Protokoll der Sitzung vom 18.10.2000

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Sehr verehrte Abgeordnete Tack. Schöps und Trunschke. ich bedanke mich ausdrücklich für das Verständnis und widerspreche dem Präsidenten insofern, als ich die Zeit von dreimal fünf Minuten nicht ausnutzen. sondern mich auf das Notwendigste beschränken werde.

Bereits beim Spitzengespräch des Ministerpräsidenten mit dem Vorstandsvorsitzenden der Deutschen Bahn AG. Herrn Mehdom_ Anfang Februar dieses Jahres wurde aufgrund der sich abzeichnenden wirtschaftlichen Probleme der Deutschen Bahn AG im Femverkehrsnetz die Bildung einer Arbeitsgruppe von Bahn und Land beschlossen. welche in den vergangenen Monaten bereits mehrmals zur Erörterung der Probleme tagte. Grundsätzlich hat sich das Land Brandenburg in den Verhandlungen mit der Deutschen Bahn AG für einen Erhalt der InterregioVerbindungen ausgesprochen. Dabei war und ist allerdings zu erkennen, dass die Deutsche Bahn AG aufgrund ihrer finanziellen Zwänge unter unternehmerischen Gesichtspunkten Reduzierungen im Fern\ erkehrsangebot vornehmen wird. um bei nach

fragestarken Fernverbindungen in den nächsten Jahren attraktivere und bessere Angebote machen zu können.

Nach dem Ergebnis der bisherigen Verhandlungen wird die Deutsche Bahn AG von ihren ursprünglich geplanten Reduzierungen im Fenwerkehrsnetz teilweise Abstand nehmen. Die bilateralen Gespräche dauern zurzeit noch an: abschließende Ergebnisse liegen noch nicht vor. Bei den Verhandlungen hat die Landesregierung großen Wert darauf gelegt, dass im Fall einer Unistellung auf einen Regionalexpressvcrkehr Kostenneutralität ge‘■ ahn und eine verbindliche Zusage zum Streckenausbau gemacht wird. In der Behandlung dieser Thematik bei der kürzlich durchgeführten Verkehrsministerkonferenz hat der Bund die Forderungen der Länder hinsichtlich seiner im Grundgesetz verankerten Daseinsvorsorge für den Schienenpersonenfemverkehr mit der Begründung abgewehrt. dass die finanzielle Unterstützun g für den Ausbau der Eisenbahninfrastruktur, zum Beispiel durch Baukostenzuschüsse, die von ihm gewählte Form der Daseinsvorsorge darstelle.

Da Sie. Herr Schöps. und auch Sie. Herr Trunschkc. insbesondere nach dem Cottbuser Raum fragen. kann ich Ihnen mitteilen. dass nach den bisherigen Verhandlungen der Landesregierung mit der Bahn gute Aussichten bestehen. dass die Stadt Cottbus und auch Südbrandenburg voraussichtlich mit einer stündlich verkehrenden Regionalcxpresslinie zur Bundeshauptstadt eine adäquate und attraktive Verkehrsanbindung behalten werden. Nach Planungen der Deutschen Bahn AG erfolgt aufgrund ungenügender Nachfrage kein adäquater Ersatz für die beiden von und nach Görlitz verkehrenden Interregio-Züge. Es wird auf das bestehende Angebot im Schienenpersonennahverkehr verwiesen.

Als Fernverkehrsverbindung ergibt sich aus dem Chefgespräch. ein Eurocityzugpaar über Hamburg - Uelzen - Stendal - Potsdam - Berlin - Cottbus - Breslau - Krakau einzurichten. Aber auch hier sind wir mit unseren Überlegungen noch nicht am Ende.

Sie können sich darauf verlassen, dass wir die Interessen des Landes Brandenburg sowohl beim Bund als auch bei der Deutschen Bahn AG vertreten. Allerdings hat Bahnchef Mehdorn den Auftrag der Bundesregierung. die Bahn betnebswirtschaftlich auf gesunde Füße zu stellen, vorrangig zu beachten. - Schönen Dank.

