Protokoll der Sitzung vom 05.04.2001

Das Thema Flughafenentwicklung ist eine wichtige und lohnende Aufgabe. Wir müssen gemeinsam den Weg definieren. Der erste Schritt dazu ist getan. Frau Tack, die aktuelle Verweigerungshaltung von einigen aus der Region, auch einigen Gemeinden, ist für mich kein Grund für Pessimismus. Ich gehe davon aus, spätestens zum Zeitpunkt des Planfeststellungsbeschlusses werden auch die Gemeinden, die bisher nicht gesagt haben, sie machen mit, mitmachen. Wir sollten die Chancen des Flughafens nicht zerreden, wie Sie es tun, sondern wir sollten sie nutzen. - Danke.

(Beifall bei CDU und SPD - Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Das war auch kein toller Beifall!)

Das Wort geht an die DVU-Fraktion. Herr Abgeordneter Schuldt, bitte!

Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Glauben Sie an Wunder? Wenn ja, dann gehen Sie ruhig davon aus, dass im Jahr 2007 das erste Flugzeug auf dem geplanten Großflughafen Berlin Brandenburg International in Schönefeld abhebt. Wir dagegen halten uns mit unserer Wundergläubigkeit eher zurück. Daher gehen wir nicht davon aus, obwohl - das möchte ich hier betonen - es wirklich wünschenswert wäre.

Doch selbst Sie, Herr Verkehrsminister Meyer - er ist nicht da

(Minister Meyer: Er ist da!)

Entschuldigung, Herr Verkehrsminister Meyer -, glauben, wie Sie letzte Woche der Presse gegenüber klarmachten, nicht mehr an die Einhaltung des Zeitplanes bis 2007. Sonst hätten Sie sich bei der Vorlage des Zwischenberichts auf einen Termin festgelegt.

Von der Presse wurden Sie so zitiert:

„In diesem Jahrzehnt kann der neue Flughafen auf jeden Fall genutzt werden.”

(Minister Meyer: Da sind Sie aber reingefallen!)

Am 23. April bzw. am 31. Mai soll in der Rathenau-Halle in Oberschöneweide die Anhörung beginnen und bis Herbst oder laut Ihrer Aussage, Herr Minister Meyer - wenn nötig, länger dauern.

Für die Auswertung werden dann weitere sechs Monate benötigt. Danach ist nochmals mit mehreren Hundert Klagen vor den Verwaltungsgerichten zu rechnen.

All dies, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, haben Sie selbst und natürlich Sie, meine Damen und Herren von links außen als oberste Einpeitscher der Flughafengegner, zu verantworten.

Bereits am 5. Juli 2000 erklärten Sie, Herr Minister Fürniß,

nach einer Sitzung mit Vertretern aller Gemeinden des Amtes Schönefeld im Wirtschaftsministerium, dass die Gründung einer Gesellschaft zur Entwicklung des Flughafenumfeldes erwogen werde. Während der 26. Landtagssitzung am 16. November 2000 wurde sodann der Beschluss gefasst, auf den der vorliegende Bericht der Landesregierung zurückgeht.

Sehen wir uns den Bericht jedoch genauer an, so stellen wir fest, dass die Gesellschaft zwar gegründet und ein kommissarischer Geschäftsführer eingesetzt ist, dass aber eine Geschäftstätigkeit bisher nicht stattfindet. Begründet wird dies damit, dass man weitere Gesellschafter suchen und die Anschubfinanzierung sichern müsse. Also auch hier - ähnlich wie bei der Flughafenholding - bezahlte Untätigkeit. Herr Minister Fürniß, jetzt haben Sie gesagt, dass doch gearbeitet werden soll und wird.

