Protokoll der Sitzung vom 22.06.2000

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die SPD-Fraktion. Herr Abgeordneter Müller, bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Dr. Schröder! Sie ist gar nicht da; das ist ja richtig schade. Dann wende ich mich an die PDS-Fraktion. Wenn Ihre Kollegin hier redet löst das bei mir ein heftiges Erschrecken aus. Mit welch klaren Blicken, mit welcher Intensität sie rückwärts schaut, ohne dabei etwas zu erkennen, ist tatsächlich erschreckend. Ich habe die große Befürchtung, dass sie die soziale Marktwirtschaft nicht ein bisschen verstanden hat, was bei Kollegen der PDS-Fraktion öfter anders ist. Sie wird durchaus von einigen %ersunden

Auch ist erschreckend, dass sie die Realität der DDR und das. was dort los gewesen ist, nicht erkannt hat Das ist eine Sa. he. die Sie einmal in Ihrer Fraktion auswerten mussten Sie mussten einmal überlegen, ob nicht eventuell ein Zungenschlag in Ihren Redebeiträgen zu erkennen ist, der nicht nur dem Land Brandenburg, sondern auch Ihnen selbst nichts nutzt

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Das überlassen Sie einmal uns!)

Mir ist immer ein bisschen unklar, ob Ihre Kollegin nur Ignorant oder nicht auch naiv ist. Aber das werden wir vielleicht im Laufe der Zeit herausbekommen. Jedenfalls ist es schlimm.

Eines müssen wir uns klarmachen - in diesem Punkt verbindet sich das Thema des Einzelplans 07 mit dem des Wirtschaftsressorts -: Wir leben in einer Situation, wo tatsächlich die selbsttragende Wirtschaft noch nicht so funktioniert, wie sie funktionieren müsste, damit wir hier aus eigener Kraft leben können. Das ist die Realität, die wir anerkennen. Nur, die Frage ist: Wie kommen wir aus der Situation heraus, dass 50 % der Mittel. die wir für die Gesellschaft im Land Brandenburg aufwenden, von außen kommen müssen? Da wird uns nur eines helfen. Das Ganze wird nur gehen, wenn wir am ersten Arbeitsmarkt, in der sich hoffentlich irgendwann selbst tragenden Wirtschaft Arbeitsplätze schaffen, die zu Steuereinnahmen führen und die uns ermöglichen, die anderen, die sozialen Zwecke aus eigener Kraft zu finanzieren.

Aus der Rede Ihrer Kollegin hört man deutlich heraus, dass ein Einsatz für Wirtschaftsförderung eigentlich frevelhaft ist - da wird ja Geld verschleudert. Das ist ein Punkt, den ich überhaupt nicht akzeptieren kann. Ich weiß, auch in Ihrer Fraktion gibt es sehr viele, die das so nicht akzeptieren.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Das haben wir überhaupt nicht gesagt!)

Es wird natürlich immer ein Kompromiss sein. Arbeitsmarktpolitik ist unzweifelhaft notwendig, um gesellschaftliche Stabilität zu erhalten. Auf der anderen Seite werden wir mit aller Kraft die Rahmenbedingungen für die Wirtschaft verbessern müssen, damit irgendwann eine sich selbst tragende Wirtschaftsstruktur im Land Brandenburg entsteht. Insofern liegen wir vielleicht gar nicht so weit auseinander. Nur, so wie Sie argumentieren, geht das nicht.

Wenn ich zum Bereich der Wirtschaft komme, muss ich zunächst einmal feststellen - ich möchte Herrn Dr. Ehler ein klein wenig widersprechen -, dass dieser Bereich durchaus durch eine erhebliche Kontinuität gekennzeichnet ist. Wenn ich mir die Gesamtstruktur und die Einzelpositionen anschaue, dann stelle ich fest, dass vieles von dem, was seit vielen Jahren zur Wirtschaftspolitik in Brandenburg gehört hat, zu Recht weitergeführt wird. Ich glaube, es ist relativ unstrittig: Es gibt sehr selten Akzente, bei denen man sagen kann, das ist gute oder schlechte SPD- oder CDU-Wirtschaftspolitik. Wir müssen das gemeinsame Ziel erreichen, möglichst viele Arbeitsplätze zu schaffen, die sich auf Dauer selbst weiterführen können. In diesem Punkt liegen wir also gar nicht weit auseinander.

