg International abhanden gekommen ist. Die Brandenburger nutzen die Gunst der Stunde und fordern in diesem Zusammenhang gleich den verstärkten Ausbau des Flugplatzes Finow als Regionalflugplatz. Man kann dazu nur konstatieren: Der Wettbewerb ist ausgerufen. Tempelhof, Tegel, Finow - was wird aus Schönefeld?

Offensichtlich ist im Zusammenhang mit dem Vergabeverfahren ein derartiges Abhängigkeitsgeflecht entstanden, dass ein Schlussstrich und ein neuer Start, wie von uns gefordert, nicht

möglich scheint. Wir sind der Auffassung, dass Licht in dieses Dunkel gebracht werden muss.

Ein bis heute schwer durchschaubarer Filz zwischen Regierungspolitikern und Investoren, zwischen Auftraggebern und Bewerbern, zwischen Planern und Beratern muss endlich aufgeklärt werden. Dazu trägt die Staatsanwaltschaft mit ihren Ermittlungen bei. Aber auch wir müssen unsere Verantwortung wahrnehmen. Deshalb stellen wir den Antra g auf Einsetzung des Untersuchungsausschusses zur Aufklärung der Mitverantwortung der Gesellschafter der BBF am Scheitern des Privatisierun gsverfahrens und des Vergabeverfahrens zur privaten Errichtung des Großflughafens BBI.

Wir sind der Meinung. dass die Landesregierung endlich die Entscheidungsprozesse transparent gestalten und auf zwingende Fragen Antworten geben muss.

In der Zeitung haben wir gelesen, dass die Koalition den Untersuchungsausschuss für Zeit- und Geldverschwendung hält. Dies offenbart wenig Verständnis für die parlamentarische Demokratie.

Ich unterstreiche an dieser Stelle noch einmal: Es ist das Recht und auch die Pflicht der Opposition, die Regierung in ihren Entscheidungen zu kontrollieren, wovon auch Sie, liebe Kollegen der SPD und der CDU Gebrauch machen sollten.

Dass Herr Homeyer meint - er ist nicht da -, die PDS würde mit diesem Antrag nur den Fortgang bremsen und sie wolle damit nur dokumentieren, dass sie den Bau eines neuen Flughafens generell infrage stelle, wissen wir: und von der SPD wissen wir, dass sie meint, die PDS wolle im Kern den Großflughafen nur kaputtreden. Noch mehr solcher Äußerungen waren in der Zeitung zu lesen. Dazu kann ich nur sagen: Vielen Dank, meine Damen und Herren von der Koalition, dass Sie uns so viel Einfluss zugestehen. Nur, eins steht fest: Den Flughafenbau haben Sie mit Ihrem rechtswidrigen Vergabeverfahren schon längst in Misskredit gebracht. Dazu bedarf es keiner weiteren Reden in der Öffentlichkeit.

(Klein [SPD]: Den von Ihnen nicht gewollten Flughafen haben wir kaputtgeredet!)

- Das spielt doch hier überhaupt keine Rolle. Ich denke, wir reden über die Einsetzung des Untersuchungsausschusses.

(Klein [SPD]: Das sind doch Krokodilstränen. - Vietze [PDS]: Der Dilettantismus kommt von Ihnen!)

Meine Damen und Herren, führen Sie hier keine Zwiegespräche, Frau Tack hat das Wort.

Herr Hackel - er ist auch nicht da - als damaliger Vorsitzender des Haushaltsausschusses wird sich noch an die Anhörung im Juni vergangenen Jahres erinnern, die zum Nachtragshaushalt im Zusammenhang mit der Entscheidung zum Großflughafen stattgefunden hat. Er wird sich sicher auch noch daran erinnern,

dass mein Kollege Ralf Christoffers in der Anhörung die Frage gestellt hat, ob denn das Vergabeverfahren zur privaten Errichtung des Großflughafens nach dem neuen Vergaberecht von 1999 durchgeführt worden sei. Der Chef der Staatskanzlei Minister Linde. damals Aufsichtsratsvorsitzender der BBF. antwortete damals im Haushaltsausschuss - wie wir uns erinnern - sehr zögerlich, aber dennoch mit Ja. Ich denke. das sollte uns schon sehr zu denken geben.