Dabei gäbe es für die Flughafenumfeld-Entwicklungsgesellschaft bereits heute Arbeit genug. Die Arbeitsgemeinschaft ARGE Regioplan Schönefeld stellte am 7. März 2001 ein im Auftrag des Wirtschaftsministeriums erarbeitetes Gutachten zur Entwicklung des Flughafenumfeldes vor. Bereits die aktuelle wirtschaftliche Entwicklung der Region im BBI-Umfeld wird in diesem Gutachten positiv beurteilt und bildet nach Aussagen der Experten eine gute Grundlage für die gesamtwirtschaftliche Entwicklung in der Region und die Flughafenerweiterung. Das Flughafenumfeld werde schon heute stark durch den Dienstleistungssektor bestimmt, in dem rund 70 % der hier Beschäftigten tätig seien. Im produzierenden Bereich seien insbesondere die Medizin sowie die Luft- und Raumfahrttechnik vertreten.

Also, es gibt bereits Arbeit genug für diese Gesellschaft, um dann, wenn im Jahre 2007 oder 2008 das erste Flugzeug vom Großflughafen Schönefeld abhebt, dort ein längst infrastrukturell und wirtschaftlich entwickeltes Umfeld zu haben ist.

Denken Sie nur an den Franz-Josef-Strauß-Flughafen im Erdinger Moos bei München, der sich aus dem Stand zu einer florierenden Wirtschaftszone entwickelte, und zwar parallel zum Flughafenauf- und -ausbau. Oder denken Sie an den RheinMain-Flughafen mit eigener ICE-Anbindung. Auch das Beispiel des niederländischen Flughafens Schiphol bei Den Haag könnte ich hier anführen.

Daher nochmals mein Appell an Sie, meine Damen und Herren auf der Regierungsbank, in Abwandlung eines alten Sprichwortes: Reden ist Silber, Handeln ist Gold. - Ich bedanke mich für die Aufmerksamkeit.

(Beifall bei der DVU)

Ich danke dem Abgeordneten Schuldt und gebe das Wort an die Fraktion der CDU, an den Abgeordneten Karney.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Schuldt, nicht einmal das Sprichwort stimmt, das Sie gerade genannt haben. Reden ist Silber, Schweigen ist Gold. Sie sollten deutsche Sprichwörter nicht einfach verfremden. Ich glaube, als Sie Ihre Rede geschrieben haben, waren Sie gerade beim Eierfärben und

haben nicht gewusst, was Sie tun. Die Rede war nicht einmal schlüssig. Sie sollten sich überlegen, was Sie vor dem Haus hier sagen.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit der Verwirklichung des Flughafens Berlin Brandenburg International bekommt Brandenburg das dringend benötigte Luftkreuz von internationalem Zuschnitt. Wie bei der Ansiedlung der Chipfabrik in Frankfurt (Oder) handelt es sich auch bei dem geplanten Großflughafen um eine Zukunftsperspektive erster Güte. Die Frage muss jetzt lauten: Wie können wir das Bestmögliche aus diesem bedeutenden Infrastrukturprojekt für das Land Brandenburg, für die hier lebenden Menschen herausholen? Darum geht es und um nichts anderes.

Es gibt kein Infrastrukturprojekt, das für die Entwicklung von Brandenburg, für die Zukunftssicherung seiner Menschen von größerer Bedeutung ist als BBI. Für parteitaktische Spielerchen ist ein Projekt wie dieses mit seiner Schlüsselfunktion für die wirtschaftliche Entwicklung Brandenburgs völlig ungeeignet. Die Wirtschaft Brandenburgs, deren Absatz immer noch zu stark auf den Binnenmarkt fokussiert ist, braucht das Luftkreuz als eine Verbindung zum Weltmarkt. Hier reichen sich Entwicklungsmöglichkeiten, aber auch Ansporn zur Erschließung neuer Absatzmärkte die Hände.

Der Erfolg eines Infrastrukturprojektes in der Größenordnung des BBI ist sowohl in der Planungs- und Umsetzungsphase als auch bei späterem Betrieb unlösbar mit der Akzeptanz durch Wirtschaft und Bevölkerung verbunden. Aufgabe der Landesregierung wird es sein, unter Abwägung relevanter Aspekte Rahmenbedingungen zu setzen, die bei allen Beteiligten diese notwendige positive Akzeptanz erzeugen.

