Protokoll der Sitzung vom 21.09.2000

Allgemeiner Beifall)

Mit der Einladung ist Ihnen der Entwurf der Tagesordnung zugegangen. zu dem ich mir fol gende Bemerkungen erlaube:

Es wurde vorgeschlagen. als zusätzlichen Tagesordnungspunkt 4 die Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Inneres zur 2. Lesung des Gesetzes zur Ändening des Benitkechts der öffentlich bestellten Vermessungsingenieure im Land Brandenburg - Drucksache 37173 - ohne Debatte aufzunehmen.

Zudem wurde vorgeschlagen, als zusätzlichen Tagesordnungspunkt 6 die Beratung der Beschlussempfehlung des Ausschusses für Haushalt und Finanzen zu der Anmeldung der Landesregierung gemäß § I 0 Abs. 3 der Landeshaushaltsordnung..Gemeinschaftsaufgabe nach Artikel 91 a des Grundgesetzes 'Verbesserung der Agrarstruktur und des Küstenschutzes — - Drucksache 3/1704 - aufzunehmen. Auch hier soll auf eine Debatte verzichtet werden.

Schließlich darf ich darauf hinweisen, dass die unter Tagesordnungspunkt 7 angeführte Beantwortung der Kleinen Anfrage 589 entfällt. weil die Landesregierung immer in einen gestreckten Galopp verfällt. wenn die Gefahr besteht. dass diese Aufgabe öffentlich erledigt wird,

(Beifall bei der CDU und vereinzelt bei der SPD)

Die Antwort liegt bereits vor.

Gibt es von Ihrer Seite zum Entwurf der Tagesordnung Anmerkungen. Ergänzungs- oder Änderungswünsche' - Wenn dies nicht der Fall ist. dann bitte ich uni Ihr zustimmendes Handzeichen, dem Entwurf entsprechend zu verfahren. - Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Tagesordnung so beschlossen.

Es gibt eine Reihe von Abwesenheitserklärungen einiger Minister und einiger Abgeordneter. Die Liste ist so lang, dass ich mir erspare. sie vorzulesen. weil dies von unserer Sitzungszeit abginge. Auf die Zeit zu achten ist nicht zuletzt deshalb wichtig. weil wir heute Nachmittag noch die ersten drei Disziplinen für das Sportabzeichen absolvieren wollen.

Ich rufe Tagesordnungspunkt II auf:

Fragestunde

Durcksache 3'1685 Drucksache 3/1686

Das Wort geht an den Abgeordneten Dr. Sternagel von der SPD-Fraktion zur Formulierung der Frage 381 (Verwertung von Forschungsergebnissen im Land Brandenburg). Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! In einem Beitra g. der „Berliner Morgenpost- vom 6. Juli 2000 stellt der Brandenburger Bundestagsabgeordnete Stephan Hilsberg fest. dass der Forschungsstandort Deutschland zwar attraktive Forschungsbedingungen biete. die Umsetzung der Forschungsergebnisse jedoch unzureichend sei. Andernorts entstehen pro geförderter Forschungsmilliarde circa zehnmal mehr Arbeitsplätze oder gar neue Firmen - so Stephan Hilsberg. der immerhin Mitglied des Wissenschaftsausschusses des Bundesta ges ist.

Ich frage die Landesregierung: Wie schätzt die Landesregierung die Effektivität der Verwertung von in universitären und außeruniversitären Brandenburger Forschun gseinrichtungen erzielten Forschungsergebnissen ein?

Zur Beantwortung dieser Frage erteile ich dem neu berufenen Staatssekretär Herrn Weber das Wort. Auf diese Weise lernen Sie ihn gleich kennen. - Bitte sehr!

Staatssekretär im !Ministerium für Wissenschaft. Forschung und Kultur Prof. Dr. Weber:

Im Namen der Landesregierun g beantworte ich die Mündliche Anfrage des Abgeordneten Dr. Manfred Stemagel. Mn der Etablierung von Forschung in den nett gegründeten und bestehenden Hochschulen und außenuniversitären wissenschaftlichen Einrichtungen des Landes Brandenburg zu Beginn der 90er Jahre stand immer auch die Frage nach der Verwertung der Ergebnisse. Nicht nur in Brandenburg, sondern auch bundesweit erlangt die Umsetzun g wissenschaftlicher Erkenntnisse in marktfähige Produkte eine zunehmende wirtschaftliche Bedeutung. Dem trägt die Landesregierung in der Form Rechnung. dass eine immer engere Vernetzun g der Hochschulforschung und der außeruniversitären Forschung mit der Wirtschaft erfolgt - in der Regel bei kleinen und mittleren Unternehmen, aber auch bei Unternehmen wie BASF Schwarzheide. LAUBAG. BMW Rolls-Royee und anderen. Als sehr vorteilhaft hat sich dabei die Etablierung von Technologie- und Investitionsberatungsstellen an den Forschungseinrichtungen erwiesen. die als Bindeglied im Spannungsfeld von Wissenschaft und Wirtschaft sowohl die Überführung wissenschaftlicher Forschungsergebnisse in marktfähige Anwendungen als auch die Wünsche der Wirtschaft nach wissenschaftlichen Lösungen für Verfahren und Produktionen durch Forschungseinrichtungen effektiv anbahnen und unterstützen.

