Ich danke dem Abgeordneten Dr. Trunschke und gebe das Wort für die Koalitionsfraktionen an Herrn Dr. Niekisch.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die PDS verlangt in ihrem Antrag die Vorlage einer Konzeption für das „Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte”, und zwar samt inhaltlichen und finanziellen Komponenten. Es ist ein legitimes Anliegen, zumal Sie, meine Damen und Herren auf der linken Seite, in Ihrer Begründung bekennen, dass damit auch in diesem Haus ein wichtiges Kapitel der Vergangenheit des Landes Brandenburg aufgearbeitet werden wird, das es wert ist, Gegenstand einer parlamentarischen Debatte zu sein. Darüber habe ich mich sehr gefreut. Oder um es in Ihrer Terminologie zu sagen: Es ist schön, dass auch deutsche Sozialisten bekennen und erkennen, dass die Biografie des Landes Brandenburg nicht erst 1947 beginnt.
Doch im Ernst: Wir halten dieses Anliegen für legitim und so wichtig, dass wir es gern mit Ihnen und auch mit allen anderen Fraktionen im Ausschuss für Wissenschaft, Forschung und Kultur eingehend diskutieren sollten. Deswegen plädiere ich für die Überweisung des Antrages in den Ausschuss. Sie sehen, Herr Dr. Trunschke, wir haben gelernt, dass man Anträge der Opposition nicht einfach niederstimmt. Wir sind offen und transigent geworden. Lassen Sie uns also im Ausschuss weiter darüber diskutieren!
Hier an dieser Stelle möchte ich gern nur auf ein paar grundlegende Aspekte in der Sache und in der Substanz eingehen. Gegen Mitte und Ende der 90er Jahre wurde die Idee für das „Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte” geboren. Ich denke, mit dem Ziel, es am Neuen Markt in Potsdam unterzubringen, ist ein sehr gutes Unterfangen begonnen worden. Zweifellos sah die damalige Moderation des Projektes ein weitaus selbsttragenderes betriebswirtschaftliches Konzept vor. Aber darüber wird noch zu reden sein. Dieses Haus, dieses Museum, wird am richtigen Ort, am Neuen Markt in Potsdam, entstehen. Es steht im Konzert des Kultur-, Tourismus- und Wissenschaftsforums neben dem Geisteswissenschaftlichen Zentrum, dem Moses-Mendelssohn-Zentrum, der Tourismusförderung und dem privaten Sponsoring und der privaten Institution durch Hasso Plattner.
Dieses Institut soll sicher nicht das Säbelrasseln oder andere Dinge, die auch in der preußischen Geschichte ihren Platz hatten, verherrlichen. Davon kann gar keine Rede sein. Es geht zunächst um Aufklärung und um Bildung, dann zweitens auch noch einmal um Aufklärung und um Bildung. Wenn dann vielleicht noch etwas zur Identitätsstiftung beigetragen werden kann
und wenn auch Regional- und Nationalbewusstsein und -gefüge gestärkt werden können, kann das nur gut sein.
Aber weswegen wir vor allen Dingen Aufklärung und Bildung brauchen, möchte ich gerne einmal an einem sehr negativen Beispiel der jüngsten Zeit demonstrieren. Es gibt eine Stiftung, die heißt „Heinrich-Böll-Stiftung” und hat am 25. Februar 2001 ins Alte Rathaus nach Potsdam eingeladen, und zwar zu einer Veranstaltung mit dem Titel „Preußen ade”. Dafür auf einem Flyer geworben wurde zunächst mit einem Naziplakat. Darauf sind zu sehen Friedrich der Große, Bismarck und Adolf Hitler. Das ist bestimmt kein Zugang zur brandenburgischen oder zur preußischen Geschichte.
Ich möchte aus diesem Konvolut, das auf dem Flyer geschrieben steht, ein paar Dinge zitieren, um einmal zu zeigen, wie nötig Aufklärung in diesem Land ist. Dort steht:
„Am 18. Januar 1701 krönte sich der Herzog von Preußen und Markgraf von Brandenburg Friedrich III. eigenhändig zum König von Preußen. Anlässlich des 300. Jahrestages dieser Krönung werden die so genannten preußischen Tugenden wieder heimatkundlich verklärt und zu positiven Elementen der bürgerlichen Gesellschaft in Deutschland umgedeutet. Die historische Verbindung zwischen dem preußischen Untertanengeist und der Militarisierung der ganzen Gesellschaft lässt die heutige Beschwörung der Tugenden wie Treue, Disziplin, Gehorsam und sogar Redlichkeit suspekt erscheinen.”
