Protokoll der Sitzung vom 22.06.2000

Wir haben in mehreren Debatten hier im Landtag und im Fachausschuss über die Frage Tagesmütterfachaufs ic hts- Verordnung gesprochen, und Sie, Frau Kaiser-Nicht, bringen heute und brachten gestern das gleiche Thema. Wenn Sie sich Seite 10 dieses „gemachten Werkes" anschauen, dann können Sie es noch einmal nachlesen. Sie stellen Behauptungen zu Fragen der Tagespflege auf, die falsch sind.

Auf Seite 11 dieses „gemachten Werkes" haben Sie sich ausgelassen über Elternbeiträge. Ich habe keinen Absatz in dem neugefassten Gesetz gefunden, in dem steht, dass die Elternbeiträge von den Tagesmüttern bestimmt werden. Im Gegenteil, ich habe im Gesetz nur gefunden, dass die Elternbeiträge sozial gestaffelt werden, sich nach der Anzahl der Kinder in der Familie richten und am Umfang der Betreuung orientiert sein müssen. Ich frage mich, was daran schlecht ist.

Auf der Seite 12 dieses „gemachten Werkes" sprechen Sie über (Zurufe von der PDS) die Entlohnung der Tagesmütter. Würde man Ihre Absicht nicht

infrage stellen, müsste man Ihre Rechenkunst würdigen. Ich stelle Ihnen aber...

(Unruhe bei der PDS - Zwischenrufe der Abgeordneten Frau Kaiser-Nicht [PDS] - Glocke des Präsidenten)

Frau Kaiser-Nicht, ich habe lesen gelernt. Ich habe auch gelernt zuzuhören und irgendwann müsste man sich überlegen, was man tut. Sie tun jetzt genau das, was Sie in Frankfurt an der Oder auch getan haben.

(Zwischenrufe der Abgeordneten Frau Kaiser-Nicht [PDS])

Da kann ich eigentlich nur sagen: Sie disqualifizieren sich selbst.

Meine Damen, ich liebe diese Dialoge nicht. Frau Abgeordnete, sprechen Sie bitte weiter zur Sache.

Auf Seite 13 dieses „gemachten Werkes" steht:

„Kinder haben die Pflicht, ab dem sechsten bzw. siebenten Lebensjahr die Schule zu besuchen, da Schulpflicht besteht. Hausaufgaben zählen für mich zum pädagogischen Teil. Sie sollten im Hort unter Aufsicht erledigt werden."

Ich frage mich, warum heißen sie dann nicht Schulaufgaben?

Oder weiter, Seite 15 dieses „gemachten Werkes":

„Wenn die Kinder künftig nach der Schule Freizeit zur eigenen Gestaltung haben, werden da nicht neue Probleme entstehen? Werden die Kinder kriminell?"

Wenn ich das alles zusammenfasse, was in der Broschüre steht und einen Sprachwissenschaftler frage, wie er das Geschriebene bewertet, dann wird er zu dem Schluss kommen: Hier will man ganze Menschenscharen verunsichern und ihnen Angst machen und man will Menschen von der Demokratie dieses Landes entfernen.

(Beifall bei CDU und SPD - Frau Kaiser-Nicht [PDS]: Hoffentlich wird das alles gesendet. Dann freuen sich die Menschen.)

„Eltern sind der Willkür von Verwaltungen ausgesetzt."

Das ist eine Aussage der Broschüre. Ich frage mich, was man mit so einer Aussage bezweckt.

Frau Abgeordnete, ich muss Sie wieder fragen, ob Sie eine Frage beantworten?

Bitte am Schluss, Herr Präsident.

Mit den vielen Fragen, meine Damen und Herren vom Aktionsbündnis und von der PDS, haben Sie ein Horrorszenario aufgebaut, und ich sage Ihnen heute und hier, dass dieses nicht eintreten wird. Wir stehen zu Kitas, auch zur Erziehung im Kindergarten, in Kinderkrippen und im Hort. aber wir stehen zuvorderst zur Erziehung und Bildung und zur Fürsorge in der Familie und bitten deshalb um die Zustimmung zu diesem Gesetz.

(Beifall bei CDU und SPD - Zuruf von der PDS: Sie woll- ten doch noch Fragen beantworten!)

- Die Frau Abgeordnete hatte während ihres Redebeitrages Zwischenfragen abgelehnt. Ich bin aber nicht gewillt, Nachfragen zu gestatten, wenn ihre Redezeit abgelaufen ist

(Zuruf von der PDS: Sie war doch nur feige!)

Bitte schön, Herr Minister Reiche!

Herr Präsident! Sehr geehrte Kollegen Abgeordneten! Wir stehen heute am Ende eines schwierigen und konfliktreichen, letztlich aber erfolgreichen Diskussionsprozesses um die Novellierung des Kita-Gesetzes. Zugleich stehen wir damit am Anfang einer sinnvollen und notwendigen Umstrukturierung der KitaLandschaft. Wir haben mit dieser Novelle die Voraussetzungen für ein Betreuungsangebot erreicht, das in seiner Struktur und seinem Umfang eine lan gfristige Perspektive bietet und das auch künftig in fast keinem der anderen Bundesländer erreicht wird.

