Protokoll der Sitzung vom 13.07.2000

Wir plädieren für eine Überweisun g des Antrags an den Ausschuss. Ich denke. auch Sie haben viele kluge Ideen. wie man dieses Problem auch langfristig lösen kann. Ich bitte also uni Überweisung. damit wir dort inhaltlich und sachlich weiter diskutieren können. - Vielen Dank!

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen. Frau Dr. Enkelmann. - Das Wort geht an die Fraktion der SPD. an Herrn Abgeordneten Dellmann.

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Liebe Frau Dr. Enkelmann. +Ich gicht erinnern Sie sich an die Zen vor elf Jahren. Das war ein heißer Sommer: nicht nur in Ungarn und hei ums. sondern vorn Klima her überall in Mitteleuropa. Damals hatte ich die Gelegenheit, meine erste Westreise zu machen. Das weiß ich noch ganz genau. denn ich hatte richtig Angst. In der DDR gab es ja keinen Smog. weil er dank der Mauer nicht herüberkam. Es gab ihn wirklich nur in der Bundesrepublik Deutschland.

(Gelächter und Beifall hei SPD und CDU} Deshalb freut es mich, dass auch Sie erkannt haben, dass das ein Grenzen und Länder überschreitendes Problem ist. das man gemeinsam angehen muss. Aber damit zeigen Sie ja auch, dass Menschen lernfähi g sind, Deshalb wunden es mich schon, dass die PDS mit ihrem Antrag nicht auf all das eingeht, was inzwi- schen an Gutem auf den Weg gebracht worden ist, (Zunif der Ab geordneten Frau Dr. Enkelmann [PDS] - Gegenruf des Abgeordneten Kuhnert [SPD]: Sie haben doch genu g geredet?)

sondern sich ausschließlich auf kurzfristige Maßnahmen konzentriert. Frau Dr. Enkelmann. auch die Ozonforschung macht Fortschritte. Das. was in den 70er und 80er Jahren noch völlig richtig war. nämlich die Menschen aufzurütteln und mit kurzfristigen Fahrverboten Zeichen zu setzen. ist inzwischen wissenschaftlich überholt. Die Wissenschaft sagt hier ganz eindeutig, dass mir langfristige Maßnahmen sinnvoll sind. Kurzfristige Maßnahmen bringen nicht den gewünschten Erfolg.

(Homevier [CDU]: Doch. Showeffekte!)

Gut finde ich. dass Sie das Sofortprogramm der Bundesregiefing nicht infrage gestellt haben. Sie haben eben vor dem Plenum erklärt, dass das, was die rot-grüne Koalition macht. richtig sei. Sie haben es nur in einem einzigen Punkt kritisiert. nämlich hei den Fordeningen aus Ihrem Antrag. und verlangt, dass im Bereich kurzfristiger Fahrverbote etwas gemacht werden müsse.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Dann müssen Sie einmal den Antrag lesen!)

- in Ihrem Antrag geht es um kurzfristige Fahrverbote und Tempolimits. Ich persönlich stimme Ihnen zu. dass wir in Deutschland eine weitere Diskussion über generelle Tempolimits brauchen. Das ist meine private Meinung. Ich bin ein Verfechter von Tempo 130. Hierbei geht es aber nicht uni die Frage der Ozonkonzentration. da in diesem Zusammenhang ein Tempolimit kein geeignetes Mittel ist.

Das Thema Ozonticket sollte uns allerdings beschäftigen. Aber mich hier greift Ihr Antrag meines Erachtens zu kurz. denn wir haben aufgrund der Gesetzeslage mit verschiedenen Aufgabenträgern zu beraten. Erste Ansätze gibt es zum Beispiel in Coubus. wo es allerdings glücklicherweise bisher nicht zum Einsatz zu kommen brauchte. Aber dieses Thema sollte einmal auch in der Diskussion mit der Landkreisen vertieft werden. Das muss dann aber bitte auf geineilhaine Schultern gele gt werden.

