mit Hunderttausenden von ABM-Wahlkampfplätzen, die sie geschaffen hat. Insofern ist es ein bisschen gefährlich, wenn man so argumentiert. Mir ist nicht bekannt, dass die Bundesregierung so etwas vorhat, weil sie nämlich eine Konsolidierung des Haushaltes durchführt, und da verbieten sich solche Wahlkampfgeschenke.
Jetzt komme ich zu dem Thema, welches wir eigentlich miteinander besprechen wollten. „Handwerk hat goldenen Boden” das sagt man. Nur dummerweise stimmt es so, wie sich das Sprichwort leicht sagen lässt, einfach nicht. Wenn man sich das Handwerk in Brandenburg und in den anderen neuen Bundesländern ansieht, stellt man fest, dass es mit dem „goldenen Boden” nicht so weit her ist. Wir haben massive Probleme, bei denen auch durchaus erklärbar ist, woher sie kommen. Insofern müssen wir auch einen besonderen Blickwinkel anwenden.
Ich will aber auch ganz deutlich sagen: Die Probleme, die wir im Brandenburger Handwerk haben, haben mit der EU-Osterweiterung erst einmal überhaupt nichts zu tun. Sie sind davon vergleichsweise unabhängig. Es ist nur ein relativ kleiner Anteil, der sich noch an zusätzlichen Problemen, aber auch an Chancen aus der EU-Osterweiterung ergeben wird. Insofern muss man das durchaus auch insgesamt betrachten. Man kann nicht die EU-Osterweiterung allein betrachten. Dann kommt man nicht weiter.
Was ist die Besonderheit des ostdeutschen Handwerks? Wir hatten nach der Wende 1989 eine Entwicklung, die in den alten Bundesländern eigentlich so nie richtig stattgefunden hat. Wir hatten auf der einen Seite einen Nachfrageschub in einer Größenordnung, der dazu geführt hat, dass Unternehmen ohne Ende entstanden sind. Auf der anderen Seite hatten wir aber temporär einen sehr begrenzten Bereich, wo diese Nachfrage stehen geblieben ist. Ich erinnere an das, was im Bereich Heizung, Fenster, Dächer passiert ist, an all solche Dinge, die in einem relativ kurzen Zeitraum - von 1990 bis 1995/96 - nachgeholt werden mussten. Genau das, was in der Zeit davor nicht renoviert, instand gesetzt werden konnte, wurde nachgeholt. Damit war dann aber sehr plötzlich wieder Schluss.
Das macht das Problem, das wir heute im Handwerk haben, deutlich: Es bestehen Überkapazitäten. Wir haben eine Entwicklung zu verzeichnen gehabt, die im Prinzip ungünstiger nicht hätte verlaufen können: ein massives Ansteigen der Nachfrage und danach sofort wieder eine massive Abnahme der Nachfrage. Das geht in keiner Branche gut. Denn die Kapazitäten, die aufgebaut wurden, sind dann am Markt vorhanden und führen zu Verwerfungen.
Allerdings stellt - das muss man auch unterstreichen - die Gründerwelle nicht nur im Handwerk, sondern auch im Mittelstand insgesamt, auch heute noch das Rückgrat unserer Wirtschaft dar. Wenn man sich zum Beispiel das Steueraufkommen ansieht, stellt man fest, dass es gerade die kleinen und mittleren Betriebe sind, die die Steuern zahlen. Wir wissen, dass es in
Die Probleme, die wir beim Handwerk bzw. beim Mittelstand aufgrund der Nachfrage herauskristallisieren können, überlagern sich allerdings mit Grundproblemen, die darüber hinaus auch noch bestehen. Ich erinnere in diesem Zusammenhang an die Eigenkapitalschwäche unserer Unternehmen, die seit vielen Jahren durchaus wahrnehmbar ist. Wir haben eine zu geringe Produktivität, was wiederum mit der Eigenkapitalschwäche zusammenhängt. Wer kein Eigenkapital besitzt, kann nicht so viel investieren. Damit wird die Produktivität nicht erhöht und Ähnliches mehr.
