Protokoll der Sitzung vom 13.07.2000

(Beifall bei der CDU)

Landia:2 lirandelihtn.2_ - 3. \Nah'periode- I'lenarprolokoll 3 - 13. Juli 2111111 1163

Wir müssen hier Angebote machen. damit der Schritt in die Selbstständigkeit erleichtert wird. Das offizielle Lehrangebot wie auch Zusatzveranstaltun gen müssen stärker Inhalte vermitteln. die zur Vorbereitung von Existenzgründungen dienen. Die Selbstständigkeit muss in Zukunft stärker als Alternativ e zu einer Beschäftigung im Beamten- und Angestelltenverhältnis wahrgenommen werden.

Meine Damen und Herren. wie in der Vergangenheit \N ollen wir auch weiterhin. dass Existenzgründungen aus der Arbeitslosigkeit heraus gefördert werden. Selbstständigkeit ist eine wirkliche Alternative. Allerdings - das möchte ich mit Nachdruck sagen - müssen wir auch hier Rahmenbedingungen schaffen und Coachtilg-Angebote machen, die die Zahl der erforderlichen Existenzgründungen steigen lassen.

Meine Damen und Herren, in den Haushaltsberatungen haben sich die Koalitionsfraktionen gemeinsam dafür eingesetzt, dass die Coaching-Mittel für Existenzgründungen eingestellt werden, dass die regionalen Gründungsoffensiven mehr Mittel erhalten und dass auch Geld für die Transferstellen an Hochschulen zur Verfügung steht. Trotz des Konsolidierungsbedarfs des Landeshaushalts haben wir die Förderung von Existenzgründungen auch finanziell gestärkt. Ich will nicht % erschweigen. dass ich für die Zukunft die Notwendigkeit sehe, eine weitere Erhöhung der Mittelansätze vorzunehmen. Andererseits müssen wir und insbesondere auch die Landesregierung das bestehende Instrumentanum zur Förderung von Existenzgründungen auch auf seine Effektivität und Effizienz hin prüfen.

Meine Damen und Herren. mit unserem Antrag fordern wir einen ganzheitlichen Ansatz von der Landesregierung ein. Die Initiative wird wesentliche positive Impulse für Innovationen und auch für den Arbeitsmarkt mit sich bringen. Mit Spannung erwarte ich das von uns mit dem Antrag von der Landesre gierun g eingeforderte Konzept und hoffe. dass Sie. meine Damen und Herren. unserem Antrag zustimmen. - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Das Wort erhält der Ab geordnete Christoffers. Er spricht für die PDS-Fraktion.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Lassen Sie mich bitte drei Vorbemerkungen machen.

Die erste Vorbemerkung: Wir sind uns sicher in diesem Raum einig, dass wir nicht über ein gesellschaftliches Klima abstimmen können. sondern der Antrag zielt im Prinzip darauf ah. das gesellschaftliche Selbstverständnis von Individualität und Selbstständigkeit neu zu definieren.

Die zweite Vorbemerkung: Ich wäre Ihnen sehr verbunden. wenn interne Koalitionsdefizite nicht unbedingt immer hei der Begründung von Anträgen so offensichtlich würden.

(Beifall bei der PDS)

Die Frage nach einer Existenzgründungsoffensive bzw. nach einer Ausweitung der Mittel für Existenzgründungen bestimmt in den letzten Monaten die Diskussion mit. Es gab dazu bereits vielfältigste öffentliche Vertatnbamngen. Nicht nur in der Presseerklärung von Heuet Minister Ni sondern auch von anderen Persönlichkeiten wird immer wieder auf diese Notwendigkeit hingewiesen. Ich gehe davon aus. dass eine Reihe von Sachverhalten, die in diesem Antrag genannt %verdol. mittlerweile auch schon so hoffe ich zumindest - Regierungspolitik sind.

