Protokoll der Sitzung vom 17.05.2001

Die Bundesregierung hat die Veränderung der Verpackungsverordnung mit dem Ziel der Einführung von Zwangspfand auf ökologisch nicht vorteilhafte Verpackungen beschlossen. Mit dem In-Kraft-Treten der durch den Bundesrat zustimmungspflichtigen Zweiten Verordnung zur Änderung der Verpackungsverordnung muss ein Pflichtpfand von mindestens 0,25 Euro und ab einer Abfüllmenge von mehr als 1,5 Litern von mindestens 0,50 Euro erhoben werden. Von Wissenschaftlern wird die Einführung des Zwangspfandes als „ökonomisch nicht zu rechtfertigen und ökologisch nutzlos” eingestuft.

Ich frage die Landesregierung: Welche Position wird sie zur Einführung des Zwangspfandes im Bundesrat vertreten?

Mit Ihrem Einverständnis erteile ich Staatssekretär Schulze das Wort zur Beantwortung der Frage.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Wenn Sie gestatten, möchte ich zunächst für alle diejenigen, die die Diskussion um die Novelle der Verpackungsverordnung bisher nicht so intensiv verfolgt haben, etwas zum Hintergrund erläutern.

Nach nunmehr zehn Jahre geltendem Recht ist festgelegt, dass bei Unterschreiten der in der Verpackungsverordnung vorgegebenen Mehrwegquote von 72 % ein Pflichtpfand auf Einweggetränkeverpackungen erhoben wird. Es handelt sich deshalb bei der vorliegenden Novelle der Verpackungsverordnung nicht um die Einführung eines Pflichtpfands, sondern um die Anpassung der bereits bestehenden Regelung an die inzwischen gewonnenen neuen Erkenntnisse.

Die Unterschreitung der Mehrwegquote wurde erstmals für das Jahr 1997 festgestellt und hat sich im Ergebnis der vom Gesetzgeber festgelegten Nacherhebung bestätigt. Bei unveränderter Rechtslage wären danach Abfüller und Vertreiber von Bier und Mineralwasser von der Pfandpflicht für die entsprechenden Einwegverpackungen betroffen.

Jüngste ökobilanzielle Bewertungen von Getränkeverpackungen bescheinigen nunmehr auch dem Kunststoffbeutel als Milchverpackung und dem Getränkekarton die ökologische Gleichwertigkeit mit Mehrwegverpackungen. Dieser Erkenntnis soll die Novellierung Rechnung tragen. Ansonsten müsste geltendes Recht vollzogen werden mit der Folge, dass Getränkeverpackungen nicht entsprechend ihrer ökologischen Bewertung, sondern nach dem jeweiligen Füllgut der Bepfandung unterliegen würden. Das hieße beispielsweise, dass die Bierdose bepfandet wäre und die Coladose unbepfandet. Das dürfte den Verbraucherinnen und Verbrauchern keineswegs vermittelbar sein.

Dieser Novellierungsvorschlag ist das Ergebnis einer mehrjährigen Diskussion. Dabei wurden auch alle denkbaren Alternativmodelle zur Pfandpflicht, wie Steuern, Abgaben und Lizenzen, ausgiebig diskutiert. Ein im vergangenen Jahr mehrheitlich von den Ländern und vom Gesetzgeber befürwortetes Abgabemodell ist nach intensiven Gesprächen, die der Bundesumweltminister mit maßgeblichen Wirtschaftsverbänden geführt hat, nicht zum Tragen gekommen.

Die Bundesregierung hat nunmehr am 2. Mai die Zweite Änderungsverordnung zur Verpackungsverordnung beschlossen. Danach soll ab dem 1. Januar 2002 ein Pflichtpfand auf alle als ökologisch nachteilig bewerteten Getränkeverpackungen erhoben werden. Das betrifft Getränkedosen sowie Einwegglas- und -kunststoffflaschen. Wein- und Spirituosenflaschen bleiben ausgeschlossen. Bundestag und Bundesrat müssen zustimmen.