Es gibt noch Klärungsbedarf. Herr Abgeordneter Neumann. bitte!

Herr Minister Meyer. können Sie eine konkrete Aussage. wie Sie sie zum lnterregio Cottbus gemacht haben. auch tür den lnterregio von Schwerin über Wittenber ge nach Magdeburg etc. machen?

Ja. leider. Der Zug Lübeck - Schwerin - Wittenberge - Magdeburg - Halle - Leipzig wird voraussichtlich wegfallen.

Wir sind damit bei der Frage 406 (Polizeistnikturrefonn gestellt vom Abgeordneten Prof. Schumann.

Die Landesregierung hat sich in einem Kabinettsbeschluss zur

Landtag Brandenhurg - 3, Wahlperrode - Ptcnarpnnakoll 322 - Oktober 200f1 1307

Polizeistrukturreform darauf geeinigt, die Anzahl der Polizeipräsidien auf zwei zu reduzieren. in § 2 Abs. 3 Polizeiorganisationsgesetz ist geregelt. dass die Einrichtung der Polizeipräsidien durch Rechtsverordnung des Innenministers nach vorheriger Anhörung des Innenausschusses erfolgt.

Meine Frage lautet: Teilt die Landesregierung die Auffassung. dass die endgültige Entscheidung über die Anzahl der Polizeipräsidien erst mit der Rechtsverordnung des Innenministers erfolgt?

Herr Innenminister. Sie haben das Wort!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Prof. Sehnmann. ich bedaure zunächst einmal. dass die Aktuelle Stunde. die für morgen zu diesem Thema vorgesehen war, ausfallen wird. Denn dieses Thema wäre es wirklich wert, intensiver besprochen zu werden. Ich kann auf Inhalte jetzt leider nicht eingehen. weil wir zu Kürze gemahnt sind. Darum beschränke ich mich nun auf die rechtliehe Darstellung.

Es war vollkommen klar, dass die Polizeistrukturreform in einem ersten Schritt und als eine Angelegenheit von grundsätzlicher politischer Bedeutung nach § 12 Abs. 1 f der Geschäftsordnung der Landesregierung durch den Minister des Innern der Landesregierung zur Beratung und Beschlussfassung vorzulegen war. Durch den Beschluss vom 19. September bekundet die Landesregierung ihre Absicht. die Polizeistrukturreform auf der Grundlage der vorgelegten Eckpunkte durchzuführen. Gleichzeitig hat die Landesregierung den Minister des Innern beauftra gt. die zur Umsetzung dieser Eckpunkte erforderlichen Schritte einzuleiten. Erst nach dieser Beauftragung. die am 19. September erfolgte, können nunmehr als zweiter Schritt die zur Durchführung der Polizeistrukturreform erforderlichen Umsetzungsmaßnahmen. zum Beispiel gesetzliche Änderungen, Abstimmungen. Beteiligungen und Anhörungen. erfolgen. Diese Verfahrensschritte werden zurzeit im Ministerium des Innern vorbereitet.

Herr Prof. Schumann!

Herr Minister, zwei Nachfragen. Erstens: Wann ungefähr wird die vorgesehene Rechtsverordnung vorgelegt werden?

Zweitens: Landauf. landab werden Sie in der Presse zitiert:

_Die Entscheidung ist gefallen. die Landesregierung soll nicht einknicken.

Welchen Stellenwert hat die im Gesetz vorgesehene Anhörung noch für die Grundsatzentscheidung?

Herr Prof. Schumann, diese Grundsatzentscheidung hinsichtlieh der zwei Präsidien. die Sie jetzt hier angesprochen haben, ist für mich nach langen Diskussionen getroffen. Ich werde sie, falls ich zu Wort komme, auch gleich den Demonstranten zu erläutern versuchen. Ich denke, darüber werden wir möglicherweise auch streiten müssen. aber die Position der Landesregierung in dieser Frage ist klar: Wir wollen Einsparun gen in den Stäben. wir wollen aber mehr Polizei auf die Straße bringen. Darum ist

in diesem Konzept vorgesehen, dass 200 Revierpolizisten mehr zur Verfügung gestellt werden. damit wir die Sicherheit vor Ort verbessern können.

