Protokoll der Sitzung vom 24.01.2001

Mit der schmerzlichen zeitlichen Streckung der Nettokreditaufnahme auf null wird der Konsolidierungskurs von der Landesregierung eben nicht aufgegeben. Im Gegenteil. damit wird eine ehrliche Zahlenbasis zur Konsolidierung vorgelegt. Mit einer Mogelpackung ist uns allen nicht gedient.

Ich bin mir bewusst, dass unser Konsolidierungskurs hohe Anforderungen an alle stellt. Er zwingt uns, bisher als Selbstverständlichkeit verstandene Praktiken infrage zu stellen und innovative Wege einzuschlagen. Für die Bürgerinnen und Bürger unseres Landes bedeutet das, dass sie nicht länger davon ausgehen können, der Staat könne seine Leistungen auf Dauer in heutiger Weise bereithalten, nach dem Motto: "Koste es, was es wolle." Dabei geht es auch um neue Verantwortungsteilung, eine Verantwortungsteilung zwischen dem Staat und den Privaten. Hier muss ein Umdenken erfolgen, in dessen Mittelpunkt die Selbstverantwortung steht.

Gleiches gilt für die Unternehmen des Landes. Sie müssen davon ausgehen. dass Sie nicht mehr wie selbstverständlich auf die finanzielle Hilfe der Landesregierung zählen können. wenn sie sich in wirtschaftlichen Schwierigkeiten befinden. Wichtig ist zukünftig nicht so sehr die Bewahrung alter, sondern die Schaffung neuer. zukunftsorientierter Strukturen.

(Beifall hei SPD und CDU)

Dafür müssen wir solide Finanzierungsmöglichkeiten schaffen und das werden wir. Daher ist die am 29. Dezember 2000 erfolgte Freigabe der Strukturfondsförderung durch die EU von großer Bedeutung für unser Land. Wir erhalten damit bis 2006 einen verlässlichen finanziellen Rahmen in Höhe von 6 Milliarden DM, die wir gezielt in die nachhaltige wirtschaftliche Entwicklung unseres Landes investieren werden.

Meine Damen und Herren, auch in einer Reihe anderer Felder sind schon heute neue Wege eingeschlagen worden, die wir konsequent weiterverfolgen werden. Trotz aller finanzieller Schwierigkeiten werden wir im Rahmen des Nachtragshaushalts die Bildungsoffensive starten können. Dies unterstreicht nicht zuletzt unsere Handlungsfähigkeit in einem für unsere Kinder derart wichtigen Politikfeld. Wir werden diese Offensive nicht durch zusätzliche Kredite finanzieren, sondern die notwendigen Mittel durch Einsparungen in anderen Bereichen erwirtschaften.

Im Mittelpunkt der Wirtschaftspolitik steht die Entwicklung der innovativen Potenziale in ausgewählten Bereichen, wie zum Beispiel Biotechnologie, Medien und Verkehrstechnologie. Statt schwache und auf Dauer nicht überlebensfähige Unternehmen mit erheblichen öffentlichen Mitteln zu unterstützen, werden wir zukünftig die knappen Landesmittel noch mehr als bislang konzentriert einsetzen.

(Beifall bei SPD und CDU)

Dort, wo es möglich ist, sollten die Mittel in innovativen Feldern mit anderen Förderhilfen verzahnt werden. uni eine optimale Hebelwirkung zu erhalten.

Wir gehen verstärkt neue Wege hinsichtlich der Ausgestaltung der Finanzierungsinstrumente. So wird sich die Wirtschafts- und Technologieförderung zukünftig schrittweise weg von reinen Zuschusslösungen, die hohe Landesmittel binden, hin zu Fondsund Portfoliolösungen orientieren. die zusätzliche private Finanzmittel einwerben sollen. Konkret wird der Technologiefonds als Bindeglied zwischen den bestehenden Zuschussprogrammen und der privaten Venture-Capital-Finanzierung ausdrücklich für kleine und mittlere Unternehmen zur Verfügung stehen.

