im Bundestagswahljahr 2002, die staatlich finanzierten Arbeitsbeschaffungsmaßnahmen erheblich auszuweiten, zum Wohle des Brandenburger Handwerks energisch entgegenzutreten. Das Handwerk in Brandenburg ist nicht in der Lage und nicht bereit, die Suppe auszulöffeln, die sich ein einzelner Herr durch vollmundige Wahlversprechen eingebrockt hat.
Die um sich greifende Politikverdrossenheit hat viel mit derartigen billigen Taschenspielertricks zu tun. Arbeitslosigkeit lässt sich nur durch Arbeit bekämpfen. Dafür braucht man auch in Berlin das Handwerk.
Nur kurz will ich heute auf Zahlungsmoral und Schwarzarbeit eingehen. Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen zeigt nicht die für die Klein- und Mittelbetriebe gewünschte Wirkung.
In Absprache mit meinen Kollegen in Potsdam und Cottbus werden die Handwerkskammern des Landes Brandenburg der Landesregierung Vorschläge für eine Bundesratsinitiative zur Novellierung getreu dem wünschenswerten Motto „Ein Handwerk, eine Stimme” und der Devise „Nicht nur motzen, sondern auch Vorschläge unterbreiten” zuarbeiten.
In Bezug auf die Schwarzarbeit hat nur die Bundesregierung in Abstimmung mit den Ländern die einzig wirklich wirksame Waffe in der Hand: eine spürbare Senkung der Abgabenlast an Steuern und Sozialabgaben für Unternehmer und Arbeitnehmer. Nur wenn für den Großteil der Bevölkerung Handwerkerleistungen wieder bezahlbar sind, kann Schwarzarbeit wirkungsvoll eingedämmt werden. Wie diese Erkenntnis in der Bundesregierung angesichts eines Bundeswirtschaftsministers Müller, der sich gegenüber einem Handwerker aus Brandenburg zu der Aussage verstieg, die Handwerker seien doch sowieso alle Schwarzarbeiter, Platz greifen soll, bleibt allerdings rätselhaft.
Meine Damen und Herren! Meine Position zur anstehenden EUOsterweiterung ist bekannt und soll deshalb an dieser Stelle nur plakativ dargestellt werden. Die EU-Osterweiterung kommt; sie ist ein guter und richtiger Schritt. Das Handwerk in Brandenburg hat sich weitestgehend in unternehmerischer Verantwortung selbst darauf einzustellen. Die Landesregierung hat unter Führung des zuständigen Ressortchefs, Herrn Prof. Dr. Schelter, die berechtigten Forderungen des Brandenburger Handwerks, speziell der Brandenburger Grenzregionen, nachhaltig und möglichst erfolgreich in Brüssel vertreten.
Die Forderungen des Brandenburger Handwerks, speziell der Grenzregionen, sehr geehrter Herr Minister Schelter, wurden Ihnen auf einer Veranstaltung des Wirtschaftsrates der CDU in Frankfurt (Oder) am 23.04.2001 übermittelt und beinhalten im Wesentlichen sinnvolle Übergangsfristen, notwendige Infrastrukturprogramme und eine Förderpolitik, die dem Brandenburger Handwerk eine erfolgreiche Kooperation mit einheimischen, aber auch mit polnischen Unternehmen ermöglicht. Gelingt dies, sieht auch das Handwerk in den Grenzregionen Brandenburgs mehr Chancen als Risiken.
Dass die Wahrung der berechtigten Forderungen und Interessen kein Schaulaufen wird, zeigt schon der erste, vor kurzem abgewehrte Erpressungsversuch der spanischen Regierung und der
bereits angekündigte des neuen italienischen Regierungschefs Berlusconi. Wenn gewünscht, ist das Brandenburger Handwerk zur Unterstützungsleistung gegenüber der Landesregierung in dieser schwierigen Phase gern bereit.