Meine Damen und Herren von der SPD und von der CDU! In der Klemme sitzen auch Sie ganz schön, zumindest diejenigen. die schon in der vergangenen Legislaturperiode dem Parlament angehört haben. Denn SPD und CDU haben im Juni vergangenen Jahres dem Nachtragshaushalt und damit den Verträgen mit Hochtief nur unter dem Vorbehalt zugestimmt. dass beim Zuschlag zugunsten von Hochtief alles mit rechten Dingen zugegangen sei. Das war damals Ihr Entschließungsantrag, wenn Sie sich freundlichst erinnern wollen.

(Klein [SPD]: Weil die Zeitungen voll waren!)

Genau das war es nicht. Herr Klein, wie Sie nun nachvollziehen können. Es ging nichts mit rechten Dingen zu.

(Klein [SPD]: Deshalb haben wir den Vorbehalt gemacht!)

In Erinnerung dessen, was Sie im Sommer vergangenen Jahres zum Ausdruck gebracht haben, will ich Sie nur ermuntern. Sie wären im Untersuchungsausschuss die wunderbarsten Partner, um mit uns gemeinsam genau diese Prozesse aufzuklären und die Verantwortlichkeiten festzustellen.

Weil Sie es vorhin schon dazwischengerufen haben und bevor Sie der PDS heute wieder - es werden ja noch mehrere Redner folgen - das Recht absprechen wollen, sich zu den Fehlern der Landesregierung zu äußern, weil die PDS gegen den Großflughafen sei, sage ich an dieser Stelle noch einmal unmissverständlich: Ja, es trifft zu. Die PDS gehört zu denjenigen. die der Meinung sind, es gibt in der Region Berlin-Brandenburg keinen Bedarf für einen Großflughafen. Wir sollten uns nicht nur unter dem Aspekt des Sparens, sondern auch unter dem Aspekt der Zukunftsfähigkeit auf die Kapazitäten, die es in Schönefeld gibt, konzentrieren.

(Klein [SPD]: Mit den gleichen Argumenten sind wir für den Flughafen!)

Ich will Sie ermuntern, bei der rot-grünen Bundesregierung. die in ihre Koalitionsvereinbarung geschrieben hat, Subventionsabbau beim Luftverkehr betreiben zu wollen, das heißt, Kerosin und Flugbenzin künftig zu besteuern, die Subventionsleistungen für Flugtickets senken zu wollen - das wäre doch eine wertvolle Aufgabe -, deutlich zu machen, dass von den I I Millionen Passagieren. die es gegenwärtig in Schönefeld, Tegel und Tempelhof gibt, 60 % nur Kurzstrecken bis 600 Kilometer fliegen. Das ist ein wunderbarer Ansatz. verkehrspolitisch in die Zukunft zu denken und nach Lösungen zu suchen.

Der Flughafen Schönefeld mit seiner Kapazität von 15 Millionen Passagieren pro Jahr ist ein Angebot. Lassen Sie sich darauf ein! Wir können viel Geld sparen und zukunftsfähige Entscheidungen im Interesse der Re gion Berlin-Brandenburg treffen.

Die Reaktionen in der Koalition auf unseren Antrag auf Einsetzung des Untersuchun gsausschusses zeigen mir allerdings, dass Sie nach wie vor nicht wissen wollen, was in den vergangenen Jahren tatsächlich passiert ist, wer welche Versprechungen in welchen Verträ gen eingegangen ist. Ich erinnere nur an die Verankerung der 15%igen Kapitalrente in den Verträgen mit Hochtief. Wer sollte diese vertra gliche Zusicherung finanzieren, wenn sie nicht als Gewinn gekommen wäre? Es waren sehr riskante Beziehun gen. die Sie eingegangen sind.

Wir fordern Sie auf: Fragen Sie endlich mit uns gemeinsam die Landesregierung und erwarten Sie im Untersuchungsausschuss mit uns gemeinsam die Antworten! Bemühen wir uns gemeinsam!

