Protokoll der Sitzung vom 25.01.2001

Ein weiterer Prüfauftrag war ein möglicher Verzicht auf ein baurechtliches Verfuhren für Grundstückskläranlagen. Der Landesgesetzgeber ist bestrebt, die Verwaltungsverfahren bürgerfreundlich zu gestalten. und hat daher die Baugenehmigung in mehreren Fällen mit Konzentrationswirkung vorgesehen. Zweck der Konzentrationswirkung ist es, dein Bür ger eine Sachentscheidung aus einer Hand zu geben und ihm Behördengänge zu verschiedenen Behörden - solche Behörden im Fall von Kleinkläranlagen wären die Natur-, die Wasser-. die Forst- und die Bauplanungsbehörde - in der gleichen Angelegenheit zu ersparen. Würde im Fall einer Kleinkläranlage auf Baugenehmigungsverfahren verzichtet, so würde, soweit es sich uni Vorhaben im Außenbereich handelt, wozu insbesondere Splittersiedlungen und Wochenendhausgebiete im ländlichen Bereich zählen, anstelle des konzentrierten Baugenehmigungsverfahrens kein anderes Verwaltungsverfahren zur Prüfung der materiellen Anforderungen aus dem Bauplanungs- und Wasserrecht gefunden.

Mit der Überarbeitung der Richtlinien über die Einsatzmöglichkeiten von Kleinkläranlagen zur Abwasserbereinigung ist begonnen worden. Es ist beabsichtigt, im Jahre 2001 die novellierte Richtlinie über den Einsatz von Kleinkläranlagen in Kraft zu setzen. Die Richtlinie wird davon ausgehen, dass Kleinkläranlagen als eine technisch ausgereifte Abwasserentsorgungstechnologie zu bewerten sind. Als solche kann man sie nach Variantenvergleich im Rahmen eines Abwasserbeseitigungskonzeptes nur für einzelne Gnindstücke betrachten.

Ich erwarte, dass durch die neue technische Entwicklung. z. B. In-Haus-Kleinkläranlagen oder Kleinkläranlagen mit Mikrofiltration hei weitgehender Entkeimung, Kleinkläranlagen in noch mehr Gebieten des dünn besiedelten ländlichen Raumes in Brandenburg eingesetzt werden können. Dabei ist und bleibt unverzichtbares Prüfkriterium zur Beurteilung eines sachgerechten Betriebes auch für Kleinkläranlagen der Nachweis über die dauerhafte Einhaltung der Reinigungsleistung. Die bisherige Befristung von wasserrechtlichen Erlaubnissen für Kleinkläranlagen soll von zehn auf fünfzehn Jahre erhöht werden.

Abschließend und bezogen auf die Abwasserentsorgung insgesamt im Land darf ich noch Folgendes betonen: Mein Haus wird auch wie bisher durch das Schuldenmanagement. durch Erarbeitung von Rechts- und Arbeitsgrundlagen zu den verschiedenen Problemen von Förderung. Planung, Betrieb und Kontrolle von Abwasseranlagen seinen Beitrag zu einer ordnungsgemäßen und kostenverträglichen Abwasserbeseitigung leisten. - Vielen Dank für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei SPD und CDU)

Schönen Dank. Herr Minister Bieler. - Das Wort geht an die Fraktion der PDS. an Herrn Abgeordneten Christoffers.

Elle Herr Christoffers hier ist, kann ich wieder Gäste im Landtag begrüßen. und zwar Schüler von der Gesamtschule Fahrland. Herzlich willkommen!

(Allgemeiner Beifall)

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich weiß nicht. wie oft bereits im Parlament und in den Ausschüssen über den Bereich Wasser und Abwasser diskutiert wurde, wie viele Zusagen und Versprechungen durch die Landesregierung gegeben und wie viel Lösungsansätze der Öffentlichkeit vorgestellt wurden,

Es bleibt allerdings auch nach Vorlage des Berichtes zu konstatieren. dass eine tatsächliche Lösung der Abwasserproblematik noch nicht absehbar ist.

(Zustimmendes Klopfen des Abgeordneten Prof. Dr. Bis- ky [PDS])

Zum wiederholten Male widerspiegelt der Bericht der Landesregierung aus meiner Sicht eine Unterschätzung der wirtschaftlichen, sozialen und regionalpolitischen Dimension des Problems. Dabei geht es mir nicht uni das Engagement einzelner Mitarbeiter der Landesregierung. nicht uni die möglichen positiven Wirkungen der Schuldenmanagementfonds, sondern um die politische Gewichtung des Bereiches Wasser und Abwasser.