Die flankierende Unterstützung der Politik benötigt das heimische Handwerk auch bei einer erst 2004 eintretenden Änderung der Vergabekriterien für Kredite, kurz Basel II genannt. Aufgrund der bekanntermaßen knappen Eigenkapitaldecke ist das Handwerk bei Investitionen, aber auch bei Auftragserteilung stark kreditabhängig. Ab 2004 richtet sich die Entscheidung, ob und zu welchem Preis, sprich Zinssatz, ein Kredit von den Banken vergeben wird, nach der Wahrscheinlichkeit seines Ausfalls. Bedenkt man, dass schon heute nicht wenige Geldinstitute Kredite an Handwerksbetriebe als venture capital ansehen, kann ohne vorbereitende Maßnahmen für einen Großteil unserer Handwerksbetriebe eine unkomfortable Situation entstehen.
Nach heutigem Stand ist vorgesehen, Grundstücke und Immobilien nicht in das Ratingverfahren einzubeziehen. Da bei vielen Handwerksbetrieben gerade diese Vermögenswerte zur Kreditabsicherung dienen, fordere ich die Landesregierung auf, in Zusammenarbeit mit der Bundesregierung auf eine entsprechende Änderung der Ratingbedingungen hinzuwirken.
Die Handwerkskammern sehe ich in der Pflicht, zusammen mit den örtlichen Sparkassen und Banken ein Ratingverfahren abzustimmen, das es den Handwerksunternehmen auch nach 2004 ermöglicht, Kredite zu günstigen Konditionen zu erhalten.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Meine Ausführungen zur Situation der Handwerkswirtschaft in Brandenburg führen zu der durchaus optimistischen Schlussfolgerung: Die Lage ist ernst, aber nicht hoffnungslos.
Ich habe darauf verzichtet, über jedes Problemfeld die klebrige Konsenssoße zu gießen. Das Handwerk in Brandenburg versteht sich als Teil dieser Gesellschaft, als Teil dieses Staates und ist bereit und fähig, einen entscheidenden Anteil an der wirtschaftlichen Entwicklung Brandenburgs zu leisten. Das Handwerk in Brandenburg wird sich auch bei veränderten wirtschaftlichen Rahmenbedingungen behaupten und durchsetzen. Das Handwerk braucht dafür hier und da die Hilfe der Politik. Selbstbewusst, aber nicht selbstherrlich bitte ich nicht darum, ich fordere sie ein.
Nochmals: Das Handwerk braucht hier und da die Unterstützung der Politik, aber vergessen Sie nicht, vergessen wir alle nicht: Die Politik braucht das Handwerk auch! - Ich bedanke mich.
Ich danke dem Abgeordneten Karney und gebe jetzt das Wort an die Fraktion der PDS, an Frau Abgeordnete Stobrawa.
Ehe Frau Stobrawa hier ist, möchte ich einen seltenen Gast im Landtag begrüßen, und zwar Frau Fuchs, Mitglied des Landtages in der 1. Legislaturperiode, damals Fraktion der F.D.P., die quasi an unseren Fundamenten mitgearbeitet hat. Seien Sie herzlich willkommen, fühlen Sie sich hier wie zu Hause!
Herr Präsident! Meine sehr verehrten Damen und Herren! Lieber Herr Karney, zum ersten Teil Ihrer Rede habe ich mir aufgeschrieben: Im Gegensatz zu Ihnen haben wir das Thema Ihrer Aktuellen Stunde heute sehr ernst genommen und wollen mit Ihnen gemeinsam tatsächlich über Handwerk und Mittelstand im Zuge der Osterweiterung reden. Ich hatte hier den Eindruck, dass Sie als Präsident der Handwerkskammer und als CDUMitglied eher einen Rechenschaftsbericht vor diesem Hohen Hause geben wollten.
Ich möchte Ihnen gleichzeitig sagen: Mittelstand, Handwerksbetriebe und Reiche sind von der PDS noch nie in einen Topf geworfen worden.
Vielleicht erinnern Sie sich, dass es die PDS war, die, als es in diesem Hause um die Verteilung der Millionen für den Lausitzring ging, forderte, dieses Geld lieber den Handwerksbetrieben und den kleinen und mittelständischen Unternehmen des Landes Brandenburg zu geben, als es in diesen großen Topf zu tun.
Aus dieser Sicht, sehr geehrter Herr Karney, meine Damen und Herren, würde ich gern einige Ausführungen zu der Problematik machen.