Die Kritik, wir hätten die strukturelle Unterversorgung der westlichen Bundesländer übernommen, ist deshalb schlicht falsch. Vielmehr ist es gelungen, die Verantwortung der Gesellschaft für unsere Kinder auf einem hohen Niveau festzuschreiben: auf einem Niveau und in einem Umfang, auf die 14 andere Bundesländer zumindest derzeit nur hoffen können.

Die Einschränkung im zeitlichen Umfang und die Konzentration des Angebotes für Kleinstkinder und ältere Grundschulkinder auf diejenigen, die dieses Angebot wegen der Situation ihrer Eltern wirklich brauchen, sind für die Eltern und Kinder vertretbar. Ich habe in meiner Rede zur 1. Lesung des Gesetzentwurfes gesagt, dass

„nicht alle Betreuungsaufgaben verstaatlicht, aber auch nicht alle privatisiert werden. So falsch es ist, zu behaupten, dass für jede Betreungsaufgabe der Staat entsprechende Angebote bereithalten müsse, so falsch ist es, die Familien mit dieser Aufgabe allein zu lassen. Zwischen diesen Polen muss jede Gesellschaft ihre Antwort finden."

Ich meine, dass wir mit dem heute zur Abstimmung stehenden Gesetzentwurf eine für unsere Situation und eine unserer Verantwortung entsprechende Antwort gefunden haben: eine Antwort, die nach wie vor deutlich macht, dass für die Koalition der Satz „Kinder haben Vorrang" gilt.

(Zuruf der PDS: Wobei?)

Die gefundene Antwort ist auch fachlich sinnvoll. Für eine qualitativ hochwertige Betreuung der Kleinstkinder waren unsere Krippengruppen häufig zu groß. Die finanziellen Mittel für eine erforderliche Verbesserung sind in Brandenburg wie auch in allen anderen Bundesländern nicht aufzubringen. Auch dies ist in der Veranstaltung in Hermannswerder deutlich gesagt worden.

Herr Minister, gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Gern.

Bitte schön. Frau Kaiser-Nicht!

Herr Minister, Sie haben gerade gesagt, dass die vorgeschlagenen Änderungen im Rahmen der Kita-Novelle fachlich sinnvoll seien. Würden Sie mir bitte den fachlichen Sinn des Ausschlusses der Kinder über zehn Jahre von der Hortbetreuung erklären?

(Klein [SPD]: Das ist doch ganz einfach! Warum nicht über 15 Jahre oder 22 Jahre? So ein Blödsinn!)

Herr Abgeordneter Klein, nicht Sie, sondern der Minister ist gefragt worden.

(Klein [ SPD]: So einen Blödsinn muss man doch kom- mentieren!)

Ihre Frage ist wie die Antworten in Ihrer Broschüre falsch, weil Kinder über zehn Jahre - diese Antwort habe ich Ihnen Dutzende Male in vielen Veranstaltungen ge geben - nicht ausgeschlossen werden.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ihr Rechtsanspruch wird lediglich konditioniert. Dass Sie die Eltern über Wochen und Monate belogen haben, macht deutlich, dass Sie Ihre Aufgabe als Opposition nicht gefunden und nicht wahrgenommen haben.

(Beifall bei SPD und CDU)

Es ist richtig, dass dieses Angebot - anders als in anderen östlichen Bundesländern - in Brandenburg noch nicht vorhanden ist und dass wir alle in den nächsten Jahren noch manches dafür tun müssen.

Tagespflegepersonen - hier rede ich nicht nur von Tagesmüttern; vielleicht finden sich auch zunehmend Männer, die mit und außerhalb der Familie Erziehungsaufgaben wahrnehmen müssen qualifiziert und fachlich begleitet werden. Das Land...

Herr Minister, wollen Sie noch eine Frage beantworten?

... ist mit hohem Einsatz dabei, seinen Anteil zu leisten. - Herr Präsident, ich bin gern bereit, Fragen zu beantworten. Aber den Satz wollte ich gern noch zu Ende sprechen.

Entschuldigung, ich wusste nicht, dass Sie noch nicht zu Ende waren. - Bitte schön, Frau Kaiser-Nicht!

Herr Minister, Sie haben in der eben gegebenen Antwort auf die Broschüre abgehoben. Würden Sie bitte Frau Hartfelder erklären, dass ein Großteil der in dieser Broschüre zitierten Texte - zum Beispiel das Zitat „Tagespflege ist ein schlechtes Angebot" - als polemische Fragestellung aus der Broschüre der Landesregierung zitiert wurde?

(Beifall bei der PDS)

Frau Kaiser-Nicht, alles, was in der von Ihnen gemachten Broschüre richtig und sinnfiihrend ist, findet sich auch in unserer Broschüre. Das ist richtig.