„Anknüpfungspunkt für deutsche Identität sollte nach Meinung der Veranstalter nicht dazu führen, dass der Teil preußisch-deutscher Geschichte, der im Zusammenhang mit den beiden Weltkriegen nicht wegzudenken ist, entsorgt wird.”
„Im festlichen Rahmen wird die Veranstaltung an die Auflösung des Staates Preußen durch den Beschluss des Alliierten Kontrollrates erinnern. Im Beschluss des Kontrollrates wird darauf hingewiesen, dass Preußen immer der Träger von Militarismus und Reaktion gewesen sei.”
„Wir laden anschließend zu einem kleinen Umtrunk mit Champagner ein. Die bolschewistische Kulturblaskapelle wird die Veranstaltung musikalisch begleiten.”
Wenn wir noch einen deutlicheren Hinweis brauchen, dass ein Museum wichtig und notwendig ist - hier steht es drin.
Es ist wirklich schon ungeheuerlich, dass solch eine Veranstaltung mit öffentlichen Mitteln einer Stiftung aus der Taufe gehoben wird. Das ist nicht nur historischer Materialismus, das ist die vulgärste und primitivste Form davon, wenn wir nur einmal auf dieses eine Argument eingehen, dass Preußen immer Träger des Militarismus gewesen sei.
1933 an, dann war Frankreich zu 28 % an Kriegen beteiligt, England zu 23 %, Russland zu 21 % und Preußendeutschland zu ganzen 8 %. Wenn man diese Primitivität sieht, dass man als Deutscher einen Kniefall vor dem dümmsten und überflüssigsten Akt der Alliierten macht, nämlich der Auflösung des Staates Preußen,
dann kann ich nur sagen: Das ist wirklich Untertanengeist. Heinrich Mann und sein „Untertan” waren dagegen Berufsrevolutionäre.
Es ist doch nun wirklich eine Tatsache, dass es Reaktionäre waren, wie Papen und die Nazis mit ihrer Reichsreform oder mit dem Reichsstatthaltergesetz, die Preußen aufgelöst haben - oder durch den Blutrausch am 20. Juli 1944.
Also: Ich denke, es gibt eine Menge Aspekte, über die wir reden müssen. Wir müssen aufklären. Vor allem junge Menschen in diesem Land haben einen Anspruch darauf zu wissen, was Preußen ist. Wie man der Sache näher kommen kann, möchte ich am Ende mit einem kurzen Zitat des berühmten Historikers HansJoachim Schöps unterstreichen und aus seiner Monographie zitieren:
„hat zu allen Zeiten ein fast unheimliches Janusgesicht besessen. Es ist zugleich nach vorwärts und nach rückwärts gewandt. Es ist verbissen reaktionär und fast bodenlos modern. Es ist pietistisch und aufgeklärt, patriarchalisch und industriell, legitimistisch und revolutionär. Man kann es mit dem selben Recht zur Vormacht der Tradition und zum Pionier des kühnsten Unternehmungsgeistes erklären.”
Lassen Sie uns auf diesem Wege weiter diskutieren und dieses Museum entwickeln! Dann kommen wir unserer Geschichte und auch der Zukunft des Landes näher. - Danke schön.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Die seit Wochen andauernde Patriotismusdiskussion zeigt, dass Politiker der Altparteien ein gebrochenes Verhältnis zum deutschen Volk haben. Die Aussage „Ich bin stolz, Deutscher zu sein” wird zwar von der Mehrheit der Deutschen unterstützt, Berliner Politiker zeigen jedoch offene Ablehnung. Ein Franzose oder ein Türke würde erst gar nicht auf die Idee kommen, den Stolz auf sein eigenes Volk in Zweifel zu ziehen.
sage es von vornherein klar und deutlich: Auch auf die Preußen können wir mit Stolz zurückblicken. Wir haben zur Kenntnis genommen, dass der Abgeordnete Bisky nicht stolz ist, ein Preuße zu sein. Die SED - Biskys Vorgänger-Partei - hat zumindest den Versuch unternommen, traditionelle Werte in der DDR wieder einzuführen.
Die PDS möchte am liebsten jede Form von Nationalstolz beseitigen und das deutsche Volk in eine multikulturelle Gesellschaft verwandeln. Für die politische Linke ist Preußen eher ein Hort des Militarismus. So stand es auch im Kontrollratsgesetz vom 25. Februar 1947, das die Auflösung Preußens verfügte.