Brandenburg hat seit dem vergangenen Sommer mehrere Initiativen auf den Weg gebracht, die dem Handwerk und dem Mittelstand in der deutsch-polnischen Grenzregion, aber auch darüber hinaus im Land Brandenburg zum Nutzen gereichen könnten. Die demokratischen Parteien des Parlaments waren maßgeblich daran beteiligt, indem sie das europapolitische Programm der Landesregierung initiierten, indem sie das von Kollegen Schelter gemeinsam mit seinen Kollegen vorgeschlagene EU-Grenzlandprogramm unterstützten und auch, indem sie in mehreren Anhörungen Handwerker und Mittelständler zu Wort kommen ließen, die nicht nur ihre Ängste, sondern auch ihre Forderungen an Landes- und Bundespolitik im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung formulierten. Auch bei der Sitzung des Europaausschusses mit den Kollegen aus Mecklenburg-Vorpommern haben wir die Landesregierung aufgefordert, ihre Bemühungen beim Ausbau der grenzüberschreitenden Verkehrsinfrastruktur zu intensivieren.
Von der CDU wurde mir in der letzten Landtagssitzung vorgeworfen, dass ich Ängste schüren würde, weil ich die Probleme des Strukturwandels im Osten in einen Kontext mit der EUErweiterung stelle. Als ich nun vor einigen Tagen, Kollege Karney, las, was Sie erklärt haben, fühlte ich mich an meine damalige Kritik erinnert. Mich erstaunt Ihre Position nicht; denn meine Fraktion hat genau diese Ängste, aber auch diese Forderung, die Handwerker und Mittelständler bewegen, in diesem Hause wiederholt aufgegriffen.
Dabei sind die Probleme, die mit dem abgeschlossenen Strukturwandel und dem immer kleiner gewordenen Absatzmarkt sowie der geringen Industrieansiedlung zusammenhängen, eben nicht zu trennen von den Befürchtungen, die viele mit dem Beitritt weiterer Staaten zur EU verbinden. Hier muss die Politik ansetzen, und - da stimmen wir, Kollege Karney, überein sie darf das nicht einfach als Angstmacherei abtun. Es ist auch zu billig, wenn der Bundeskanzler Kritik aus Polen an langen Übergangsfristen für die Arbeitnehmerfreizügigkeit damit abzubügeln versucht, indem er auf die hohe Arbeitslosigkeit in der Grenzregion auf deutscher Seite verweist.
20 % und mehr Arbeitslosigkeit in der Grenzregion sind kein Fakt, den man dem Beitrittskandidaten Polen in die Schuhe schieben kann.
Es ist allerdings ein Fakt, den man ernst nehmen muss. 1993 wurde beschlossen, die Europäische Union um weitere ost- und südosteuropäische Staaten zu erweitern. 1993, Herr Kolbe, und nicht erst 2003 oder 2004 begann bereits der Übergangszeitraum für die Erweiterung. 1993 hätten nicht nur die potenziellen Beitrittsstaaten, sondern auch die 15 Mitgliedsstaaten, darunter eben auch Deutschland, beginnen müssen, sich auf diese Erweiterung vorzubereiten. Vorbereitung heißt, dann nicht nur die bei deutschen Spitzenpolitikern so beliebte Debatte über die so genannte Finalität der europäischen Integration zu führen, sondern wirksame Schritte zur Vorbereitung der wahrscheinlich oder tatsächlich betroffenen Regionen im eigenen Land auf die Erweiterung durchzusetzen.
Bis zum heutigen Tage wird von verantwortlichen Politikern in der Bundesrepublik so getan, als ob sich nur die potenziellen Beitrittsstaaten vorbereiten müssten. In Deutschland beschränkt sich die eigene Vorbereitung vor allem auf die Durchsetzung der Einschränkung von Grundfreiheiten, die bisher zu den Grundfesten des europäischen Binnenmarktes zählten.
Der Bundeskanzler hat bei den Grenzwirtschaftskammern Sympathie geerntet, als er sich Ende des Jahres für eine verstärkte Strukturpolitik in den Grenzregionen aussprach. Allerdings ist bis auf einige Änderungen im Investitionszulagengesetz bisher nichts geschehen. Um dieses strukturpolitische Handeln der Bundesregierung einzufordern und finanziell zu untersetzen, hat meine Fraktion für den heutigen Nachmittag einen Antrag eingebracht, die für das Jahr 2000 zurückgezahlten deutschen EUBeiträge - das sind immerhin rund 4,5 Milliarden DM - für ein nationales Programm zur Förderung des Handwerks und des Mittelstandes in der Grenzregion einzusetzen.