Wir haben aber natürlich auch ein paar Elemente, um diesen Haushalt in der Gesamtsumme nach oben zu bringen, die rein fiskalisch sind. Ich denke zum Beispiel daran, dass die GA jetzt voll veranschlagt ist, was 1999, wenn ich es richtig in Erinnerung habe, nicht der Fall war. Dadurch haben wir dann automatisch eine Aufstockung, die sich in einer Investitionsquote widerspiegelt. Wir sind uns einig, dass sie zu Recht bei einer Größenordnung von 25 % liegt. Noch besser wäre es, wenn wir nach oben gehen könnten. Doch dazu müsste man Geld zur Verfügung haben, was momentan nicht der Fall ist.

Es gibt andere Kontinuitäten. Zum Beispiel liegt die Priorität im Bereich der Investitions- und Infrastrukturförderung. Damit werden langfristig Grundvoraussetzungen geschaffen, dass Unternehmen mit Erfolg wirtschaften können.

Auch auf eine andere Kontinuität lege ich sehr viel Wert. Aus den zur Verfügung stehenden Investitionsfördermitteln können alle kleinen und mittleren Unternehmen, die förderfähig sind, gefördert werden. Das ist sehr wichtig, weil wir immer den Streit zwischen den großen und den kleineren Unternehmen haben. Bei uns steht immer die Befürchtung im Raum: Wenn Großprojekte nach Brandenburg kommen, dann müssen dafür die kleinen Unternehmen bluten, indem sie dann keine Förderung mehr bekommen. Das wird so nicht kommen. Das war auch in der Vergangenheit nicht so. Ich glaube, das ist außerordentlich vernünftig.

Genauso vernünftig ist eine seit Jahren stattfindende Entwicklung: Es darf nicht nur auf Stein und Stahl in der Förderung gesetzt werden, sondern auch auf nichtinvestive Zwecke. Im Bereich der EFRE-Förderung haben wir 52 Millionen DM im Technologiebereich. Wir haben die Förderung auch, wie es vernünftig ist, im Bereich der Medien verstärkt. Dort muss mehr Geld herein, damit die Zukunftschancen für Unternehmen verbessert werden.

Man könnte das jetzt sehr lange fortsetzen. Es gibt sehr viele Dinge, die schon seit Jahren auf den Weg gebracht worden sind.

Sie werden natürlich pointiert verändert, aber es gibt in dem Bereich keinen Politikwechsel. Vielmehr gibt es eine Fortsetzung dessen, was wir seit Jahren favorisieren.

Ich will im Interesse der SPD-Fraktion auf drei Schwerpunkte zurückkommen, die bei den Haushaltsberatungen eine Rolle gespielt haben. Ein Punkt ist aus meiner Sicht bisher nicht ausdiskutiert. Es ist eine Frage der Umsetzung des Haushaltes. Es ist die Frage, die wir diskutiert haben: Was ist besser, was ist zukunftsfähiger für das Land Brandenburg, was müssen wir im Bereich der Förderung eigentlich leisten? Zuschussförderung oder Darlehensförderung, also Förderung ohne Zuschüsse, oder Mischmodelle? Wir müssen aus meiner Sicht noch einmal sehr ernsthaft darüber nachdenken, inwieweit Vor- und Nachteile über einen dritten Weg ein Stück weit aufgehoben werden können, zumindest was die Nachteile betrifft. Wir haben das Problem, dass ein Unternehmen, das bisher Zuschüsse hätte bekommen können, dann Darlehen im Bereich des Eigenkapitals bekommt. Dieses Unternehmen kann dann durchaus bilanztechnisch ein Problem bekommen, weil die Überschuldungssituation früher eintreten könnte.

Herr Abgeordneter, lassen Sie eine Zusatzfrage zu?

Natürlich!

Herr Niekisch, bitte!

Herr Kollege Müller, ich habe eine Frage. Sie haben gerade das Wort Politikwechsel zurückgewiesen. Ist das ein Schimpfwort? Oder ist es nicht das Normalste in einer Demokratie, dass es einen Politikwechsel gibt? Das gehört doch zum Wesen einer Demokratie und ist kein Schimpfwort, auch wenn Herr Vietze das geißelt und Sie möglicherweise ein bisschen getroffen hat. Das können Sie doch locker ab. Es war doch nichts als billige Polemik.

(Beifall des Abgeordneten Schippet [SPD])

Ich habe gegen das Wort Politikwechsel gar nicht so fürchterlich viel. Ich habe aber für das Wort Kontinuität viel mehr Sympathie.

