Wir haben im Übrigen die Voraussetzungen dafür geschaffen, dass in unserem Land ein elektronisches Grundbuch und ein elektronisches Handelsregister eingeführt werden können. Gestern hat das Kabinett dem Konzept meines Hauses zur Erprobung des elektronischen Rechtsverkehrs beim Finanzgericht Cottbus zugestimmt. Damit wird ein wichtiges Zukunftsfeld der Justiz in Richtung Bürgernähe, Dienstbereitschaft und Beschleunigung der Verfahren eröffnet.
Bei den Staatsanwaltschaften ist in den letzten Jahren eine mit der Einführung von MESTA verbundene kontinuierliche Verringerung von Verfahrenslaufzeiten statistisch feststellbar. Hier konnte der Anteil der Verfahren mit einer Dauer von bis zu einem Monat von 36,6 % im Jahre 1998 und 43,6 % im Jahre 1999 auf fast 50 % im Jahre 2000 gesteigert werden.
Verfahrensarten wie Strafbefehl, beschleunigtes Verfahren und vereinfachtes Jugendverfahren sowie der verbesserten Zusammenarbeit mit der Polizei ist dies auch das Ergebnis der durch die Einführung von MESTA ermöglichten Effizienzsteigerung bei den innerbehördlichen Arbeitsabläufen.
Die flächendeckende Einführung von Informationstechnik in der Justiz des Landes Brandenburg macht mittel- und langfristig Personaleinsparungen möglich. Die Auswirkungen im Einzelnen sind Gegenstand eines EDV-Personalkonzepts.
Im Bereich der Systeme MEGA und MESTA sowie bei den Grundbuchämtern und der Landesjustizkasse ist nach Erreichen der Vollausstattung unter Berücksichtigung eines Mehrbedarfs an technischem Fachpersonal nach den bisherigen Schätzungen per saldo eine Einsparung von mehr als 100 Stellen zu erwarten.
Eine Ermittlung von Auswirkungen der erfolgten Automation auf die Kosten des Geschäftsbetriebs ist nicht möglich, da die Ausgabenentwicklung bei den Gerichten und Staatsanwaltschaften in diesem Bereich nicht nur von der Einführung von Informationstechnik beeinflusst wird. Weitere Einflussfaktoren auf die Kostenentwicklung sind zum Beispiel die Anzahl der Verfahrenseingänge, Personalzugänge und allgemeine Preisveränderungen. Im Hinblick auf die Komplexität aller Einflussfaktoren auf die Kostenentwicklung ist es deshalb nicht möglich, etwaige Kostenveränderungen, die auf die Einführung von moderner Informationstechnik zurückzuführen sind, isoliert zu ermitteln. - Vielen Dank.
Ich danke auch. - Wir sind damit bei der Frage 758 (Lösungs- ansätze für die demographischen Probleme im Land Branden- burg), die anstelle der Frage 753 nun beantwortet werden soll. Das Wort zur Formulierung der Frage geht an die Abgeordnete Fechner.
In einem Interview mit der Zeitung „Die Welt” vom 7. Juni dieses Jahres erklärte Innenminister Jörg Schönbohm wörtlich:
„Es ist ein Irrtum anzunehmen, wir könnten die demographischen Probleme mit Zuwanderung lösen. Es löst sich nur, indem sich das deutsche Volk entscheidet, ob es ein sterbendes Volk ist oder nicht. Diese Frage muss auch stärker in die politische Diskussion geführt werden. Dies ist beispielsweise nicht nur eine Frage des Kindergeldes, sondern der Einstellung gegenüber den Kindern und ihrer sozialen Absicherung. Ich möchte auch, dass der Freiraum der Frauen erhöht wird.”
Ich frage die Landesregierung: Auf welche Weise soll nach ihren Erkenntnissen bzw. nach ihrem Willen der Freiraum der Frauen hinsichtlich der Lösung der demographischen Probleme im Land Brandenburg erhöht werden?
Herr Präsident! Meine sehr geehrten Damen und Herren! Obwohl das ein aus dem Zusammenhang gerissenes Zitat ist, will ich Folgendes sagen.
Gewiss geht es auch, aber eben nicht allein um Freiräume für Frauen. Es geht um Freiräume für Familien, um eine familienfreundliche Gesellschaft, um die Chancengleichheit für Frauen und Männer mit Kindern auf dem Arbeitsmarkt und in der Familie zu gewährleisten. Das erfordert Rahmenbedingungen, die Familie und Beruf besser miteinander vereinbaren lassen. Dazu gehören auch die neuen bundesgesetzlichen Regelungen zur Elternzeit und zum Erziehungsgeld. Diese Regelungen schaffen zusätzliche Freiräume für Mütter und Väter bei der Kindererziehung.
