Protokoll der Sitzung vom 20.06.2001

Die Probleme mit meinem Fast-Heimatland Sachsen sind hier schwer zu erläutern. Sie kennen die lange Geschichte, bis es so weit war, dass sie sich überhaupt beteiligt haben. Wir sind im ständigen Gespräch, kommen dort aber leider kein Stück weiter.

Das Wort geht an den Abgeordneten Dellmann, der Gelegenheit hat, die Frage 749 (Naturwacht Brandenburg) zu formulieren.

Die professionelle Betreuung von Großschutzgebieten durch eine Naturwacht bzw. Ranger ist Grundlage für die internationale Anerkennung von Nationalparks und Biosphärenreservaten sowie weltweit gültiger Standard. Dies hat sich seit Anfang der 90er Jahre auch in Deutschland durchgesetzt.

In allen deutschen Nationalparks und Biosphärenreservaten sind Mitarbeiter mit Aufgaben der Schutzgebietsbetreuung und Besucherlenkung befasst, deren Anzahl die Zahl der Mitarbeiter der Naturwacht und der Mitarbeiter in den Brandenburger Großschutzgebieten weit übertrifft.

In Akzeptanzstudien und Besucherbefragungen ist in allen Schutzgebieten die Naturwacht, insbesondere als Ansprechpartner für den Tourismus, hervorgehoben worden.

In jüngster Zeit steht die Naturwacht Brandenburg in der Kritik, überwiegend „Vogelnester zu beobachten” und „Käfer zu sammeln”.

In diesem Zusammenhang frage ich die Landesregierung: Wie wertet sie den Beitrag der Naturwacht zur nachhaltigen touristischen Entwicklung des ländlichen Raumes in Brandenburg?

Herr Minister, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Kollege Dellmann, ich stimme mit Ihnen überein, was die Einschätzung der Aufgabe dieser Naturparks betrifft, und danke Ihnen für diese Frage.

Ziel der Landesregierung ist es, Naturschutz mit den Menschen zu gestalten. Um dieses Ziel zu erreichen, ist eine professionell ausgebildete Naturwacht als Mittler zwischen Mensch und Natur und als Werbeträger für brandenburgische Naturschutzpolitik unverzichtbar. Die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der Naturwacht haben in den letzten Jahren wesentlich zur Akzeptanz des brandenburgischen Großschutzgebietssystems beigetragen.

Die Integration der Naturschutzziele in die einzelnen Landnutzungsformen und die Entwicklung eines dauerhaft naturverträglichen Tourismus in den Großschutzgebieten wären ohne die enge Zusammenarbeit von Schutzgebietsverwaltungen und Naturwacht nicht denkbar. Zu einem naturverträglichen Tourismus in Schutzgebieten gehören neben der Bereitstellung touristischer Infrastruktureinrichtungen insbesondere die Besucherlenkung durch Veranstaltungsangebote, zum Beispiel naturkundliche Führungen und Projekttage für Kinder und Jugendliche, oder die Besetzung von Besucherinformationszentren mit fachkundigem Personal. Hierfür steht die Naturwacht Brandenburg.

Bei der Naturwacht sind gegenwärtig 132 Mitarbeiter beschäftigt. Wir haben eine funktionierende touristische Infrastruktur im ländlichen Raum geschaffen, die wesentlich dazu beigetragen hat, dass der Bekanntheitsgrad unserer Großschutzgebiete sowie die Zahl der Gäste und deren Zufriedenheit gesteigert

wurden sowie die Tragfähigkeit der Natur für Freizeit und Erholung erhöht wird.

Im Zuge der Haushaltsberatungen für den Doppelhaushalt 2002/2003 hat sich die Landesregierung vor dem Hintergrund der aktuellen Sparzwänge auch mit den Leistungen der Naturwacht befasst. Dabei ist die Notwendigkeit einer funktionierenden Naturwacht als Markenzeichen brandenburgischer Naturschutzpolitik und als Beitrag der Landesregierung zur nachhaltigen touristischen Entwicklung strukturschwacher Räume bejaht worden. Doch auch die Naturwacht wird ihren Beitrag zur Haushaltskonsolidierung leisten müssen. Ich weiß, es sind schmerzliche Einschnitte, die in einzelnen Großschutzgebieten zu Personalabbau führen werden. Sie sind jedoch aufgrund der Haushaltslage des Landes unvermeidbar.

Auch wenn ich hier konstatieren muss, dass die Betreuungsdichte - Sie haben es angeführt - in Brandenburgs Großschutzgebieten damit deutlich unter den Personaleinsatz in anderen deutschen Nationalparks und Biosphärenreservaten fällt, so muss ich hinzufügen: Was der Landesregierung im Rahmen der Haushaltsaufstellung möglich war, wurde realisiert.