Bereits bei Abschluss der Koalitionsvereinbarung hatte die PDS darauf hingewiesen, dass die Rückübertragung der Verantwortlichkeit für das Abwasserproblem vom Innenministerium an das Umweltministerium kontraproduktiv ist.

(Beifall bei der PDS)

Hier ging es uni den Abschluss einer Koalitionsvereinbarung um jeden Preis und nicht um die Lösung des Problems. Mit der Übertragung auf das Landwirtschaftsressort ist bei der Behandlung des Problems zum wiederholten Male ein Kontinuitätsbruch eingetreten. Es ist offensichtlich ein Vertrauensverlust in die Lösungskompetenz entstanden, da sich für eine Reihe von Problemverbänden die Situation weiter verschärft und nicht entschärft hat.

(Vereinzelt Beifall bei der PDS)

Die Fraktion der PDS hat seit Jahren deutlich gemacht, dass es auch eine Verantwortung der Zweckverbände und Kommunen für die entstandene Situation gibt. Das ist im Parlament auch unstrittig. Sie hat aber genauso darauf hingewiesen. dass die Landesregierung eine ordnungs- und strukturpolitische Mitverantwortung für die Entstehung und Lösung des Problems hat.

Dieser Bericht widerspiegelt meiner Ansicht nach diese Verantwortung nicht in vollem Umfang. Nach wie vor haben wir es mit zentralen Problemstellungen zu tun. Es geht zum Beispiel

erstens um das Verhältnis von dezentralen und zentralen Abwasserlösungen. Ich darf einmal daran erinnern, das wir 1995 zum ersten Mal über dieses Verhältnis gesprochen haben. Ich finde es sehr gut, Herr Minister. und begrüße es außerordentlich. dass die Richtlinie 2001 in überarbeiteter Form in Kraft getreten sein soll. Aber halten Sie denn für eine Problemlösung wirklich einen Diskussionsprozess von sechs Jahren für angemessen?

Beifall bei der PDS)

Zweitens geht es um die Differenz in der Einkommensbelastung zwischen mobiler Entsorgung und Hausanschlüssen. vor allen Dingen im Verdichtungsraum des Berliner Umlandes. Es ist eine Tatsache, dass die mobile Entsorgung teilweise bis zu 30 DM kostet. Natürlich ist es auch eine Tatsache. dass dadurch Einkommensbelastungen auftreten, die für Teile der Bevölkerung schwer realisierbar sind. Hier muss aus meiner Sicht sehr schnell eine Lösung gefunden werden. Es geht, zumindest in Teilräumen, auch um eine Erhöhung des Anschlussgrades und um eine Unterstützung dieses Bereiches.

Drittens ist die Einbindung von Lösungsansätzen des Bereiches Wasser und Abwasser in die Herausbildung regionaler Wertschöpfungsketten im Bereich der Umwelttechnik und der Entsorgung bisher nicht zureichend erfolgt.

Wir haben ein riesiges Potenzial. Herr Minister. Sie sprachen selbst den Stand der Technik an. Wir alle kennen mittlerweile den Stand der Technik im Bereich Wasser und Abwasser mehr als genügend.

Es gibt eine Reihe von sehr guten Vorhaben. wo eine Reihe von rechtlichen Genehmigungsverfahren massiv abgekürzt wird und wir uns auch ein Stück weit einen Wettbewerbsvorteil gegenüber anderen Ländern in diesem Bereich erwirtschaften können.

Ich möchte mich in meinen weiteren Ausführungen auf den Punkt 4 des Berichtes konzentrieren. Hier wird deutlich. dass wir in den letzten Jahren hei einem zentralen Punkt zur Lösung des Problems keinen Schritt weitergekommen sind. Es geht um die notwendige Zusammenführung von Kommunal- und Fachaufsicht. Wenn im Bericht zum wiederholten Male die Auffassung der Landesregierung deutlich wird. dass Kommunalaufsicht nur eine Ex-post-Betrachtung anstellen kann, das heißt. Verstöße erst dann festgestellt werden können. wenn ein Vorhaben abgeschlossen ist. so ist das nach der Diskussion von sieben Jahren eine Bankrotterklärung.