Von daher gehe ich davon aus, dass wir bei der Anhönmg dieses dann in Ruhe und Intensität besprechen werden und die guten Gründe auch Sie überzeugen werden. dass der Weg. den wir zu beschreiten vorhaben, richtig ist.

Wir kommen zur Frage 407 ( Ausbildungsplatzprogramm Ost I 9997Antwort der Landesregierung auf die Kleine Anfrage 647 der Abgeordneten Birgit Fechner IDVU] - Landtagsdrucksache 3/1624-4 Bitte. Frau Fechner!

Für das Ausbildungsplatzpro gramm Ost 1999 standen seitens des Bundes rund 5,18 Millionen DM zur Verfügung: tatsächlich sind nur rund 4.68 Millionen DM ausgegeben worden. Nicht verbraucht wurden rund 0.5 Millionen DM. Diese wurden dem Bund zurückgezahlt.

Ich frage nun die Landesregierung: Aus welchen Gründen konnten nicht alle angebotenen Ausbildungsplätze tatsächlich besetzt werden?

Herr Minister Ziel. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Namens der Landesregierung beantworte ich die Frage wie folgt:

Der Landesregierung liegen keine Detailkenntnisse über die Ursachen der Ablehnung von Ausbildungsplätzen vor. Das betrifft sowohl die Angebote in den Ausbildungsprogrammen Ost als auch die durch Betriebe oder Oberstufenzentren vermittelten Plätze.

Die Bewerberinnen und Bewerber sind bei den Arbeitsämtern als ausbildungsplatzsuchend gemeldet. und sie werden auch von diesen vermittelt.

Nach unserer Einschätzung nehmen Jugendliche aus den verschiedensten Gründen das Ausbildungsplatzangebot nicht wahr. Entweder entspricht der Beruf nicht den eigenen Wunschvorstellungen oder es wird die Wohnortnähe vermisst und anderes mehr. Andere Jugendliche wurden von Betrieben wegen Nichtei gnung. in Einzelfällen wegen Nichteignung für bestimmte Berufe. nicht angenommen.

Weitere Ursachen für den so genannten Überhang der nicht verbrauchten Gelder des Ausbildun gsprogramms Ost 1999 - es geht uni nicht verbrauchte Gelder: die Frage richtet sich auf 1999 - liegen darin. dass betriebsnahe Plätze wegen Kündigung in der Probezeit frei wurden und nicht fristgerecht wieder besetzt werden konnten. In anderen Fällen brachen Jugendliche ihre Ausbildung im _Kooperativen Modell- ab. nachdem sie andere Möglichkeiten der Ausbildung gefunden hatten. Die dadurch frei gewordenen Plätze wurden mangels Nachfrage gleichfalls nicht wieder besetzt. - Vielen Dank.

Es gibt noch Klärungsbedarf, Herr Minister. Frau Fcchner. bitte!

Ich habe dazu gleich zwei Fragen. Mussten die 500 000 DM zurückgezahlt werden oder hätte es eine Alternative dazu gegeben?

Ist damit zu rechnen, dass im jetzt laufenden Jahr 2000, für das auch ein Aushildungsplatzprogramm Ost existiert. miedemin Fördermitte] zurückgegeben werden?

Die Philosophie ist eine andere. Die Philosophie ist. dass alle Jugendlichen. die es wünschen. die es wollen und die dazu in der Lage sind. einen Ausbildungsplatz angeboten bekommen. Wenn sich dann in der Zwischenzeit ergibt. dass ein Teil der Jugendlichen woanders als zunächst vor gesehen einen Ausbildungsplatz bekommt. dann bleiben Mittel übrig.