Es gehört zu den Binsenweisheiten erfolgreicher Wirtschaftsund Standortpolitik, dass positive Effekte für Wirtschafts- und Arbeitsmarkt nur bei frühzeitiger Einbindung und Berücksichtigung der regionalen Wirtschaft zu erzielen sind. Dies ist für Teile des heimischen Handwerks, des Mittelstandes und des Dienstleistungssektors nicht nur eine Überlebensfrage, sondern Grundlage für eine zukunftsfeste Entwicklung.

Die Fraktionen der SPD und der CDU begrüßen daher auch die Gründung einer Flughafenumfeld-Entwicklungsgesellschaft. Die Gründung dieser Gesellschaft war notwendig, um die durch den Bau und den Betrieb des Flughafens entstehenden positiven und wirtschaftlichen Impulse und Effekte aufzugreifen, zu verstärken und dadurch den größtmöglichen Nutzen für Standortentwicklung und Arbeitsmarkt zu erzielen.

Der Ihnen vorliegende Bericht der Landesregierung zur Flughafenumfeld-Entwicklungsgesellschaft Schönefeld verdeutlicht den Zusammenhang zwischen dem Bau dieses Flughafens und der daraus resultierenden Fortschreibung der wirtschaftlichen Entwicklung Brandenburgs.

Die zunächst beschriebenen Aufgabenfelder der Gesellschaft machen deutlich, dass nur eine abgestimmte Vorgehensweise ein Maximum der gewollten und notwendigen Wechselwirkungen zwischen dem Flughafen BBI und seinem Umfeld zum Nutzen von Wirtschaft und Bevölkerung ermöglicht. Sowohl die Verbindung zwischen endgültiger Aufnahme des Geschäftsbetriebes und der Sicherung der Anschubfinanzierung, die Be

teiligung internationaler Partner mit Erfahrungen im Bereich der Flughafenumfeldentwicklung als auch die Tatsache, dass die Gemeinden des Amtes Schönefeld Verhandlungen mit der Entwicklungsgesellschaft mit dem Ziel der Integration in diese Entwicklungsgesellschaft aufgenommen haben, verdeutlicht explizit sowohl die Notwendigkeit als auch die Akzeptanz.

Die Gemeinden des Amtes Schönefeld haben bei aller anfänglichen Zurückhaltung erkannt, dass der geplante Großflughafen durch seine mittel- und langfristigen Effekte nachhaltig die Wirtschaftsstruktur der Region positiv beeinflussen wird.

Die pragmatische international gültige wirtschaftliche Rahmenbedingungen anerkennende Vorgehensweise der Umlandgemeinden dient den Menschen in dieser Region und sollte die in weiten Teilen der Landtagsopposition vorherrschende dogmatische Grundhaltung, wir sind dagegen, bis es sich nicht mehr verhindern lässt und der Erfolg sich zeigt, danach stellen wir dann fest, dass wir irgendwie und sowieso schon immer dafür waren und dass nur durch unseren beharrlichen Widerstand das Projekt zum Erfolg geführt wurde, endlich aufweichen.

Da es hier um Zehntausende Arbeitsplätze geht, fordere ich die Opposition auf, zumindest den Teil, der begriffen hat, dass Neinsagen als Oppositionsarbeit ein bisschen dünn ist, im Interesse der Menschen unseres Landes aufzuhören, Probleme und Schwierigkeiten aufzubauschen, kurz gesagt, jeden Monat eine neue Sau durchs Dorf zu treiben.

Wer von Ihnen glaubt, bei der herrschenden nationalen und internationalen Konkurrenz auf dem Luftfahrtsektor die Verwirklichung ohne Schaden für Brandenburg weiter hinauszögern zu können, der glaubt an den Weihnachtsmann oder - zeitnäher - an den Osterhasen.

Diese Landesregierung und die sie tragenden Fraktionen werden durch ihre Arbeit die nötigen Rahmenbedingungen für den wirtschaftlichen Erfolg Brandenburgs setzen. Ich fordere die Opposition zum wiederholten Male auf, zum Wohle der Brandenburger Bürgerinnen und Bürger daran mitzuwirken. - Ich bedanke mich.