Auch die Europäische Kommission hat - selbst zwei Jahre vor dem Beitritt von zum Teil äußerst strukturschwachen Ländern ganz offensichtlich keine Eile. Seit dem 22. Mai liegt in Brüssel ein Papier der Landesregierung vor, in dem „Vordringliche Maßnahmen zur Sicherung der Wettbewerbsfähigkeit der
Grenzregion Brandenburgs” aufgelistet sind. Es findet in vielen Punkten unsere Zustimmung. Das vom Gipfel in Nizza in Auftrag gegebene Grenzlandprogramm wird aber von der Kommission Monat um Monat verschoben, nun inzwischen schon bis in das zweite Halbjahr des Jahres 2001 hinein.
Der Beitritt Polens und vieler anderer Staaten soll aber im Jahre 2004 bereits erfolgt sein. Wir haben also keine Zeit mehr.
Ja, und die Landesebene: Herr Lenz, Sie sprachen in der 36. Sitzung von Ihren Erwartungen an die „Heranführungsstrategie für die von der Osterweiterung besonders betroffenen Regionen und Wirtschaftszweige des Landes”. Vor einem Jahr hat der Landtag diesen Auftrag an die Landesregierung formuliert. In neun Tagen ist das zweite Quartal vorbei, für das diese Strategie angekündigt war. Wir vermissen nach wie vor Aussagen dazu, bei welchen Landesprogrammen im Interesse der Handwerker und des Mittelstandes sowohl in der Grenzregion, aber auch darüber hinaus Optimierungen möglich sind. Nicht nur wir meinen, dass die Marktzugangshilfen auf den Prüfstand gehören. Auch die Frage, wie es mit dem kleinen Grenzverkehr weitergehen soll, ist offen. Ein von vielen als notwendig erachtetes Rechtshilfeprogramm steht weiterhin aus. Auch nicht bekannt ist die Haltung der Landesregierung zu den von den Grenzkammern vorgeschlagenen Verkehrsprojekten.
Alles in allem: Was meine Fraktion von der Landesregierung erwartet, das ist die Positionierung zu den von den Kammern vorgeschlagenen Maßnahmen. Die haben wir in der Anhörung des Wirtschafts- und Europaausschusses ebenso wenig gehört wie danach. Vielleicht gelingt es Ihnen, liebe Kolleginnen und Kollegen von den Koalitionsfraktionen, Ihre Regierung zu einer solchen Stellungnahme zu veranlassen. Es wäre schön, wenn die Regierung mit einer Zunge spräche und nicht jedes Ressort für sich.
Legt man den wichtigen Maßstab an, den die 28 Grenz- und Wirtschaftskammern in ihrem Papier vom November 2000 formuliert haben, nimmt man also die Auflage eines „Sonderaktionsprogrammes Grenzregionen” zum Maßstab, dann muss ich feststellen: Bisher ist unter dem Strich für die Grenzregion, aber auch für den Mittelstand in Brandenburg zu wenig herausgekommen. Deshalb - und genau an dieser Stelle unterstütze ich Sie, Herr Karney, wieder - ist es unbedingt nötig, dass die Politik hier reagiert. - Ich bedanke mich.
Ich danke Ihnen, Frau Abgeordnete Stobrawa, und gebe das Wort an die Fraktion der SPD, an den Abgeordneten Müller.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Herr Karney, vieles von dem, was Sie heute vorgetragen haben, kann ich natürlich unterstützen. Einiges hat mich aber dann doch erstaunt. Insbesondere hat mich erstaunt, was Sie zum Thema Bundestagswahlkampf 2002 mit dem Wort Taschenspielertrick gesagt haben. Sie gehen davon aus, dass da etwas passiert, was sicherlich nicht passieren wird, was aber in der Vergangenheit passiert
ist. Die Bundesregierung unter Kohl, die abgewählt worden ist, hat nämlich diese Taschenspielertricks gemacht