Für die Deutsche Volksunion ist Preußen ein Teil unserer Geschichte. Heutige Politiker sollten sich an dem Satz Friedrich des Großen: „Ich bin der erste Diener meines Staates” ein Beispiel nehmen. Sie, meine Damen und Herren der Altparteien, haben kürzlich die Diätenerhöhung beschlossen und damit verdeutlicht, dass Sie nicht ans Dienen, sondern in erster Linie ans Verdienen denken. „Mehr sein als scheinen”, war auch ein preußischer Grundsatz, der die Beamten zu Sparsamkeit und Pflichterfüllung ermahnte.
Die Altparteien haben durch ihre jüngste Diätenerhöhung unter Beweis gestellt, dass sie von Sparsamkeit und Pflichterfüllung nichts halten.
Das „Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte” ist auch deshalb von besonderer Wichtigkeit, weil gerade bei führenden Politikern Traditionsdefizite bestehen. Fraglich ist aber in der Tat, wie die inhaltliche Konzeption aussehen soll.
Wenn das Land Preußen lediglich ein Hort des Militarismus sein soll, wenn Preußen verantwortlich gemacht wird für die schrecklichen Untaten der Neuzeit, dann betrachten wir dies als Geschichtsklitterung. Preußen war ein Land der Toleranz. Denken Sie an die Freiheit der Wissenschaft und der Künste. Es wurden Universitäten gegründet. Etwa 20 000 Salzburger wurden unter Friedrich Wilhelm I. in Ostpreußen angesiedelt.
Die Hugenotten aus Frankreich, die dort wegen ihres Glaubens verfolgt wurden, durften sich in Brandenburg niederlassen.
Um hier keine Irrtümer aufkommen zu lassen: Die damaligen Einwanderungen sind schon zahlenmäßig nicht zu vergleichen mit der Masseneinwanderung seit Beginn der 70er Jahre. Außerdem standen die damaligen Einwanderer unserem Kulturkreis nicht völlig fremd gegenüber. In Preußen entstand 1794 das preußische allgemeine Landrecht. Dies war ein wichtiger Schritt zum Rechts- und Verfassungsstaat. Unter Friedrich dem Großen wurde die Trennung von Justiz und Verwaltung durchgesetzt.
1871 wurde der Staat Preußen einer von 25 Gliedstaaten, der jedoch im Deutschen Reich dominierend blieb. Der deutsche Kaiser war zugleich König von Preußen. Preußen hatte Sperrminorität im Bundesrat.
nisterpräsidenten, dem preußischen Außenminister und dem Reichskanzler Bismarck. Es gab zahlreiche personelle Verzahnungen - auch in der Beamtenschaft.
Ich muss dies klarstellen, weil gerade von der politischen Linken immer wieder der Eindruck erweckt wird, Preußen sei bereits mit der Reichsgründung am 18. Januar 1871 untergegangen. Auch in der Weimarer Republik hat Preußen lange Jahre für Stabilität gesorgt und vor allem die kommunistische Machtübernahme in den 20er Jahren verhindert. Das Land wurde übrigens von dem Sozialdemokraten Otto Braun regiert.
Die DVU wird dem Antrag deshalb zustimmen, weil es uns um die inhaltliche Konzeption geht. Wir wollen nicht von Geschichtsklitterungen überrascht werden. Die Vermittlung von Geschichte kostet Geld. Aber dieses Geld müssen wir aufbringen, denn die Bürgerinnen und Bürger haben ein Recht darauf zu erfahren, wie unsere Vorfahren gelebt bzw. die Geschicke des Staates gelenkt haben. - Ich danke Ihnen.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Angesichts der fünf Minuten beschränke ich mich auf die erfragten finanziellen und konzeptionellen Fakten.
Ein Konzept für das Haus liegt seit Ende 1999 vor. Zur Vorgeschichte: 1997 wurde vom Bund der Kutschstall mit den umliegenden Nebengebäuden mit der Maßgabe übertragen, in diesem Ensemble ein Haus der Brandenburgisch-Preußischen Geschichte einzurichten. Dieser Komplex wird seit 1999 in Kooperation mit Plattner als Tourismusforum Potsdam in der Verbindung von Kultur, geistig-wissenschaftlichen Zentren und Tourismus saniert. Die Sanierung dieses Vorhabens wird mit GA-Mitteln in einem Umfang von 35 Millionen DM finanziert.