Die Einführung der Pfandpflicht findet laut Umfragen Zustimmung bei vielen Bürgern. Unser Haus erreichen auch Briefe der mittelständischen Wirtschaft, die die Einführung der Pfandregelung begrüßen. Daneben ist aber nicht zu übersehen, dass eine Reihe von einschlägigen Wirtschaftsverbänden und Brandenburger Unternehmen diese Regelung ablehnen. Die Landesregierung wird die unterschiedlichen Interessen sehr gründlich abwägen und ihre Position nach Beschluss des Bundestages und im Ergebnis der Ausschussberatungen im Bundesrat festlegen. - Danke.

Es gibt noch Klärungsbedarf. Herr Kolbe, bitte!

Herr Staatssekretär! In Fürstenwalde wird der zweitgrößte Stadtwald der neuen Bundesländer bewirtschaftet. Die SPD führt dort seit acht Jahren regelmäßig Müllsammelaktionen durch, bei denen tonnenweise Müll aus dem Wald herausbefördert wird. Aus diesem Grund zwei Fragen:

Die erste Frage: Glauben Sie, dass diese Waldvermüllung, die zu 80 % auf der Vermüllung durch Einweggetränkeverpackungen beruht, allein durch Appelle an die Vernunft oder an den guten Willen der Bürger reduziert werden könnte?

Die zweite Frage, vielleicht eher an den Wirtschaftsminister gerichtet: Ist Ihnen bekannt, dass in Schweden durch das Pfand auf Einweggetränkeverpackungen, besonders das Dosenpfand, nicht etwa Arbeitsplätze gefährdet wurden, sondern durch die Produktion, Aufstellung und Bewirtschaftung von Automaten Arbeitsplätze geschaffen wurden?

Zur ersten Frage: Ich glaube dies nicht. Die zweite Frage kann ich nicht abschließend beantworten. Ich weiß nur, da ich selbst öfter nach Schweden fahre, dass dieses System dort sehr gut funktioniert.

Danke sehr. - Das Wort geht an Frau Dr. Enkelmann, die Gelegenheit hat, die Frage 717 (Rückbau des KKW Rheinsberg) zu formulieren.

Im Zusammenhang mit dem durchgeführten Castortransport wurde von der Landesregierung wiederholt behauptet, dieser sei notwendig, um den vollständigen Rückbau des AKW bis zur grünen Wiese zu ermöglichen.

Wie bewertet die Landesregierung die Tatsache, dass für Reaktor- und Verwaltungsgebäude, Heizhaus, Bahnhof und Wasserwerk keine Pläne zum Abriss vorliegen?

Das Wort geht erneut an den Staatssekretär. Bitte sehr!

Herr Präsident! Meine Damen und Herren Abgeordnete! Gestatten Sie mir, dass ich im Namen des für die atomrechtlichen Belange zuständigen Ministers Birthler von dieser Stelle all denen, die an der Vorbereitung, Sicherung und Durchführung des Transports beteiligt waren, Dank ausspreche!

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU)

Wie vor diesem Hause bereits mehrfach bekundet, hat sich die Landesregierung sehr frühzeitig für den kontinuierlichen Rückbau des stillgelegten KKW Rheinsberg ausgesprochen. Der erfolgreich durchgeführte Castortransport war dafür eine entscheidende Voraussetzung.

Die bisherige Existenz des Kernbrennstoffes innerhalb der Anlage erforderte, dass zahlreiche technische Systeme zur Gewährleistung der Kernstoffsicherheit und des sicheren Umgangs mit Brennelementen vorgehalten wurden. Das ist nun nicht mehr erforderlich. Dem Rückbau dieser Anlagenkomponenten steht sowohl verfahrenstechnisch als auch technologisch nichts mehr im Wege.

(Zuruf von der PDS: Keine Antwort!)