Aus den genannten (Wänden. vor allem aufgrund Ihrer Zustim

m 11112 zu den Maßnahmen der rot-grünen Bundesregierun g und dem Nichtwirken der von Ihnen geforderten kurzfristigen Maßnahmen, schlage ich vor. den Antrag abzulehnen. - Danke.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke Ihnen. Herr Abgeordneter Dellmann. - Die Fraktion der DVU hat mir Redeverzicht si gnalisien. Ich gebe also das Wort gleich weiter an die Fraktion der CDU. an Herrn Abgeordneten Domhrowski.

1/4) milirowsk i (CDU):

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Das Einzi ge. was wir am Antrag der PDS teilen. ist das Ziel: die Bekämpfung des Ozonsmogs. Den Weg dorthin versuchen Sie unter anderem mit den alten und von einer bestimmten Ideologie geprägten Fordefingen nach Geschwindigkeitsbegrenzungen und Fahrverboten zu beschreiten. Fakt ist, dass ein wesentliches Potenzial zur Emissionsminderung im Verkehrsbereich liegt.

Darüber hinaus werden Ozonvorläufmsubstanzen emittiert. Hier handelt es sich um Stickoxide und Kohlenwasserstoffe in relevanten Mengen beim Betrieb von industriellen und gewerblichen Anlagen. bei motorgetriebenen Geräten und Maschinen sowie hei der Anwendun g von Lösungsmitteln und lösungsmittelhaitigen Produkten im industriellen. gewerblichen und privaten Bereich.

Im Umweltgutachten 2000 spricht sich der Sachverständigenrat für Umweltfragen grundsätzlich gegen kurzfristige Maßnahmen zur Reduzierung erhöhter Konzentrationen von bodennahen Ozonen wie zum Beispiel Tempolimits aus und setzt sich ausschließlich für mittel- und langfristige Lösungsansätze ein. HenKollege Dellmann hat bereits in ähnlicher Weise darauf hin gewiesen und auch ich kann diesem Ansatz nur zustimmen.

Frau Dr. Enkelmann hat in diesem Zusammenhang die Landwirtschaft erwähnt und von der Schädigung landwirtschaftlicher Nutzpflanzen durch Ozonsmog gesprochen. Dies gibt mir Anlass. darauf hinzuweisen, dass die Landwirtschaft bei der Minderung und Verzögenmg von CO,-Ausstößen und -Belastungen eine positive Rolle spielt. Wenn wir hier von Klimaverbesse

rung reden. wäre es deshalb gerade am heutigen Tag, an dem wir in der Aktuellen Stunde bereits mit großer Anteilnahme und Bedauern das Thema Dürrehilfen für die Landwirtschaft besprochen haben. durchaus sinnvoll, die Landwirtschaft weiterhin in die Lage zu versetzen. nicht nur ihrem Auftrag der Nahnin gsmittelproduktion. sondern auch dem der Stärkung und des Schutzes unseres Naturhaushaltes nachzukommen. Wenn im Moment auf dem Bund-Länder-Teppichbasar zur Steuerreform dringliche Länderimeressen formuliert werden. dann v% die Landesregierung v Lel leicht gut beraten. das Thema Dürrehilfe heim Bund deutlich anzusprechen. 50 Millionen DM würden uns hier wesentlich weiterhelfen: denn nur Landwirtschaftsbetriebe. die produzieren. können letztendlich auch - uni auf den Antrag zurückzukommen - etwas gegen den Ozonsmo g tun.

Meine Damen und Herren. wie schon erwähnt liegt ein wesentliches Potenzial zur Minderung der Ozonvorläufersubstanzen int Fahrzeug- und Verkehrsbereich. Durch gezielte fahrzeu gtechnische Maßnahmen hei Kraftfahrzeugen. Nutzfahrzeugen. Lastkraftwagen und Motorrädern sowie durch Maßnahmen zur vorzeiti gen Stilllegung hoch einittierender Pkws können die Fahrzeugemissionen deutlich reduziert werden. Im Verkehrsbereich sind insbesondere mrthilfe steuerlicher Instrumente wie heispielsweise der v.erstärkten Differenzierung der eintssinnsabhängigen Steuerspreizun g für schwere Fahrzeuge Anreize fiir einen freiwilligen und mö glichst frühzeitigen Einsatz verbesserter Technologien zu schaffen.