(Zuruf von der PDS)

- Ich weiß, die ganze Landespolitik ist Ihre Idee?

Der Fonds zielt ausdrücklich auf die marktnahe Vergabe von projektbezogenen Darlehen, damit insbesondere Hightech-Unternehmen und andere wachstums- und innovationsstarke Unternehmen in der schwierigen Phase zwischen Entwicklung und Markteinführung unterstützt werden.

Wir beschreiten auch neue Wege im Bereich der Arbeitsmarktförderung:

Erstens: Die Fördermittel des Landes werden zukünftig systematisch mit Mitteln der Bundesanstalt für Arbeit verzahnt.

Zweitens: Wirtschaftsministerium und Arbeitsministerium werden zukünftig eine gemeinsame Existenzgründungsförderung durchführen.

Und drittens: Im Rahmen eines dreijährigen Modellprojekts wollen wir die Geeignetheit von Lohnsubventionen für Langzeitarbeitslose und Geringqualifizierte erproben.

Natürlich steht auch die Verwaltung des Landes vor der Notwendigkeit, im Prozess der Verwaltungsmodernisierung ihre Organisation und Arbeitsweise neu zu gestalten. Dazu wurde hier vieles ausgeführt. Sie muss kostengünstiger werden, klarer, schneller und effizienter arbeiten. Deshalb hat sich die Landesregierung in der Koalitionsvereinbarung auch auf diesen klaren Modernisierungskurs mit dem Ziel schlanker und bürgernaher Verwaltungsstrukturen festgelegt.

Meine Damen und Herren, zu einer Bestandsaufnahme der Landesfinanzen gehört auch die schonungslose Analyse des Beteiligungsbereichs. Aber ich möchte ganz klar dem Eindruck entgegentreten, es ginge bei unseren Beteiligungen drunter und drüber. Das Gegenteil ist richtig. Der weit überwiegende Teil unserer 30 Unternehmen läuft geräuschlos. erfolgreich und problemlos.

(Zuruf von der PDS)

Der im Koalitionsvertrag geforderte Bericht über die Reduzierung der Landesbeteiligungen wird dazu in Kürze vorgelegt. Schwierigkeiten gab es bei der BLG und gibt es jetzt hei der LEG. Wir sind gerade dabei, die Ursachen zu analysieren. Die

Landesregierung steht zu diesem wichtigen Strukturunternehmen und den daraus erwachsenden Verpflichtungen. Die künftige Struktur des Unternehmens muss sich jedoch auf Kernbereiche beziehen. Mit dein gestern gefassten Kabinettsbeschluss zur beabsichtigten stillen Beteiligung der 1LB an der LEG erhält diese eine neue Chance, ohne dass dafür unmittelbar Landesmittel aufgewendet werden müssen. Dies ist jedoch kein Freibrief für die LEG insgesamt und niemanden, der Verantwortung für diese unerfreuliche Entwicklung trägt. Insbesondere gilt für die LEG. dass sie keine Aktivitäten aufnehmen darf, die nicht präzise bis zum Ende durchkalkuliert sind, wie es zu den Pflichten eines ordentlichen Kaufmanns gehört.

(Beifall bei SPD und CDU)

Wenn die LEG künftig Aufgaben übernehmen soll, die mit Risiken behaftet sind, muss vorher geklärt werden, wer im Falle des Scheiterns dafür aufkommt.

(Beifall bei SPD und CDU)

Die LEG wird künftig kein Selbstbedienungsladen mehr sein. bei dem man sich am Ende an der Kasse vorbeischleicht.

- Weil wir ein besseres Wahlergebnis hatten. Frau Kollegin.

(Lachen hei der SPD)

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Auf die ach so kreativen Ansätze der Rechtsaußenvertreter einer mitteldeutschen Wähning antworte ich im Zeitalter des Euro spontan mit einem Zitat von Fontane:

"Husten ist eine Qual für den, der ihn hat".

und für den. der ihn anhören muss, meine Damen und Herren. Das war wirklich eine ziemliche Zumutung, was Sie hier erzählt haben.