Nach mehr als siebenjähriger Diskussion ist doch deutlich geworden, dass es Veränderungen sowohl in der Tätigkeit der Rechnungsprüfungsämter als auch des Landesrechnungshofes geben muss. Sich hier hinter die Auffassung zurückzuziehen. dass eine pfliehtige Selbstverfassungsaufgabe der Gemeinden präventive Eingriffsmöglichkeiten nicht ermöglicht, ist nicht mehr zu akzeptieren. Es wird beim Umgang mit Problemen der Entwicklung von Gemeinden innerhalb der Landesregierung mit zwei verschiedenen Ansätzen gearbeitet. Während bei der Gemeindegebietsreform beabsichtigt ist, auch mit gesetzlichem Zwang Veränderungen herbeizuführen, ist die Selbstverwaltung der Gemeinden im Bereich Wasser und Abwasser im Verständnis der Landesregierung ein so hohes Gut. dass präventive Ein

griffe nicht möglich sind. Es wäre mehr als angebracht, diese verschiedenen Politikkonzeptionen zu vereinheitlichen und sich auf eine gemeinsame Linie zur Entwicklung und zur Lösung von Problemstellungen zu verständigen.

Nebenbei bemerkt: Auch in Nordrhein-Westfalen, dem Land. das der Vater vieler kommunalrechtlicher Bestimmungen auch des Landes Brandenburg ist. gibt es seit Jahren eine Diskussion über die Rolle der Kommunalaufsicht und ihre rechtlichen und tatsächlichen Möglichkeiten. Auch hier gibt es die Diskussion über die Stellung von Landesrechnungshöfen und Rechnungsprüfungsämtern. Auch hier gibt es die Diskussion darüber. die präventive Eingabe zu ermöglichen.

Ich glaube, die Situation hier im Land Brandenbur g zwingt uns förmlich dazu. sehr schnell zu Ergebnissen zu kommen. Niemand stellt die besondere Rolle der Gemeinden und ihre verfassungsgemäße Stellung in irgendeiner Art und Weise infrage. Zur Lösung des Problems ist jedoch eine Zusarnmenftahning von Kommunal- und Fachaufsicht ein zwingendes Erfordernis.

Herr Präsident, ich möchte zum Schluss noch zwei Vorschläge unterbreiten.

Erstens: Die Landesregierun g sollte aufgefordert werden. eine Arbeitsgruppe unter Einbeziehung externen Sachverstands zu bilden. die bis zum Ende des I. Quartals 2001 Vorschläge unterbreitet, wie die Zusammenführung von Kommunal- und Fachaufsicht im Land Brandenburg ausgestaltet werden kann.

Zweitens: Die Landesregierung wird aufgefordert, unverzüglich eine Ergänzung des Berichtes vorzulegen. der für die anstehenden Problemfälle im Bereich Wasser und Abwasser eine Auflistung von Problemen und Lösungsansätzen enthält.

Wenn Sie mir noch eine Bemerkung gestatten. Herr Präsident? Das ist leider nicht mehr mö glich. weil die Redezeit auf nur fünf Minuten festgelegt ist. - Ich bedanke mich für Ihre Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der PDS)

Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter Christoffers. - Ich gebe das Wort an die Fraktion der SPD, an Herrn Abgeordneten Gemme].

Sehr geehrter Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Im Zusammenhang mit der Bewertung der Lösungsansätze aus dem Bericht scheint es mir notwendig, noch einmal das Grundanliegen des Landtagsbeschlusses. der einstimmig war, in Erinnerung zu rufen. Die Aufgabe war nicht. die rechtliche Situation darzustellen. Gefordert war von der Landesregierung, aufzuzeigen, wie sie darauf hinwirken wird, dass bei der abwasserseitigen Erschließung der Siedlungsräume Brandenburgs die Möglichkeiten dezentraler Lösungen als Mittel gegen die Gebührenexplosion konsequent genutzt werden und wie durch Variantenvergleich und Bürgerbeteiligung sowie mit Mitteln der Kommunalaufsicht überteuerte technische Lösungen verhindert werden können.

Zu den Antworten des Berichts: Erster und zentraler Punkt ist die Überarbeitung der Abwasserbeseitigungskonzepte. die eine Schlüsselfunktion haben. Dazu zwei Anmerkungen:

Es fehlen Aussagen. ob und wie Aufgabenträger ohne überarbeitetes und bestätigtes Konzept grundsätzlich so lange als Aufgabenträger nicht förderfähig sind. bis der Verzicht auf überteuerte Verrohningen nachgewiesen ist. Eine Verweigerung von Fördermitteln ist oft die einzige Möglichkeit, eine vernünftige Planung zu erzwingen. Es fehlt auch eine klare Terminsetzung. Quartalsweise zu berichten ist sicherlich richtig. reicht aber in diesem Fall nicht ganz aus.