Des Weiteren sollten eine effiziente Überprüfung der Einhaltung von Schadstoffnormen festgelegt und eine Verbesserung der Abgasnormen durchgesetzt werden. da für die Ab gasuntersuchung herstellerseitig festgelegte Prüfwerte nicht mehr - zumindest nicht mehr in jedem Fall - dem Stand der Technik entsprechen.

Letztendlich führen all diese Maßnahmen nicht nur zu einer wesentlichen Minderung der Vorläufersubstanzen, sondern darüber hinaus zu einer generellen Verbesserung der Luftqualität.

Das Operieren mit Tempolimits und anderen Verbotstatbeständen halten wir für einen untauglichen Versuch zur Bekämpfung des Ozonsmogs. Deshalb lehnt die CDU-Fraktion den Antrag der PDS-Fraktion ab. - Danke.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke Herrn Abgeordneten Dombrowski. - Das Wort geht an die Landesregierung. Herr Umweltminister Birthler. bitte schön!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Bundesregierung hat am 26. Mai 2000 dem Bundestag und am 15. Juni 2000 dem Bundesrat ein "Sofortprogramm der Bundesregierung zur Verminderung der Ozonbelastung" vorgelegt. Die Landesregierung begrüßt das vorgelegte Sofortprogramm und weist auf die Notwendigkeit seiner zügigen Umsetzun g hin. Gleichzeitig wird die Landesregierung im Bundesrat dafür votieren. weitere Maß

nahmen, die unter anderem zur Verminderung von Emissionen aus Kraftfahrzeu gen beitragen. umzusetzen.

Neben verschiedenen technischen Maßnahmen wird die Bundesregierung aufgefordert. sich für emissionsabhängige Anreize in anderen Ländern der Gemeinschaft einzusetzen und benachteiligende Maßnahmen für den ÖPNV und lb. den Gütertransport mit der Bahn aufzuheben bzw. auszusetzen.

(Beifall der Abgeordneten Frau Dr. Enkelmann [PDS])

Das Sofortprogramm ist kein Ersatz für das am 3 I. Dezember 1999 ausgelaufene Ozongesetz aus dem Jahre 1995. Vielmehr trä gt das Sofortprogramm dem zwischenzeitlich erreichten Erkenntnisstand Rechnung. wonach erhöhte Ozonkonzentrationen vorrangi g durch dauerhafte und langfristig angelegte Maßnahmen in Mitteleuropa \virksam bekämpft werden können. Die Vorsorgestrategie basiert maßgeblich darauf. die Ozonvorläufersubstanzen Stickoxide und flüchtige or ganische Verbindungen dauerhaft zu reduzieren.

Die im Sofortprogramm der Bundesregierun g zusammengestellten Einzelmaßnahmen dienen maßgeblich dem Ziel. dass Deutschland den Ozonzielwert von 120 14"Millionen in' im Jahre 2005 erfüllen kann.

Zur Ozonsituation im Land Brandenburg ist festzustellen. dass sich einerseits die mittlere Ozonemission in den vergangenen Jahren auf relativ hohem Niveau bewe gt hat. andererseits die Spitzenbelastungswerte erheblich unterhalb der angestrebten Alarrnschwelle lagen. Der vorgesehene Zielwert von 120µg/Millionen m' wurde im Jahre 1999 hinsichtlich der tagesbezogenen Überschreitungshäufigkeit ausgewertet. Im landesweiten Mittel traten 26 Tage mit einer entsprechenden Überschreitun g auf. Der Wert von 150 '4/Millionen m; als Schwellenwert zur Information der Bevölkerun g wurde im Jahre 1999 nur an zwei Tagen überschritten. was im Vergleich zum übri gen Bundesgebiet eine sehr geringe Spitzenbelastung ist.

Im Jahre 2000 sind bisher Überschreitun gen an zehn Stationen innerhalb von bis zu vier Tagen bei einem Höchstwert von 204 gg'11,1i II Ionen in' aufgetreten. Eine Überschreitung des Einstundenwertes von 240 lig/Millionen m 3 wurde in den vergangenen Jahren nicht verzeichnet.