Die Opposition auf der Linken - das finde ich gut, Frau Osten, ich nehme das auch gern so offen zur Kenntnis - steht ganz klar zum Konsolidierun gskurs. Ich möchte aber an dieser Stelle noch einmal daran erinnern, dass wir uns gemeinsam in diesem brandenburgischen Landtag einer harten Prioritätendebatte nicht entziehen können und nicht entziehen wollen.

(Beifall bei SPD und CDU) (Zurufe von der PDS)

Verantwortung heißt auch, dass zu bezahlen ist, was bestellt wurde.

(Beifall bei SPD und CDU} Meine Damen und Herren, das Haushaltsstrukturgesetz 2000 hat gezeigt, dass wir das Sparen ernst nehmen, aber dass wir auch Zukunftsbelastungen im Auge haben. Ein solches Gesetz brau- chen wir auch für das Jahr 2002. Es wird teilweise auch schmerzliche Eingriffe bringen. Dessen sind wir uns alle be- wusst. Deshalb müssen die Prioritäten noch klarer gesetzt und verantwortungsvoll gegeneinander abgewägt werden. Meine Damen und Herren. Verwaltungsmodemisierung. Poli- zeireform. Bildungsoffensive, Gemeindegebietsreform, Steuer- reform - die Landesregierung hat wichtige Reformvorhaben selbst angepackt oder voll unterstützt. Sie können sicher sein, dass wir diesen Weg entschlossen weitergehen werden. (Zuruf von der PDS: Und koste es. was es wolle!)

Voraussetzung dafür ist aber eine Finanzpolitik. die neben dem Heute stets die Zukunft im Blick hat und an ihrem Weg festhält. Dieser Weg heißt: Konsolidierung. heute sparen für Brandenburgs Zukunft. Sie alle sind aufgefordert. sich durch Ideen und Vorschläge einzubringen. - Vielen Dank.

(Beifall bei SPD und CDU)

Ich danke ihnen, Frau Ministerin Ziegler, und erteile zum Schluss noch einmal das Wort der Fraktion der SPD, Herrn Abgeordneten Bischoff.

(Zuruf von der PDS: Woher haben Sie die viele Redezeit?)

Denn wir wollen Zukunft gestalten. statt Zinsen dauerhaft zahlen zu müssen. Und, verehrte Frau Kollegin Osten. dass Sie so tun - ich hatte jedenfalls diesen Eindnick als ob Sie von der finanziellen Situation des Landes oder von der Tatsache, dass ein Nachtragshaushalt notwendig wird. überrascht worden sind, hat mich doch etwas verwundert, weil ich Sie als eine wirklich kompetente Abgeordnete schätze. Hier im Parlament - und jeder von uns kann das nachlesen, auch die Öffentlichkeit - hat die damalige Finanzministerin Simon ganz klar erklärt, dass die Steuerreform des Bundes den Brandenburger Bürgerinnen und Bürgern zusätzlich 600 bis 800 Millionen DM in die Tasche spülen wird.

(Zurufe von der PDS)

Ich füge hinzu: Wir werden im Jahr 2001 nicht alles durch Senkung der Landesausgaben ausgleichen können. Aber an dem Konsolidierungskurs werden wir festhalten. Darauf müssen sich alle einrichten. auch die Öffentlichkeit.

Weiterhin steht im Protokoll, dass die Finanzministerin gesagt hat:

-Wir werden daher im einem Nachtragshaushalt für 2001 nicht vorbeikommen."

Das kann jeder im Protokoll des brandenburgischen Landtags nachlesen.

(Zuruf des Abgeordneten Vietze [PDS])

- Herr Vietze. laut ist nicht immer richtig!

"Der nächste Haushalt wird aller Wahrscheinlichkeit nach mit noch weniger Geld auskommen müssen."

Das wissen wir. Die Konsolidierung des Haushaltes ist daher

die richtige Antwort. Ich füge hinzu: Lothar Bisky, Sie hatten Recht.

(Frau Dettmann [SPD]}: Oh! - Vereinzelt Beifall bei der SPD)