Im Rahmen der Förderprogramme des Ministeriums für Wissenschaft, Forschung und Kultur und des Wirtschaftsministeriums sind die ausgereichten Fördermittel wirtschaftsorientiert eingesetzt und haben neben neuen grundlegenden Erkenntnissen in der Wissenschaft zu marktfähigen Produkten geführt sowie zur Schaffung neuer Arbeitsplätze beigetragen. Als Beispiel sei nur das Förderprogramm..Verbundforschung" des Ministeriums für Wissenschaft. Forschung und Kultur genannt, durch das im Zeitraum von 1997 bis 1999 mehr als 60 Verbundprojekte als Kooperationen von Forschungseinrichtungen. Hochschulen und Unternehmen in Höhe von 10,6 Millionen DM gefördert wurden. Die Ergebnisse erbrachten wirtschaftlich bisher ein Mehrfaches der Fördersumme und schufen zusätzliche Arbeitsplätze.

Es werden zunehmend wissenschaftliche Ergebnisse in Patente überführt, die Gradmesser der technologischen und wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit einer Gesellschaft sind. Mit dem in Zusammenarbeit des Ministeriums für Wissenschaft. Forschung

und Kultur mit der Patentstelle für die deutsche Forschung der Fraunhofer-Gesellschaft entwickelten _Brandenburgischen Patentkonzept für Hochschulen und Forschungseinrichtungenwerden zukünfti g den Forschenden Patentierungen und Lizenzierungen erleichtert und der Zugang zu nationalen und internationalen Märkten stärker geöffnet.

Den außeruniversitären Forschungseinrichtungen in Brandenburg wird im Ergebnis von Evaluationsverfahren eine qualitativ hochwertige Forschungsarbeit bestätigt. deren Ergebnisse zum Teil als internationale Spitzenleistungen bewertet werden. Die Landesregierung stellt deshalb fest. dass sich die außeruniversitären Forschungseinrichtungen in den Wissenschaftsparks - in Golm und auf dein Telegrafenberg. auf Hermannswerder, in Rehbrücke. Babelsberg. Luckenwalde, Hennigsdorf, Teltow. Bonuni. Großbeeren. Zeuthen. Erkner. Frankfurt (Oder) und Cottbus - für das Land insgesamt wie regional zu strukturprägenden Standortfaktoren entwickelt haben und bewähren. Die Effektivität der Verwertung von Forschungsergebnissen an brandenhurgischen Hochschulen und außeruniversitären Einnchitingen hat gerade in den letzten drei Jahren beachtlich zugenommen. Forschung gilt heute als eine der Voraussetzungen für die wirtschaftliche Entwicklung des Landes. - Vielen Dank.

Es gibt noch Klärungsbedarf. - Herr Dr. Trunschke. bitte!

Herr Staatssekretär. ich weiß, dass Sie neu in dem Amt sind. aber ich möchte - da Sie selbst die Verbundforschung sehr lobend erwähnt haben - trotzdem die Frage stellen: Können Sie mir erklären, waruni die Landesregierung die Verbundforschung, bei der die Wirtschaft und die Universitäten in besonderer Weise zusammenkommen, so stiefmütterlich behandelt und die Gelder dafür Jahr für Jahr kürzt?

Mittel können immer nur im Rahmen dessen ausgegeben werden, was zur Verfügung steht. Ich kann nur wiederholen, dass gerade die Verbundforschung als ein außerordentlich wichtiges Thema vorn Ministerium für Wissenschaft. Forschung und Kultur angesehen wird und dass im Rahmen der Möglichkeiten prioritär darauf geachtet wird, dass in diesem Bereich auch in der Zukunft geleistet werden kann, was möglich ist.

Herzlichen Dank. - Wir kommen zur Frage 382 (Referendum über EU-Erweiterung?), gestellt vom Abgeordneten Dierk !Tomeyer. Bitte sehr!

Die Äußerung des EU-Kommissars Günter Verbeugen: _Bei der EU-Erweiterung dürfen wir nicht wieder über die Köpfe der Menschen hinweg entscheiden-. führte zu heftigen Diskussionen über Plebiszite.