(Beifall bei CDU und SPD)

Ich danke dem Abgeordneten Karney und gebe noch einmal der Landesregierung, Herrn Minister Fürniß, das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Ich darf zunächst einmal einfach, damit wir uns richtig verstehen, sagen: Der BBF beispielsweise, Frau Tack, ist deswegen nicht beteiligt, weil wir mit Bedacht gesagt haben: Die ILB macht für die 20 %, die wir für BBF vorgesehen haben, so lange den Platzhalter, bis die Privatisierung durchgezogen ist. Wir müssen doch erst einmal wissen, wo unser Partner ist, bevor wir ihn aufnehmen.

(Zuruf der Abgeordneten Frau Tack [PDS])

- Langsam, langsam! - Also kann doch das, was wir gemacht haben, Sinn machen. Im Übrigen haben wir gesagt, 51 % öffent

liche Hand, 49 % Private. Diese 51 % teilen wir zwischen Brandenburg, Berlin und den Gemeinden und Kreisen auf. Sie wissen das, sie kennen ihre Anteile. Sie haben Beschlüsse gefasst. Sie haben mir noch vor einem Jahr gesagt: Herr Minister, Sie kriegen nie eine Gemeinde um Schönefeld herum dazu, bei dieser Gesellschaft mitzumachen. - Alle sieben im Amt Schönefeld haben beschlossen mitzumachen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Gestatten Sie eine Zwischenfrage?

Aber gern. Wenn mir die Zeit nicht abgezogen wird.

Es wird Ihnen nicht angerechnet.

Herr Minister, ich habe eine Nachfrage. Können Sie sich erinnern, dass bei der Debatte im November auch die PDS-Fraktion zustimmend signalisiert hat, dass es der richtige Weg ist, eine Umfeldentwicklungsgesellschaft zu gründen? In dem Zusammenhang, dass insbesondere auch Gemeinden besondere Probleme haben - sie sind vielfältig, mindestens 20 Kommunen wurde die Bauleitplanung versagt, weshalb sie in den vergangenen Jahren aufgrund der Planungen für den Flughafen Entwicklungsdefizite einstecken mussten -, haben wir uns ausdrücklich dafür ausgesprochen, einen Interessenausgleich mit diesen Kommunen zu schaffen.

Ich kann mich sehr gut daran erinnern. Sie können sich aber auch daran erinnern, dass ich gesagt habe, die Gemeinden müssen erst einmal Beschlüsse fassen, dass sie mitmachen wollen. Ich verstehe diesen Spagat. Es ist ja schwierig: auf der einen Seite mitmachen bei der Flughafenumfeldgesellschaft, auf der anderen Seite dagegen sein, dass es überhaupt einen Flughafen gibt. Ich verstehe ja dieses Spannungsverhältnis, in dem die Gemeinden sind. Aber die Entscheidung kann ich ihnen nicht abnehmen. Die müssen sie schon selbst treffen. Ich habe damals gesagt, dass die Gemeinden eingeladen sind, sich an dieser Flughafenumfeldgesellschaft zu beteiligen.

Wir bleiben dafür offen - das muss auch so sein -, aber ich bin froh, dass zunächst einmal sieben Gemeinden um Schönefeld herum gesagt haben: Wir machen das. Sie haben etwas begriffen, was, glaube ich, nicht strittig sein darf, meine Damen und Herren: dass das Flughafenumfeld die Jobmaschine und der Wirtschaftsfaktor schlechthin bei dieser Flughafenentwicklung sind. Und wenn wir als Brandenburger diese Chance nicht nutzen, dann verdienen wir es nicht besser.

Noch eine Anmerkung zum Erdinger Moos und zu Franz Josef Strauß: Die Bayern sind schnell, aber es hat fast fünf Jahre gedauert, bis sie angefangen haben, das Flughafenumfeld zu entwickeln. Wir sind früher dran, wir entwickeln es schon,