Der Untersuchungsausschuss soll durch die kritische Aufarbeitung des bisherigen Verfahrens und durch die Feststellung von Verantwortlichkeiten für die Entscheidungen der Vergangenheit die notwendige Transparenz herstellen. Ich denke, die ist bitter nötig. Die Ergebnisse des Untersuchungsausschusses können dazu beitragen, dass sowohl das Bundesparlament als auch die Parlamente in Berlin und Brandenburg bei den künfti gen Entscheidungen in die Lage versetzt werden. eine umfassende Informationsbasis zu haben. Dazu sollten die Antworten der Landesregierung sehr dienlich sein.

Abschließend möchte ich aufgrund der vielen Bemerkungen, die in der Öffentlichkeit zu hören waren, noch eine Forderung an die Koalition richten: Hören Sie endlich auf, darüber zu lamentieren. dass ein Untersuchungsausschuss Geld kosten wird! In diesem Zusammenhang will ich nur darauf hinweisen: Wären nicht in den vergangenen Jahren unter der Verantwortung der SPD und mit Unterstützung der CDU auf sehr geheimnisvollen Wegen Millionenverluste entstanden, brauchten wir das Geld letztendlich nicht für den Untersuchungsausschuss einzusetzen und könnten Geld sparen, wenn wir gemeinsam, CDU. SPD und PDS. dem Antrag folgten. den Untersuchungsausschuss einzusetzen. Arbeiten Sie mit bei der notwendigen Aufklärung und sorgen Sie mit uns gemeinsam dafür, dass die Akten auf den Tisch kommen. damit der Untersuchungsausschuss nach kürzester Zeit mit einem präzisen Abschlussbericht seine Aufgaben lösen kann, um dazu beizutragen, weiteren Schaden von Brandenburg abzuwenden!

Dass im Berliner Abgeordnetenhaus ein gleicher Ausschuss am 23. März eingesetzt werden soll. sollte uns ermuntern, die Tätigkeit gemeinsam zu verfolgen und Effektivität in der Zusammenarbeit zu beweisen.

Abschließend möchte ich noch dem Landtagspräsidenten meine Anerkennung aussprechen, dass er so unverzüglich den notwendigen Antrag eingebracht hat, damit die Arbeitsweise des Untersuchungsausschusses durch das Plenum geregelt wird. Dafür meinen herzlichen Dank. - Schönen Dank.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Tack. - Das Wort geht an die Fraktion der CDU. an Herrn Abgeordneten Karney.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Drehkreuz Berlin Brandenburg International bietet für unsere Region eine große Chance. eine Chance, die es zu nutzen gilt. die man nicht leichtfertig verspielen sollte, wird mit diesem Drehkreuz doch die Schaffung von Zehntausenden von Arbeitsplätzen und eine Erhöhung der Steuereinnahmen in Milliardenhöhe verbunden sein, Arbeitsplätze. die diese Region dringend benötigt, und Steuereinnahmen, auf die diese Region nicht verzichten kann und darf

Meine Damen und Herren, in der Vergangenheit wurden Fehler gemacht, die es aufzuklären gilt. Das ist eine Tatsache, die das Brandenburgische Oberlandes gericht mit seiner Entscheidung am 3. August 1999 feststellte und die niemand ernsthaft bestreiten wird oder bestreiten will. Die CDU-Fraktion hat diese Aufklärungsbemühungen stets mitgetragen und unterstützt.

Ich will in diesem Zusammenhang an den gemeinsamen Entschließungsantrag der SPD- und der CDU-Fraktion. der in der 108. Sitzung der 2. Legislaturperiode des Landtages Brandenburg verabschiedet wurde, erinnern. Mit diesem Antrag wurde die Landesregierung aufgefordert,

„... die vom OLG festgestellten Verstöße des bisherigen Vergabeverfahrens aufzuklären und auszuräumen, die Vorgaben aus dem OLG-Beschluss umzusetzen und insbesondere die Verhandlungen mit den Bewerbern auf dieser Grundlage zu führen."

Diese Passage aus dem Entschließun gsantrag macht unsere Haltung sehr deutlich.

Liebe Anwesende! Im Vorfeld der Entscheidung des Brandenburgischen Oberlandesgerichtes wurde auf Initiative der CDU im Ausschuss für Haushalt und Finanzen am 17. Juni 1999 eine öffentliche Anhörung zum Stand der Privatisierung der Berlin Brandenburg Flughafen Holding GmbH sowie zur Privatisierung des Flughafens Berlin Brandenburg International durchgeführt.