Ich darf also zusammenfassen, Herr Kollege Dellmann: Die Landesregierung ist sich des Beitrages der Naturwacht zur nachhaltigen touristischen Entwicklung der ländlichen Räume voll bewusst und wird sich daher mit Nachdruck für den Erhalt der Naturwacht einsetzen. - Vielen Dank.

Es gibt noch Klärungsbedarf, Herr Minister. - Frau Dr. Enkelmann, bitte.

Herr Minister, stimmen Sie mit mir überein, dass die Naturwacht einen wichtigen Bestandteil für die ländliche Infrastruktur insgesamt darstellt, und zwar insbesondere im Hinblick auf wirtschaftliche Effekte, die sich aus der Beratung und Betreuung der Nutzerinnen und Nutzer in den Naturschutzgebieten ergeben?

Eine zweite Frage: Ergeben sich aus der Notwendigkeit, die FFH-Gebiete bis 2004 endgültig und umfassend auszuweisen, nicht neue Aufgaben für die Naturwacht? Wenn diese Aufgaben nicht erfüllt werden, werden in Größenordnungen weniger Fördermittel für die Landwirtschaft von der EU fließen.

Ich stimme mit Ihrer in der ersten Frage geäußerten Ansicht völlig überein. Ich möchte hinzufügen, dass wir auch daran denken sollten, dass 80 % der Menschen, die in der Naturwacht beschäftigt sind, aus „grünen” Berufen kommen, aus Land- und Forstwirtschaft sowie dem Veterinärwesen.

(Zuruf des Abgeordneten Helm [CDU])

- Das sind Arbeitsplätze im ländlichen Raum. Man sollte sich mit dem beruflichen Werdegang befassen, um sich damit qualifiziert beschäftigen zu können.

(Zuruf der Abgeordneten Frau Dr. Enkelmann [PDS])

Die Ausweisung der FFH-Gebiete bis 2004 ist für die gesamte Naturschutzverwaltung eine sehr anspruchsvolle Aufgabe. Wir werden versuchen, sie durch Bündelung und Straffung zu lösen. Die Naturwacht spielt dabei selbstverständlich eine wichtige Rolle.

(Beifall bei der PDS)

Herzlichen Dank. - Wir sind damit bei der Frage 750 (Video- überwachung). Herr Abgeordneter Petke, bitte.

Mit der Novelle des Polizeigesetzes wurde durch die große Koalition auch die Möglichkeit der offenen Videoüberwachung geschaffen.

Nachdem die Polizeipräsidenten dem Innenministerium Standortvorschläge unterbreiteten, frage ich die Landesregierung: Wann werden die ersten Videoüberwachungsanlagen installiert?

Herr Minister Schönbohm, Sie haben das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Abgeordneter Petke, mit der von Ihnen angesprochenen Novelle des Brandenburgischen Polizeigesetzes besteht für die Polizei seit dem 23. Dezember letzten Jahres die Möglichkeit, bei Vorhandensein bestimmter Voraussetzungen offene - offene! - Videoüberwachungsmaßnahmen zu ergreifen.

Es ist natürlich nicht möglich, solche Maßnahmen durch Anbringen und Betreiben von Kameras sozusagen auf Zuruf durchzuführen. Bei der praktischen Anwendung der gesetzlichen Befugnisnorm sind neben der Auswahl von Örtlichkeiten weitere wichtige Schritte, zum Beispiel Technikauswahl und Einbeziehen von Beteiligten und Betroffenen, durchzuführen. Dies nimmt einen bestimmten Zeitraum in Anspruch.

Ich möchte die Umsetzung der gesetzlichen Normen mit Nachdruck erreichen. Daher haben wir nationale und internationale Erfahrungen einbezogen und die infrage kommenden Orte im Lande Brandenburg durch die zuständigen Polizeipräsidenten untersuchen lassen. Durch das Innenministerium wurden vier geeignete Standorte bestätigt, an denen die Durchführung von Pilotprojekten erfolgen soll. Hierzu haben die betreffenden Polizeipräsidenten Projektgruppen eingerichtet, die die Pilotprojekte in intensiver Zusammenarbeit mit dem Zentraldienst der Polizei für Technik und Beschaffung sowie mit erfahrenen externen Partnern vorbereiten. Zurzeit haben wir vier Örtlichkeiten in der konrekten Vorbereitung: den Polizeibereich Eberswalde mit Bernau, den Polizeibereich Frankfurt (Oder) mit der Stadt Erkner, den Polizeibereich Oranienburg mit der Stadt Rathenow und den Polizeibereich Potsdam in Potsdam selbst.