Bei aller Kritik ist dennoch ein Unidenken bei einigen Aufgabenträgen) tatsächlich erkennbar. Dazu hat natürlich auch die neue Förderhchtlinie der Landesregierung beigetragen.

Zum Punkt 3: Der Orientierungswertekatalog ist nach Aussagen von Planern eine geeignete Grundlage, um die wirtschaftlichste Variante zu finden. Die angekündigte erweiterte Fassung mit Kleinkläranlagen im Anlagenteil sollte möglichst schnell veröffentlicht werden. Entscheidend wird aber sein. ob die Planungsbüros und die Entscheidungsträger, die die Planung zu bewerten haben. die angebotenen Kontrollmöglichkeiten auch konsequent nutzen.

Jetzt komme ich zum Punkt 4, in dem das Ministerium des Innern - es war direkt angesprochen worden - Möglichkeiten aufzeigen sollte. wie mit Mitteln der Kommunalaufsicht überteuerte Projekte verhindert werden können. dienicht mit Fördermitteln des Landes unterstützt werden. Die Antwort ist quasi eine Bankrotterklärung. Ich benutze nicht zufällig die gleichen Worte. Bei nur ist genau der gleiche Eindruck entstanden.

Die kommunale Budgethoheit und die Selbstverwaltungsgarantie führen dazu - so der Bericht wörtlich -, dass re gelmäßig erst dann Verstöße festgestellt werden können, wenn die entsprechende Maßnahme bereits abgeschlossen ist und präventive Eingriffsmöglichkeiten der Kommunalaufsicht eng begrenzt sind.

Daraus könnten jetzt Ahnungslose schlussfolgern, dass die Abwassermisere eng mit der begrenzten Möglichkeit der Kommunalaufsicht zusammenhängt. Aber wir haben zum Glück den Schuldenmanagementfonds. Da können wir dann mit vielen Millionen DM reparieren. Das versteht kein Mensch. Deshalb war auch der Prüfauftrag von uns festgelegt worden.

Ich werde mich mit der Antwort jedenfalls nicht zufrieden geben und fordere schon heute zu diesem Bericht und zu diesen Aussagen eine Anhörung von Experten. Es muss auch anders gehen; so lösen wir das Problem nicht.

Zum Punkt 5: Die angekündigte Broschüre für mehr Transparenz ist genau das. was in diesem Punkt gefordert worden ist. Der Ansatz ist vernünftig. Zu den inhaltlichen Aussagen zum Thema Anschluss- und Benutzungszwang kann man in fünf Minuten nicht viel sagen. Dazu gibt es aber sehr viel zu sagen. Damit werden wir uns noch eindringlich beschäfti gen können. Nur ein Punkt: Es steht darin, die Gemeinde muss immer auf den Anschluss dringen.

Vielleicht noch ein Punkt: Das Thema abwasserfreies Grund

stück ist bisher noch nicht besprochen worden. Auch darüber müssen wir uns verständigen.

Es erscheint mir aber dennoch sinnvoll, genossenschaftliche Modelle zu überprüfen. obwohl in Punkt 6 klar und deutlich gesagt worden ist. dass Bau und Betrieb von Kleinkläranlagen auch in Zukunft privatrechtlich organisiert bleiben werden.

Das ist gut so. Da kann ich die Ausführungen des Ministeriums nur voll unterstützen.

In Punkt 7 geht es um die Vereinfachung und Kostenreduzierung beim Genehmigungsverfahren zum Bau von Kleinkläranlagen. Mit der Antwort kann ich nicht viel anfangen. Es ist also auch ein bescheidener Text. Vielleicht war der Auftrag nicht präzise formuliert. Entscheidend ist: Wenn Vorlaufkosten von 15 % durch Behördenauflagen zusammenkommen - solche Beispiele gibt es -. ist das Maß an vertretbaren Forderungen, wie sie sich aus der Baugenehmigungspraxis ergeben. weit überschritten. Der Punkt ist nicht erledigt. Auch hierzu sollte es Anhörungen geben.

Ich komme zum Schluss. Fünf Minuten für dieses wichtige Thema sind wirklich nicht angemessen.