Das Ausmaß an illegaler Beschäftigung und Schwarzarbeit ist unerträglich. Dies hängt aber wiederum mit den teilweise zu hohen Arbeitskosten zusammen. Darüber hinaus haben wir einen Strukturwandel zu verzeichnen, was auch nicht vergessen werden darf. Bis 1985 haben wir im Prinzip nationale Märkte gehabt. Der EU-Binnenmarkt wirkt sich erst seit Anfang der 90er Jahre bis nach Brandenburg aus, mit dem Ergebnis, dass aufgrund der Arbeitnehmerfreizügigkeit auf dem Bausektor eine Entwicklung stattgefunden hat, die es zuvor so nicht gab. Auf einmal waren auf den Berliner Baustellen sehr stark ausländische Mitarbeiter vertreten, was zuvor nicht möglich war. - Ich will nicht dagegen sprechen; aber das ist eine Entwicklung, die man in die Überlegungen mit einbeziehen muss.
Hinzu kommt ein Weiteres, das ich ebenfalls ansprechen möchte. Auch die Politik hat Dinge gemacht, die man hinterfragen muss. In diesem Zusammenhang geht es um Belastungen und Bürokratie für die Unternehmen, für das Handwerk. Ich will nur ein paar Dinge erwähnen: Kündigungsschutz, Lohnfortzahlung, Ökosteuer, Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit, Betriebsverfassungsgesetz, Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen. Diese Dinge sind umgesetzt.
Trotzdem sind diese Gesetze mit Belastungen und teilweise mit Bürokratie verbunden. Das ist meine Kritik daran.
Weitere Gesetze bzw. Veränderungen sind auf dem Weg: Basel II - dies ist bereits angesprochen worden -, Gleichstellungsgesetz, Vergabegesetz. Auch diese Dinge werden zu Bürokratie führen. Bürokratie bedeutet aber Verunsicherung gerade für kleine und mittlere Unternehmen, die in der Regel nicht so bürokratiefest sind wie ein Großunternehmen, das eine Rechtsabteilung hat.
All diese Dinge, die wir bereits feststellen können, werden sich im Zusammenhang mit der EU-Osterweiterung noch einmal verändern, wobei man allerdings sagen muss: Die EU-Osterweiterung ist eine Chance für unsere Unternehmen. Sie eröffnet Kooperationsmöglichkeiten und Exportchancen, die allerdings auch wahrgenommen werden müssen. Unser Problem wird darin bestehen, dass nicht alle Unternehmen diese Chancen wahrnehmen werden. Einem Großteil der Unternehmen wird es nicht gelingen, dies umzusetzen, wodurch für diese Unternehmen eine gewisse Belastung entsteht.
Dies alles wird - das muss man sich auch klarmachen - nicht nur ein Problem der Grenzregionen sein. Man kann sich überlegen, wo osteuropäische Unternehmen versuchen werden, Arbeit zu finden. Das wird nicht in den Bereichen geschehen, in denen relativ wenig passiert. Sie werden in Regionen gehen, in denen viel passiert, also nach Berlin und in den engeren Verflechtungsraum. Die Auswirkungen werden also Brandenburg fast insgesamt betreffen.
Es wird gegengesteuert. Wichtig ist, dass die Investitionszulage in der Grenzregion auf 27,5 % erhöht wurde, weil dies einen Anreiz darstellt zu investieren. Genauso wichtig ist es, dass Land und Bund insbesondere gemeinsam mit den polnischen Partnern versuchen, die Infrastruktur weiterzuentwickeln - die Grenzübergänge, die Brücken, die noch zu bauen sind -, weil dies eine Grundvoraussetzung dafür ist, dass unsere Unternehmen die bestehenden Chancen auch wirklich wahrnehmen können.
Ich will an einem Punkt auch noch einmal deutlich machen, wo Veränderungsmöglichkeiten bestehen. Was die Zahlungsmoral angeht, gibt es grundsätzliche Probleme. Das Gesetz zur Beschleunigung fälliger Zahlungen hat nicht in dem Maße gewirkt, wie wir dies erhofft haben. Es gibt sogar Stimmen, die sagen, es habe sich eher nachteilig ausgewirkt. Hierzu ein Beispiel:
Wenn eine Zwischenrechnung nicht bezahlt ist, kann der Auftraggeber einen Gutachter bestellen. Dieser stellt dann fest, ob Mängel bestehen oder nicht. Dies führt aber immer noch nicht dazu, dass gezahlt wird. Trotzdem muss dann noch der Rechtsweg beschritten werden. Hinzu kommt, dass der Gutachter nicht einmal feststellen muss, ob es sich um wesentliche oder unwesentliche Mängel handelt, sodass im Ergebnis eine Beschleunigung nicht zu erreichen ist.