Eine dritte und letzte Vorbemerkung: Ich möchte die Kollegen daran erinnern. dass es in der letzten Legislaturperiode. was die Existenzgründungen und die Ausprägung von Individualitätsbewusstsein betrifft, nicht nur Anliegen der CDU-Fraktion gewesen ist. ein Klima herzustellen und Mittel bereitzustellen. uni genau dieses Anliegen zu unterstützen.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Meine Damen und Herren. das gesellschaftliche Selbstverständnis von Individualität und Selbstständigkeit beschränkt sich sicher nicht auf Existenzgründungen. sondern diese Neuausprägung von notwendi ger individueller Verantwortung und gesellschaftlicher Solidarität ist eines der neu zu gestaltenden Gnindelemente der gesellschaftlichen Beziehungen, In diesem Kontext ist natürlich die Fra ge der Existenzgründungen und der wirtschaftlichen Selbstständigkeit über freie Berufe ein Element - ich betone: ein Element aher nicht das ausschließliche. das es zu unterstützen gilt. Deswe gen ist auch meine Fraktion. was die Notwendi gkeit betrifft. Existenzgründungen zu ermöglichen und Chancen für individuelle Freiräume zu eröffnen, nicht nur in Bezug auf diesen Antrag. sondert generell sehr positiv eingestellt.

Was den Inhalt des Antrages betrifft, möchte ich noch auf ier Sachverhalte aufmerksam machen:

Erstens: ich verstehe den Antrag so, dass er bereits einen Vorgriff aufdie Nachtragshaushaltsberatungen für das Jahr 20(11 im November dieses Jahres darstellt. weil die Zielstellungen. die hier genannt werden. ohne zusätzliche Minelbereitstellung nicht umsetzbar sein werden.

Vor diesem Hintergrund frage ich mich natürlich, warum beispielsweise. wenn die Förderun g regionaler Gründernetzwerke ein übereinstimmendes politisches Ziel ist, die Unterstützung von InnoRegio-Projekten nicht anders läuft. als es gegenwärtig im Land Brandenburg der Fall ist. Um auf die Dramatik aufmerksam zu machen: Die Jury wird in den nächsten Tauen darüber entscheiden, welche Projekte mit wie viel Geld aus dem Land Brandenburg in die dritte Runde kommen. Es geht hier um Größenordnungen von 100 Millionen DM. Ich wünschte mir auch im Sinne von Existenzgründungen. die ja Bestandteil von InnoRegio-Projekten sind - schon. dass sich der politische Raum des Landes Brandenburg eindeutig dazu positioniert. weil ich glaube, gegenüber der Jury der Bundesregierung ist eine derartige Positionierung sehr hilfreich.

Die zweite, ebenfalls in diesem Kontext zu stellende Bemerkung: Wir haben darüber hinaus rund 50 InnoRegio-Proiekte. die zwar nicht in den Wettbewerb und die Juryentscheidungen aufgenommen worden sind, die aber sehr stark auf Existenzgründungen in den Regionen abzielen. Die Fra ge. die jetzt auch im Zusammenhang mit den Nachtragshaushithsheratungen

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- zu stellen ist. wenn regionale Gründungsinitiativen unterstützt werden sollen. lautet. ob wir nicht InnoRegio-Projekte, die nicht durch die Bundesjury berücksichtigt worden sind. stärker in die Förderung auch von Existenzgründungen und Regionalentwicklungen einbeziehen sollten. Einen entsprechenden Antrag hatten wir zum diesjährigen Haushalt bereits vorgelegt. Er ist leider abgelehnt worden.

Meine zweite Bemerkung betrifft die Aufle gung eines gemeinsamen Existenzgründerförderprogramms der Ministerien für Wirtschaft und Arbeit. Letzte Woche fand eine ESF-Tagung statt auf der es einen Arbeitskreis "Innovative Ansätze der Arbeitsmarktpolitik" gab. wo unter anderem auch über den Stand der Abstimmungen beider Häuser bezüglich einer gemeinsamen Existenzgründungsrichtlinie berichtet worden ist. Ich hätte jetzt zumindest erwartet, dass hier weitere Ergebnisse vorgelegt werden. weil die Ankündigung dazu seit langem erfolgt ist. Es ist einfach an der Zeit. dass diese gemeinsame Existenzgründungsrichtlinie wirken kann. wei I - ich gehe dav an aus. dass die beiden anderen Fraktionen da mit mir übereinstimmen nur eine gemeinsame Existenzgründerförderrichtlinie des Landes die Möglichkeit bietet, zielgenau auf die Bedin gungen des Landes abzustimmen. um hier tatsächlich Effekte zu erreichen.

