Protokoll der Sitzung vom 18.10.2000

Ich berufe mich selten auf den Landesverfassungsschutzbericht. In diesem Bericht für das Land Brandenburg 1999 ist auf Seite 56 zu lesen:

..Frey hält die Partei in finanzieller Abhän gigkeit. Sie ist bei ihm hoch verschuldet. Aus Mitgliedsbeiträgen. Spenden und der Rückerstattung der Wahlkampfkosten werden die Zinsen für die Kredite bezahlt. die man bei dem Parteivorsitzenden aufgenommen hat.

Wenn also eine Partei mit den Finanzmitteln planen muss, dann ist es möglicherweise die Ihre, damit sie wenigstens von den

Krediten loskommt. die sie bei ihrem Vorsitzenden aufgenommen hat. Das ist eine Argumentationskette. die wiederum ein Witzpaket ist.

( Beifall hei der PDS und vereinzelt bei der SPD)

Nun komme ich zum letzten Punkt. weil ich das auch sehr lustig finde: neue politische Kräfte. Der Gleichheitsgrundsatz, der in dieser Bundesrepublik gilt. besagt. dass es für die Wählerstimmen, die eine Partei mobilisiert, Geld gibt. Das ist der realste Anspruch an eine Gleichbehandlung. Demzufolge bekommen nicht nur die im Bundestag vertretenen Parteien. sondern 19 Parteien in dieser Bundesrepublik finanzielle Zuwendungen. Ich finde, einige darunter haben diese Zuwendung nicht verdient, weil sie das Geld möglicherweise nicht für die Willensbildung ausgeben, sondem für die Kreditrückzahlung und für die Zinszahlungen aufgrund von Krediten. Ich muss sagen. das ist zurückzuweisen.

(Beifall bei PDS und SPD)

Wenn man wirklich ernsthaft darüber reden will, dann ist meiner Meinung nach der Bundestag die richti ge Stätte dafür. Dort liegen momentan mehrere Gesetzentwürfe zur Präzisierung des Parteienfinanzierunusuesetzes vor.

Einer der wichtigsten Punkte, den Sie angesprochen haben, ist. dass die Finanzen neu zu regeln sind, was das Spendenwesen von juristischen Personen, also von Unternehmen. Banken. Versicherungen usw.. betrifft. weil damit natürlich deutliche Abhängigkeit in der Politik produziert wird. Dazu sind Regelungen vorgeschlagen worden, die dem Einhalt gebieten. Darüber sollte im Bundestag vernünftig nach gedacht werden. Ich glaube, die jüngsten Ereignisse uni schwarze Koffer und anderes haben durchaus angeregt, darüber nachzudenken.

Ich finde, so viel Souveränität gibt es in der Bundesrepublik. tun dafür eine vernünftige Regelung zu finden, wozu Ihr Antrag nicht unbedingt notwendig war. Demzufolge weisen wir diesen Antrag auch zurück und lehnen ihn ab. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Wir kommen damit zum Beitrag der Landesregierung. soweit Redebedarf besteht. - Die Landesregierung verzichtet.

Wir sind damit arm Ende der Rednerliste. Ich beende die Aussprache. Wir kommen zur Abstimmung.

Die DVU-Fraktion beantragt die Überweisung des Antrages mit der Drucksache 3/1182 an den Hauptausschuss. Wer diesem Überweisungsansinnen zustimmt, möge die Hand aufheben. Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltungen? - Damit ist die Überweisung mehrheitlich abgelehnt.

Wir kommen zur Abstimmung in der Sache. Wer dem Antrag in der Sache zustimmt, möge die Hand aufheben. - Gibt es Gegenstimmen? - Stimmenthaltun gen'? - Damit ist der Antrag in der Sache mehrheitlich abgelehnt.

Ich schließe den Tagesordnungspunkt 9 und rufe Tagesordnungspunkt 10 auf:

Bundesratsinitiative zur Abschaffung der Ökosteuer

Antrag der Fraktion der DVU

Drucksache 3/1792

Landlau Brandenburg - 3. Wahlperiode - Pleitarprcnokoil 3 - 18. Oktober 20110 1335

Ich eröffne die Aussprache mit dem Beitrag der beantragenden Fraktion. Herr Abgeordneter Schuldt, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die europaweitc Protestwelle der Bürgerinnen und Bürger gegen die dramatisch erhöhten Mineralölpreise hat inzwischen auch die Bundesrepublik Deutschland erfasst. Wie Sie alle wissen. meine Damen und Herren. standen vor circa einem Monat in Hannover. in Berlin. in Brandenburg und in anderen Städten in Mitteldeutschland im wahrsten Sinne des Wortes die Räder still.