Das Recht der Öffentlichkeit auf möglichst umfassende und direkte Information wurde vonseiten der CDU-Fraktion immer eingefordert und unterstützt. Unsere Position war und ist es, den Bürgerinnen und Bürgern Brandenburgs die Chance für unsere Region, die durch dieses Projekt Großflughafen Berlin Brandenburg International entsteht, aufzuzeigen, in diesem Zusammenhang aber auch die finanziellen Risiken, welche die öffentliche Hand trägt, nicht unerwähnt zu lassen.

Ich denke, das war unsere Aufgabe als Oppositionspartei, und sie ist es nicht weniger, da die CDU-Fraktion nun Regierungsverantwortung trägt.

Meine Damen und Herren! Der Antrag der PDS-Fraktion zur Einsetzung eines Untersuchungsausschusses, der uns in Drucksache 3/741 vorliegt, macht deutlich, dass die demokratischen Sozialisten ein anderes Verständnis von Oppositionsarbeit haben. Ich rede nicht davon, dass die PDS-Fraktion die Einsetzung eines Untersuchungsausschusses fordert. Das war der Wille von 18 Abgeordneten der PDS-Fraktion. Die Verfassun g des Landes räumt diese Möglichkeit ausdrücklich ein. Das ist un

eingeschränkt zu akzeptieren. Ich meine die uneingeschränkte Negativstimmung, die diese Partei mit ihren parlamentarischen Initiativen zu verbreiten versucht.

Das Projekt BBI ist ein Beispiel dafür, wie diese Partei aufgrund ideologischer Vorbehalte versucht, den Bürgern Brandenburgs die Chancen. die sich ihnen auftun. klein- oder ear kaputtzureden. Perspektivlosigkeit und Zukunftsängste. meine Damen und Herren der PDS-Fraktion, sollten nicht der Boden sein, auf dem Sie versuchen, Ihre Wählerstimmen für die nächste Wahl zu vermehren.

Im Antrag der PDS-Fraktion wird immer wieder auf ein Scheitern des Privatisienmgsverfahrens Bezug genommen. Ich hatte bereits gesagt: Das Privatisierungsverfahren ist nicht gescheitert. Die Entscheidung des Oberlandesgerichts stoppte vorläufig das Privatisierungsverfahren. nicht mehr und leider - ich sage leider - nicht weniger. Ich möchte ausdrücklich betonen, dass sich das „leider" nicht auf die Entscheidung des Brandenburger Oberlandesgerichtes, sondern auf die stattgefunden habende Verfehlung in der Vergangenheit bezieht.

Die Koalitionsfraktionen haben aufgrund dieser falschen Formulierung einen Änderungsantrag eingebracht, dem auch Sie, meine Damen und Herren von der PDS-Fraktion. zustimmen müssten. Es gibt kein gescheitertes Privatisierungsverfahren. Demzufol ge kann es auch keinen Untersuchungsausschuss geben, der ein solches Verfahren untersucht.

Meine Damen und Herren! Ich hoffe, der einzusetzende Untersuchungsausschuss wird seiner Funktion gerecht, die Verfehlungen der Vergangenheit aufzuklären. Daran dürfte jeder, der die Chance dieses Projektes erkannt hat. Interesse zeigen.

Meine Damen und Herren zu meiner Linken! Ich hoffe, dass Sie den Untersuchun gsausschuss nicht dazu nutzen, auf Kosten der Steuerzahler eine teure Negativkampa gne gegen den Ausbau des Flughafens Schönefeld zum internationalen Drehkreuz zu starten. - Ich danke.

(Beifall bei CDU und SPD - Zuruf des Abgeordneten Viet- ze [PDS])

Ich danke auch. - Wir sind damit bei der DVU-Fraktion. Herr Abgeordneter Schuldt, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen! Meine Herren! Die unendliche Geschichte des geplanten Großflughafens Berlin Brandenburg International wird nun um eine neue Variante bereichert. Die PDS-Fraktion hat uns gemäß Artikel 72 der Landesverfassung in Verbindung mit § 2 Untersuchungsausschussgesetz einen Antrag auf Einsetzung eines Untersuchungsausschusses vorgelegt. Das notwendige Unterschriftenquorum ist erreicht.