Protokoll der Sitzung vom 20.06.2001

- Ja, das ist toll; das finde ich auch großartig.

Die Leitlinien enthalten auch eine klare Aussage zum gesetzlichen Abschluss der Gemeindegebietsreform. Unter Nummer 6 des Abschnittes „Umsetzung der Reform” ist Folgendes gesagt:

„Am Ende der Freiwilligkeitsphase - 31. März 2002 - wird das Ministerium des Innern deren Ergebnisse bewerten und der Landesregierung Vorschläge für das weitere Verfahren unterbreiten. Die Landesregierung wird sodann bis zum Abschluss der Reform die notwendigen Gesetzentwürfe dem Landtag zuleiten.”

Eine solche zweite gesetzliche Phase der Reform steht nicht im Widerspruch zur Grundorientierung möglichst weitgehender freiwilliger Neugliederungen, im Gegenteil. Diese Freiwilligkeitsphase ist Voraussetzung für die Systemgerechtigkeit bei der Umsetzung der Reform, das heißt für die landesweite Reform auf der Grundlage einheitlicher Kriterien.

Der Thüringer Verfassungsgerichtshof hat in einem Urteil vom 18. Dezember 1996 ausgeführt:

„Das Gleichbehandlungsgebot ist im Rahmen der erforderlichen Ausrichtung von kommunalen Neugliederungsentscheidungen aus Gründen des öffentlichen Wohls als verfassungsrechtliche Direktive bedeutsam und auch vom Gesetzgeber gegenüber den betroffenen Selbstverwaltungskörperschaften zu beachten.”

So weit das Urteil des Thüringer Verfassungsgerichtshofs, das auch für uns die Grundlage unserer Überlegungen ist.

Die Landesregierung bewegt sich somit auf gesicherter rechtlicher Grundlage und höchstrichterlicher Rechtsprechung. Darüber hinaus ist diese Gleichbehandlung auch ein Akt der politischen Glaubwürdigkeit.

Die Gemeinden, die sich jetzt in einem schwierigen Klärungsprozess freiwillig leitliniengerecht zusammenschließen, erwarten, dass die Vorgaben der Leitlinien konsequent landesweit umgesetzt werden, auch dann, wenn es in einigen Bereichen Schwierigkeiten gibt. Deshalb wäre ich Ihnen sehr dankbar, Frau Kollegin Enkelmann, wenn Sie daran mitwirkten, dass wir die Freiwilligkeit so ausbauen, dass es zu den gesetzlichen Maßnahmen, die Sie angesprochen haben, nicht kommt. - Herzlichen Dank.

(Beifall bei CDU und SPD)

Frau Dr. Enkelmann, bitte.

Ich denke, Ihre Eingangsbemerkungen sprechen für sich und benötigen keinen Kommentar. Sie wissen sehr gut, dass ich mich ausführlich mit diesem Thema beschäftigt habe.

(Minister Schönbohm: Meine ich doch, ja!)

Zu meinen Fragen.

Erstens: Welche Bedingungen sehen Sie bzw. das Ministerium oder die Landesregierung für Ausnahmen von den in den Leitlinien festgelegten Strukturen?

Zweitens: Sie haben richtig gesagt, nach dem März 2002 sollen die Erfahrungen ausgewertet, soll eine Bilanz gezogen werden und dann sollen Entscheidungen getroffen werden. Sind Sie der Auffassung, dass Drohungen wie „die Ämter werden zerschlagen, wenn sie sich nicht freiwillig zusammenschließen” oder „Großgemeinden werden per Gesetz durchgesetzt” oder „die finanziellen Zuwendungen für freiwillige Zusammenschlüsse werden nur bis zum März 2002 gezahlt” hilfreich sind in einem Prozess, in dem die Gemeinden tatsächlich nach einem Weg suchen? Oder sehen Sie nicht auch die Gefahr, dass die Gemeinden dies möglicherweise als Erpressung verstehen?

Verehrte Frau Enkelmann, können Sie vielleicht einmal sagen, was das für Zitate sind? Wollen Sie unterstellen, dass das Zitate von mir sind oder was wollen Sie damit unterstellen?