Ich glaube, in dem Maße, in dem bessere Rahmenbedingungen für das Leben mit Kindern entstehen, wachsen auch wieder Kinderwünsche. Die kinderfreundliche Gesellschaft ist eine wesentliche Bedingung für jede künftige Entwicklung, und dafür brauchen Frauen und Männer, Familien und Singles mit ihren Kindern die nötigen Freiräume. - Vielen Dank.
Teilt die Landesregierung die Ansicht von Herrn Minister Schönbohm, dass die demographischen Probleme nicht mit Zuwanderung gelöst werden können, und wenn ja, warum, und wenn nein, warum nicht?
Die demographischen Probleme können wir nicht allein durch Zuwanderung lösen - das haben Sie von allen Ministern der Landesregierung sicherlich schon gehört -, aber Zuwanderung ist ein Konzept, das wir in der Bundesrepublik insgesamt natürlich auch verfolgen. Darüber wird zurzeit diskutiert und es wird ein Zuwanderungsgesetz geben. Alles andere beantworten wir Ihnen dann mithilfe dieser gesetzlichen Regelung. - Vielen Dank.
Zur Formulierung der letzten zu beantwortenden Frage, nämlich der Frage 754 (Bundesvergabegesetz), geht das Wort an Frau Kaiser-Nicht.
In der 36. Landtagssitzung hat der Minister für Wirtschaft meine Anfrage nach einer Unterstützung Brandenburgs für die nordrhein-westfälische Bundesratsinitiative für ein Bundesvergabegesetz vor allem mit Verweisen auf die mit der genannten
Initiative verbundenen Probleme beantwortet. Es hieß, das Land wolle eine Initiative unterstützen, die Brandenburg nicht zusätzlich belastet. Der Staatssekretär im Ministerium für Stadtentwicklung, Wohnen und Verkehr hat am 30. Mai 2001 auf einer Tagung der Friedrich-Ebert-Stiftung mitgeteilt, dass das Land Brandenburg inzwischen im Verkehrsausschuss des Bundesrates der Initiative Nordrhein-Westfalens zugestimmt habe.
Ich frage die Landesregierung: Wie ist der Anspruch, eine Lösung zu erreichen, die Brandenburg nicht belastet, umgesetzt worden?
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Sehr geehrte Frau Kaiser-Nicht, Sie haben mich nach der Unterstützung anlässlich der Gesetzesinitiative des Landes Nordrhein-Westfalen zu einem Bundesvergabegesetz durch die Landesregierung gefragt. Bereits zu Ihrer Mündlichen Anfrage 730 hatte ich auf die besonderen Probleme hingewiesen, die gerade ein Bundesvergabegesetz bei regional unterschiedlichen Tarifen aufgrund unterschiedlicher Wirtschaftsdaten im Bauhauptgewerbe mit sich bringt.
Die Landesregierung hat sich in ihrer gestrigen Sitzung darauf verständigt, sich im Bundesrat der Stimme zu enthalten. Ich möchte zur Begründung drei Argumente anführen. Erstens: Das vorgesehene Bundesvergabegesetz in der Fassung von Nordrhein-Westfalen würde Brandenburger Unternehmen mehr belasten als entlasten. Insbesondere nicht tarifgebundene Unternehmen der Bauwirtschaft hätten gegenüber den Firmen in anderen Bundesländern einen Wettbewerbsnachteil statt - wie bisher - einen Wettbewerbsvorteil.
Zweitens: Würde der Gesetzesantrag Nordrhein-Westfalens Realität werden, müssten Brandenburger Unternehmen den gleichen Lohn zahlen wie die in Nordrhein-Westfalen ansässigen Firmen. Hinzu kämen die Fahrt- und die Unterbringungskosten. Kaum ein Brandenburger Unternehmen würde einen Auftrag in Nordrhein-Westfalen, Bayern oder anderen Ländern bekommen. Auch in Anbetracht der angespannten Haushaltssituation können wir die Begründung Nordrhein-Westfalens für diesen Gesetzentwurf nicht akzeptieren. Ich zitiere aus dem Entwurf:
„Die mit dem Gesetz verbundenen, gegebenenfalls höheren betriebswirtschaftlichen Kosten für den jeweiligen öffentlichen Auftraggeber müssen in Kauf genommen werden.”
Drittens: Dieser Grund ist für uns der wesentliche. Wir müssen auf die verfassungsrechtlichen Bedenken aufmerksam machen, die gegen ein solches Vergabegesetz bestehen. Dabei denke ich insbesondere an die Initiative Berlins. Diese Bedenken werden im Übrigen auch von der Bundesregierung geteilt. Sie alle wissen, dass das Berliner Vergabegesetz zurzeit in der Prüfung beim Bundesverfassungsgericht ist. Wir halten es für richtig, die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichtes abzuwarten, ehe wir eine eigene Initiative ergreifen.
Warum lehnt es dann Brandenburg nicht generell ab? Warum erfolgt nur eine stumme Enthaltung, wenn es so viele Nachteile hat?