Eine letzte Bemerkung in diesem Zusammenhang: Ich möchte Sie daran erinnern, dass wir. wenn wir Existenzgründerpro

grau-111)C...

Herr Abgeordneter. Sie müssen zum Schluss kommen!

Darf ich den letzten Satz beenden? -... auflegen. uns auch mit dem Bund abstimmen. Da die Kreditanstalt für Wiederaufbau jetzt die DTA übernimmt. ist mit dem 20%igen Anteil der Länder bei der Kreditanstalt für Wiederaufbau die Möglichkeit gegeben. auch Existenzförderprogramme des Bundes zielgenau auf Landeszuständigkeiten abzustimmen.

Wir werden diesem Antrag zustimmen. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS sowie vereinzelt bei der SPD)

Das Wort geht an den Abgeordneten Müller. Er spricht für die SPD-Fraktion.

Wenn ich zu Kollegen Bartsch hinüberschaue. möchte ich ihn einmal daran erinnern. wo es in der Vergangenheit durchaus Unterschiede gab und wo es jetzt, im Jahr 2000. vielleicht nicht mehr so viele Unterschiede in unseren gemeinsamen Überlegungen zum Thema "Entwicklung des Klimas für Selbstständigkeit" gibt.

Wenn ich mich an die Anträge der CDU zum Haushalt in den Vorjahren erinnere. ging es immer um Folgendes: Wir nehmen 10 Millionen DM und streuen sie unter die Leute. - Das ist aus unserer Sicht auch heute nicht das richti ge Mittel. Deswegen ist auch genau das nicht Inhalt unseres Antra ges. Insofern haben nicht wir uns Ihnen angepasst. sondern Sie haben sich dankenswerterweise uns angepasst. was ich durchaus begrüße.

(Heiterkeit hei der ('DU sowie zustimmendes Klopfen hei SPD und PDS)

Nun komme ich zum eigentlichen Problem und will zunächst auf Herne Christoffers eingehen, der meinte. alles das. was hier Ziel ist. gebe es schon. Ich werde ihm g leich erläutern. dass das meiste von dem, was wir uns vorstellen. heute noch nicht Wirklichkeit

Dass die Arbeitslosigkeit in Brandenburg Thema Nummer eins ist. ist jedem. der hier im Raum sitzt. jedem. der politisch wirksam ist. völlig klar. Wir müssen uns überlegen. was uns in der Zukunft hilft. die Arbeitslosi gkeit zu verringern. Werden es die Großansiedlungen sein. die wir gemeinsam wollen und die wir auch begrüßen - wenn sie denn kommen'?

Die Großansiedlungen werden das Problem allerdings nicht grundlegend beheben. Wir müssen uns in Brandenburg auf unsere eigenen Kräfte besinnen und diese dazu nutzen. diese problematische Situation zu überwinden. Das geht nur mit den Menschen, die hier in Brandenburg sind. Wir müssen ihnen Mut machen. Dinge zu tun. die sie in der Vergangenheit vielleicht nicht als Zukunft für sich gesehen haben. Wir haben dabei ein Problem. was man nicht unterschätzen darf: Wir haben viele Menschen in Brandenburg. die in der DDR zur Schule gegangen sind. die die DDR-Wirklichkeit erlebt und mit dieser DDRWirklichkeit festgestellt haben - zumindest zu dieser Zeit -. dass unternehmerisches Handeln ei gentlich nicht gewollt. eigentlich eher negativ ist. dass ein Handwerker also um Himmels willen nicht mehr als zehn Mitarbeiter haben darf, weil er ja sonst zum Kapitalisten wird und damit ein negatives Element der Gesellschaft ist.