Ich frage die Landesregierung: Welche Möglichkeiten sieht sie, bei diesem Prozess die Bevölkerung „mitzunehmen"?

Nlin ister der Justiz und für Europaangelegenheiten Prof. Dr. Schelter:

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Herr Abgeordneter Homeyer, in den kommenden Monaten und Jahren werden in Europa die Weichen für das neue Jahrhundert gestellt. Die Europäische Union wird neue Mitglieder unseres Kontinents aufnehmen. Es ist überfällig, dass alle politisch Verantwortlichen in der Europäischen Union und in den Kandidatenländern die Chancen. aber auch die Risiken der Osterweiterung offen ansprechen.

Die Beitrittsverhandlungen mit den zehn mittel- und osteuropäischen Bewerberländern sind im Gang. Die Verantwortlichen in der Europäischen Union. auch die Staats- und Regieruneschefs, dürfen die Erweiterung nicht nur als Routinepunkt auf der üblichen Tagesordnung behandeln. Wir brauchen nach dem Abschluss der laufenden Regiemngskonferenz einen Sondergipfel des Europäischen Rates zu den Fragen der Osterweiterung.

Mit diesem für die Zukunft Europas entscheidenden Projekt müssen sich aber auch das Europäische Parlament und die nationalen Parlamente der Mitgliedsstaaten und der Kandidatenländer stärker befassen. Wir brauchen deshalb auch eine interparlamentarische Konferenz zur Osterweiterung.

Ein offenes Gespräch über den Stand der umfangreichen und schwierigen Vorbereitungen in den beteiligten Ländern ist die notwendige Basis für die weitere vertrauensvolle Zusammenarbeit auf dem Weg zur Erweiterung. Wir brauchen eine Informationsoffensive in den Mitgliedsstaaten der Europäischen Union. Regierungen. Parteien. politiknahe Organisationen und Medien - wir alle müssen uns der schwierigen Aufgabe stellen, bei den Bürgern um Zustimmung für die anstehenden europapolitischen Entscheidungen zu werben.

Meine Damen und Herren, es gibt keine Alternative zur Osterweiterung. Aber wir müssen und können es schaffen. den davon betroffenen Menschen glaubwürdig darzustellen. dass die Chancen dieses Projekts größer sind als die Risiken. - Vielen Dank.

Es eibt Klärungsbedarf - Herr Homeyer. bitte!

Herr Minister Schelter. ich habe eine Nachfrage. Wie kann sich das Land Brandenburg in diesen notwendigen Prozess einbringen'? Wie kann das Land Brandenburg sich zum Beispiel in die von ihnen angesprochene interparlamentarische Konferenz. die notwendig ist. einbringen?

Herr Abgeordneter Homeyer, es gibt eine Reihe von Möglichkeiten. Ich will eine nennen. Das ist die Möglichkeit über den Bundesrat. Sie wissen. dass Herr Kollege Tillich aus Sachsen und ich die Bundesratsvertreter für die Osterweiterung sind. Wir haben gestern am Rande des Ausschusses der Regionen darüber gesprochen. dass wir mit einer solchen interparlamentarischen Konferenz einen Anfang machen und die Beauftragten der Parlamente in Ungarn, in Polen und in der Tschechischen Republik zu einer solchen ersten Konferenz einladen wollen.

Sie wissen. dass es im Übrigen eine Initiative des EuropaminisPräsident Dr. Knoblich: ters dieses Landes ist. die Regionen der Beitrittsstaaten als Beobachter am Ausschuss der Regionen teilnehmen zu lassen. Herr Minister Schelter, Sie haben das Wort. Auch das bringt die Menschen näher zusammen und gibt Mög

lichkeiten, die Argumente pro und contra miteinander auszutauschen.

( Beifall bei SPD und CDU)

Ich bedanke mich. - Damit sind wir bei der Frage 361 (Fehlen- de Ausbildungsplätze). die gestern getauscht worden ist. Frau Dr. Schröder. bitte sehr!

Wie der Arbeitsmarktstatistik des Landesarbeitsamtes für den August 2000 zu entnehmen ist, waren zum Ende des Monats 13 365 Bewerberinnen und Bewerber für eine Ausbildungsstelle noch nicht vermittelt. Dem standen 1 740 unbesetzte Stellen gegenüber, Die Landesregierung hat angekündi gt. 3 386 Ausbildungsplätze gemeinsam mit dem Bund im Ausbildungsplatzprogramm Ost 2000 und weitere 2 514 Plätze mit Landesmitteln zu fördern. Insgesamt könnten damit 5 900 Ausbildungsplätze angeboten werden.