(Zuruf der Abgeordneten Frau Dr. Enkelmann [PDS])

- Also gut, das sind keine Zitate von mir. Ich möchte das nur klar feststellen, damit Sie mir nicht in manipulativer Art, die ich außerordentlich unfair finde, Dinge unterschieben. - Das vorweg. Ich wiederhole: Die Zitate stammen nicht von mir.

(Beifall bei CDU und SPD)

Der zweite Punkt: In den Diskussionen geht es bisweilen etwas emotional zu, was ich verstehen kann. Es geht nämlich darum, sachgerechte Lösungen zu finden. Viele Menschen haben Angst, dass die Kirche nicht im Dorf bleibt, dass die Feuerwehr nicht im Dorf bleibt und dass ihr Ort seinen Namen verliert. Alle diese Ängste bestehen zu Unrecht, weil sich weder an der Freiwilligen Feuerwehr noch an der Kirche oder dem Ortsnamen etwas ändern wird. Auf dem Ortsschild wird nur die politische Gemeinde hinzugefügt. Das wissen Sie doch alles.

Von daher kann es sein, dass im Rahmen der Diskussionen solche Äußerungen fallen. Aber eines ist klar. Ich habe in der letzten Zeit mit einigen Amtsdirektoren und Bürgermeistern gesprochen, die gesagt haben, sie seien nicht gewillt, den Weg der Leitlinien zu gehen. Ich habe ihnen gesagt, warum sie diesen Weg gehen müssen, gerade im engen Verflechtungsraum, gerade in dem Bereich, in dem Sie politisch tätig sind.

(Zuruf der Abgeordneten Frau Dr. Enkelmann [PDS])

Am Ende dieser Gespräche haben mir Bürgermeister, die gegen die Leitlinien sind, gesagt: Wir sind zwar unterschiedlicher Auffassung, halten es jedoch dennoch grundsätzlich für richtig aber bitte nicht bei uns.

Diese Argumentation kann man natürlich nicht durchgehen lassen. Ich habe damit auch in meinem Wahlkreis Schwierigkeiten. Natürlich haben wir alle Schwierigkeiten. Aber Politik heißt für mich nicht, zu sagen, wir wollen die Schwierigkeiten nicht aufnehmen. So gesehen geht es nicht um Drohungen, sondern um klare Aussagen, wie der Prozess weitergehen soll. Zur Politik gehören Ehrlichkeit und Verlässlichkeit. Diese gebieten es, deutlich zu sagen, was wir wollen.

(Zurufe von der PDS)

- Das müssen Sie noch lernen, das weiß ich.

(Lachen bei der PDS)

Wenn Sie Verantwortung haben, müssen Sie das lernen. In der Opposition ist es vielleicht leichter. Darin haben wir auch Erfahrung.

Nun noch ganz kurz Folgendes, weil es auch wichtig ist: Wir müssen auch sagen, wie wir damit umgehen wollen, wenn die Freiwilligkeit zu keinem Erfolg führt. Wollen wir dann sagen, es bleibt alles beim Alten?

(Zuruf von der SPD: Das will selbst die PDS nicht! - Wei- terer Zuruf von der SPD)

Aus diesem Grund bitte ich darum, in der Wortwahl etwas moderater zu sein. Ich werde mich bemühen, dazu einen Beitrag zu leisten.

(Vereinzelt Beifall bei SPD und CDU)

Herr Abgeordneter Sarrach, bitte.

Herr Minister, Sie haben die Entscheidung des Thüringer Ver

fassungsgerichtshofes zitiert. Sie haben aber nicht die Feststellung zitiert, dass das Allgemeinwohl auf allen Stufen des Verfahrens durch den Gesetzgeber definiert werden soll. Ich möchte Sie vor diesem Hintergrund zwei Dinge fragen.

Erstens: Ist Ihnen gegenwärtig, dass das Gemeindereformgesetz gerade nicht jene Kriterien der Leitlinien enthält, wonach unter bestimmten Umständen Ämter in amtsfreie Gemeinden umgebildet werden sollen?

Zweitens: Wenn die Leitlinien das Innenministerium bei Genehmigungen als reines Binnenrecht binden, warum sollte dann der Landtag mit seinem großen gesetzgeberischen Ermessen an Entscheidungen des Innenministeriums gebunden sein?