Angesichts eines Steueranteils von annähernd 70 % bei Benzin lassen sich die Menschen immer weniger auf Beschwichtigungsversuche der Bundesregierun g ein. Doch sehen wir uns. meine Damen und Herren. die Zahlen an: Kostete ein Liter Superbenzin im September 1999 noch durchschnittlich 1,79 DM, so erhöhte sich der Preis inzwischen auf circa 2.10 DM. Bei Dieselkraftstoff steigerte sich der Preis von durchschnittlich 1.33 DM vor einem Jahr auf nunmehr 1.71 DM und hei Heizöl von 0,59 DM auf nunmehr Tiber eine DM. Dabei entfallen - um beim Beispiel Benzin zu bleiben - 1,10 DM auf die Mineralölsteuer. bedingt durch die zunehmende Erhöhung der Ökosteuer. 0.29 DM auf die darauf zusätzlich erhobene Mehrwertsteuer und 0,69 DM teilen sich die Lieferländer, die Mineralölkonzerne sowie die Tankstellen. Allein im Jahr 2000 werden die Bürger in der Bundesrepublik Deutschland durch die Mineralölsteuer mit zusätzlich 4 Milliarden DM belastet.

Doch. meine Damen und Herren, damit nicht genug: Die Ölpreiskrise. resultierend aus der Erhöhung der Förderpreise seitens der OPEC-Länder einerseits und der Euroschwäche und dem Dollarhöhenflug andererseits. sowie die unsoziale und wirtschaftspolitisch katastrophale Ökosteuerpolitik belasten die Bundesbürger im Jahr 2000 mit sage und schreibe 22 Milliarden DM. Nach Berechnung der Westdeutschen Landesbank werden Wirtschaft und Privathaushalte insgesamt sogar mit 33 Milliarden DM belastet. Das ist deutlich mehr als die für 2001 geplante Steuerentlastung für die privaten Haushalte.

Schon in der ersten Jahreshälfte hat die Verteuerung insbesondere des Kraftstoffes laut Westdeutscher Landesbank den Ausgabenspielraum der privaten Haushalte merklich eingeschränkt. In der zweiten Jahreshälfte schlägt die Verteuerung von Öl und Gas. Benzin und Diesel voll durch. Die dramatisch gestiegenen Treibstoffkosten haben unterdessen eine neue Debatte darüber ausgelöst, wie insbesondere sozial schwache Familien entlastet werden können.

Der Bundesregierung in Berlin fällt allerdings nichts anderes ein. als eine Erhöhung der Sozialhilfe politisch ins Spiel zu bringen. Dies nahmen die Kommunen jedoch mit Empörung auf. Der Hauptgeschäftsführer des Deutschen Städte- und Gemeindebundes Gerd Landsberg erklärte gegenüber der Zeitung..Die Welt-. nicht der Bund. sondern die Kommunen hätten bekanntlich für die Sozialhilfe aufzukommen. Schon heute würden die Kommunen jährlich 25(1 Millionen DM für die Heizkosten sozial Schwacher zuschießen. Da sich die Preise mittlerweile verdoppelt haben. kämen durch diese Regierungspläne weitere 250 Millionen DM hinzu. Dies sprenge die Etats.

Doch, meine Damen und Herren. statt die bis 2003 mit fast 36 Pfennig pro Liter Benzin zuzüglich Mehrwertsteuer, also insgesamt 42 Pfennig, zu Buche schla gende Ökosteuer einfach abzuschaffen. fällt dieser Bundesregierung nichts anderes ein, als ihre Teilkompensation auf die Kommunen abzuwälzen. Auch wirkliche Kompensationsmöglichkeiten wie die von Frankreich. Belgien oder Italien durchgeführten Steuerrückerstattungen oder die in Portugal geltenden staatlichen Benzin

preisbindungen sind für die Herrschenden in Deutschland natürlich tabu.

Die steigenden Benzin- und Heizölpreise belasten derweil ins

besondere weiter die sozial Schwachen sowie die Familien, die Berufspendler und die gesamte Transportbranche der Bundesrepublik Deutschland. Allein die 42 000 deutschen Fuhrunternehmen fürchten uni den Verlust von bis zu 100 0(10 Arbeitsplätzen. meine Damen und Herren. Nach Angaben des Bundesverbandes Güterverkehr. Logistik und Entsorgun g sind die Gesamtkosten im deutschen Transport gewerbe seit Anfang 1999 um 11.5 ",0 gestiegen. Besonders in Brandenburg führt dieser Kostenanstieg bereits heute zu zahlreichen Insolvenzen im Transportgewerbe.

Uni all diese negativen Folgen aus der exponentiell an gestiegenen Mineralölpreisverteilung zu beseitigen, wurde unser hier vorliegender Antrag konzipiert. für den wir Sie. meine Damen und Herren. um Ihre Zustimmung bitten. - Ich bedanke mich erst einmal.

(Beifall bei der DVU)

Das Wort geht an die Koalitionsfraktionen. Der Abgeordnete Klein hat erneut das Wort.

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Die Ökosteuer beruht auf der Gesetzgebun g des Bundestages. Der Bundestag hat dafür Sorge zu tragen_ dass er einen ordentlichen Bundeshaushalt beschließt. Der Landtag hat seine Aufgaben. nämlich für einen ordentlichen Haushalt im Landtag zu sorgen. Dabei wollen wir es belassen. Wir lehnen Ihren Antrag ab, Vielen Dank.