Zu den einzelnen Maßnahmenvorschlägen der Fraktion der PDS nehme ich wie folgt Stellung:

Tempolimits wirken sich nur unwesentlich auf die Ozonkonzentration aus. Bereits bei den Vorläufersubstanzen ist das Minderungspotenzial gering. Nach verschiedenen Untersuchungen ist davon auszugehen. dass nur hei erheblichen Geschwindigkeitsbeschränkungen von deutlich unter 130 kinei auf Autobahnen bzw. von höchstens $0 knvb auf allen Außerortsstraßen und gleichzeitiger Lkw-Höchstgeschwindigkeit von 60 kn yh auf allen Außerortsstraßen geschwindigkeitsbezogene Emissionsminderungen feststellbar sind.

Umfingreiche Untersuchungen über die Wirkung begrenzter und zeitweiliger Fahrverbote bei Belastungssituationen aus dem Jahre 1999 zeigen zwar. dass mit diesem Instrument Reduzierungen bei den Ozonvorläufersubstanzen erreichbar sind. dass aber die Ozonspitzenkonzentration weit weni ger stark abgebaut

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wird. Da mittlerweile ein großer Teil der Pkws als schadstoffarm eingestuft wird. müssten Ausnahmeregelungen gelten. Durch weitreichende Ausnahmeregelungen würde die einissionsmindemde Wirkung eines Fahrverbotes weiter reduziert. Die Frage der Dauer eines erforderlichen Fahrverbots ist un

geklärt,

Die Einführung des Ozontickets kann zum jetzigen Zeitpunkt nicht empfohlen werden. Es existiert zwar ein Grundsatzbeschluss des Bundeskabinetts. den ÖPNV zur Bekämpfun g des Sommersmogs hei der Einführung von tariflichen Sonderregelungen zu unterstützen. aber dieser ist in vieltheher Hinsicht nicht ausreichend konkretisiert. um !Maßnahmen darauf zu stützen. Die Vertreter der Verkehrsurnenlehmen haben sich dem Ozonticket gegenüber zunächst vorsichti g, inzwischen deutlich ablehnend geäußert.

Trotz der kritischen Stellun gnahmen haben sich sowohl die Verkehrsverbünde als auch die einzelnen Verkehrsunternehmen mit dem Thema zum Teil ausführlich befasst.

"Conbusverkehr" hat seit drei Jahren einen konkreten Umsetzungsplan, der bisher nicht zum Einsatz gebracht w erden musste. Danach soll zur Vermindenn/1i der weitreichenden Folgen eines Ozonalanns nach Überschreitung des Grenzwertes von 240 p.g/Millionen in' ein Ozonticket bereits bei Überschreitung des Wertes von I KO m' angeboten werden. Dabei kann jeder Erwachsene ein Tagesticket zum Preis eines Kindertickets erwerben. Bisher sind die organisatorischen, die rechtlichen und die finanziellen Rahmenbedingungen noch nicht ausreichend bedacht. Insofern kann eine flächendeckende Einführung zum jetzigen Zeitpunkt nicht empfohlen werden. Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall hei der SPD)

Ich danke Hemm Minister Birthler. - Wir sind damit am Ende der Aussprache zu diesem Punkt angekommen. Wir kommen zur Abstimmung. Die Fraktion der PDS hat beantragt. die Drucksache 3'1430 an den Ausschuss für Landwirtschaft. Umweltschutz und Raumordnung zu überweisen. Wer diesem Überweisungsantrag folgt. den bitte ich uni sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Überweisungsantrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Wir kommen zur direkten Abstimmung über den Antrag in Drucksache 3'1430 der Fraktion der PDS. Wer diesem Antrag seine Zustimmung g ibt. den bitte ich um sein Handzeichen. Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist der Antrag mehrheitlich abgelehnt worden.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt ü und rufe den Tagesordnungspunkt 7 auf:

Vorlage des Konzeptes zur Umsetzung der Technischen Anleitung (TA)Siedlungsabfall

Antrag der Fraktion der PDS

Drucksache 3/1433