Sie haben einen einfachen rechtlichen Sachverhalt so schwierig dargestellt, dass ich ihn auf Anhieb nicht verstanden habe. Können Sie mir sagen, worauf es Ihnen im Kern ankommt? Es tut mir Leid, ich bin kein ausgebildeter Jurist.

Ich habe im Innenausschuss des Öfteren darauf hingewiesen, dass Sie, wenn Sie eine Bindungswirkung der Leitlinien auch für den Gesetzgeber erzielen wollten, diese Leitlinienkriterien auch in das Gesetzgebungsverfahren hätten einbringen müssen. Das ist der Gegenstand der Rechtsprechung des Thüringer Verfassungsgerichtshofes zur kommunalen Neugliederung. Es ist im Moment reines Binnenrecht. Die Kriterien für die Umwandlung der Ämter binden den Landtag nicht. Ich verstehe nicht, wie angesichts der Rechtslage vor Ort solche Erklärungen abgegeben werden können.

Die Erklärung, die ich abgegeben habe und die ich hier wiederholen möchte, damit das zweifelsfrei klar ist, lautet: Die Koalitionsfraktionen werden im Rahmen eines Gesetzgebungsverfahrens die Leitlinien zur Grundlage der Entscheidungen bei der Umsetzung der Reform machen. Ich lade Sie ein, dabei mitzumachen, weil das eine Aufgabe ist, die über die Parteigrenzen hinweg für das Land von Bedeutung ist.

Deshalb sollte man noch einmal darüber sprechen, welche Möglichkeiten die PDS sieht, sich daran zu beteiligen. Gerade in den Kommunen, in denen Sie Verantwortung tragen, in denen Sie ehrenamtliche Bürgermeister stellen, kommt dieses Problem auf Sie zu. All Ihren Parteigenossen können Sie eindeutig sagen: Dieser Weg wird weiter so gegangen. Das steht außer Frage. Das wollen wir so machen.

Von daher gesehen ist die Grundlage der Leitlinien bzw. die Wertung des Ergebnisses so, wie ich das hier dargestellt habe. Auf der Basis wird die Kommunalreform auch vom Landtag beschlossen werden, wobei klar ist, dass nicht jeder Abgeordnete damit zufrieden sein wird. Je nachdem, aus welchem Bereich er kommt, gibt es entsprechende Belastungen und Schwierigkeiten. Wir glauben aber, dass wir dies gemeinsam handhaben können, und es wäre schön, wenn Sie dabei mitmachten.

(Beifall bei CDU und SPD)

Vielen Dank. - Wir sind bei der Frage 752 (Automation von Geschäftsabläufen bei der Brandenburger Justiz). Bitte schön, Herr Kollege Neumann.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Mit dem Aufbau der Justiz in Brandenburg wurde auch damit begonnen, die Gerichte und Staatsanwaltschaften mit PC-Technik und verschiedenen Programmsystemen auszurüsten, um bestimmte Arbeitsvorgänge und Verwaltungsabläufe zu automatisieren. Die Nennung der verschiedenen Systeme, MEGA, MESTA, ARGUS usw., möchte ich mir hier ersparen, weil dies ohnehin nicht so schnell zu erfassen ist.

Ich frage die Landesregierung: Wie hat sich nach den bisherigen Erfahrungen die Einführung der einzelnen Programmsysteme auf die Effizienz der Geschäftsabläufe, auf den Personaleinsatz, auf die Verfahrensdauer sowie auf die Kosten für den Geschäftsbetrieb in den Brandenburger Gerichten, Staatsanwaltschaften und Grundbuchämtern ausgewirkt?

Herr Minister Schelter, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Neumann, die Einführung von Informationstechnik in der brandenburgischen Justiz ist weit fortgeschritten. Ihre Vorteile liegen auf der Hand. Nur mit der Einführung von IT-Progammen war es möglich, die im Lauf der Jahre angestiegenen Geschäftszahlen mit dem verfügbaren Personal zu bewältigen und die Bearbeitungszeiten in Grenzen zu halten.

Bei den Verwaltungsgerichten wird derzeit das Programm GEORG eingesetzt, das die Arbeit der Geschäftsstellen unterstützt. Noch in diesem Jahr wird damit begonnen, dieses Programm durch das modernere Programm EUREKA abzulösen, das vor allem auch die Arbeit des Richters unterstützt. Beim Finanzgericht ist dieses Programm bereits im Einsatz.