Hier muss doch mehr möglich sein. Warum können wir nicht erreichen, dass die Gerichte entlastet werden, dass der Gutachter den Mangel quantifiziert und daraufhin die Zahlung sofort fällig ist? Dies bedeutet, dass man nicht mehr den Gerichtsweg gehen müsste und dass das Risiko umgedreht würde. In dem Moment, in dem ein staatlich anerkannter Gutachter festgestellt hätte, dass die Leistung erbracht ist, würde das Risiko auf den Bauherren übergehen, da dieser sofort bezahlen müsste. Der Bauherr könnte den Gerichtsweg beschreiten, aber er müsste sofort bezahlen. Dies wäre wirklich eine Beschleunigung, die mit dem Gesetz bislang nicht erreicht wurde. Das ist meine Kritik an den Gesetzen: Sie wollen durchaus etwas Gutes - Bürokratie wird dabei immer entstehen -, aber das Ziel wird manchmal nicht erreicht. Das muss man ändern.
Insofern kann auch die Politik eine ganze Menge dazu beitragen, dass unseren Unternehmen der Übergang in ein größeres Europa erleichtert wird.
Meine erste Forderung lautet: Keine neuen Belastungen! Wir müssen darüber hinaus Bürokratie verringern. Wir müssen die öffentlichen Investitionen verstetigen, damit wir nicht noch zusätzlich ein Nachfrageloch organisieren. Wir müssen die Arbeitskosten entlasten. Wir müssen stärker und konzentrierter gegen Schwarzarbeit und illegale Beschäftigung vorgehen. Das geht auch. Man glaubt es kaum. - Wir müssen auch versuchen, die Zahlungsmoral zu verbessern, auch durch gesetzliche
Regelungen, die tatsächlich helfen. Wir müssen Kooperationen zwischen den Unternehmen fördern. Wir müssen erreichen, dass der Solidarpakt II auf hohem Niveau fortgeführt wird. Wir müssen erreichen, dass insbesondere die Grenzregionen auch nach 2006 Ziel-1-Gebiet bleiben. Und wir müssen - das sehe ich etwas anders als die Kollegen von der PDS - Übergangsregelungen organisieren, was die Arbeitnehmerfreizügigkeit und die Dienstleistungsfreiheit angeht. Sonst werden wir die Menschen in der Region auf dem Weg in ein größeres Europa nicht mitnehmen können, weil die Ängste so stark werden, dass der Erfolg nicht zu organisieren ist.
Insofern kann die Politik eine Menge bewegen. Packen wir es an! - Ich danke für Ihre Aufmerksamkeit.
Ich danke Ihnen, Herr Abgeordneter, und gebe das Wort an die DVU-Fraktion, an Frau Abgeordnete Hesselbarth.
Herr Präsident! Meine Damen und Herren! Den Handwerksund mittelständischen Betrieben im Land Brandenburg geht es schlecht, und im Falle einer EU-Osterweiterung wird es ihnen noch wesentlich schlechter gehen.
„Die Handwerks- und mittelständischen Unternehmen sind die tragenden Säulen der brandenburgischen Wirtschaft.”
„Gemessen an der Zahl der Beschäftigten zählen derzeit sogar 99 % der brandenburgischen Unternehmen zum Mittelstand.”
Bevor wir uns jedoch die aktuellen Zahlen ansehen, kann ich mir die Bemerkung nicht verkneifen, dass es mich schon sehr verwundert, dass ausgerechnet Sie sich um das Handwerk und den Mittelstand im Land Brandenburg sorgen.
Waren Sie es nicht und Ihre Koalitionskollegen, welche bei der von uns beantragten Aktuellen Stunde zur wirtschaftlichen Situation im Land Brandenburg während der 28. Plenarsitzung der DVU-Fraktion ungerechtfertigte Panikmache und Populismus vorwarfen?
Oder haben Sie, Herr Homeyer, schon vergessen, dass Sie uns damals vorwarfen, den Wirtschaftsstandort Brandenburg schlechtzureden und dem Land damit Schaden zuzufügen? Sie lobten doch die Entwicklung der brandenburgischen Wirtschaft in den höchsten Tönen. Und Sie, Herr Karney, als Handwerkskammerpräsident saßen auf Ihrem Stuhl und schüttelten bei meinen Ausführungen fortwährend den Kopf.
Woher der Sinneswandel? Oder gilt hier frei nach Konrad Adenauer der Satz: Was interessiert mich mein Geschwätz von gestern?