Ich glaube schon, dass das doch noch in vielen Köpfen - obwohl nicht so bewusst - steckt. dass man also eine Einstellung dazu hat. die ein Stück weit anders ist als in anderen Bundesländern.

(Vereinzelt Beifall bei der CDU) Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Als Dritter zu reden, hat manchmal den Vorteil. dass man die ersten beiden schon gehört hat. (Vereinzelt Heiterkeit bei der SPD)

Insofern kann man dies auch zum Anlass nehmen, noch Bemerkungen zu machen, die man eigentlich nicht machen wollte.

(Heiterkeit bei SPD und CDU)

Darüber müssen wir uns klar sein und daran arbeiten, dies zu verändern. Deshalb geht es uns bei unserer initiative weniger uni Geld als vielmehr um die Köpfe.

Wir brauchen ein neues Klima. Deshalb ist es eben kein Anliegen der Wirtschaftspolitiker an sich. das wir hier vertreten. sondern es muss ein gesellschaftliches Anliegen werden. Von einem Wirtschaftspolitiker erwarte ich. dass er weiß. wie wichtig wirtschaftliche Selbstständigkeit und unternehmerisches

Landtag 131-andoriburg - 3. Wahlperiode - Nena iprohikeill 3 Isl - Juli 71100 1 1 65

Handeln sind. Von jedem in der Wirtschaft Tätigen ist das zu erwarten.

Unser Ziel muss sein. die Anderen zu erreichen. Deshalb brauchen wir vier Säulen. Zu diesen vier Säulen zählt ganz sicher die Wirtschaft. Das ist auch sehr notwendig. aber nicht der eigentliche Ansatz. sondert der Ansatzpunkt ist die Schule. ist oh: Berufsausbildung. ist das Studium. An diesen Punkten müssen wir etwas verändern. Wir müssen den Menschen wirtschaftliches Denken näher bringen. müssen ihnen näher bringen. dass wirtschaftliche Selbstständigkeit eine Chance und keine Notlösun g ist. als die sie heutzuta ge noch viel zu oft angesehen wird.

Deshalb haben wir ganz klare Überlegun gen. was verändert werden muss. Wir müssen bei den Schülern ein neues Verhältnis zur Wirtschaft. ein neues Verhältnis zur Technik erreichen. Wir müssen erreichen, dass sie sich stärker damit auseinander setzen, welche Anforderungen eine ei gene Tätigkeit in der Wirtschaft später an sie stellt. Das Denken nach dem Motto "Ich lerne eigentlich nur, weil ich muss und eigentlich geht mich alles nichts an und irgendwie werde ich auch die Berufsausbildung schaffen" muss aus den Köpfen heraus. Es miss klar werden. dass ein v emünfhger Auftritt auch in der Schule eine Grundvoraussetzung für einen vernünftigen Lebensweg ist. Die Vermittlung dieser Erkenntnis ist nur zu erreichen, wenn man Wirtschaft und Schüler zusammenbringt. Da ist aus meiner Sicht und aus Sicht der SPD-Fraktion bisher vieles. aber nicht genug getan worden. Hier muss sich etwas ändern.

Wir müssen zum Beispiel darüber nachdenken, inwieweit die Praktika verändert werden können, zum Beispiel in der Richtung, dass sie län gerfristiger durchgeführt werden. dass sie Team-Praktika werden. wo über einen längeren Zeitraum an Projekten gearbeitet und damit auch die Möglichkeit geboten wird. das Leben in den Unternehmen wirklich kennen zu lernen.

Wir müssen darüber nachdenken. oh nicht im Rahmen der Veränderung der Rahmenpläne auch Schulfacher angepasst werden müssen. ob nicht zum Beispiel die Fächer Arbeitslehre oder Politische Bildung stärker in die Richtung eines Schulfaches WirtschaftÖkonomische Bildung gebracht werden sollten. Das haben wir heute noch nicht.

Das Gleiche gilt aus meiner Sicht für die Berufsausbildurn,L Hier müssen wir stärker solche Elemente wie Personalführung berücksichtigen.

Herr Abgeordneter. kommen Sie bitte zum Schluss Ihres Beitra

ges!