Was die Wirtschaft angeht, ist Kontinuität ein ganz wichtiges Standbein. Das Schlimmste, was wir machen können, ist, im Bereich der Wirtschaftsförderung permanent alles zu ändern. Dann wird die Verwirrung so groß, dass zum Schluss keiner mehr weiß, woran er sich hier zu halten hat. Insofern ist Kontinuität ein vernünftiger Weg.

Wir kommen wieder zurück zu den Fragen, wie wir mit der Wirtschafsförderung umgehen können, wo wir Schwerpunkte

setzen können. Wir haben zwei Bereiche, die sich nicht einmal widersprechen, sie gehören beide zum Fördermechanismus. Der eine sind direkte Zuschüsse, der andere die Darlehen, also eine verstärkte revolvierende Förderung, wo Geld wieder zurückläuft.

Ich bitte noch einmal darum, verstärkt zu prüfen, inwieweit uns Beteiligungsmodelle nicht als drittes Element im Bereich der Verstärkung weiterhelfen können. Ich denke dabei nicht so sehr an Beteiligungen, wie wir sie bisher haben, die durchaus sinnvoll und notwendig, aber oftmals mit einem vergleichsweise größeren bürokratischen Aufwand verbunden sind. Denn wenn ich mich beteilige, muss ich im Regelfall viel mehr wissen, als wenn ich nur fördere.

Mir geht es darum, einen Weg im Sinne eines Beteiligungsmodells „Light" zu finden. Über ein solches Beteiligungsmodell wird also mit einem relativ geringen Aufwand Geld in die Unternehmen gesteckt. Das führt dazu, dass die Eigenkapitalsituation dort entsprechend besser ist. Man denkt natürlich darüber nach, das Ganze zu befristen, mit dem Ergebnis, dass die Unternehmen, die erfolgreich sind, die also tatsächlich Gewinn bringen, das Geld irgendwann an das Land Brandenburg zurückzahlen müssen. Bei den Unternehmen, die nicht so erfolgreich sind, geht das Geld natürlich verloren. Das ist im Übrigen auch bei Darlehen so. Wenn die Firma in Konkurs oder in die Gesamtvollstreckung geht, ist das Geld auch weg, egal, wie man das genannt hat. Damit würden wir aber den Effekt erreichen, dass wir die Unternehmen fördern, und zwar direkt auch bilanztechnisch stabilisieren. Aber wenn das Unternehmen funktioniert, würden wir partizipieren. Wir würden also vom Erfolg auch einen Anteil abbekommen. Insofern hätten wir eine revolvierende Wirkung. Das Geld würde also wieder zurücklaufen, ohne dadurch einen Schaden für die Unternehmen zu verursachen, was die bilanztechnische Situation angeht. Die Voraussetzung dafür wäre aber, dass man einen Weg findet, dass der bürokratische Aufwand tatsächlich außerordentlich gering ist. Er darf also auf keinen Fall höher sein als bei direkten Zuschüssen, sonst würden wir alles nur bürokratisieren, was dann auch wieder keinem hilft, weder der Verwaltung noch den Unternehmen.

Der zweite Bereich, auf den wir auch sehr viel Wert legen im Zusammenhang mit dem Haushalt, ist die Frage der Existenzgründung. Das ist unterdessen bekannt. Wir gehen aber eigentlich ein Stück weiter. Die Existenzgründung an sich ist nicht der Punkt, der uns so wichtig ist, sondern wir wollen, dass das Klima für Selbstständigkeit, das Klima für Unternehmerturn sich im Land Brandenburg verändert. Da haben wir Defizite. Das ist, glaube ich, unbestritten. Ich will vor allen Dingen erreichen, dass es nicht ein Anliegen der Wirtschaftspolitiker bleibt. Denen ist es relativ klar. Ein Wirtschaftspolitiker, auch ein Wirtschaftsmann, der in der Wirtschaft irgendwie aktiv ist, sieht das als selbstverständlich an. Wir müssen diesen Grundgedanken, diese Selbstverständlichkeit aus der Sicht der Wirtschaftspolitiker aber viel stärker in die Gesellschaft tragen. Wir müssen also in der Schule anfangen, bei der Berufsausbildung und beim Studium fortsetzen und das Bild der Selbstständigkeit verbessern. Wir haben nach wie vor das Problem - das hört sich ein bisschen hart an, entspricht aber der Realität -, dass jemand, der erfolgreich ist, sehr schnell auf Neid trifft, Neid nach dem Motto: Warum geht es dem so gut, wenn es mir noch nicht so gut

geht? Oder: Das kann doch nicht mit rechten Dingen zugegangen sein, dass der so viel Geld verdient hat? Wir müssen diese Neidsituation abbauen und die Vorbildsituation aufbauen. Ein solcher Unternehmer muss Vorbild für die Jugend sein, muss Vorbild für die Gesellschaft sein, damit dieses Klima sich verändert.