Jetzt kommt sie. Der Rückbau dieser Anlage erfolgt entsprechend der Betreiberplanung mit dem Ziel, das Gelände im Jahre 2009 aus dem Regelungsbereich des Atomgesetzes zu entlassen. Entscheidungen hinsichtlich des Betriebsgeländes, der dort befindlichen Gebäude und Anlagen für den Zeitpunkt nach der Entlassung aus dem Atomgesetz können folglich nur dann getroffen werden, wenn absolute Klarheit besteht, dass keine verdeckten Kontaminationen am Standort vorhanden sind.

Dies erfordert jedoch einen gewissen Stand der Rückbauarbeiten im technologischen Teil der Anlage. Nach meiner Auffassung ist dies etwa im Jahre 2006 gegeben.

Sehr geehrte Damen und Herren, ich möchte an dieser Stelle jedoch auch darauf hinweisen, dass die Energiewerke Nord GmbH als ein durch den Bundeshaushalt unmittelbar finanziertes Unternehmen Eigentümerin der betreffenden Liegenschaft ist. Zum gegenwärtigen Zeitpunkt gibt es keine Anträge bzw. Äußerungen der Eigentümerin hinsichtlich der Verfahrensweise nach der Entlassung aus dem Atomgesetz.

Mit Blick auf die von mir vorgenannten Randbedingungen - die Kontaminationsfreiheit des Standortes und das damit verknüpfte Erreichen eines entsprechenden Rückbaustandes - ist dies sicherlich auch verständlich.

Während der letzten Monate und insbesondere im Zusammenhang mit dem Castortransport wurde die Landesregierung mit zahlreichen Fragen zur Nachnutzung dieses Standortes konfrontiert. Wir haben dabei feststellen können, dass sich ein breites Spektrum an Meinungen und Vorstellungen über die Nachnutzung im regionalen, kommunalen und politischen Raum im letzten Jahr entwickelt hat. Mein Haus hat vor diesem Hintergrund eine Studie in Auftrag gegeben, die die existierenden Vorstellungen zu Arten einer möglichen Nachnutzung erfasst und bündelt und Interessen neutral bewertet.

Ergebnisse dieser Studie, die Ende Mai/Anfang Juni im Entwurf vorliegen werden, werden in die weiteren Entscheidungsprozesse einbezogen. Mein Ziel ist es dabei, eine möglichst breite Übereinstimmung zu erreichen.

Wie bisher ist es für mein Haus auch weiterhin selbstverständlich, dass das behördliche Handeln zum Rückbau der Anlagen, aber auch hinsichtlich möglicher Entscheidungen zur Standortnutzung durch umfassende Transparenz gekennzeichnet ist. Ich lade alle herzlich ein, sich an der Diskussion zur Nachnutzung des Standortes zu beteiligen. - Ich danke Ihnen.

Es gibt noch Klärungsbedarf. Frau Dr. Enkelmann, bitte!

Herr Staatssekretär, mein Ausgangspunkt war das Versprechen der Landesregierung zum Rückbau auf die grüne Wiese. Möglicherweise müssten wir einmal definieren, was wir unter grüner Wiese verstehen.

Die erste Nachfrage: Wer trägt die Kosten für einen wirklichen Rückbau bis auf die grüne Wiese?

Zweitens: Wir haben jetzt im Zusammenhang mit dem Nachtragshaushalt erfahren, dass es durchaus möglich ist, Verpflichtungsermächtigungen bis zum Jahre 2008 einzustellen. Wäre es denkbar, auch hier eine entsprechende Verpflichtungsermächtigung einzustellen?

Drittens: Welche Vorstellungen gibt es in der Landesregierung über die Nutzung des Know-how der Beschäftigten in Rheinsberg? Wie kann das weiter genutzt werden und was will die Landesregierung hierfür tun?

Zur ersten Frage: Ich hatte versucht klarzumachen, wer Eigentümer und damit auch finanziell für den Rückbau zuständig ist. Deshalb war es auch wichtig, dass die Castoren wegkommen, damit dies weiter vollzogen werden kann. Insofern werden wir sicherlich gemeinsam und in breiter Interessenabstimmung mit dem Eigentümer und dem dafür notwendigen Finanzier im Bundeshaushalt über den Rückbau zu sprechen haben.