Wir haben uns der Stimme enthalten, weil wir, wie ich eben gesagt habe, noch einige offene Fragen sehen, die im Laufe des Verfahrens möglicherweise geklärt werden können.
Herzlichen Dank. - Wir sind am Ende der Fragestunde und damit am Ende des Tagesordnungspunktes 1. Ich darf noch einmal darauf hinweisen: Wir hatten beschlossen, heute ohne Mittagspause bis 15.30 Uhr zu tagen.
Thema: Engagement für Demokratie, Toleranz und Integration sowie Maßnahmen zur Bekämpfung von Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit im Land Brandenburg im Spiegel des 2. Zwischenberichts der Landesregierung zur Umsetzung des Handlungskonzepts "Tolerantes Brandenburg" - Sind wir auf dem richtigen Weg?
„Die Verfassung des Landes Brandenburg beruht auf Traditionen wie Recht, Toleranz und Solidarität in der Mark Brandenburg. Sie stellt die Würde und die Freiheit des Menschen in den Mittelpunkt allen staatlichen Handelns und fordert die Gestaltung des Landes Brandenburg als lebendiges Glied der Bundesrepublik Deutschland in einem sich einenden Europa und in der Welt.”
Diese Sätze leiten das Handlungskonzept der Landesregierung gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit „Tolerantes Brandenburg” ein. Das Handlungskonzept der Landesregierung war im Jahre 1998 die Antwort auf die zunehmende Fremdenfeindlichkeit in Teilen der Bevölkerung sowie auf die Gewaltbereitschaft besonders unter Jugendlichen, die im rechtsextremistischen Gedankengut ihre Grundlage hat.
und die große Mehrheit derjenigen, die uns zuhören, und alle anderen Brandenburger haben sich in der Volksabstimmung für die Verfassung ausgesprochen. Wir alle haben uns damit aktiv für Toleranz, Solidarität und für ein demokratisches Gemeinwesen entschieden. Wir tragen gemeinsam Verantwortung dafür, dass die Werte, die wir zur Grundlage unseres Zusammenlebens bestimmten, Bestand haben.
Toleranz heißt - ich sage es bewusst noch einmal -, in Fragen der religiösen, der politischen, der weltanschaulichen und der kulturellen Überzeugung andere Anschauungen, Einstellungen, andere Sitten und Gewohnheiten gelten zu lassen und anzuerkennen. Toleranz üben, ob im privaten oder im gesellschaftlichen Leben, kann anstrengend sein. Denn es heißt nichts Einfacheres, als andere, uns fremde Lebensformen und Anschauungen, die sich von unseren eigenen unterscheiden, gelten zu lassen.
Wir müssen uns dieser Anstrengung unterziehen, wenn wir von anderen verlangen, mit unseren eigenen Anschauungen akzeptiert zu werden. Wenn wir - dazu haben wir uns bekannt - in einer freiheitlich-demokratischen Ordnung zusammenleben wollen -, also nicht von denjenigen, die die Macht dazu haben, vorgeschrieben bekommen wollen, was wir zu denken und zu fühlen haben -, dann gibt es zur Toleranz als Grundlage des Zusammenlebens keine Alternative.
Das Handlungskonzept stellt die Prävention in den Mittelpunkt mit dem Ziel, alle Bevölkerungskreise gegen Vorurteile und Klischees gegenüber Fremden und für die Ächtung jeglicher Gewalt zu sensibilisieren. Die Landesregierung macht aber auch deutlich, dass Gewalttäter nicht mit staatlicher Nachsicht zu rechnen haben. Zur Umsetzung des Handlungskonzeptes „Tolerantes Brandenburg” wurden Institutionen gestärkt bzw. ins Leben gerufen. Zu nennen sind hier das „Aktionsbündnis gegen Gewalt, Rechtsextremismus und Fremdenfeindlichkeit”, das „Mobile Beratungsteam Tolerantes Brandenburg”, das „Beratungswerk gegen Gewalt an Schulen”, die „Mobile Einsatzeinheit gegen Gewalt und Ausländerfeindlichkeit” im Rahmen der Polizei.
Der von der SPD-Fraktion initiierte Beschluss des Landtages „Maßnahmen zur Bekämpfung von Jugendkriminalität und Rechtsextremismus im Land Brandenburg” vom Dezember 1998 beauftragte die Landesregierung, insbesondere präventive Maßnahmen im Jugendbereich umzusetzen. Das Handlungskonzept und die durch den Landtag beschlossenen Maßnahmen zur Kriminalitätsbekämpfung im Kindes- und Jugendalter bestimmen seitdem das Regierungshandeln.
Ich halte den breiten Ansatz - er ist auf alle Bevölkerungsschichten gerichtet - für richtig. Sind Gewalttaten in diesem Umfeld hauptsächlich für Jugendliche typisch, so gilt es, unablässig der latenten und offenen Fremdenfeindlichkeit in nicht unwesentlichen Teilen der Erwachsenen entgegenzuwirken.