Ich frage die Landesregierung: Durch welche weiteren Maßnahmen soll die noch bestehende Lücke von 5 700 Ausbildungsplätzen geschlossen und damit die Zusage der Landesregierung erfüllt werden, jedem ausbildungswilligen Jugendlichen ein Ausbildungsplatzangebot zu unterbreiten?

Herr Minister Ziel, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Kollegin Dr. Schröder. die Aussage, die Sie am Schluss Ihrer Frage zitiert haben, dass jeder ausbildungswillige Jugendliche in Brandenburg auch ein Ausbildungsplatzangebot bekommen soll. ist fiir mich eine der wichtigsten Aussagen dieser Landesregierung und eine der besonderen Verpflichtungen für den zuständigen Fachminister.

Die Auseinandersetzung um die Statistik, die Sie soeben angeführt haben. führen wir seit 1990 alljährlich in derselben Weise. Und noch immer ist es gelungen. jedem ausbildungswilligen Jugendlichen einen Ausbildungsplatz zur Verfügung zu stellen.

Sie wissen. Frau Kollegin Dr. Schröder, dass Statistiken zu einer ganz bestimmten Zeit in einem ganz bestimmten Umfeld und in ganz bestimmten Grenzen eine ganz bestimmte Situation betrachten. So verhält es sich auch mit den Zahlen der Arbeitsverwaltung. Sie beruhen auf Erhebungen der Berufsberatung bei den Arbeitsämtern und geben die dort gemeldeten und dort nach gefragten Berufsausbildungsstellen zu einem bestimmten Zeitpunkt - Sie nennen August - wieder. Viele, gerade kleine Unternehmen melden ihre Ausbildungsstellen gar nicht heim Arbeitsamt. Sie können auch nicht gezwungen werden. ihre freien Ausbildungsstellen bzw. ihre Lehrverhältnisse dem Arbeitsamt zu melden. Dasselbe gilt für die sich bewerbenden Jugendlichen. Das bedeutet für eine jede Statistik. dass sie immer nur eine Momentaufnahme für den Zeitpunkt ist. zu dem sie erstellt wurde.

Dazu kommt ein weiterer Unsicherheitsfaktor. Dic Berichterstattung der Berufsberatung erfolgt jeweils für den Zeitraum 1. Oktober bis 30. September des Folgejahres. Demzufolge ist aufgrund der zu unterschiedlichen Zeiten begonnenen Ausbildungsplatzprogrammc 1998 und 1999 die Statistik für das Ausbildungsjahr 2000 nur bedingt verwertbar. Die monatliche Be

rufsausbildungsstatistik ist also eine Momentaufnahme. Jedoch ist sie ein wichtiges Kriterium für die Einschätzun g des Ausbildungsmarktes.

Vergleicht man nun diese Momentaufnahme mit der vom Vorjahresmonat. so ist festzustellen, dass die Differenz zwischen nicht vermittelten Bewerberinnen und Bewerbern und gemeldeten Ausbildungsplätzen, also die so genannte Ausbildungsplatzlücke, geringer geworden ist. So fehlten im Jahre 1998 fast 11 780. im Fol gejahr 11 740 und in diesem Jahr sind es I 1620 Berufsausbildun gsstellen. Die entscheidende Frage ist. ob die Lücke geschlossen werden kann und welche zusätzlichen Maßnahmen dafür erforderlich sind.

Sie werden sicherlich verstehen. dass die Antwort wegen der eingangs genannten Unsicherheiten nicht ganz einfach ist. Deshalb berufe ich mich auf ein Gremium außerhalb meines Hauses. in dem mein Haus aber vertreten ist. Das ist der Landesausschuss für Berufsbildung. Der Landesausschuss für Berufsbildung. in dem neben der Landesregierun g auch die Kammern und die Gewerkschaften vertreten sind. hat diese Frage unifassend diskutiert. Hierbei wurde berücksichti gt. dass die Ausbildungsplatzlücke gegenüber dem Vorjahr gerin ger geworden ist. was erfreulich ist. Die Aussage dieses wichtigen Gremiums lautet: Im Vorjahr ist es bei vergleichbarer Zahlenlage und einein annähernd gleich großen Programm gelungen. rechnerisch den Ausildungsstellenmarkt auszu gleichen. Vor diesem Hintergrund ist der Landesausschuss für Berufsbildung zu der Einschätzung gelangt, dass es in diesem Jahr mit dem Ausbildungsprogramm Ost - Frau Kollegin, Sie haben darauf hingewiesen. es sind ca. 3 500 Plätze zusätzlich - und unserem landeseigenen Aufstockungsprogramm - das sind ca. 2 500 Plätze zusätzlich gelingen wird, diese Lücke zu schließen.