Ende August werden die Polizeipräsidenten dem Innenministerium die Pilotprojektkonzepte vorlegen. Nach Bestätigung dieser Projekte werden wir sie umsetzen. Ich gehe davon aus, dass

die Installierung von Videoüberwachungsanlagen nach der Sommerpause erfolgen kann.

Es gibt noch Klärungsbedarf. - Frau Dr. Enkelmann, bitte.

Wie erfolgte die Abstimmung mit der Stadt Bernau über die Notwendigkeit einer Videoüberwachung? Wie sind die verantwortlichen Kommunalpolitiker in die Entscheidung einbezogen worden?

Verehrte Frau Enkelmann, die verantwortlichen Kommunalpolitikerinnen und -politiker sind nicht eingeschaltet worden - sonst hätten Sie die Frage ja nicht gestellt. Wie intensiv das unmittelbare Geschehen durch das Polizeipräsidium, durch den zuständigen Schutzbereichsleiter in Zusammenarbeit mit der Stadt im Einzelnen abläuft, kann ich Ihnen nicht sagen. Dies liegt in der Zuständigkeit der Polizeipräsidien und wird zurzeit von uns bewertet.

Wir sind bei der Frage 751 (Festhalten am Amtsmodell). Frau Dr. Enkelmann, bitte.

Der Innenminister des Landes Brandenburg wurde in einem Gespräch mit einer Abordnung von Kommunalpolitikerinnen und Kommunalpolitikern des Amtes Wandlitz gefragt, welche Folgen ein mögliches Festhalten am Amtsmodell haben könne. In seiner Antwort verwies er auf einen dann erfolgenden gesetzlichen Zusammenschluss.

Ich frage die Landesregierung: In welchem Verhältnis steht die Aussage zu dem bereits in den Leitlinien postulierten Prinzip der Freiwilligkeit?

Herr Minister Schönbohm, Sie haben erneut das Wort.

Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Frau Enkelmann, die Frage erstaunt mich, da Sie die Antwort kennen und ich davon ausgehe, dass Sie die Leitlinien gelesen haben. Meine Antwort, die ich zusammengefasst gebe, ist die Verkürzung eines Sachverhalts im Sinne einer Emser Depesche. Sie wissen ja, diese hat zum Deutsch-Französischen Krieg geführt. Aber das wollen wir nicht. Die Antwort ist, wie gesagt, eine Verkürzung.

(Der Abgeordnete Sarrach [PDS] begibt sich zum Saalmi- krofon.)

- Herr Sarrach, ich beantworte zunächst diese Frage, bevor ich zu Ihrer komme.

Die Leitlinien der Landesregierung für die Entwicklung der

Gemeindestruktur im Land Brandenburg vom 11. Juli 2000 bilden ein in sich geschlossenes System von inhaltlichen und Verfahrensregelungen. Eine Aussage, dass bei Nichtherbeiführung leitliniengerechter Neugliederung in der Freiwilligkeitsphase ein gesetzlicher Zusammenschluss ansteht, entspricht den Leitlinien. Ich möchte Ihnen noch einmal das wesentliche Ziel der Reform in Erinnerung rufen. Es geht um die landesweite Stärkung der Verwaltungs- und Leistungskraft auf der unteren kommunalen Ebene. Die Gemeindestrukturreform soll möglichst durch freiwillige Zusammenschlüsse erfolgen. Dies ist unter Nummer 1 des Abschnitts zur Umsetzung der Reform und auf Seite 12 der Leitlinienbroschüre im Einzelnen erläutert.

Das Ziel der Landesregierung ist es, die Freiwilligkeitsphase so zu nutzen, dass möglichst viele freiwillige Neugliederungen erfolgen. Es besteht auch die begründete Erwartung, dass ein Großteil der Neugliederungen tatsächlich freiwillig erreicht wird - trotz Störfeuer von verschiedenen Seiten und anlaufender Desinformationskampagnen.

Seit dem In-Kraft-Treten der Leitlinien wurden Neugliederungsverträge genehmigt, an denen bisher 31 Gemeinden beteiligt sind. 35 Vertragsentwürfe mit mehr als 200 beteiligten Gemeinden liegen derzeit zur Prüfung im Innenministerium vor und täglich gehen neue ein.

Fast jedes Wochenende finden Bürgerentscheide statt. Annähernd 90 % dieser Bürgerentscheide erbrachten bisher Zustimmung zu den vorgesehenen freiwillig zu vereinbarenden Zusammenschlüssen.

(Frau Dr. Enkelmann [PDS]: Na toll!)

- Ja, das ist toll; das finde ich auch großartig.