Wir sind alle zur Sparsamkeit aufgefordert. Diese Mittel gehören dann natürlich dem Haushalt und insofern verstehe ich Ihre Frage nicht.

Danke sehr. - Wir kommen zur Frage 408 (Jugendbegegnungs- stätte Ravensbrück). gestellt von der Abgeordneten Redepenning. Bitte!

Zur wirksamen Bekämpfung von Rechtsextremismus und verbrecherischer Gewalt ist die Aufarbeitung der Wurzeln und Ursachen der nationalsozialistischen Diktatur von besonderer Bedeutung. Dazu gehört insbesondere, Gewalt und Unterdrückung an authentischen Orten darzustellen, Mahnung und Gedenken erlebbar zu machen und internationale Begegnungen von Schulklassen und Jugendgruppen zu ermöglichen. Deshalb sind die Bemühungen zur Errichtung der Jugendbege gnungsstätte Ravensbrück besonders unterstützenswert.

Ich frage die Landesregierung: Welche inhaltliche Konzeption wird mit der geplanten Errichtung der Jugendbegegnungsstätte Ravenshrück realisiert?

Herr Minister Reiche. Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Sehr geehrte Damen und Herren Abgeordnete! Frau Redepenning. die ehemaligen Häftlinge haben 1945 ein Testament errichtet. Das damals entstandene Schriftstück ist zwar verloren gegangen; es ist allerdings 1997 von Überlebenden aus dem Gedächtnis rekonstruiert worden.

In diesem Testament ist der Wunsch geäußert, dass die ehemaligen SS-Wohnhäuser in einer freien Gesellschaft insbesondere ein Ort der Bildung und Begegnung für die Jugend und fürFrauen sein mögen. um über die Geschichte des Ortes zu informieren und eine Schule des Friedens zu schaffen. Ich habe mich seit fünf Jahren intensiv darum bemüht und dies 1995 bei der Feier zum 50. Jahrestag der Befreiung des Konzentrationslagers Ravenshrück den Häftlingsfrauen auch versprochen, dass wir die notwendigen investiven Mittel zur Verfügung stellen und ein inhaltliches Konzept auch unter ihrer Beteiligung erarbeiten.

Insgesamt also soll diese Stätte ein Vorhaben des Landes Brandenburg sein, insbesondere der nationalen und der intemationa

len Jugend die Möglichkeit zu bieten, die Geschichte des Nationalsozialismus am authentischen Ort aufarbeiten zu können. und darüber hinaus in- und ausländischen Jugend gruppen die Möglichkeit zu gehen. Begegnungen zu unterschiedlichen Themen durchzuführen. 14.1 Millionen DM werden wir in den nächsten Jahren an diesem Ort investieren.

Die inhaltliche Konzeption der Jugendbegegnungsstätte ist darauf ausgerichtet. angesichts der geschichtlichen Bedeutung des Ortes geeignete Rahmenbedingungen insbesondere für Schulklassen und Jugendgruppen, aber auch für Einzeltouristen zu schaffen, um in direkter Verbindung und Zusammenarbeit mit der Stiftung die geschichtlichen Ereignisse wahrheitsgemäß darzustellen und um einsichtig zu machen, in welchem Maß die historischen Erfahrungen für die heuti ge Gesellschaftsordnung bestimmend geworden sind und welche Verantwortung daraus für die Gestaltung der Zukunft erwächst.

Die Stiftung _Brandenbur gische Gedenkstätten" verfolgt den Gedanken. die in der Gedenkstätte Ravensbrück bereits stattfindende gedenkstättenpädagogische Arbeit mit der Begegnungsstätte auf eine wesentlich breitere Basis zu stellen als bisher. Sie spricht dabei besonders Jugendliche an. die sich mit den Verbrechen der nationalsozialistischen Vergangenheit an einem Ort auseinander setzen, an dein diese sichtbar, manifest sind.