Der dritte Bereich, über den wir hier intensiv in den nächsten zwei Jahren sprechen werden, ist der Einsatz neuer Medien. Wir haben die Situation, dass aus allen Statistiken - das entspricht auch meiner eigenen Erfahrung - hervorgeht, dass größere Unternehmen viel unkomplizierter damit umgehen als die kleinen Unternehmen. 93 % der großen und mittleren Unternehmen sind bereits im Internet und benutzen es auch tatsächlich. Bei den kleinen Unternehmen sind es bis zu 70 %, in manchen Regionen zum Teil nur 30 %.

Wir haben das Problem, dass viele kleine Unternehmen Hemmschwellen haben, diese neuen Möglichkeiten zu nutzen, mit dem Ergebnis, dass die Situation entsteht: Wir sind die einen und die sind die anderen. Wir müssen erreichen, dass unsere kleinen typischen Brandenburger Unternehmen Hemmschwellen verlieren, dass sie herangeführt werden an die Chancen der neuen Medien und letztendlich dabei auch ein Stück weit an die Hand genommen werden. Dabei brauchen wir - deswegen haben wir im Haushalt auch einen Änderungsantrag eingebracht - nicht nur GA- und EFRE-Mittel. weil Teile dieser Unternehmen eben nicht GA-förderfähig sind, sondern wir brauchen Landesmittel und wollen damit im Beratungsbereich verstärkt die Unternehmen erreichen, sie aber auch beim Aufbau von eigenen Homepages, von eigenen Internetpräsenzen mit unterstützen.

Es gibt im Übrigen ein Vorbild. Im Land Sachsen ist so etwas gemacht worden, und zwar mit sehr viel Erfolg. Was dort funktioniert hat, wird hei uns - davon bin ich fest überzeugt - auch funktionieren, insbesondere weil unsere ländliche Struktur die Verknüpfungsmöglichkeiten, die mit den neuen Medien verbunden sind, das gemeinsame Nutzen, das gemeinsame Auftreten am Markt, die gemeinsame Entwicklung von Marktnamen einfach erzwingt.

Ich glaube, wir sind uns an der Stelle auch sehr einig. Wir müssen es nur wirklich realistisch und für unsere Unternehmen fassbar umgesetzt bekommen. Das wird die Aufgabe der nächsten Monate sein.

Daraus macht sich eines sehr deutlich: Das Aufstellen des Haushaltes ist das eine, das Umsetzen des Haushaltes und den Haushalt tatsächlich zum Erfolg führen das andere. Vor der Aufgabe stehen wir. Darauf freuen wir uns auch. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Das Wort geht erneut an die PDS-Fraktion. - Herr Abgeordneter Thiel, bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS hat in ihrer

Prioritätenliste für die Haushaltsdebatte die Förderun g regionaler Entwicklung im Interesse der Schaffung und Sicherung von Arbeitsplätzen, von Innovation und Bewahrung der natürlichen Umwelt an vorderster Stelle platziert, und das nicht ohne Grund: Meine Fraktion vertritt die Auffassung, dass das Land Brandenburg an einem entscheidenden Meilenstein seiner Entwicklung steht. Die Erschließung wirtschaftlicher und sozialer Potenziale in den Regionen des Landes ist eine Herausforderung und Chance, die Gesamtentwicklung des Landes zu stabilisieren.

In den Regionen des Landes mit hohem Entwicklungsdruck sind durch regionale Akteure eine Vielzahl von Beschäftigungs-, wirtschaftlichen und sozialen Ansätzen entwickelt worden, die in ihrer Gesamtheit die Ausprägung regionaler Wertschöpfungsketten befördern und beschäftigungssichernd in den Regionen wirken können. Als beispielgebend sei das länderübergreifende InnoLausitz-Projekt genannt. Vor diesem Hintergrund ist die Bereitstellung von finanziellen Mitteln für eine Sonderförderung von Problemregionen eine dringende Handlungsforderung, uni vorhandene regionale Möglichkeiten und Chancen im heute bereits erwähnten Zeithorizont bis 2006 zu nutzen.

Neben der Ausprägung von Wertschöpfung und Regionalentwicklung können dabei mehrere Tausend Beschäftigungsverhältnisse stabilisiert bzw. geschaffen werden. Diesem Anliegen tragen unsere Änderungsanträge, unter anderem der zur „Sonderförderung von Problemregionen", Rechnung. Damit wollen wir neben einer klaren mittelständischen Orientierung regionale Potenziale unterstützen, um Entwicklungsunterschiede innerhalb des Landes zu minimieren und Entwicklungschancen aufzugreifen.