(Beifall hei SPD und CDU)

Das Wort geht an die PDS-Fraktion. Frau Abgeordnete Osten. bitte!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Kürze des Redebeitrages meines Vorredners ist nicht mehr zu übertreffen. Ich werde mich also ein bisschen ausführlicher damit befassen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die Steuergesetze auf der Bundesebene werden heute nicht das erste Mal in diesein Landtag diskutiert. Ich habe bereits in der Aktuellen Stunde am 13. Juli dieses Jahres die Forderung aufgemacht. dass wir über das notwendige ökologische Umsteuern in der Gesellschaft diskutieren müssen. und bin fest davon überzeugt, dass das nicht allein durch Steuerpolitik bewerkstelligt werden kann.

Dieser ernsthaften Diskussion sollten wir uns also stellen. Der Antrag der DVU leistet dazu allerdings keinen Beitrag. Die DVU stellt ihren Antrag auf eine Bundesratsinitiative mit vier verschiedenen Forderungen, die alle extra betrachtet ein ganzes Programm darstellen. rührt sie in der Begründung noch ein bisschen durcheinander und meint. damit dem Volkswillen entsprechen zu können.

Wenn wir als Politiker uns der Sorgen und Probleme der Menschen in diesem Land annehmen - und das sollten wir ohne Vorbehalte tun. das trifft übrigens. Herr Minister Reiche. auch

auf die Minister zu, ich habe da den schulpolitischen Ratschlag in Frankfurt (Oder) in Erinnerung -. dann sollten wir das mit dem Wissen um das uns entgegengebrachte Vertrauen tun. Wir sollten also nicht wie Sie von der DVU-Fraktion die ernsthaften Sorgen der Menschen zu unernsten rein populistischen Anträgen missbrauchen. Sie müssten sich einfach einmal etwas mehr Arbeit machen. uni wirkliche Alternativen aufzuzeigen und Fordeningen zu stellen. die unisetzbar sind.

Der Antrag ist hochgradig populistisch. weil er in einer Zeit. in der viele Menschen durch den Anstieg der Benzin- und Energiepreise verärgert und auch in Not geraten sind. den Anschein erweckt, man wolle den Menschen helfen. Das läuft nach dem gleichen Strickmuster wie die DVU-Wahlparolen. die ich hier selbstverständlich nicht wiederholen möchte.

Ich kann Ihren Willen für gesellschaftliche Veränderungen im Sinne wirklicher sozialer Gerechti gkeit und ökologischer Zukunftsfürsorge nicht erkennen und möchte mich von Ihren populistischen Reden entschieden distanzieren.

Da ich eine ernsthafte Diskussion zum Thema Ökosteuer-Reform eingefordert habe, möchte ich zumindest noch einige Fordeningen der PDS benennen.

Erstens: Das Thema taugt nicht zum kleinkarierten Parteiengezänk. Es muss um einen ökologischen Umbau in den verschiedensten Bereichen der Gesellschaft und der Wirtschaft gehen.

Zweitens: Wir brauchen eine Umkehr in der Energie- und Verkehrspolitik, auch weil wir der Umsetzung der Klimaschutzkonvention von Rio de Janeiro 1992 verpflichtet sind.

Drittens: Wir brauchen keine Ökosteuer. die ihren Namen nicht verdient, weil die Einnahmen nicht ftir den ökolo gischen Umbau ausgegeben werden. wenn von der Energiesteuer industrielle Gewerbe ausgenommen werden und wenn es wieder zulasten der sozial Schwächeren. der Handwerker und der Mittelständler geht. Deshalb fordert die PDS die Aussetzung dieser so genannten Ökosteuer.

Viertens ist die Besteuerun g des Energieverbrauchs auch absolut ungeeignet für eine Reform der Rentenversicherung. Schließlich würde ein geringerer Energieverbrauch - das soll diese Steuer ja eigentlich bewirken - aufgrund der damit verbundenen Einnahmeausfälle zu steigenden Rentenbeiträgen führen. Dieser Zusammenhang ist ja wohl absurd.

Fünftens: Auch vor dem Hintergrund. dass die Mineralölsteuer im Jahr 2000 nicht zu den enorm gestiegenen Benzinpreisen beigetragen hat, muss es kurz- und langfristige Maßnahmen geben. z. B. ist der öffentliche Nahverkehr als ökologisehe Alternative von dieser Steuer zu befreien. Auch müssen Konkurse im Speditionsgewerbe, im Garten- und Obstbau, in der Landwirtschaft und in vielen anderen Bereichen der Wirtschaft verhindert werden. Es darf sich nicht. wie zurzeit Realität. zuungunsten der Arbeitslosen. Studenten. Rentner sowie der Menschen aus dem ländlichen Raum unseres Landes auswirken. Flexibilität muss eine Errungenschaft der technologischen Entwicklung sein und weder zum ökologischen Wahnsinn noch zum Privileg der Begüterten der Gesellschaft werden. Das sind Forderungen. denen sich alle demokratischen Parteien in der Diskussion stellen sollten. - Danke schön.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke auch. - Wir sind damit hei der Landesregierung. - Sie