Dann kommen wir zur Frage 718 (Schutz der deutschen Spra- che), die der Abgeordnete Schuldt formuliert.

Der Senat von Berlin hat die Geschäftsordnung für die Berliner Verwaltung dahin gehend geändert, dass die rund 140 000 Mitarbeiter in den Berliner Behörden künftig nur noch deutsch sprechen und schreiben sollen. Besonders die Verwendung von Anglizismen soll unterbunden werden.

Ich frage die Landesregierung, ob sie sich dem Schritt des Senats von Berlin anschließen wird, da dieses angesichts der zu erwartenden Fusion der beiden Bundesländer angebracht erscheint.

Herr Innenminister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Schuldt, für das Wort Fusion gibt es auch ein deutsches Wort.

(Heiterkeit)

Ich möchte zu Ihrer Frage Folgendes sagen: Sie implizieren, dass das Land Berlin erwartet, dass die Mitarbeiter im öffentlichen Dienst nur noch deutsch sprechen und schreiben. Ich erwarte von den Mitarbeitern im öffentlichen Dienst des Landes Brandenburg, dass sie Ausländern mit Höflichkeit entgegentreten und nach Möglichkeit in der entsprechenden Sprache antworten.

Ich sage Ihnen eines: Wenn Besucher zur Bundesgartenschau kommen und auf Englisch fragen: Where can I get something to eat?, dann kann der andere nicht antworten: Ich spreche nur deutsch. Das kann ja wohl nicht wahr sein. Ich erwarte, dass derjenige dann sagt: Da oder dort gibt es etwas zu essen.

(Beifall bei CDU und SPD)

Das ist doch ein Bestandteil unserer Lebenserfahrung. Ich lade Sie ein, in Berlin einmal auf eine Meldestelle zu gehen und sich dort mit den Mitarbeitern zu unterhalten. Sie werden dann sehen, wie die Mitarbeiter dort in ihrer täglichen Erfahrung in anderen Sprachen mit den Bürgern verkehren. Von daher gesehen, glaube ich, haben Sie das, was dort gesagt wird, missverstanden. Ich möchte einmal sagen, was in dieser Verordnung steht, und dann komme ich zu der Erklärung, wie wir das sehen. Sie lautet:

„Fremdsprachliche Ausdrücke sind grundsätzlich nur zu verwenden, so weit es aus fachlichen Gründen unumgänglich ist und die Verständlichkeit gegenüber dem Bürger nicht beeinträchtigt ist.”

Es geht also darum, in welcher Form Erlasse geschrieben werden. Sie sollen verständlich sein. Das, meine ich, ist eine Verpflichtung, die jede Verwaltung hat. Von daher gesehen ist diese Regelung nicht so einseitig, wie Sie sie darstellen, aber sie lässt fremdsprachliche Ausdrücke nur zu, wenn keine geeigneten deutschen Wörter vorhanden sind oder gebildet werden können. Die Verwendung allgemein anerkannter fremdsprachlicher Fachbegriffe wie Internet, Hard- und Software oder Airbag ist damit nicht ausgeschlossen.

Ich war vorgestern Morgen bei einem Kongress E-Government. Wissen Sie, wo der war? In der Senatskanzlei von Berlin. Wissen Sie, wer die Eröffnungsrede gehalten hat? Außer mir auch der Berliner Innensenator, und er sprach über E-Government, nicht igitt, sondern „E” für Electronic-Government. Das macht deutlich, dass das von Ihnen falsch verstanden wurde.

Es geht also darum, dass hoheitliche Akte für unsere Mitbürger wirklich verständlich sind. Im Ergebnis ist daher diese Regelung eine enge Konkretisierung der geltenden Rechtslage. Die Rechtslage besagt nämlich: Deutsch ist Amtssprache.