Meine Damen und Herren, wenn es in der Vergangenheit um Regionalentwicklung ging, konzentrierte sich die politische Diskussion im Wesentlichen auf die Zusammenarbeit mit dem Land Berlin. Weniger im Zentrum der Aufmerksamkeit standen andere Regionen des Landes, vor allem im Zusammenhang mit der Problematik Landesgrenzen überschreitender Kooperation.

Die Region Lausitz, meine Damen und Herren, bildet geographisch und wirtschaftsstrukturell eine Einheit. Da gibt es sicher keine Meinungsunterschiede. Probleme der Umstrukturierung des Energiebereiches, Ansiedlung neuer Unternehmen, Gemeindeentwicklung, Wasserwirtschaft, Straßenbau, schienengebundener Verkehr und andere, also die gesamte Palette der Herausforderungen bei der Zukunftsgestaltung der Lausitz, sind nur in enger Zusammenarbeit mit dem Land Sachsen lösbar. Interministerielle Arbeitsgruppen und Gespräche auf der Ebene von Staatssekretären sind gut, ersetzen aber nicht eine umfassende Zusammenarbeit beider Länder auf der Grundlage notwendiger vertraglicher Regelungen.

Ich möchte die Gelegenheit der Diskussion zum Einzelplan 08, der wesentliche Koordinierungsfunktion im Bereich Energieund Regionalpolitik hat, nutzen, uni noch einmal dafür zu werben, schnellstmöglich staatsvertragliche Regelungen für die Lausitz mit dem Freistaat Sachsen zu treffen_

(Beifall bei der PDS)

Im Rahmen der europäischen Osterweiterung müssen und können dadurch Potenzen der Lausitz erschlossen werden, die Be

schäftifflg, Wertschöpfung und Regionalentwicklung in einer länderübergreifenden Region mit zugleich Bundesgrenzen überschreitender Bedeutung sichern. Aus meiner Sicht hat sich diese Notwendigkeit nicht in den Haushaltsansätzen des Doppelhaushaltes niedergeschlagen und ich möchte daher noch einmal ankündigen - was mein verehrter Kollege Christoffers bereits getan hat -, dass im Zusammenhang mit den anstehenden Nachtragshaushaltsberatungen ein dem entsprechender Antrag durch meine Fraktion unterbreitet wird.

Meine Damen und Herren, für die PDS ist die Einleitung einer Energiewende von atomar-fossilen Energieträgern hin zur zunehmenden Nutzung erneuerbarer Energien und zur Energieeinsparung die zentrale Aufgabenstellung für eine auf Nachhaltigkeit und Zukunftsfähigkeit gerichtete Entwicklung der Gesellschaft im neuen Jahrhundert. Vor diesem Hintergrund befindet sich die Lausitz mit ihren Braunkohlenrevieren und Kraftwerken auf Braunkohlenbasis im Spannungsfeld zwischen Tradition und Moderne. Wir alle wissen, dass es existenzielle Grenzen herkömmlichen Energieeinsatzes gibt: die begrenzte Verfügbarkeit atomar-fossiler Energieträger und die begrenzte Aufnahmefähigkeit der Ökosphäre des Erdballs für Schadstoffe.

Wir sind in einer Situation, in der wir vor dem absehbaren Ende der Verfügbarkeit jetzt bekannter, herkömmlicher Energieversorgungsquellen deutlich eine Alternative herbeigeführt haben müssen, die diese beiden existenziellen Grenzen nicht hat. Diese Alternative sind die erneuerbaren Energien in Verbindung mit konsequenter rationeller Energieanwendung und Energieeinsparung.

Meine Damen und Herren, wir übersehen dabei nicht, dass trotz drastischer Reduzierung nach 1990 der Kohle- und Energiebereich ein Faktor für Wertschöpfung und Beschäftigung in der Lausitzregion geblieben ist. Vor allem sehen wir seine Verantwortung für den Strukturwandel in der Lausitz. Grundlage für die Bestimmung des Platzes der Kohle- und Energiewirtschaft der Region ist aber die Entwicklung eines vernünftigen, ausgewogenen Energiemixes. Dieser Ansatz wird derzeit durch politische Rahmenbedingungen infrage gestellt, die sich mit der Liberalisierung des EU-Strommarktes und deren Umsetzung in nationales deutsches Recht ergeben.